Eine Reise in die Antarktis via Falklands und Süd-Georgien

Teil III – die Antarktis

Unsere Route in die Antarktis via Falkland-Inseln (Reisereportage Teil I) und Südgeorgien (Teil II):

Unsere Route mit der MV Fram via Falkland-Inseln und Südgeorgien in die Antarktis

Hier finden sich die Logdateien (GPS) über die gesamte Reise hinweg (Quelle: Hurtigruten)

Der Weg zur Bildergalerie mit den subjektiv schönsten Aufnahmen (nur eine kleine Auswahl).

Hier gibt es den 90-minütigen Film der Reise kommentiert als DVD oder hochauflösend als BluRay. Als Vorgeschmack ein paar Ausschnitte jedoch ohne deutsche Kommentierung dafür mit ein paar englischen Untertiteln. 

Auf hoher See

Die drei Tage auf hoher See Richtung Süden von Süd-Georgien verliefen nicht so ruhig wie die Fahrt bisher. Im Schnitt vier Meter hohe Wellen und Windstärke 6 sorgten schon für stärkere Bewegungen des Schiffs. An Bug und Heck waren Bewegungen von acht bis zehn Meter fast normal. Dennoch ließen sich die Tage nutzen, die Crew bot Vorträge zu Themen wie Robben, Walbeobachtungen oder Vulkanismus auf Deception Island an. Auch musste wieder alle Outdoorkleidung gründlich gereinigt und abgesaugt werden, die Stiefel desinfiziert. Zudem ließ sich die Zeit nutzen, um sich mit der Geschichte der Antarktis und mit dem Antarktisvertrag auseinander zu setzen.

Vor Elephant Island, hier musste Shackletons Mannschaft noch weitere vier Monate auf dem kleinen Landvorsprung ausharren, bis Rettung kam.

Der Vertrag von 1961 legt fest, dass der antarktische Kontinent und seine angrenzenden Gewässer ausschließlich friedlich genutzt werden dürfen, in erster Linie für die wissenschaftliche Forschung. Sind die Polargebiete doch Schlüsselregionen für das Weltklimageschehen, mithin für das Leben auf der Erde. Deswegen reisen auf der MS Fram immer mal wieder Wissenschaftler mit, um ihrer Arbeit nachzugehen oder zu einzelnen Forschungsstationen zu gelangen.

Vereinzelte Eisberge auf dem weiteren Weg Richtung Süden zeigen, dass wir uns der Antarktischen Halbinsel nähern. Diese teilweise gigantischen Tafeleisberge sind typisch für die Antarktis, sie brechen von den Gletschern und vom Schelfeis ab. Ein großer braucht mehrere Jahre um abzuschmelzen und kann tausende Kilometer auf dem Meer zurücklegen. Besonders große Exemplare sollen sogar 30 Jahre überdauert haben.

Mithin der größte dokumentierte war ein antarktischer Tafeleisberg mit einer Fläche von anfangs 31.000 Quadratkilometern aus dem Jahr 1956. Selbst mitten im Atlantik wurde einst einer aus der Antarktis gesichtet. Rund 90 Prozent der Eismasse befinden sich unter Wasser, was bekanntermaßen schon der Titanic zum Verhängnis wurde.

Blaue Adern aus klarem Eis durchziehen manchen Eisberg. Sie entstehen durch Schmelzwasser, das in Gletscherspalten eindrang und wieder gefror. Ansonsten sind sie weiß, dafür sorgen die im Eis eingeschlossenen Luftblasen, die das Licht reflektieren. Tiefblau schimmert er nur, wenn das Eis sehr wenig Luftbläschen enthält. Weißes Licht muss einen Weg von drei Metern durch das Eis zurücklegen, bis es blau schimmert. Gut bei Gletschereis zu beobachten, besonders bei Spalten und Höhlen.

Beim Reinigen der Kleidung

Für die Antarktis-Besucher gibt es strenge Vorschriften. So dürfen nie mehr als 100 Menschen an Land sein, begleitet von fünf Guides. Landungsberechtigt sind nur Schiffe mit maximal 500 Passagieren. Vor jedem Landgang müssen Kleidung und Ausrüstungsgegenstände gesäubert werden. Damit will man verhindern, dass nicht-heimische Arten eingeschleppt werden. Natürlich darf nichts zurückgelassen werden, außer Fußabdrücke.

Lange Zeit haben nur Wissenschaftler ihren Fuß auf die Antarktis gesetzt. Heute ist es auch Touristen möglich. Angelandet wird bei der MS Fram mit schnellen und wendigen Polarcircle-Booten. Sie sind speziell für die antarktische See konzipiert. Sechs bis sieben Menschen passen auf die Boote, hohe Gummistiefel sind Pflicht.

Wo und wann angelandet und welche Inseln besucht werden ist abhängig von Wind, Wetter und Eis. Die Natur bestimmt die Route.

Bildergalerie Fahrt Richtung Antarktis

Brown Bluff

Wir sind vor Brown Bluffan der an der Spitze der Antarktischen Halbinsel. Anlandungen werden nicht selten durch treibende Tafeleisberge verhindert. Bei Südost-Wind gibt es kaum eine Chance, weil zahlreiche Eiskolosse aus der Wedell-See auf die Insel zutreiben.

Eine fast 750 Meter hohe Klippe beherrscht das Landschaftsbild von der Seeseite her. Sie ist vulkanischen Ursprungs, an der Nordseite weitgehend Eisfrei und rostfarben gefärbt. Der Strand ist von Lavabomben übersäht und natürlich finden sich zahlreiche Adélie-Pinguine und Eselspinguine hier ein. Zahlreiche Dominikanermöwen und Kapverden-Sturmvögel brüten derzeit, diese Flächen dürfen nicht betreten werden.

Die Anlandung ist nicht so einfach. Tonnenschwere Eisblöcke treiben an den Strand. Die Crewmitglieder halten eine Rinne frei, stehen bis zu der Hüfte im eiskalten Wasser (rund 1 Grad Celsius). Wir stehen zum ersten Mal auf dem antarktischen Kontinent. Schon ein besonderes Gefühl. Am Strand entlang watscheln die Pinguine. Der Kontrast zwischen den fast schwarzen Tieren und dem Eis ist gigantisch. Schnell sind hunderte von Fotos im Kasten und auch zahlreiche Szenen abgedreht. Man weiß gar nicht, wo man anfangen oder aufhören soll. Vergessen darf man natürlich nicht, die Szenerie einfach mal zu genießen, die Tiere nur zu beobachten. Es ist einfach fantastisch. Die Temperatur liegt bei etwa sechs Grad Minus, es schneit kräftig und es bläst ein kalter Wind, der die gefühlte Temperatur weiter sinken lässt. Dafür hat man aber entsprechende Kleidung an. Nach 90 Minuten geht es zurück, inzwischen haben große Eisblöcke die Anlandestelle ziemlich im Griff. Die Crewmitglieder versuchen sie aus der Fahrrinne zu schieben, kaum möglich. Auch der Bootsführer versucht sie mit dem Boot auf die Seite zu drücken, gelingt auch bei voller Motorkraft nur bedingt.  Gibt aber wunderbare Aufnahmen.

Die Mannschaft der MS Fram dürfte nicht so gute Erinnerungen an Brown Bluff haben. Kollidierte das Schiff doch im Dezember 2007 nach einem halbstündigen Maschinenausfall mit einem Eisberg und wurde leicht an der Außenhaut beschädigt. Zudem litt ein Rettungsboot. Aus Sicherheitsgründen lief die Fram den am nächsten gelegenen Ankerplatz einer chilenischen Militärstation auf King George Island an. Passagiere und Besatzung kamen nicht zu Schaden.

Ganz ausschließen kann man Unfälle bei Antarktisfahrten nie. So sank ebenfalls 2007 das Kreuzfahrschiff Explorer nach einer Kollision mit einem Eisberg, etwa 1000 Kilometer südlich von Kap Hoorn. Die 100 Passagiere und 54 Besatzungsmitglieder wurden nach vier Stunden in Rettungsbooten von dem norwegischen Schiff NordNorge aufgenommen.

Bildergalerie Brown Bluff

Weiter geht es durch den Antarctic-Sound. Er steht für wirklich beeindruckende Eisbergformationen, ist ein rund 50 Kilometer langes Gewässer mit Breiten zwischen 12 und 22 Kilometern. Er trennt eine Inselgruppe von der antarktischen Halbinsel ab. Die teils kilometerlangen, tafelförmigen Eisberge stammen vom Schelfeis des Kontinents, starke Strömungen im Wedell-Meer treiben die Eisgiganten Richtung Norden in den antarktischen Sund hinein. Nur macht das Wetter uns einen Strich durch die Rechnung. Es ist nebelig und schneit stark, zu sehen ist fast gar nichts.

Bildergalerie Antarctic Sound

Deception Island, Süd-Shetland-Inseln

Um sieben Uhr morgens hatten wir die Einfahrt in den Kratersee von Deception Island erreicht. Die Insel ist vulkanischen Ursprungs mit einem noch aktiven Vulkan. Neben dem Mt. Erebus einer von noch zwei aktiven Vulkanen in der Antarktis. Das Eiland besteht aus dem ringförmigen Rest der Caldera. Sie entstand vor etwa 10.000 Jahren nach einer gewaltigen Explosion. Kleinere Schiffe wie die Fram können die Caldera befahren. Der letzte Ausbruch fand 1970 statt und gehörte zu den gewaltigsten Explosiv-Eruptionen auf der Erde. Eine spanische Forschungsstation überwacht den Vulkan in den Sommermonaten.

Ein kleiner Nebenkrater

Morgens war es nebelig und windig. Wir landeten in der Telefon-Bay an. Hier bot sich eine einstündige Wanderung um einen Nebenkrater an. Gegen Mittag klarte der Himmel auf, das Wetter und die Vorhersage blieb aber vage. Eigentlich wollte ich heute Nachmittag eine Tour mit dem Kajak machen. Die aber wurde verschoben, der unsicheren Wetterbedingungen wegen.

Bildergalerie Deception Island Telefon-Bay

Das Schiff setzte also innerhalb der Bay um, es erfolgte eine zweite Anlandung auf Deception Island in der Whalers Bay.

Hier finden sich die Reste einer verfallenen britischen Forschungsstation von 1944 und die einer norwegischen Walfangstation. Letztere wurde gemäß des Antarktis-Vertrages zur Historic Site No. 71 erklärt, ist somit geschützt. Die Walfangstation wurde 1927 durch einen Vulkanausbruch zerstört und nicht wiederaufgebaut. Die Forschungsstation fiel 1969 einem Ausbruch zum Opfer. Einen Friedhof aus der Walfängerzeit haben die Vulkanausbrüche im Laufe der Zeit verschüttet.

Ein Seeleopard, mithin das zweitmächtigste Raubtier der Antarktis nach dem Orca. Lieblingsspeise: Pinguine und Robben.

Hier am Strand liegt einsam ein Seeleopard herum, döst vor sich hin. Unser erster den wir sehen. Er trägt seinen Namen nicht zu Unrecht. Bei einer Länge von über dreieinhalb Metern und einem Gewicht von bald 450 Kilogramm ist er neben den Orcas das beherrschende Raubtier des südlichen Polarmeeres. Seine Lieblingsspeise sind Pinguine und Robben. Je nachdem. Manche haben sich auf die Jagd von Pinguinen spezialisiert, andere wiederum auf die von Robben. Sie lauern gern auf Eisschollen auf ihre Beute. Und bewegen sich trotz ihres Gewichtes und der Größe schnell und gewandt. Dabei erlegen sie ihre Beute vor allem im Wasser. Aber auch auf Eisschollen ist sie nicht sicher. Bemerkenswerterweise ernährt sich der Seeleopard gut und gern zur Hälfte auch von dem winzigen Krill, Fische dagegen stehen eher nicht auf seinem Speiseplan.

Um Seeleoparden sollte man als Besucher einen größeren Bogen machen. Sind doch Fälle bekannt, in denen sie Menschen angriffen, etwa in kleinen Booten. Ansonsten beachten Robben den Menschen gar nicht.

Ein kaltes Bad bei etwa 1 – 2 Grad Celsius Wassertemperatur

Tiere finden sich hier in der Bucht eigentlich eher weniger. Der Grund ist das etwas durch die Vulkanaktivitäten etwas wärmere Wasser, somit nährstoffärmere Wasser. Etwas wärmer heißt an manchen Stellen sieben Grad. Eigentlich nur direkt am Ufer an wenigen Stellen. Ansonsten ist das Wasser bei etwa Null bis zwei Grad Celsius hier in der Bay. Hält einen aber natürlich nicht ab, ein kurzes Bad zu nehmen. Der Bordarzt muss aber sein OK geben, Handtücher hat er dabei. Also rein ins sprichwörtlich kalte Nass. 

Auf Deception Island lebt in der Nähe noch eine Brutkolonie von Zügelpinguinen. Sie sind etwa 70 Zentimeter groß, erreichen eine Geschwindigkeit von über 30 Kilometer pro Stunde beim Schwimmen und legen auf der Nahrungssuche 80 Kilometer täglich zurück. Die Tiere gelten neben den Felsenpinguinen als sehr streitlustig und greifen deutlich größere Tiere an. An unserem Landungspunkt waren aber nur einige wenige anwesend, und die waren auch ganz relaxt. Trotz des Seeleoparden in der Nähe. Zwei Wissenschaftler aus Norwegen haben hier zwei Zelte aufgebaut, sind schon seit etwa einen Monat hier um die Kolonie und die Zügelpinguine zu erforschen. Zwei weitere stehen Ihnen noch bevor. Gern nutzen sie die Anwesenheit unserer Schiffes um zu duschen, sich mit den Expeditionsmitgliedern zu unterhalten und am Abendessen teilzunehmen.

Bildergalerie Deception Island Whalers Bay

Klima und Wetterbedingungen

Hier auf Deception Island ließen sich auch sehr gut die schnellen Wetterwechsel erleben. Morgens nebelig und stark windig, kurz darauf schien die Sonne, dann schneite es heftig. Alles innerhalb kurzer Zeit. Die Antarktis ist Terra incognita, also unbekanntes Land. Sie ist bis heute kaum erforscht, zugleich ist sie lebensfeindlich wie kaum eine andere Region. Auch die Wetterumschwünge lassen dies erahnen. Man mag sich kaum vorstellen, unter welch extremen Bedingungen die Forscher vor über 100 Jahren sich auf den Weg zum Südpol machten. Als erster Mensch erreichte Roald Amundsen ihn am 14. Dezember 1911 mit vier Begleitern. Andere ließen bei den Versuchen ihr Leben. So auch der Brite Robert Falcon Scott. Dabei halten wir uns jetzt im Sommer in einer der wärmsten Regionen der Antarktis auf. Dann steigt die Temperatur schon mal auf null Grad Celsius. Im Jahresdurchschnitt liegt sie mit minus 55 Grad Celsius weit darunter. Im Landesinneren beträgt sie selbst im Sommer minus 40 Grad Celsius. Lange galten die minus 89,2 Grad, gemessen 1983 an der Antarktis-Station Woystock in zwei Meter Höhe, als die kälteste jemals gemessene Temperatur auf der Erde.

Eine gefrorene Landschaft

Die Auswertung von Satellitenmessungen über den Zeitraum von 2004 bis 2016 ergab jedoch mehr als 150 Messwerte von über minus 90 Grad Celsius. Der Rekordhalter sind jetzt minus 98,6 Grad, gemessen am 24. Juli 2004 auf 3800 Meter Höhe, also mitten im antarktischen Winter.

Der Südsommer ist die einzige Zeit, in der Touristen überhaupt diese Region besuchen können. Zugleich scheint südlich des Polarkreises 24 Stunden lang die Sonne. Wichtiger noch, den Zeitraum von Dezember bis Februar zeichnen längere, ruhigere Wetterabschnitte aus.

Derartig tiefe Temperaturen dürften jedoch der Vergangenheit angehören. Denn auch die Antarktis trifft die globale Erwärmung. Was fatale Folgen haben könnte. Der Eispanzer ist bis zu fünf Kilometer dick, in der Antarktis sind etwa 70 Prozent der Süßwasserreserven der Erde in Form von Eis gebunden. Ein Abschmelzen dieser ungeheuren Menge dürfte den Meeresspiegel um 58 Meter anheben. Ein komplettes Abschmelzen des Eises ist selbst bei deutlich ansteigenden Temperaturen aber nicht zu erwarten. Dafür sorgt die Lage umgeben von Wasser, die hohen Gebirge und die antarktischen, ablandigen Winde. Dennoch verliert auch die Antarktis zunehmend schneller an Eis.

Typisch für die Antarktis sind zudem ihre starken Winde. Warme, in der Höhe einströmende Luftmassen kühlen sich über dem Zentralplateau ab, sinken nach unten und fließen zu den Küsten hin ab. Da die Gebirgskette im Inneren an flache, weite Ebenen grenzt, gewinnen sie gewaltig an Geschwindigkeit. Dies gilt vor allem für die östlichen Gebiete. Die Sturmregion des King-George-Victoria-Landes zählt im Jahr rund 340 Sturmtage mit Windgeschwindigkeiten von bis zu über 300 Kilometer pro Stunde.

Ein für Menschen häufig ungemütlicher Kontinent

Dafür sind die Niederschlagsmengen im Inneren der Antarktis sehr gering. Sie fallen überwiegend als Schnee und in den Wintermonaten. In der Zentralarktis sind es um die 50 mm Niederschlag pro Jahr, zum Vergleich, in der Sahara fallen ebenfalls um die 50 mm Regen im Jahresmittel. Deswegen handelt es sich um eine trockene Eiswüste. An der Küste können es bis zu 600 mm werden, auf den vorgelagerten Inseln um die tausend.

Wilhelmina Bay, Orne Harbour, Melchior Island

Eisberg in der Wilhelmina Bay

Am kommenden Morgen haben wir die Wilhelmina Bay erreicht, ein für Wale und Robben idealer Futterplatz. Dementsprechend viele Buckelwale kann man hier beobachten. Wenn das Wetter mitmacht. Was es nicht tat. Zuerst herrschte ein starker Wind und Nebel vor, dann schneite es den ganzen Tag heftig. In der Ferne ließen sich dennoch ein paar Wale sehen, üblicherweise, wie es heißt, vor traumhafter Kulisse mit einem pyramidenförmigen Gipfel und riesigen Gletscherzungen. Die lassen sich aber nur erahnen. Man nennt diese Bucht übrigens auch Whale-mina- statt Wilhelmina-Bay.

Bildergalerie Wilhelmina-Bay

Generell finden sich im Sommer nahe der antarktischen Halbinsel zahlreiche Wale ein, die sich relativ gut von dem Abschlachten erholt haben, mit Ausnahme der Blauwale. Sie jagen Fische, Tintenfische, Pinguine oder leben vom Plankton. Häufiger zu sehen sind die großen Schwertwale, bekannter als Orcas, die zur Familie der Delfine gehören. Aggressive und ehrgeizige Jäger, die es auf Robben, Seevögel und andere Kleinwale oder Jungtiere großer Bartenwale abgesehen haben. Sie bilden bei der Jagd Gruppen und gehen strategisch vor, sind so in der Lage auch viel größere Beutetiere zu erlegen.

Walreste aus den 30er-Jahren

Mithin der größte Wal ist der Blauwal. Nicht selten über 30 Meter lang und bis zu 200 Tonnen schwer ist er das schwerste Tier, das jemals auf der Erde existierte. Auch kein Dinosaurier kommt an seine Masse heran. Nur der Seismosaurus mag etwas länger gewesen sein. Allein sein Herz kann bis zu einer Tonne wiegen, die Hauptschlagader hat einen Durchmesser von 20 Zentimeter. Wie alle Bartenwale ernährt er sich von Krill und kleinen Krebsen, die er mit seinen Barten aus dem Meerwasser herausfiltert. Es ist als gesichert anzusehen, dass etwa Blauwale ein Alter von hundert Jahren erreichen können.

Untereinander kommunizieren Wale mit Tönen, die über hunderte von Kilometer im Wasser zu hören sind. Neuesten Forschungen zufolge hat jede Walpopulation wohl ihren eigenen typischen Gesang. 622 unterschiedliche Laute haben Forscher schon bei einer einzigen Walart unterscheiden können.

Wale sind meist gesellige Tiere mit einem ausgeprägten Sozialverhalten. Nur selten leben sie allein oder als Paar. Gruppen, auch Schulen genannt, bestehen aus zehn bis fünfzig Tieren. Zur Paarungszeit und bei besonders großem Nahrungsangebot können es auch mal bis zu 1000 Tiere sein.

Nachmittags lag die Fram dann vor Orne Harbour vor Anker. Es schneite immer noch kräftig, die Gletscher und Berge ringsum waren von Neuschnee bedeckt, sofern man sie sehen konnte. Eine Anlandung auf Eis klappte dennoch, ein beschwerlicher steiler Marsch durch den Schnee führte auf den spektakulären Spigot-Gipfel. Die Bucht diente zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Ankerplatz für Walfangschiffe. 

Orne Harbour ist umgeben von Gletschern und steilen Berghängen. Entlang des Bergkamms nisten auch Zügelpinguine. Auch sie müssen auf dem Bergkamm hoch und runter. Es schneite immer heftiger, selbst den Pinguinen passte es wohl nicht. Sie entfernten den Schnee durch Flügelschlagen und meckerten heftig. Wunderbar war es, Pinguinen zuzuschauen, die im Schnee auf dem Bauch den Hang herunterrutschen. Für die Aufnahmen war das Wetter eigentlich ideal, auch wenn Kamera und Foto triefnass waren. Alles in allem ein gelungener Nachmittag.

Bildergalerie Orne Harbour

Am kommenden Vormittag lagen wir dann vor Melchior Island vor Anker. Der nächste Versuch einer Kajak-Tour scheiterte an Windstärke 5. Also raus mit den Tenderbooten, eine Bootsfahrt durch die wunderschöne Gegend musste genügen. Die Melchior Islands sind eine Gruppe von vielen kleinen, flachen, mit Eis und Schnee bedeckten Inseln. Die Abbruchkanten der Gletscher sind schon faszinierend. An Tieren begegneten uns einige Zügelpinguine und ein Seeleopard, der auf einer Eisscholle vor sich hindöste. Ansonsten war die Fahrt etwas ereignislos.

Bildergalerie Melchior Island

Neumayer und Lemaire-Kanal

Das Wetter hatte umgeschlagen. Wir verließen die Melchior-Inseln. Die Sonne schien, auch wenn immer wieder bedrohlich dunkle Wolken am Himmel hingen. Die Eisberge, die Küstenlinie mit den eisbedeckten Hängen und die unzähligen Abbruchkanten der Gletscherfunkelten im Sonnenlicht um die Wette. Wir fuhren gerade südlich durch den Neumayer-Kanal. Eine traumhafte Eislandschaft zog an uns auf einer Strecke von 26 km vorbei.

Bildergalerie Neumayer-Kanal

Gegen 19 Uhr erreichten wir den Lemaire-Kanal. Die Durchfahrt durch den sechs Kilometer langen und einen halben Kilometer breiten Kanal gehört mit zu den schönsten Passagen in der Antarktis, ist zweifelsohne einer der landschaftlichen Höhepunkte einer Antarktis-Fahrt. Besonders bei guter Sicht, doch inzwischen hat uns der Nebel und bedeckter Himmel wieder. Dennoch war es eine spannende Durchfahrt, zumal ein Eisberg auch noch Teile der engsten Stelle blockierte. Und es kam uns ein weiteres Expeditionsschiff entgegen. Gab wunderbare Aufnahmen. In Schleichfahrt manövrierte der Kapitän dann die Fram dicht am Eisberg und den Bergen vorbei durch die Engstelle. Kurz darauf erreichten wir mit ordentlich Verspätung Petermann Island, morgen wollten wir hier anlanden. Aber 30 Passagiere durften schon am Abend anlanden, denn sie konnten die Nacht in Zelten auf der Insel verbringen. 60 hatten sich darum beworben, doch das Losglück hatte mich nicht bedacht.

Bildergalerie Lemaire-Kanal

Peterman Island – gefrorene Welten

Die Peterman-Insel unweit des südlichen Polarkreises ist ein sehr guter Beobachtungsort für Eisberge und Wale. Der Ort bietet zudem einen wunderbaren Ausblick auf die antarktische Halbinsel. Ein großer Teil ist von Eis bedeckt, zahlreiche Pinguinkolonien liegen über die Insel verstreut. Und die Pinguine beobachteten ganz fasziniert den Aufbau der Zelte aus nächster Nähe. 

Früh am nächsten Morgen gab es einen neuen Anlauf für eine Kajak-Tour. Doch der Blick vom Schiff offenbarte enorme Packeismassen, die der Wind vom Süden hierhergetrieben hat. Eine faszinierende eingefrorene Eislandschaft, die vielmehr wert war als die geplante Anlandung. Das ist die Antarktis. Die Kajaktour wurde natürlich gecancelt und auch die Anlandung auf Peterman Island. Die Tenderboote mussten sich durch das Packeis kämpfen, um die auf der Insel verbliebenen zurück zu holen. Das dauerte rund vier Stunden bis alle und auch das Gepäck und das Expeditionsteam wieder an Bord waren. Zeit für Aufnahmen der auf dem Packeis liegende und vorbei treibenden Robben, von schwimmenden und fischend Pinguinen die sich in der von Schiff freigeräumten Fahrtrinne tummelten und natürlich von den sich durchs Packeis kämpfenden Tenderbooten.

Bildergalerie Peterman-Island

Pleneau-Island

Später ging es in sehr langsamer Fahrt durch das dichte Packeis in Richtung Norden. Den Südpolarkreis konnten wir nicht mehr erreichen obwohl wir nicht mehr weit entfernt waren. Ist aber sowieso nur ein symbolischer Punkt. Nächstes Ziel für eine Anlandung am Nachmittag (und der Versuch einer weiteren Kajaktour) war Pleneau Island. Vom felsigen Strand der kleinen Insel führt eine sanfte Steigung hinauf zu einer großen Eiskappe, die zwei Drittel der Insel bedeckt. Inzwischen kam wieder die Sonne hervor.

Bildergalerie Pleneau-Island

Die Kajaktour

Und es wurde wahr. Zum Abschluss war doch noch eine Kajaktour möglich. 14 durften raus in die eisige See. Natürlich gut geschützt im Trockenanzug mit Notfallausrüstung für den Fall der Fälle. Das Wasser hat knapp minus zwei Grad Celsius, Überlebenszeit durch Schock und Auskühlung ohne Trockenanzug nur wenige Minuten.

Einmalig, unvergleichbar, nicht in Worte zu fassen. Mit dem Kajak in der Antarktis unterwegs

Die Fahrt war einfach gigantisch. Auf fast gleicher Höhe mit den Pinguinen, die sich durch das Kajak überhaupt nicht stören ließen und nebenher schwammen und sprangen, die Seehunde, das Paddeln an der Küste entlang, knapp zwei Stunden waren wir unterwegs. Zurück zur Fram mussten zwei Tenderboote uns den Weg durch eine Packeisstrecke frei räumen. Einfach fantastisch und ein passender Abschluss dieser einmaligen und außergewöhnlichen Reise. Ich glaube kaum, dass wir das letzte Mal in diesen Eiswelten unterwegs waren, zu beindruckend, zu schön, es fehlen schlicht die Worte um das was man hier erlebt, beschreiben zum können. Das nennt man den Polar-Virus, der viele Menschen befällt, die diese Regionen bereisen.

Dank auch an das Expeditionsteam, wirklich beeindruckend was sie leisteten, junge enthusiastische Menschen und Wissenschaftler. Dank auch an die Crew.

Eine Reise der anderen Art ging langsam zu Ende, eine traumhafte und faszinierende zugleich. Es ist schon etwas Besonderes, in diese Region unseres Planeten zu reisen.

Doch noch stand uns die Drake-Passage bevor. Knapp 1000 Kilometer liegen vor uns, die Strecke von der Antarktischen Halbinsel bis nach Ushuaia. Das entspricht etwa 40 Stunden Fahrzeit bei gutem Wetter. Aber es geht durch die Drake-Passage Richtung Kap Hoorn. Sie hat den Namen von James Cook erhalten, nach dem britischen Piraten ihrer Majestät Sir Francis Drake.

Das Befahren dieser Strecke ist ein nicht immer ein ganz ungetrübtes Vergnügen. Immer wieder kreisen mächtige Tiefdruckgebiete von West nach Ost um die Antarktis und passieren unweigerlich diese Passage. Dennoch, es ist meist weniger schlimm als der Ruf befürchten lässt. Halt ein Lotteriespiel. Bei uns war es recht ruhig, gerade mal vier bis fünf Meter hohe Wellen und Windgeschwindigkeiten von 10 m/s. Also nicht mehr als bei der Fahrt von Süd-Georgien in die Antarktis.

Der schlechte Ruf der Passage und des Kaps hängen eher damit zusammen, das zu früheren Zeiten bis zum Bau des Panama-Kanals die Schiffe um Kap Hoorn herum mussten. Also waren viele Schiffe unterwegs, vor allem Frachter, die gegen den vorherrschenden Wind gesegelt werden mussten. Kein Wunder, dass es sich um einen der größten Schiffsfriedhöfe der Welt handelt. Rund 800 Schiffe sollen hier verunglückt, mehr als zehntausend Menschen umgekommen sein.Manch Expeditionsleiter hat dafür einen passenden Spruch auf den Lippen: Die Antarktis kostet keinen Eintritt, der Preis ist die Drake-Passage.

Meist bekommt man das Kap Hoorn gar nicht zu sehen, es liegt rund 40 Seemeilen westlich der üblichen Schifffahrtsroute. Hat man aber genügend Zeit und macht das Wetter mit, manchen manche Expeditionsschiff einen Schlenker. So auch bei uns. Und wir konnten zum Abschluss das Kap sogar bei Sonnenschein genießen und bei verhältnismäßig ruhiger See. Näher als drei Seemeilen durfte die Fram sich aber nicht nähern, das wäre eine Einreise nach Chile gewesen und die ist untersagt.

Die Antarktis ist nicht nur ein weiterer Kontinent. Er ist einer der nahezu unberührt ist, große Teile sind immer noch im wahrsten Wortsinn weiße Flecken auf der Landkarte. Groß ist die Vielfalt an Tieren, außergewöhnlich viele Landschaften, lebensfeindlich die Umwelt. Ein Kontinent mit vielen Superlativen die kaum jemand kennt und nur wenige besuchen. Die größten Gletscher, die tiefsten Temperaturen, die größten Eisberge, ungeheure Stürme und zahlreiche wilde Tiere ohne Scheu vor dem Menschen. Es ist außergewöhnlich, diesen Teil der Erde zu besuchen, faszinierend zugleich, zumal die Antarktis und Süd-Georgien einen in den Bann ziehen. Und eigentlich auch nie mehr loslassen.

Brown Bluff, hier erfolge mein erster Schritt auf das antarktische Festland

Quellen: Eigene Erlebnisse, Gespräche mit dem Expeditionsteam, Internetrecherche, Wikipedia

Hier geht es zu Teil I, den Falkland-Inseln und zu Teil II, Süd-Georgien

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