Summer in the North – Unterwegs in Westgrönland
Hier findet sich der Reisebericht Island, von Reykjavik aus starteten wir unsere Tour nach Grönland
Flug nach Ilulissat (Grönland)
Früh ging es los, stand doch der Flug nach Ilulissat (dänisch: Jakobshavn) in Westgrönland an. Eine kleine Maschine für 28 Personen, halb voll besetzt. So brachte ich auch den Fotorucksack mit seinem Übergewicht problemlos unter. Knapp drei Stunden dauerte der Flug einmal quer über Grönland. Erst etwa eine halbe Stunde vor der Landung verschwanden die Wolken, endlose Eisflächen taten sich auf. Und dann erschienen tiefblaue Seen in der Eisfläche, Fjorde mit treibenden Eisbergen auf blauem oder milchigem Gletscherwasser, einzelne schneefreie Landflächen, dann die Stadt Ilulissat.
In Ilulissat leben 4500 Menschen und 1800 Schlittenhunde. In der ganzen Provinz „Polarkommune“, nur eine von mehreren in Grönland, leben etwa 17.600 Einwohner auf einer Fläche größer als Spanien. Grönland ist mit rund 56.000 Einwohner und einer Fläche von knapp 2,17 Mio. Quadratkilometern – über sechs Mal so groß wie Deutschland – das am dünnsten besiedelte Land der Erde. Gerade mal 0,027 Einwohner kommen hier auf den Quadratmeter. 300 km nördlich des Polarkreises scheint zu dieser Jahreszeit die Sonne auch noch um Mitternacht, geht überhaupt nicht unter. Ende November fängt hier die Polarnacht an, die Sonne geht dann wieder am 13. Januar auf. Zum Nordpol sind es aber immer noch knapp 2311 km.
Nach dem Einchecken im Hotel direkt an der Küste bummelten wir erstmal durch den Ort, schauten uns die paar Geschäfte an und genossen das wunderbare Wetter. Denn Grönland empfing uns mit strahlend blauem Himmel. Während ich das hier schrieb, trieben gerade Eisberge am Fenster vorbei. Mittags waren noch keine hier. Gegen später kamen einige Riesen am Fenster vorbei, besser als jedes Programm in Fernsehen. Ilulissat selbst ist bekannt für den Ilulissat-Eisfjord, seit 2004 ein UNESCO-Weltnaturerbe und wurde 1741 als Jakobshavn nahe einer Inuit-Siedlung Namens Sermermiut errichtet. Diese war mit über 200 Bewohnern die größte Inuit-Siedlung jener Zeit. Ein bekannter Einwohner Ilulissats war Knud Rasmussen, der berühmte Polarforscher.
Die Menschen leben vom Fischfang, in zwei Fischfabriken verarbeiten sie vor allem Krabben und Heilbutt. Im kurzen Sommer hat sich zudem der Tourismus zu einem weiteren Standbein der lokalen Wirtschaft entwickelt. Im Winter kommen hartgesottene bei bis zu −30 °C für Hundeschlittenfahrten. Wobei die Temperaturen gut zu vertragen sein sollen, des trockenen Klimas wegen. Im Sommer steigen die Temperaturen auf bis zu 25 °C, bei uns herrschten um die 20 °C. Genug, um in der Sonne auf der Terrasse des Hotels zu sitzen und den Eisbergen zuzuschauen.
Ilulissat und Siedlung am Eisfjord
Heute haben wir zwei Wanderungen hinter uns. Eine kürzere (3 km) in Begleitung zweier junger Inuit-Damen und eines weiteren Besuchers zu Sermermiut im Eisfjord gelegen, die wichtigste archäologische Stätte des Landes. Schon 2000 v. Chr. lebten hier vorgeschichtliche Kulturen, mit über 200 Einwohnern soll es um 1740 eine der größten Siedlungen der Thule-Kulturen gewesen sein. Man sieht nur nichts mehr, deswegen waren die Erzählungen der Guides sehr wichtig. Sehr viel mehr sieht man jedoch im Eisfjord, nämlich Eisberge und -schollen zuhauf in traumhaften Umgebung. Natürlich bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel.
Nachmittags sind wir deswegen noch einmal allein ins Eisfjord gewandert (4 km), aber einen anderen Weg bis zum Aussichtspunkt Kællingkløften. Ein paar Daten müssen sein: Der Ilulissat-Eisfjord ist Natur-Welterbe der Unesco, etwa 4000 km2 groß. Die Länge des Fjords ist 70 km, die Tiefe bis zu 1000 m. Die größten Eisberge von hier sind bis zu 2 km breit und über Wasser 150 m hoch, unter Wasser noch einmal 800 m. Sichtbar über Wasser sind so um die 10 bis 15 Prozent eines Eisberges. Die Eisberge brauchen für die 70 km bis zum offenen Meer in Fjord drei bis zwölf Monate. Vorher müssen sie eine nur 200 m tiefe Wasserstelle überwinden, große Eisberge stoßen hier auf Grund und zerbrechen irgendwann in kleinere Stücke. Täglich lösen sich 86 Mio. Tonnen Eis, die Geschwindigkeit des Gletschers beträgt derzeit bis zu 40 m am Tag. Er hat sich in den letzten zehn Jahren um zehn Kilometer zurückgezogen, vermutlich bedingt durch den Klimawandel. Wobei der Gletscher vor etwa 5000 Jahren schon mal auf dem heutigen Punkt stand. Hält man Gletschereis in der Hand oder nimmt es in dem Mund, sprudelt es. Der Grund: die im Eis unter hohen Druck eingeschlossenen Luftblasen. Irgendwie faszinierend, steht man jedoch an dem Eisfjord, muss sich alles dem wunderbaren Eindruck, der Atmosphäre und dem Genießen des Augenblicks unterordnen.
Am Abend haben wir dann noch einen Platz auf einem kleinen Boot ergattert, Dinner Cruise, sprich es gab ein Mehrgangmenü mitten in den Eisbergen im Fjord. Auf dem Boot natürlich. Waren gerade mal sechs Personen, zwei aus den USA, zwei aus Japan und wir. Allein die Fahrt die Eisberge entlang, traumhaft. Und das Meer war ruhig. Auch das Essen war wirklich gut. Suppe als Vorspeise, Buffet mit Moschusrind, Rentier, Kabeljau… als Nachspeise süße Torte und Käse, dazu Weißwein. Hat alles gepasst. Und das Panorama die Eisberge entlang, einfach wunderbar. Zu guter Letzt ließ sich dann auch noch ein Wal blicken.
- Bildergalerien Ilulissat und Fahrt im Eisfjord
Bootsfahrt zur Siedlung Ilimanaq
Heute saßen wir wieder auf dem Boot. Diesmal auf einem alten, roten Fischerboot. Recht kühl war es, trotz „arktischer“ Kleidung. Saßen wir doch alle draußen. Mit fünf weiteren Reisenden und der Bootsbesatzung ging es entlang des Eisfjords zu der Siedlung Ilimanaq, Fahrtdauer etwa eine Stunde. Die Sonne scheint immer noch, der Himmel ist blau. Wobei der Wetterbericht anderes prognostiziert hatte. Heute Morgen auf dem Fußweg zum Hafen sah es noch düster aus. Kaum auf dem Boot klarte der Himmel auf, die Sonne kam. Der dritte Tag Topp-Wetter in Folge.
In kleinen Siedlungen wie Ilimanaq wohnte vor nur einer Generation der größte Teil der grönländischen Bevölkerung. Sie reihten sich wie eine Perlenschnur entlang der grönländischen Küste. Heute leben die meisten Menschen in Grönland in den Städten, in der Gegend um Ilulissat herum gibt es jedoch noch vier kleinere Siedlungen.
In Ilimanaq finden sich derzeit 54 Menschen, sieben davon sind Kinder. Vier davon gehen in die Grundschule, die es hier gibt, der Rest in den Kindergarten. Die Menschen leben vom Fischfang und der Jagd. Künftig wollen sie auch ein wenig vom Tourismus partizipieren, deswegen bauen sie einige kleine Lodges direkt an der Küste. Ein älteres Haus aus der Mitte des 18. Jahrhunderts wird zudem umgebaut, hier soll ein kleines Restaurant entstehen und eine Ausstellung hineinkommen.
Interessant auch, rings um die Siedlung, wie auch in Ilulissat gibt es große Bereiche, die den Schlittenhunden vorbehalten sind. Es sind Arbeitstiere und keine Haustiere, es heißt also sich fernzuhalten. Sie sind alle angekettet, läuft einer frei herum, wird er erschossen. Zu gefährlich. Hat einer einen Menschen gebissen, auch dann wird er getötet. So jedenfalls die Ranger in Ilulissat. Die Sommermonate über verbringen sie auf diesen Plätzen, schlafen, fressen und heulen. Bis der Winter kommt. In der Karte von Ilulissat sind diese recht großen Zonen rot markiert. Als Warnung für Wanderer. Sollte man doch mal einem freilaufenden begegnen und die Situation gefährlich erscheinen, heißt es, Steine nach Ihnen zu schmeißen. Auf keinen Fall nahe herankommen lassen. Regeln der Ranger.
Tagestour Eqip Sermia
Heute Nacht hat es etwas geregnet, am Himmel sind dunkle Wolken, inzwischen ist es wieder trocken. Es war gegen 5 Uhr morgens, wir mussten früh los, hatten wir doch heute eine zwölfstündige Schifffahrt vor uns. Mit einem etwas größeren Stahlschiff, das auch gegen Eisbrocken und sulzige See geschützt ist. An Bord waren etwa 35 Personen. Unser Ziel, der einfach fünf Bootsstunden entfernt liegende Eqip Sermia-Gletscher, 80 km nördlich von Ilulissat in einem Fjord gelegen. Bis auf einen Kilometer kann man an die Gletscherzunge heranfahren, gefühlt sind es aber nur wenige Hundert Meter. Der Eqi-Gletscher ist bis zu 250 m hoch und etwa 2,3 km breit. Da er sich täglich um die 20 m vorwärtsbewegt, sind Kalbungen recht häufig. Wir konnten auch einige „kleinere“ beobachten, richtig große sind selten. Kleinere heißt aber auch, dass sich Eisbrocken von 50 oder 100 m Größe lösen und ordentlich Wellen auslösen, die auch in einem Kilometer Entfernung noch zu spüren sind.
Beeindruckend ist die Geräuschkulisse, ein permanentes Donnern, lautes Knirschen und Krachen, wenn sich das Eis bewegt oder Teile lösen. Ein guter Teil der Mitfahrenden stieg hier aus, der Ausflug kann als Tagestour oder auch als mehrtägige Tour gebucht werden. Dann übernachtet man in der Nähe des Gletschers in der Glacier Lodge Eqi. Die Zeit haben wir aber nicht mehr. Jetzt sitzen wir bei der Rückfahrt, sortieren ein paar Bilder und schauen, ob sich auch noch Wale und Robben blicken lassen. Und genießen die wunderbare Lichtstimmung in der Sonne, die pünktlich kurz vor Erreichen des Gletschers erschien, der Himmel war im Nu wieder blau. Trotz anderslautendem Wetterbericht.
Am Tag darauf ging es Mittags wieder zurück nach Reykjavik. Dort Blieben wir noch drei Tage. Mehr dazu im Island-Reisebericht.