Von Wind, Vulkanen und grünen Landschaften
Neun größere und mehrere kleinere Inseln bilden die Azoren mitten im Atlantik gelegen. Öfters mal als Geheimtipp tituliert, begeistern vor allem vulkanische Landschaften, jahrhundertealte Traditionen und die Menschen den Besucher. Inzwischen fliegt sogar Ryan-Air von Lissabon aus nach Ponta Delgada, geplant sind auch mehrere neue Hotelkomplexe. Zum Ziel von Massentourismus wird das Archipel wohl aber nicht. Das verhindert das wechselhafte Wetter, das innerhalb kurzer Zeit umschlagen kann. An einer Ecke der Inseln scheint jedoch fast immer die Sonne und die Berge im Nebel haben auch ihren Reiz.
Ohne eigenes Fahrzeug ist man– als individuell Reisender – ziemlich aufgeschmissen, mit macht es aber viel Spaß die Inseln zu erkunden. Auch Inselhopping ist kein Problem, am Vormittag ins Flugzeug oder auf die Fähre gestiegen ist man mittags schon wieder mit einem neuen Mietwagen im nächsten Hotel. Allzu viel sollte man sich jedoch nicht vornehmen, wir besuchten über einen Zeitraum von 17 Tagen drei Inseln: São Miguel, Faial und Pico. Anschließend bot sich noch ein mehrtägiger Zwischenstopp in Lissabon an, ein Kontrastprogramm. Den im Mai waren die Inseln noch ziemlich leer, zumal sie auch nicht besonders dicht besiedelt sind. Was man von Lissabon nicht sagen kann. Aber auch das hat seinen Reiz.
Hier geht es zu einer Auswahl der schönsten oder besonders typischer Bilder.
Und hier zu einem Trailer vom Film.
São Miguel
Ausgangspunkt für unsere Fahrten und Wanderungen auf São Miguel war der Ort Maia, etwa 30 km nordöstlich der Inselhauptstadt Ponta Delgada gelegen. Unser Quartier war das Solar de Lalém, es soll es sich um eine der schönsten Unterkünfte auf Saó Miguel handeln. Die Geschichte des Hauses beginnt bereits um das Jahr 1500 als der König von Portugal die Insel in fünf Regionen aufteilte. Adelige, die Donatarkapitäne verwalteten die Regionen und lebten in entsprechenden Herrenhäusern. Solar de Lalém ist das einzige noch erhaltene. Seine heutige Form erhielt das Anwesen 1850 nach mehreren Umbauten. Die heutigen Besitzer, ein deutsches Ehepaar, erwarben das Haus 1995, renovierten es und bauten es zu einem kleinen Hotel mit zehn Zimmern um.
Maia selber wurde entsprechend auch schon um 1500 herum besiedelt, heute leben um die 2000 Einwohner hier. Wahrzeihen ist das Gotteshaus Divino Espírito Santo, 1825 fertig gestellt. Es beherbergt im Tabernakel eine der ältesten Monstranzen der Insel, eine Silberschmiedearbeit von 1618.
Bei regnerischen und wechselhaften Wetter machten wir uns auf in den Nordosten der Insel. Es ging mit dem Auto die Küste entlang. Gleich bei Maia gelegen findet sich eine der letzten in Europa gelegenen Teeplantagen. Als einzige Teefabrik überstand die Plantacóes de Chá Gorreana krisengeschüttelte Zeiten, fanden sich an der Nordküste doch einst 62 Plantagen. Der Besuch zeigt einem die alten, noch in Betrieb befindlichen mit Transmissionen angetrieben Anlagen aus englischer Produktion. Tee lässt sich natürlich auch probieren und alles ist kostenlos. Ein kleiner Laden bietet Tee zum Verkauf an, von den man dann gerne etwas mitnimmt. Produziert wird hier seit 1883, heute sind es 40 bis 50 t pro Jahr. Erntezeit ist von April bis September, alle 14 Tage ernten etwa 30 Arbeiter die Endknospe und die ersten zwei Blätter.
Weiter ging es die Küstenstraße entlang Richtung Nordeste. Was auffällt sind die zahlreichen Rastplätze, schön angelegt und gepflegt, meist mit Grillmöglichkeit und das alle paar Kilometer. Manche erinnern eher an gar nicht so kleine botanische Gärten, sind Picknickplatz und Aussichtspunkt mit häufig wunderbaren Aussichten über die Steilküste. Sanitäre, meist saubere Anlagen sind ebenfalls häufig vorhanden. Sicherlich einer der schönsten liegt bei Salga, der Miradouro do Salto da Farinha hoch über der Küste. Im Schatten kleiner Hütten lässt sich grillen, der Blick schweift von einem Wasserfall auf der einen zum Meer auf der anderen Seite.
Wenige Kilometer weiter kommt man in einer eher tropischen Umgebung zum Ribeira dos Caldeiróes. Hier finden sich ein Wasserfall, Wassermühlen, blühende Beete, ein Kaffee und ein Souvenirshop. Und mehr oder weniger lange Wandermöglichkeiten.
Es ging an weiteren Aussichtspunkten vorbei, die immer wieder einen Stopp lohnten, auch bei regnerischem Wetter. Besonders erwähnenswert ist der Miradouro da Ponta do Sossego, etwa eineinhalb Kilometer südlich von Nordeste gelegen. Hier könnte man mehrere Stunden verbringen, etwa Grillen, Pflanzen studieren, fotografieren, den Ausblick genießen. Ein paar Kilometer weiter auf der anderen Seite des tiefen Taleinschnittes liegt das Pendant, der Miradouro da Ponta da Madrugada. Hier endet dann die Strecke mit den schönsten Picknickplätzen.
Ribeiera Grande, die größte Stadt im Norden der Insel, westlich von Maia gelegen, war eines der nächsten Ziele. Der Fluss, der das Stadtgebiet in zwei Teile trennt, ist Namensgeber des Ortes. Er entspringt hoch in den Bergen. Wie in allen Orten der Azoren bilden Kirchen den Mittelpunkt. Hier sind es gleich zwei, deren Besuch sich lohnt. Aus dem 16. Jahrhundert stammt die aus dunklem Basalt bestehende Kirche Igreja Matriz de Nossa Senhora da Estrela. Am zentralen Platz findet sich zudem die Kirche Igreja do Espirito Santo da Misericordia aus dem 17. Jahrhundert. Sie beeindruckt vor allem durch ihre Barockfassade. Das Zentrum der Stadt bildet der Park Jardim Publico, der einen Spaziergang lohnt. Und drum herum finden sich genügend Kaffees für eine gemütliche Pause.
Bildergalerie Sao Miguel, Teil I, Maia, Cha Gorreana, im Norden, Dos Caldeiroes, Ribeira Grande
Hauptstadt der Azoren und größte Stadt mit rund 18.000 Einwohnern in vier Gemeinden ist Ponta Delgada, zugleich Einfallstor für Besucher aus Europa und Amerika. Ihren Namen verdankt die Stadt einer kleinen Landspitze (Ponta Delgada = dünne Spitze). Geprägt ist sie von mehreren Kirchen und zahlreichen historischen Gebäuden und natürlich dem Hafen. Großstadt ist aber was anderes. Ponta Delgada ist überschaubar, kann zu Fuß erkundet werden und ist nicht allzu laut. Aber bis auf einige Plätze auch nicht besonders schön, wenigstens der Hafen.
Ein Bummel in der 1499 gegründeten Stadt lohnt dennoch, auch wenn die Bürgersteige in den engen Gassen in der Altstadt schmal sind und meist vollgeparkt. Parkplätze sind rar, im Mai finden sich aber genügend nahe der Uferpromenade. Einen halben Tag sollte man einplanen, will man das Wichtigste sehen. Das wären natürlich der Hafen mit den Jachten, diverse alte Kirchen, das barocke Rathaus, schöne Plätze und Parkanlagen, das Stadttor Portas da Cidade oder auch die alte Walfabrik etwas außerhalb gelegen. Das Museum war bei unseren Besuch jedoch geschlossen wegen Umbaus.
Die Kirche Igreja da Sao de Nossa Senhora de Conceicao aus dem 16. Jahrhundert ist eine der größten Kirchenbauten auf den Azoren. Finanziert haben den Bau einst die reichsten Familien von Ponta Delgada. Heute zeigt der Innenraum die dekorative Kunst des 18. Jahrhunderts.
Reichlich geschmückt ist auch die Klosterkirche Igreja da Nossa Senhora da Esperanca. 1541 fertig gestellt, beherbergt sie u. a. Fliesenbilder des 18. Jahrhunderts und einen wertvollen Kirchenschatz, darunter den Altar aus dem 16. Jahrhundert.
Mitten im Zentrum gelegen ist die Hauptkirche Ponta Delgadas, Igreja Matriz de Sao Sebastiao. Ursprünglich als kleine Wallfahrtskapelle zwischen 1531 und 1547 als Dank für die Hilfe gegen die Pest erbaut kamen im 18. Jahrhundert zu dem spätgotischen Stil erbauten Gebäude barocke Elemente hinzu.
Wer von Kirchen genug hat, wir wären noch bei Weitem nicht am Ende, sollte einen Bummel die Uferpromenade lang machen. So findet sich am Westende des Hafens findet sich das Forte de Sao Braz von 1522, heute Sitz der portugiesischen Marine.
Weiter ging es am früheren Nachmittag nach Caloura an der Küste unterhalb von Agua de Pau gelegen. Den Ort zeichnet ein mildes Klima aus, hier finden sich viele Sommerresidenzen vermögender Portugiesen. Unser Ziel war ein kleiner, schön gelegener Fischereihafen mit einem Meerwasserschwimmbecken. Heute ist der Atlantik trotz des schönen Wetters zu unruhig für ein Bad. Muss man auch nicht. Viel besser ist ein Fischrestaurant mit guter Küche und wunderbarem Blick von der Terrasse auf den Atlantik.
Den kommenden Tag ging es Richtung Westen. Die Caldera das Sete Cidades stand als erstes auf dem Programm. Der Blick auf die beiden Seen Lagoa Azul und Lagoa Verde inmitten der Caldera ist traumhaft. Die schönste Sicht hat man vom Aussichtspunkt Vista do Rei. Der Kraterrand fällt über 500 m ab, der Krater selbst ist etwa 850 m hoch und gerade mal ein rundes halbes Jahrtausend alt. Eine Explosion sprengte 1444 die Spitze eines über 1200 m hohen Berges weg und schuf den größten Krater der Azoren. Man kann die Caldera komplett zu Fuß umrunden (etwa 13 km, rund 5 h) oder einen Teil auf einer Piste auch mit dem Auto zurücklegen und weitere schöne Ausblicke genießen.
Bevor es aber losging stand noch eine alte Hotelruine auf dem Kraterrand zur Besichtigung an. Nichts ist abgesperrt, man ist selber für sein Handeln verantwortlich. Gäbe es in Deutschland nicht. Das 1983 erbaute Fünf-Sterne Hotels Monte Palace stand nach seiner Fertigstellung erst mal mehrere Jahre leer. Waren die Bauträger doch Pleite gegangen. Eröffnet hatte man es dann Anfang 1989, ein Jahr später waren die Betreiber wieder pleite und so moderte das Hotel vor sich hin. Wasser tropft von der Decke, Moos breitet sich aus und der Blick vom Dach in die Caldera ist gigantisch.
Es heißt aber auch Aufpassen, so steht des Öfteren im Halbdunkel an Wänden etwa groß ein „No Go“. Dahinter befindet sich der offene Aufzugschacht… So ist die Ruine heute quasi auch eine Attraktion, kaum ein Besucher, der sie nicht durchstöbert.
Es folgte die Fahrt über den Kraterrand und dann hinunter in die Caldera zum kleinen Ort Sete Cidades. Sehenswert sind ein kleiner Park bei der Pfarrkirche Igreja de Sao Nicolau, die Kirche selbst und natürlich gibt es diverse Wandermöglichkeiten im Umfeld der Seen. Baden ist nicht unbedingt angesagt, sind die Gewässer doch überdüngt.
Wir entschieden uns ein Stück weiter westlich zu einer etwa sechs Kilometer langen Wanderung durch das Gebiet der Serra Devassa. Die Rundwanderung führt durch eine versteckte Seenlandschaft mit wunderbaren Ausblicken und dauert etwa zwei Stunden. Die Wanderwege sind gut beschildert, der Streckenverlauf gut zu erkennen. Allerdings soll auf diesem Weg in einer Höhe von 750 bis 900 Metern häufiger Nebel auftreten, wir blieben davon verschont.
Auf dem Rückweg zum Hotel fuhren wir noch ganz in den Westen der Insel nach Mosteiros. Der Ort markiert die Westspitze der Insel, direkt am Meer gelegen. Auch heute noch versprüht Mosteiros den Charme eines alten Fischerdorfes. Badegäste sollen sich am dunklen Sandstrand wohlfühlen, das Meerwasser wird durch heiße Quellen erwärmt. Erholungssuchende dürften die Naturschwimmbecken und den dunklen Sandstrand mit heißen Quellen schätzen, denen auch eine gewisse gesundheitliche Wirkung nachgesagt wird.
Bildergalerie Sao Miguel, Teil II, Ponta Delgada, Caloura, Sete Cidades, Serra Devassa, Mosteiros
Unseren sechsten Tag widmeten wir Furnas und seinen geothermischen Aktivitäten. Der Kurort liegt inmitten einer Caldera, die Kraterwände halten den Wind ab und sorgen für ein eigenes Mikroklima mit hoher Luftfeuchtigkeit. Zahlreiche Thermalquellen und vulkanische Aktivitäten prägen die Gegend. Direkt am Kratersee finden sich Fumarole, kochender Schlamm, heiße Quellen. Das Wasser ist durch den hohen Eisengehalt oft rostbraun, so auch im 38 °C warmen Badesee im Parque Terra Nostra, der Besuch (und ein Bad) ist ein Muss.
Umkleidemöglichkeiten sind vorhanden, Duschen auch. Beim Bad sollte man aber nur dunkle Badesachen verwenden, färbt das Wasser doch jeden hellen Flecken braun. Im Park selber finden sich zahlreiche exotische Pflanzen, eine Wanderung lohnt. Einplanen sollte man mindestens eine Stunde.
Um die Mittagszeit kann man im Thermalgebiet am Lagoa das Furnas beobachten, wie Töpfe mit Cozido, eine Art Eintopf und Spezialität des Ortes „geborgen“ werden. Der Eintopf besteht aus verschiedenen Fleischarten, Salami, Blutwurst sowie Gemüse und gart etwa sechs Stunden in vorbereiteten Erdlöchern, abgedeckt mit Erde. Der Dampf mit seinen Mineralstoffen sorgt für einen besonderen Geschmack. Jedenfalls ist er stark sättigend und eher ein Wintergericht.
Wieder an der Küste schauen wir uns den Ort Povoacao an. Hier gingen 1427 die ersten Siedler der Azoren an Land. Der Überlieferung nach band man eine Ziege an einen Pflock. Als sie Tage später noch lebte fühlte man sich vor wilden Tieren auf der unbekannten Insel sicher und ging an Land.
Die Stadt selber wurde immer wieder von Naturgewalten gebeutelt, seien es Erdbeben mit Erdrutschen oder Sturmfluten. Sie machten den Ort mehrmals dem Erdboden gleich. So wurde die ganze Uferpromenade nach einem schweren Sturm 1997 erst wieder aufgebaut. Alte Gebäude finden sich direkt in Küstennähe nicht mehr. Zudem hat man schwere Wellenbrecher aufgeschüttet.
Ein Stück östlich kommt man über eine kleine Straße nach Faial de Terra, gelegen in einem Taleinschnitt direkt am Meer. Ausgangspunkt für eine schöne und empfehlenswerte Wanderung. Sie führt den Taleinschnitt hinauf, ist wie immer gut markiert, nach rund zwei Stunden erreicht man den wunderschönen, kleinen Wasserfall Salto do Prego. Auf dem Rückweg bietet sich ein Umweg über den Weiler Sanguinho an. In diesem alten, im Wiederaufbau befindlichen Dorf finden sich typische Häuser und kleine landwirtschaftliche Betriebe neben zahlreichen verfallenen Ruinen. Eine wunderschöne und schattige Wanderung zum Ende der sieben Tage auf São Miguel.
Insgesamt legten wir 616 km mit dem Mietwagen zurück, die Tagesetappen zur Erkundung der Insel halten sich also in Grenzen. Mit dem Flugzeug ging es nun auf die Insel Faial, dafür muss man nur einen Vormittag opfern, bis man wieder am nächsten Hotel inklusive Mietwagen ist.
Faial
Mit rund 170 Quadratkilometern Fläche und 15.000 Einwohnern ist Faial deutlich kleiner als Sao Miguel. Deswegen hatten wir nur vier Tage für die Insel eingeplant. Unser Hotel das Quinta das Buganvilias ist nahe des Flughafens gelegen, was aber nicht stört, da kaum Flugzeuge landen oder starten. Es schließt an einen wunderschönen, wild romantischen Garten an, der zum Hotel gehört. Er reicht fast bis zum Flugfeld. Die Start- und Landebahn kann man sogar in einem großen Entwässerungstunnel unterqueren, ist dann direkt am Meer.
Nur zehn Minuten mit dem Auto sind es bis zur Hauptstadt Horta. Bekannt ist die Stadt mit ihren 6500 Einwohnern wohl vor allem Seglern, für die ist ein Besuch Hortas quasi ein Muss und Zwischenstation auf der Atlantiküberquerung. Hier sollen jährlich um die 1200 bis 1500 Segler einlaufen. Und die hinterlassen im Hafen ihre Signaturen in Form von zahlreichen Bildern auf den Kaimauern, Böden und überall, wo noch Platz ist. Für Neuankömmlinge ist allerdings kaum mehr Platz vorhanden. Die Segler verewigen sich mit persönlichen Motiven, Walen, Segelschiffen, Rudern, Wellen und Namen auf dem grauen Beton, teils sind die Malereien neu, teils sehr alt und verwittert. Es heißt, wenn man als Segler hier ankommt und nichts auf die Mole malt, hätte man bei der Weiterfahrt kein Glück mit dem Wetter. In der Marina selbst liegen Millionenyachten neben altersschwachen Gefährten, Schulsegler der Marine neben Nussschalen. Hier könnte man Stunden verbringen.
Nahezu jeder Segler und zahlreiche Besucher dürfte es dann – oder zuerst – zum Peters Café Sport ziehen, eine Institution und Kult in Horta. Halb Wirtschaft, halb Café und nebenan ein Souvenirladen. Ein Kneipenmythos, für viele Segler eine der besten Kneipen weltweit. Leider auch sehr voll als wir ankommen. Macht nichts, später nochmal hin.
Die Geschichte des Peters geht auf das frühe 20. Jahrhundert zurück. Schon kurz nach der Gründung um 1918 als Laden begann der Inhaber mit dem Ausschank harter Getränke. Sehr schnell gehörten Seeleute, Walfänger und Matrosen zum Stammpublikum. Sie verbrachten öfters mal einen Winter in Horta, fanden Gleichgesinnte und eben harte Drinks. Seit den 60er-Jahren kommen Freizeitsegler hinzu, und das hält bis heute an.
Im ersten Stock findet sich ein kleines, sehenswertes Scrimshaw-Museum. Scrimshaws sind auf Pottwalzähnen angebrachte feine Gravuren, die die Lebens- und Leidensgeschichte der Fischer erzählen.
Horta ist zugleich kulturelles Zentrum der Azoren und Sitz des Parlaments. Viele der Häuser stammen noch aus dem 18. und 19. Jahrhundert, zeichnen sich durch kleine Balkone und Erker aus. Verkehrstechnisch dominieren enge Einbahnstraßen, außerhalb Parken bietet sich an. Zudem liegt die Stadt am Hang, ein Fußmarsch bedeutet also auch ein Auf und Ab. Für Horta sollte man sich einen ganzen Tag Zeit nehmen, zumal abends gute Restaurants zum Bleiben einladen.
Am kommenden Tag machten wir uns auf, einmal die Insel zu umrunden. Gerade mal 80 Kilometer beträgt die Küstenlänge, reine Fahrzeit einmal herum etwa zwei Stunden. Dennoch sollte man sich einen Tag dafür Zeit nehmen. Zumal sich im Westen der Insel eine Reihe kleinerer Vulkankegel finden, die auf Ausbrüche von 1957/58 zurückgehen. Gewaltige wochenlange Eruptionen vergrößerten die Insel um rund 2,5 Quadratkilometer. Die Aschesäulen standen bis zu vier Kilometer hoch, der Vulkan war ein Jahr lang aktiv. Viele Familien verloren Hab und Gut, einige ihr Leben. In der Folge emigrierten nicht wenige in die USA.
Ein unterirdisches Museum informiert über den Vulkanismus im Allgemeinen, über die Entstehung der Azoren und natürlich den damaligen Ausbruch. Auch der alte Leuchtturm lässt sich noch besteigen, zudem bieten sich diverse Wanderwege an.
Bei den Ortschaften, die an der Inselrundstraße EN1 liegen, handelt es sich meist um einfache Straßendörfer. Immer wieder sieht man besonders im Osten Ruinen und Risse in den Häuserfassaden, eingestürzte Kirchen, einen zerstörten Leuchtturm. Folgen eines schweren Erdbebens, das im Jahr 1998 einige Dörfer fast komplett zerstörte. Um die 1000 Häuser stürzten damals ein, etwa 3000 weitere wurden mehr oder weniger schwer beschädigt. Das Erbeben hatte eine Stärke von 6,2 auf der Richter-Skala. Auf Faial wird einem schnell deutlich, welche große Rolle die Naturgewalten auf den Azoren spielen. Auch heute noch sind mehr oder weniger starke Erdstöße an der Tagesordnung.
Gleichzeitig sind es aber die Naturgewalten, die die eindrucksvollsten Landschaften Faials bildeten. Dazu gehört die riesige Caldera im Inselzentrum mit einer Tiefe von 400 m und etwa zwei Kilometern Durchmesser. Die Caldera aber verborg sich uns die ganzen vier Tage über in dichtem Nebel, so dass eine Wanderung um die Caldera herum wenig Sinn machte. Zumal noch ein stürmischer Wind blies und die hohe Luftfeuchtigkeit einen nach wenigen Minuten wie im Regen vorkommen ließ.
Die Caldera entstand vor rund 1000 Jahren durch eine gewaltige Explosion. Zwei Drittel der Insel wurden damals von Gesteinsniederschlag bedeckt.
30 Minuten mit dem Boot sind es dann bis zu unseren dritten Insel, Pico. Mit Abgabe des Mietwagens, Abholung des Neuen und Fahrt zum Hotel geht ebenfalls nicht mehr als ein Vormittag dafür drauf. Zu beachten ist übrigens auf allen Inseln, dass die Mietwagen häufig nur schwach motorisiert sind. Bei üblichen Steigungen an der Küste abseits der Ringstraße von 18 Prozent geht es gerade noch so, bei manchen mit 25 Prozent sollte man jedoch gut überlegen, ob man das Wagnis auf sich nimmt. Auf Faial sind wir übrigens rund 230 km mit dem Auto kreuz und quer über die Insel gefahren.
Pico
Unser Hotel auf Pico, das Aldeia da Fonte, liegt an einer anderen Ecke der Insel nahe Lajes. Deswegen fuhren wir vom Fährhafen erst einmal durch das Inselinnere, aber auch hier halten sich die Distanzen in Grenzen. Auf Pico leben rund 15.000 Menschen, vor allem an der Küste. Das Inselinnere ist nahezu menschenleer, bewachsen von Heidekrautgewächsen und belebt von zahlreichen Kühen. Heidekraut ist die charakteristische Pflanze der Insel, mal baumhoch, mal ein Busch, mal gerade den Boden bedeckend. Und häufig vom Wind bizarr geformt, der hier gern recht kräftig weht. Zudem finden sich Kraterseen und grüne Vulkankegel zuhauf.
Das Aldeia da Fonte besteht aus mehreren schönen Steinhäusern an der Steilküste gelegen in einem wunderbaren Garten. Eine Empfehlung, hier lässt man sich´s gut gehen. Man kann direkt vom Hotel aus loswandern, durch den Garten streifen oder gut Essen. Auch ein Meerwasserbecken gehört dazu, wenn das Wetter mitmacht.
Pico ist nach dem zentralen Berg Ponta de Pico benannt, mit 2351 m der höchste der Azoren und auch Portugals. Man sollte aber nicht nur des Berges und seiner Besteigung wegen hierher kommen, sonst ist die Enttäuschung leicht vorprogrammiert. Er verschwindet meist in dichten Wolken, und das über Tage hinweg. So wie bei uns.
Aber zu sehen und tun gibt es auf Pico dennoch vieles. Bei unsere Tour am zweiten Tag von Lajes nach Madalena, der Inselhauptstadt – übrigens bei kräftigem Regen – widmeten wir uns dem Weinbau. Er ist seit 2004 als Weltkulturerbe der Unesco eingestuft. Angebaut wird der Wein auf Flächen aus Basaltlava, Spalten im Gestein ermöglichen den langen Wurzeln der Rebstöcke die Wasser- und Nährstoffaufnahme. Andere Pflanzenkulturen haben es hier schwerer. Zudem wärmt sich das dunkle Gestein in der Sonne auf, Feuchtigkeit gibt es ebenfalls genug und auch Mineralien im Boden. Das sorgt für Trauben mit einem hohen Zuckergehalt. Vor den salzhaltigen, vom Meer kommenden Winden schützen rechteckige oder runde Schutzwälle aus dem dunklen Lavagestein. Typisch sind auch die kleinen, ebenfalls aus dem Lavagestein aufgebauten Winzerhäuser, die mit zum Weltkulturerbe gehören.
Insbesondere Weine aus der Verdelho-Traube, einer portugiesischen Weißweintraube, macht den Wein aus Pico international bekannt. Aber auch hier setze die Reblaus Ende des 19. Jahrhunderts den meisten Weinstöcken ein jähes Ende. Die danach gepflanzten resistenten Amerikanerreben ergaben aber nur minderwertige Weine. Erst seit den 1980er-Jahren baut man wieder hochwertige Weine an.
Zwischenzeitlich hielten wir uns bei kräftigen Regen in der Inselhauptstadt Madalena auf. Diese ist aber nicht mit Horta oder Ponta Delgada zu vergleichen, für uns lohnt ein längerer Aufenthalt nicht. Einzig das Museu do Vinho wäre einen Abstecher wert gewesen, es befindet sich in Teilen des Karmeliterklosters. Man kann Weingärten besichtigen, Weinproben machen und im September an der Weinlese teilnehmen.
Bildergalerie Aldeja de Forte, Lajes do Pico, Südwest-Küste, Madalena, Nordwest-Küste
Wir bewegten uns weiter entlang der Küste Richtung Sao Roque, zumal inzwischen die Sonne schien. Auch hier ziehen sich der Weinbau oder auch nur Überreste davon entlang der Strecke. Ursprünglich fand sich der Weinanbau auf einer Länge von 40 km die Küste entlang und etwa bis zu 3 km landeinwärts.
Wir kamen nach Lajidoo, dem vielleicht schönsten Ort auf Pico. Hier geht alles um den Weinbau, auch ein kleines Weinbaumuseum findet sich. Im Eintrittspreis von zwei Euro ist gleich noch eine kleine Weinprobe enthalten. Auch bietet sich die Gegend für wunderbare Wanderungen an, von denen wir eine längere am nächsten Tag auch machten. Viele Weinberge wurden hier inzwischen der Natur überlassen, einige werden wieder hergestellt. An einigen Stellen baut man inzwischen Feigen an.
An der Küste und später bei der Wanderung lassen sich an vielen Stellen die Rilheiras erkennen, Furchen, die die mit schweren Weinfässern und Trauben beladenen Ochsengespanne in das Lavagestein mit der Zeit der Jahrhunderte quasi hineingefräst haben. Auch an den Anlagestellen am Meer sind noch Spuren von Bahnen zu erkennen, die das Heruntergleiten der Fässer erleichterten.
Eine nächste Tagesetappe führt uns dann etwas länger nach Sao Roque. Hier findet sich eine sehenswerte Walverarbeitungsfabrik, die heute ein Museum ist, das Museu da Indústria Baleeira. Ein weiteres findet sich in Lajes nahe unserem Hotel, das Museu dos Baleeiros. Auch das schauten wir uns an. Die Azoren und besonders Pico hat eine alte Walfangtradition. Jahrhundertelang war das Archipel Walfangzentrum besonders für amerikanische Walfänger, deren Schiffe hier anlegten und auch schon mal überwinterten. Bewohner der Azoren stellten Teile der Besatzungen, ein Weg um den Militärdienst zu umgehen oder auch um nach zwei/drei Jahren auf See nach Amerika zu kommen. Die Azoreaner selber fingen Wale nur in Küstennähe. Die Jagd auf Wale hat die Insel und die Menschen geprägt, geendet hat das alles erst 1987. An der Küste findet man etwa immer wieder Beobachtungstürme. Wurde ein Wal gesichtet gab man mit Leuchtraketen Signal, die Männer beendeten dann sofort ihre Tätigkeit und fuhren zu siebt/acht mit ihren schlanken, kleinen Booten auf die See hinaus und erlegten den Wal. Auch im Wettlauf untereinander.
Heute fährt man wieder mit kleinen Booten hinaus, jedoch zur Walbeobachtung. Es gibt nur wenige Orte auf der Welt, die eine derartig große Vielfalt und Dichte an Walen und Delfinen bieten, die sich aus nächster Nähe beobachten lassen. Wir jedoch verzichteten darauf, da wir bei einer früheren Reise in der Baja California einmalige Erlebnisse mit Walen hatten. Hier findet sich ein Bericht dazu.
Bildergalerie Lajido, Sao Roque, Nordost-Küste
Einen Besuch wert ist auf jeden Fall die Gruta das Torres. Sie ist mit über 5000 m Länge und einer Höhe bis zu 15 m die größte bekannte Lavahöhle auf den Azoren und eine der längsten weltweit. Sie besteht aus einem großen Haupttunnel und verschiedenen Nebentunneln und weist vielfältige geologische Strukturen auf. Hier finden sich Stalagtiten und Stalagmiten, Lavabänke, Glaslava, Fließmarkierungen an den Wänden, Blocklava und Pahoehoe-Lava. Eine ursprünglich sehr dünnflüssige, schnell fließende und sehr heiße Lava.
Lavaröhren entstanden während früherer Vulkanausbrüche. Dabei floss der heiße Gesteinsstrom unter einer bereits erstarrten Kruste noch Kilometer weit, teilweise bis zum Meer. Die Kruste sorgte für die thermische Isolierung. Nach Ende des Ausbruches und Versiegen der Lavaquelle verblieben die leergelaufenen Röhren. Stellenweise stürzte die Höhlendecke ein, so entstanden die Zugänge.
Begehbar ist natürlich nur ein kleiner Teil, auch zum Schutz der erst 1990 entdeckten Höhle. Die beließ man bis auf den Eingang ursprünglich, gutes Schuhwerk ist angesagt. Helm und Grubenlampe bekommt man im Besucherzentrum, das für sich selber schon sehenswert ist. Nähert man sich, sieht man nur eine schwarze Mauer aus Lavabrocken. Sie erinnert an die aufgeschichteten Trockenmauern, die die Weinfelder begrenzen, nur höher. In die Höhle kommt man nur über den Weg durch das Besucherzentrum. Frühzeitig reservieren ist angesagt, maximal 15 Leute dürfen hinein und das nur fünfmal am Tag.
Generell prägt der Vulkanismus das Erscheinungsbild der Insel. So zeigen sich im Inselinneren zahlreiche kleine und größere Krater und Kraterseen, überragt vom Ponta de Pico. Der letzte Ausbruch fand 1562 statt. Pico kennt auch keine Sandstrände wie die meisten atlantischen Vulkaninseln auch. Die Küste bilden meist steile Felswände, die direkt aus dem Meer emporragen, umtost von den Gewalten des Atlantiks. Immer wieder hat man an flachen, felsigen Küstenabschnitten Naturbecken zum Baden angelegt, Felsen und Mauern halten den Atlantik in Zaum, so lässt sich gefahrlos Baden. Dennoch, Badeurlauber sollten woanders hinreisen.
Bildergalerie Gruta das Torres, Inselinnere, Calheta, der Norden
Die Azoren bieten bizarre Landschaften, geeignet zum Wandern, die Möglichkeit Wale zu beobachten, wechselhaftes Wetter und wenig Menschen. Und guten Wein. Hoffen wir, dass das noch lange so bleibt.
P.S. Auf Pico legten wir in den sechs Tagen 512 km zurück. An Tagen mit viel Regen bieten sich eben Autowanderungen an.
Quellen: eigene Recherche und Erlebnisse, Wikipedia, azoren-online.com