Wüsten, Wein und geheimnisvolle Kulturen
Unterwegs im Norden Chiles und auf der Osterinsel
Über eine Strecke von über 4000 km erstreckt sich Chile, mithin mehr als 39 Breitengrade. Und zahlreiche über 6000 m hohe Berge in den Anden sorgen für beträchtliche Höhenunterschiede. Infolge dessen finden sich eine große Vielfalt an Klima- und Vegetationszonen in diesem Land. Kein Wunder dass Chile mit seinen unterschiedlichsten Landschaftsformen als eines der schönsten Länder Südamerikas gilt. Unsere Reise fokussiert sich diesmal auf den Norden des Landes mit der Atacama-Wüste und auf die Gegend um Santiago de Chile und den angrenzenden Weingütern. Aber auch die über 3000 km entfernte Osterinsel kommt nicht zu kurz. Ausgelassen haben wir den Süden, Patagonien. Hier waren wir schon im Frühjahr 2011 (zum Reisebericht Patagonien)
Veranstalter in Deutschland: TWR Erlebnisreisen, und der lokale Organisator: TravelArt Chile
Unsere Route
Die Reise begannen wir in der Hauptstadt Santiago de Chile. Nach einer kurzen Stadtbesichtigung ging es am kommenden Tag schon weiter in den Norden nach Arica. Ausflüge führten uns ins Altiplano, in den Lauca-Nationalpark, dem Azapa-Tal und zu einer verlassenen Salpeterstadt in der Atacama-Wüste bevor wir San Pedro de Atacama erreichten. Von hier aus starteten wir Exkursionen u. a. zu Hochlandlagunen, kleinen Städtchen, den Geysiren von El Tatio und ins Tal des Mondes. Natürlich waren wir auch auf den Spuren der alten Atacameños und Inkas und befassten uns ausgiebig mit der Atacama, einer der trockensten und ältesten Wüsten der Welt.
Zurück in Santiago stand die etwa 120 km entfernte, direkt an der Küste gelegene Stadt Valparaiso auf dem Programm und eines der besten Weinanbaugebiete Chiles, das Colchagua-Tal. Vier Tage später zurück in der Hauptstadt folgte die Tour zu der im Pazifik gelegenen, rund 3800 km entfernten Osterinsel. Hier widmeten wir uns auf der abgelegensten Insel der Welt mehrere Tage den Geheimnissen der Rapa Nui-Kultur.
Hier gibt es den ausführlichen Reisebericht ohne Bilder zum Download: Chile 2013 Reisebericht
Und hier geht es zum kurzen Trailer, der Vorschau des Chile-Filmes.
In Youtube finden sich weitere Trailer zu Chile (vier an der Zahl über die einzelnen Regionen. Am einfachsten meinen Kanal abonnieren, dann erfährt man automatisch was es Neues an Videos respektive Trailern gibt.
Santiago de Chile
Ausgangspunkt unserer Reise in den Norden des Landes und auf die Osterinsel war die 1541 vom Spanier Pedro de Valdivian gegründete Hauptstadt Santiago de Chile. Im Großraum rund um die Stadt leben etwa die Hälfte der 17 Mio. chilenischen Einwohner, in der Stadt selbst etwa 6 Mio. In der uns zur Verfügung stehenden kurzen Zeit war nur ein Besuch des Stadtzentrums möglich und eine kurze Fahrt durch das modernere Santiago. Das reichte uns auch, stand doch nicht die Millionenmetropole im Fokus der Reise, sondern die Atacama-Wüste, Valparaiso, der Wein und die Osterinsel. Außerdem war die Sicht und Luftqualität schlecht, durch eine ungünstige Wetterlage war Smog angesagt. Nicht außergewöhnliches für die Stadt. Liegt die Millionenmetropole doch in einem Talkessel von über 6000 m hohen Bergen umgeben, und im Winter fehlen öfters die Luftzirkulation und frische Winde. Dafür kommen Jahr für Jahr um die 50.000 Fahrzeuge hinzu. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO gilt die Luftqualität in Santiago de Chile als eine der schlechtesten der Welt. Aber gut, einige Tage lang macht das nicht aus.
Historische Gebäude aus der spanischen Kolonialzeit finden sich trotz der langen Geschichte nur wenige im Zentrum. Wird das Land doch regelmäßig von schweren Erdbeben heim-gesucht. Zitat unseres Stadtführers Camillo: Der Baumeister Santiagos sind die Erdbeben. Sie bestimmen den Baustil. Erst 2009 fand eines der weltweit schwersten Erbeben (8,5 auf der Richterskala) hier statt, Schäden davon waren aber für uns nicht mehr zu sehen. Historisches ist auch deswegen rar, weil vieles erst durch den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Unabhängigkeit entstand. Aus spanischen Zeiten stammen noch der zentrale Platz Plaza de Armas mit seiner Kathedrale Metropolitana de Santiago (erbaut 1745). Sehenswert sind zudem der heutige Präsidentenpalast La Moneda (1784-1805), ein klassizistischer Bau, einst die nationale Münzanstalt, sowie die pastellfarbene Hauptpost Correo Central (1882). Der Palacio de la Real Audiencia (1807) beherbergt heute das Historische Museum. Weiter finden sich am zentralen Platz die blaue Eisenkonstruktion des Edwards-Kaufhauses (Edificio Comercial Edwards, 1893) und der 1769 fertiggestellte Kolonialbau der Casa Colorada, Sitz des historischen Stadtmuseums.
Im Stadtviertel Paris Londres, gut zu Fuß von der Stadtmitte zu erreichen, steht eine der ältesten Kirchen, San Francisco genannt. Und gut Essen lässt sich in den Restaurants (gut: El Galeon, aber europäische Preise) an der zentralen Markthalle, Mercado Central, , im Mai 2012 vom National Geographic unter die Top Five der attraktivsten Lebensmittelmärkte der Welt gewählt. Etwa zehn Minuten vom Zentrum mit dem Taxi entfernt lohnt ein Besuch des vielleicht interessantesten Viertels der Stadt, zum Markt Persa Bio Bio. Die ganze Gegend ist ein riesiger Markt, Altes und Neues, Kunst und Krempel, Möbel und Ambiente, Nippes und Verrücktes, Leben und Musik, es gibt nichts, was es nicht gibt – und alles sehr günstig. Nur für uns war nichts dabei, in eineinhalb Stunden, da fehlt einfach die Zeit zum Stöbern. Man sollte sich schon einen halben Tag Zeit nehmen, am besten Samstag morgens.
Die moderne Seite der Stadt, auch sie war eine Stippvisite wert. Auf dem Weg dorthin fuhren wir auf den Cerro San Cristóbal, einen 885 m hohen Hügel. Santiago selbst liegt auf ungefähr 550 m NN. Auf dem Berg findet sich das Wahrzeichen Santiago de Chiles, eine 22 m hohe Marienstatue. Von dem Hügel aus hat man einen schönen Überblick über die Stadt, sofern es der Dunst zulässt. Hoch kommt man am besten mit dem Auto, Ende des Jahres soll aber auch die Seilbahn wieder in Betrieb sein (2013). Alternativ gibt es auch noch einen Schrägaufzug, der einen Zwischenstopp am Zoo macht.
Hier geht es zu einer Bildergalerie über Santiago de Chile
Die Stadtteile Providencia und Las Condes sind geprägt von gläsernen Bürotürmen, Geschäften und Restaurants. Im Gegensatz zum historischen Stadtzentrum bieten die hier zu findenden schattigen Alleen und großzügigen Boulevards fast europäisches Flair. Hier befindet sich neuerdings auch das mit rund 300 m höchste Gebäude ganz Südamerikas. Erdbebensicher natürlich, versprechen die Erbauer.
Am Abend schlenderten wir dann noch mal über den Plaza de Armas, hier findet das Leben statt. Gaukler, Maler, Musiker, Kaffees, einfach dasitzen und beobachten. Ab zehn ist dann Schluss, dann sollte man den Platz auch verlassen, aus Sicherheitsgründen. Auch wenn Chile das sicherste Reiseland in Südamerika ist, handelt es sich doch um eine sechs Millionen-Metropole mit allen Seiten.
Café con piernas, Kaffee mit Beinen. Mag man sich erst mal unter diesem Begriff nichts vorstellen können, so ändert sich das doch schnell, tritt man ein. Denn die Bedienungen die hier arbeiten, brauchen nicht nur Beine, sondern schöne Beine. Vorwiegend von Männern besucht, servieren hier Schönheiten den Kaffee, mit langen, unbedeckten Beinen. Schön zu Anschauen, mehr als Kaffee, Tee und Kuchen gibt es natürlich nicht.
Gut ist auch die Küche Chiles, so weit kann man schon mal vorgreifen. Ein traditionelles Gericht ist Asado, gegrilltes Rindfleisch. Gut schmecken auch die würzigen Paprikawürste. Zu den Nationalgerichten zählen zudem Empanadas, mit Hackfleisch, Ei und Oliven, oder mit Käse gefüllte Teigtaschen, sowie Cazuela, eine kräftige Suppe mit Huhn und Mais. Und immer zu empfehlen, alle Arten von Fisch, besonders in Meeresnähe. Nur die Preise, wie gesagt, die sind europäisch und auf der Osterinsel sogar höher. Muss doch alles weit eingeflogen werden. Chile jedenfalls ist kein billiges Reiseland, es aber wert.
Schon früh am Morgen ging der Flug in den Norden nach Arica. Nur erschien unser Guide nicht. Also mit dem Fahrer mit entsprechender Verspätung zum Flughafen und selbst um alles gekümmert. Hat noch gereicht. Abgehakt. Zumal der Guide wie sich auch später in Valparaiso zeigte wirklich gut ist. Galt übrigens für alle vier im Laufe der Reise. Der Flug verlief reibungslos und auch die Abholung im Arica. Später stellte sich heraus, der Guide steckte im Stau fest. Morgens um sechs Uhr. Ja die Arbeitszeiten in Chile sind noch etwas länger als in Deutschland, denn Abends ging die Rushhour bis gegen acht Uhr.
Im Norden: Von Arica bis Iquique
Arica liegt nahe der peruanischen Grenze direkt am Pazifik und heißt im Volksmund „Stadt des ewigen Frühlings“. Sie fiel während des Salpeterkrieges gegen Peru und Bolivien an Chile, hat heute um die 190.000 Bewohner. Schnell spürt man das Wüstenklima der Atacama, auch im Winter beträgt die Temperatur bis zu 20 °C. Und Regen, den gibt es hier praktisch nie. Offizielle Statistiken weisen in Arica eine Niederschlagsmenge von 0 mm aus. Dazu später mehr.
Die Landschaft ist durch 6.000 Meter hohe Vulkane, einsame Lagunen, staubtrockene Flächen, kilometerlange Sandstrände und kleine Aymara-Dörfer geprägt. Bei letzteren handelt es sich um ein indigenes Volk in den Anden. Nur ein kleiner Teil von Ihnen lebt in Chile, der größere Teil in Bolivien und Peru. Nach einer These gelten sie als die kulturellen Vorgänger der Inka-Hochkultur, praktizieren noch heute das System des Gemeinwesens. Doch darüber gibt es unterschiedliche Ansichten.
Zurück nach Arica. Als erstes unternahmen wir – nach einer Pause im direkt am Strand gelegenen Hotel – einen Abstecher zum sogenannten Morro-Felsen, einem 130 m hohen Sandsteinfelsen, dem Wahrzeichen der Stadt. Im Salpeterkrieg wurde eben dieser und die darauf befindliche Festung am 7. Juni 1880 von den Chilenen erstürmt. Ein kleines Armeemuseum erläutert diesen Teil der chilenischen Geschichte. Zugleich bietet der Fels einen Blick über ganz Arica, die Küste und dem grünen Lluta-Tal. El Morro gilt auch heute noch sowohl in Chile als auch in Peru als nationales Symbol. Es scheint sogar wichtiger für Peru, auch noch 133 Jahre nach dem Krieg.Bevor es dann in die Stadt ging, fuhren wir jedoch erst etwas weiter ins Landesinneren nach San Miguel de Azapa. Auf dem Weg dorthin sahen wir die ersten Geoglyphen. Auch dazu später mehr. In San Miguel findet sich ein interessantes archäologisches Museum, das Museo Arqueológico San Miguel de Azapa. Gezeigt werden vor allem Exponate aus der sehr alten Chinchorro-Kultur, einem bereits im 5. Jahrtausend v. Chr. hier lebenden Nomadenvolk. In dem Museum finden sich auch die ältesten Mumien der Welt, wie es heißt, um die 6000 v. Chr. entstanden. Über die Chinchorro-Kultur ist nur sehr wenig bekannt. Unklar ist zum Beispiel warum die Nomaden ein so hochentwickeltes Totenritual praktizierten. Ein Grund dafür könnte sein, dass im Norden Chiles das Wasser eine hohe natürliche Konzentration an Arsen enthält. Das könnte zu einer hohen Kindersterblichkeit geführt haben, und dies wiederum zu den aufwändigen Praktiken. Anfänglich hat man die Kinderleichen mit Lehm bedeckt und getrocknet, später entnahm man die Eingeweide, verzierte und füllte die Körper mit Pflanzen. In der Nähe des Museums liegt zudem ein Friedhof, der als der älteste der Welt bezeichnet wird, den zu besuchen reichte uns jedoch nicht mehr
Abends ging es noch kurz ins Zentrum der Stadt mit dem Erbe Gustave Eiffels. Es begegnete uns schon bei einer früheren Reise auf die Baja California im Norden Mexikos (hier geht´s zum Bericht) in Form einer Eisenkirche in Santa Rosalia. Hier stammen aus seiner Hand, respektive seinem Geist, die San Marcos Kathedrale, ebenfalls eine Eisenkonstruktion, sowie das historische Zollgebäude am Hauptplatz. Da es aber schon dunkel und kühl war, holten wir den Stadtbummel am Samstagmorgen nach, bevor wir unsere fünftägige Tour in die Atacama-Wüste nach San Pedro starteten.
Auf dem Weg ins Altiplano
Am kommenden Tag fuhren es zuerst zum Strand von Carazoe. Hier findet sich nach einem kurzen Spaziergang hohe, von Guano überzogene Berge und Felsen und natürlich die dazugehörenden Wasservögel wie Möwen und Albatrosse. Früher hieß Arica auch „Stadt des Guano“. Es folgte ein Besuch des Marktes von Arica, ein Muss. Aus der Gegend um die Stadt kommt aber nur das Gemüse und die Oliven, alles Obst wird per Flugzeug aus Ecuador und Peru importiert oder kommt aus dem Süden Chiles. Bei der überwiegenden Zahl der Händler handelt es sich um indigene Aymaras.
Dann ging es weiter in Richtung Landesinnere. Auf dieser Strecke findet der Warentransit zwischen Arica und La Paz in Bolivien statt. So kämpfen sich täglich hunderte von Tanklastern über die bis zu 3600 m hohen Pässe, schaffen Rohöl aus Bolivien nach Arica, wo es gereinigt wird und wieder zurück nach La Paz. Hinzu kommen noch zahlreiche Laster mit Waren aller Art. Für die 600 km lange Strecke benötigen die Truckfahre ungefähr 15/16 Stunden. Mit einem Pkw ist es in acht zu schaffen, auch wenn man lange Strecken hinter den Lkws hinterher schleicht.
Knapp zehn Kilometer nach Arica ein erster Stopp, hier finden die Silos von Huayan, rund 60 Erdlager der Inkas, auch Colcas genannt. Runde, ausgemauerte Löcher von etwa einem halben bis einem dreiviertel Meter Durchmesser und einen Meter tief in der Erde. In ihnen bewahrten die Inkas Lebensmittel wie Fleisch und Getreide auf, aber auch Kleidung und Haushaltswaren. Von hier aus kann man auch die ersten
Geoglyphen und Scharrbildern anschauen, vermutlich um die 600 bis 1000 Jahre alt. Sie finden sich vor allem an den hellen, glatten Bergeinfassungen des Tales, die wie eine überdimensionale Leinwand benutzt wurden. Angefertigt wurde sie ähnlich denen im bekannteren Nasca im Süden Perus. Die besuchten wir im Sommer 2008 (hier geht’s zum Reisebericht).
Nächster Stopp war die Kirche San Chironimo in Poconchile, sie stammt aus dem 16. Jahrhundert (erbaut 1580). Interessant dabei, mehrmals von Erdbeben zerstört, wird sie immer aus dem gleichen Material wieder aufgebaut. Rund 80 % der Chilenen sind übrigens katholisch, der überwiegende Rest evangelisch.
Kurz darauf sahen wir die ersten Kandelaber-Kakteen, die in dieser Gegend so ab einer Höhe von 2200 m wachsen und hier bis zu vier Meter Höhe erreichen. Also verhältnismäßig klein bleiben. Hier kann es auch schon ab und zu mal regnen, vor allem im Februar und seit zwei Jahren hat es auch schon mal im September geregnet. Viele einfache Häuser in Arica sind übrigens nur bedingt wetterfest, bei mehr als zehn Minuten Regen dringt das Wasser ein und kann die Häuser sogar massiv beschädigen.
Auf dem Weg folgt zu guter Letzt die Ansiedlung Socorama bevor wir unser Tagesziel, den 3500 m hoch gelegenen Ort Putre mit seinen 1200 Einwohnern erreichten. In Socorama blieb uns Zeit, die Kolonialarchitektur des Dorfes und seine prähispanischen Terrassenkulturen der Inka zu besichtigen. Interessant dabei, in dem schön gelegenen und gar nicht so kleinen Dorf leben gerade mal zwölf Einwohner. Die jüngeren Leute sind alle weggezogen. Dennoch ist der Ort sehr gepflegt, keine Spur von Zerfall. Auch ist die Kirche gerade wieder aufgebaut worden. Errichtet wurde sie ursprünglich um 1560, nach einem Erdbeben 1870 komplett neu aufgebaut und jetzt nach einem Brand. Zu Karneval finden sich hier um die 2000 Menschen ein um zu feiern. Dann sind alle Häuser voll, Zelte fassen die restlichen Menschenmassen. Klein Rio in 3500 m Höhe mitten im Gebirge in den Vor-Kordilleren. Abgebrannt ist die Kirche übrigens zu den Karneval-Feiern 2013.
Am folgenden Morgen in Putre schauten wir uns erst Mal die Kirche und den Plaza de Amor an. Die Kirche bildet wie in allen Dörfern das Zentrum der Stadt zusammen mit dem Plaza de Amor, dem Waffenplatz. Putre ist mit den rund 1800 Einwohnern (in der Stadt selber um die 1200) die Hauptstadt der Region hier im Norden. Erbaut wurde die Kirche San Ikenfonse de Putre um 1600, bei einem Erdbeben 1871 komplett zerstört und wieder neu aufgebaut. Die Türme könnten noch von der alten Kirche stammen, doch da ist man sich nicht sicher.
Dann ging es endlich auf in das Altiplano in einer mehrstündigen Fahrt auf der Hauptachse nach Bolivien, und zwar in den Lauca Nationalpark. Unter Altiplano versteht man eine abflusslose, auf durchschnittlich 3600 m Höhe gelegene Hochebene im Südosten Perus, dem Westen Boliviens und dem Norden Chiles.
Auf dem Weg liegt eine im 12. Jahrhundert errichtete Festung namens Pukara de Copaquilla. Die Reste einer indianischen Befestigung balancieren praktisch auf einem von Abgründen umgebenen Felsen. In den tiefen Schluchten befanden und befinden sich die Felder ihrer Bewohner. Angebaut werden Kartoffeln und Mais, weiter widmet man sich der Lama-Zucht. Angelegt wurde die Festung zum Schutz vor den Inka. Zu sehen sind aus der Ferne nur einige Steinmauen, betreten darf man das Areal derzeit nicht. Lohnt nur einen kurzen Zwischenstopp am Aussichtspunkt.
Die Fahrt dauert, schleicht man doch immer wieder hinter Lastwagen her. Überholen ist nicht immer gleich möglich. Auch wenn sie sich in Schrittgeschwindigkeit den Berg hochkämpfen. Das holen sie in den Ebenen aber wieder ein. Immer wieder sieht man auch Wracks verunglückter Lastzüge oder einzelne Seecontainer am Hang hängen, die Straße fordert ihren Tribut. Zumal sie stellenweise recht schlecht ist, bedingt durch die hohen Temperaturunterschiede hier oben und Witterungseinflüsse.
Im Lauca-Nationalpark
Für den Lauca Nationalpark selber sollte man sich genügend Zeit einplanen. Die Temperaturen liegen im Schatten unter dem Gefrierpunkt, das zeigt die dünne Schneedecke. Und der starke Wind lässt die gefühlten Temperaturen deutlich absinken, Also warme Kleidung ist in dieser Jahreszeit angesagt. Unser Ziel war der auf etwa 4250 m NN gelegenen Chungará-See, in dessen smaragdgrünem Wasser sich die Gipfel der umliegenden Berge spiegeln. Nicht wenige davon 6000er, allen voran der des 6342 m hohen Vulkans Parinacota. Der rund 21 km2 große See gehört zu den höchstgelegenen der Welt. Er liegt schon nahe der bolivianischen Grenze. Im Park lassen sich zahlreiche Tiere beobachten, etwa Guanakos, Vikunjas oder Andenhirsche. Seltener zu sehen oder nur aus der Ferne sind dagegen Andenkondore und Pumas. Zudem finden sich rund 140 unterschiedliche Vogelarten in dieser Region. Wir jedenfalls sahen unter anderem zahlreiche Vikunjas und auch eine Hasenart, den Vizcacha. Der höchste Punkt auf der Tour war übrigens auf ungefähr 4600 m NN gelegen.
Rast machten wir in dem kleinen Hochlanddorf Parinacota mit seinen 16 Einwohnern. Übrigens kann man in den Restaurationen in diesen Dörfern und an Raststätten gut und preisgünstig essen. Sehenswert in Parinacota ist natürlich die Kirche, mehr gibt es eigentlich nicht. Ihr Name: De la Inglesia de la Virgen de la Natividad de Parinacota. Erbaut wurde sie ebenfalls im 17. Jahrhundert. Abends ging es dann wieder an die Küste zurück nach Arica, ins gleich Hotel wie vor zwei Tagen. Zum Aufwärmen.
Hier findet sich die Bildergalerie Arica, Fahrt in den Lauca-Nationalpark und der Park selber.
Fahrt Richtung San Pedro de Atacama
Iquique, unser nächstes Etappenziel erreichten wir dann am kommenden Abend. Bis dorthin waren es jedoch um die 480 km Fahrweg, meisten durch eine trostlose, ausgedörrte und pflanzenlose Gegend. Einzige Ausnahme waren einige Täler, durch die ein Trockenfluss oder ein schmaler Rinnsal floss, der aus den Anden gespeist wird. Auf dem Weg finden sich einige beeindruckende Geoglyphen Chiles, und moderne Monumente.
Knapp eine Viertel Stunde fahrt nach Arica stehen einige große Figuren mitten in der Wüste. Unter anderem sollen sie einen Mann und eine Frau darstellen, eine Sonnenuhr, ein Kamel und einen Landeplatz für Ufos. Errichtet wurden diese Figuren von Ufo-Anhängern, die glauben, dass die Geoglyphen von Aliens errichtet wurden und warten auf deren Wiederkommen. Um die 40 Gläubige finden sich hier immer wieder zu Feiern ein, etwa zur Jahreswende oder dem einen oder anderen Weltuntergang.
Zurück zur Realität: Nach einer Kontrolle durch die Polizei und Zoll etwa 160 km südlich in Cuya, Arica ist Zollsonderzone, zudem versucht man Illegale heraus zu fischen, erreichten wir die ersten Scharrfiguren auf dem Weg, die Geoglyphen von Chica, Hier findet sich die einzige eckige Darstellung, etwa aus der Zeit um 1000 bis 1400 n Chr. Erstellt wurden sie von der Tiawanuko-Kultur. Etwa eine Stunde später erreichten wir die Geoglyphen von Tliviche, eine ganze Gruppen von Tieren. Und nach der Mittagspause dann den „Gigante de Atacama“, mit 86 Metern das größte Scharrbild, es soll einen König oder einen Gott darstellen, der eine Krone trägt. Der Anblick ist sehr eindrucksvoll und auf jeden Fall den Umweg von 20 km wert. Letztere besteht laut der örtlichen Reiseleiterin nur aus Steinen, es handelt sich also nicht um ein Scharrbild.
Hauptziel des Tages war die verlassene Salpeterstadt Humberstone. Sie ist seit 2005 im Weltkulturerbe der Unesco aufgelistet. Zu Hochzeiten beherbergte Humberstone ungefähr 3.500 Arbeiter, die in der salitrera, der Schwefelmiene, nach Nitraten gruben. Grundstoff für Schießpulver, Sprengstoff und insbesondere für Düngemittel. Die im Jahr 1862 in Betrieb genommenen – damals noch zu Peru gehörend – und 1930 komplett umgebauten „Officina Humberstone“ war am Ende der 50er-Jahre am Ende. Schuld daran mit Verzögerung, ein Deutschen. Ihnen gelang die Erfindung des Stoffes auf künstliche Weise in Form der Ammoniak-Synthese, und das viel billiger. Das Gelände verfiel, wurde geplündert, erst 2002 fingen ehemalige Beschäftigte an, das Areal zu sichern. Heute versucht man das gesamte Areal zu konservieren: das Theater in dem Künstler aus aller Welt auftraten, der Kramladen, das Schwimmbad mit einem Becken aus Eisen, die Kirche, das Hotel, Schulgebäude, Krankenhaus, Verwaltungsgebäude und natürlich die Fabrikanlagen. Letztere sind ziemlich marode. Und ein geheimnisvoller Raum, für lang Zeit. Hier in der casa de los secretos arbeiteten die Chemiker. Die Unterkünfte sind nur noch teilweise erhalten, liegen links und rechts der staubigen Hauptstraße. Alle mit Vorgarten und Hinterhof, in manchen steht noch eine rostige Badewanne. In anderen hat man dagegen kleine Sammlungen ausgestellt, zu den unterschiedlichsten Themen der damaligen Zeit. Die gegenüber liegende „Officina Laura“ war von 1872 bis 1960 in Betrieb und zeigt heute hauptsächlich die mächtigen Industrie- und Prozessanlagen. Die jedoch besichtigten wir nicht mehr, nachdem wir einige Stunden durch Humberstone schlenderten und es schon dunkel wurde. Außerdem schließt das Gelände um sechs Uhr. Früher gab es um die 300 Salpeterstädte, heute noch zwei, die in Betrieb sind. Was heute das Kupfer für Chile bedeutet, war früher der Salpeter.
Hier findet sich die umfangreiche Bildergalerie zu Humberstone, Iquique und San Pedro
Gegen Abends dann erreichten wir das rund 50 km westlich gelegene Iquique. Wie es heißt, eine der schönsten Städte im Norden Chiles. Gut, dass was wir in der Dunkelheit vom Strand von oben herab sahen, erinnerte eher an Beton, Hochhäuser, architektonischem Wildwuchs. Wie an vielen einst schönen Orten der Welt. Wir besichtigten, da es schon spät war und die Stadt sowieso nur als Durchgangsstation geplant war, nur die zentrale Fußgängerzone zum Plaza Prat mit dem englischen Uhrentürmchen und dem prächtigen Theater sowie des im maurischen Stil erbauten Centro Español,. Hier herrscht noch kein Wildwuchs. Anschließend ging es durch den dichten Verkehr ins Hotel. Das dauerte um die 45 Minuten für wenige Kilometer. Ich jedenfalls bevorzuge die menschenleeren Wüstengegenden. So ging es am kommenden Tag schnurstracks in die Atacama-Wüste: Iquique ist heute ein von palmengesäumten Alleen durchzogener Badeort. Wobei, Ort ist etwas untertrieben, immerhin dürften um die 170.000 Menschen hier leben. Eine zunehmende Rolle spielt inzwischen der Tourismus, besonders Badegäste oder Besucher der Salpeterstädte. Wobei der Ort im Wesentlichen von den Kupferminen in der Wüste lebt. Das Klima hier ist übrigens im Winter sehr angenehm, im Sommer heiß. Regen ist ebenfalls selten. Zwischen zwei Regenschauern vergangen schon mal 14 Jahre.
Auf ins Herzen der Atacama-Wüste, von Iquique aus geht es noch einmal 680 km teils entlang der diesigen und zerklüfteten Küste sowie quer durch eine trostlose und ausgetrocknete Gegend. Einen Stopp legten wir in der Hafenstadt Tocopilla ein. Von dort aus ging es ins Landesinnere. Der Name Tocopilla bedeutet auf Aymara „Große Schlucht“. Die 1843 gegründete Stadt gehörte bis 1879 zu Bolivien. Der Hafen dient wie schon lange Zeit zum Export von Kupfer und Salpeter. Nach dem kurzen Stopp in Form eines Mittagessens, eine Suppe – gut dass wir vorher nicht in die Küche schauten – ging es weiter durch die Wüste von Calma nach San Pedro de Atacama, das wir gegen Abend erreichten. Ein ereignisloser Tag, den wir überwiegend im Fahrzeug verbrachten. Doch eines blieb in Erinnerung: Wir sind an zwei Golfplätzen (18 Loch) nahe zweier Städte vorbeigekommen. Ein seltsamer Anblick mitten in der Wüste, nur aus Sand bestehend, mit weißen Steinen und Kalk abgegrenzt und sauber angelegt. Da es kein Gras gibt, nimmt der Spieler ein kleines Stückchen Kunststoffgras mit und schlägt immer auf diesem ab. Natürlich von den kleinen weißen Plastikhaltern, wie auch immer diese heißen.
Auf dem Weg liegt übrigens auch die größte Kupfertagebaumine der Welt. Leider blieb keine Zeit für eine Besichtigung, die möglich ist. Nur so viel: Chuquicamata wurde im Jahre 1911 in Betrieb genommen, heute werden jährlich bis zu 600.000 t Kupfer produziert. Das dafür notwendige Gestein wird in den 4,7 x 3 km umfassenden und 750 Meter tief reichenden Terrassen abgebaut. Chuquicamata selbst ist inzwischen eine Geisterstadt, durch die Umweltbelastung der Mine und Kupferfunden direkt unter der Stadt. 2004 siedelte man die Bewohner in das etwa 15 km entfernte Calama um. Das Wort Chuquicamata kommt aus dem Aymara, die Bedeutung ist aber nicht bekannt. Rund 20.000 Arbeiter sind in der Mine beschäftigt, die als die größte von Menschen erschaffene Grube gilt. Und neben der chinesischen Mauer anscheinend vom Mond aus zu sehen ist.
In der Atacama
Abends reichte es noch zu einem ersten Bummel durch San Pedro, und zum Kauf eines Schales und diverser wärmere Sachen. Auch wenn wir einiges dabei hatten. Die Tage zuvor hatte es hier noch – sehr ungewöhnlich – ein größeres Unwetter mit viel Regen gegeben. Deswegen waren auch Straßen gesperrt. In wie weit unsere geplanten Touren davon betroffen sein würden, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Jedenfalls kühlte es durch diese Regenfälle weiter ab, auch fiel Schnee auf den Bergen. Und in diesen Höhen waren wir in den nächsten Tagen unterwegs. San Pedro selbst liegt auf 2440 m NN.
Nach San Pedro de Atacama kommen alle: Archäologen, Hippies, Wüsten- und Extremsportfans, Touristen und viele mehr. Dementsprechend hat der Tourismus die Stadt in der Hand und auch geprägt, auch außerhalb der Saison. Auch wir verbringen hier die nächsten vier Nächte um die Umgebung zu erkunden. Die Stadt selbst hat etwa 5000 Einwohner und bietet eine der ältesten chilenischen Kirchen mit einem Dach aus Kaktusstämmen sowie das sehenswerte archäologisches Museum R. P. Gustavo le Paige mit zahlreichen Funden aus der Atacama-Wüste wie Keramiken, Textilien und Schmuck der indigenen Bevölkerung. In der Stadt finden sich zahlreiche kleinere Geschäfte mit Kunsthandwerk, Outdoor-Equipment, Fahrradverleih, Exkursionen, natürlich Restaurants, Kaffees und vieles mehr. Vor allen an der „Hauptstraße“ und rund um den Plaza de Amor. Verkauft werden auch zahlreiche Souvenirs aus Kaktusholz, davon sollte man aber die Finger lassen. Denn es ist geschützt, die Ausfuhr aus Chile wie die Einfuhr in Europa verboten. Besuchen sollte man auch die weiße Pfarrkirche Iglesia San Pedro. Eine Stadt mit Flair, trotz der Ausprägungen der Besucherströme, in der man es ohne weiteres aushalten kann. Die eigentlichen Ziele finden sich aber in der Atacama um die Stadt herum: Der Salzsee Salar de Atacama mit zahlreichen Flamingos, Thermalquellen (für die wir leider keine Zeit hatten), die höchste gelegenen Geysire von El Tatio, das Mondtal Valle de la Luna, sehenswerte Lagunen und zahlreiche archäologische Fundstätten und Ruinen. Über allem thront der Licanpur, der heiliger Berg der Atacameños, 4914 m hoch. Es handelt sich um einen erloschenen Vulkan. Und die Landschaft, kaum zu beschreiben, einfach fantastisch.
Die Atacama selbst gilt als die trockenste Wüste der Welt. Sie grenzt im Westen an den Pazifik, im Norden an Peru und im Osten an Bolivien und Argentinien. Ihr Alter liegt bei 15 Millionen Jahren. Hier fällt im Jahresmittel nur ein Fünfzigstel des Regens, heißt es, im Vergleich zum Death Valley in den USA. Hier misst man durchschnittlich um die 40 mm Niederschlag. Zum Vergleich, in der Sahara sind es 46 mm, in Deutschland etwa 800 mm. Wobei es in der Atacama auch Jahre gibt, in denen schon mal 80 mm Niederschlag gemessen wurden. Derartige „Extreme“ erfolgen meist in Abständen von sechs bis zehn Jahren, es handelt sich um eine Auswirkung des Klimaphänomens El Niño. In anderen Jahren fällt dafür gar kein Regen. Es gibt sogar Regionen, die in den letzten Jahrhunderten nicht einen Tropfen Niederschlag abbekommen haben. Der Grund für die Trockenheit: Die Wüste liegt im Regenschatten der Anden, die Ostwinde sind trocken und bringen keine Niederschläge. Und an der Küste im Westen verhindert eine kalte Meeresströmung, der Humboldstrom, die Entwicklung von Regenwolken. Das kalte Meerwasser sorgt zugleich dafür, dass die Atacama eine eher kühle Wüste ist. Dennoch herrschen große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. So schwanken sie schon mal zwischen + 30 °C Tags und – 15 °C des Nachts. Trotzdem finden sich hier auch Tiere und viele Pflanzen. Wichtig für uns: es gibt eine Reihe von mit offenen Kaminen und Feuern beheizter Restaurants. Ein Muss in diesen Tagen.
Zurück zur Atacama: Besonders beeindruckend ist die Wüste durch ihre bizarre Schönheit und zahlreiche Sehenswürdigkeiten. Übrigens sind etwa ein Drittel der in der Atacama-Wüste lebenden Menschen indianischer Abstammung, über ganz Chile betrachtet nur rund fünf Prozent.
Wir besuchten am kommenden Tag schon früh am Morgen zuerst den Salzsee mit seinen Flamingos. Generell heißt es immer früh auf Achse zu sein, will man die Naturschönheiten besichtigen und die Wüste erleben. Denn schon gegen 18 Uhr wird es dunkel. Die Oberfläche des Salzsees ist für uns überraschend sehr zerklüftet, im Gegensatz zu denen, die wir schon zu Gesicht bekamen. Die waren immer glatt. Dafür sorgt Regen, und der fehlt hier. Absolut sehenswert, die Salzfläche, unterbrochen von kleineren Teichen an Stellen, an denen der Fluss San Pedro (aus den Anden gespeist) kurz an die Oberfläche tritt. Und bemerkenswert der Geruch, alles riecht nach Schwefel. Das Salz enthält übrigens unter anderem Lithium, ein in heutiger Zeit sehr wertvoller Rohstoff. An anderen Stellen wird die Salzschicht, die hier rund 1500 m dick ist, auch abgebaut. Doch hier ist alles geschützt, ein Naturreservat. Hoffentlich bleibt es auch dabei.
In den offenen Wasserstellen stolzieren einige Dutzend Flamingos durch das knöcheltiefe Wasser. Hier finden sich drei Arten: der Andean Flamingo, der chilenische und der James-Flamingo. Nach etwa zwei Stunden fuhren wir dann weiter zu zwei hoch gelegenen Lagunen. Von San Pedro etwa 100 km (ja, die Entfernungen sind groß), durch eine faszinierende Landschaft auf holprigen Straßen erreichten wir die Hochlandlagunen Miscanti und Miñiques. Fast verschlägt es einem die Sprache. Zwei Seen mit strahlend blauem Wasser, umrahmt von weißem Salz und rötlich gefärbten Vulkanen, ein strahlend blauer Himmel, eine Symphonie aus Landschaft und Farbe. Dazu eine Stille… Leider konnten wir nicht ganz zu den Lagunen gehen, es hatte erst geschneit und die Atacameños, die hier das Sagen haben, hielten es für besser den Weg zu sperren. Gründe dafür brauchen sie eigentlich keine. Doch die Aussicht entschädigte mehr als genug.
Zu Mittag aßen wir auf dem Rückweg eine Suppe in Dorf Socaire. Generell, die Suppen waren immer zu empfehlen, schmeckten sehr gut und wärmten auf. Denn bei den Lagunen war es gerade mal um die 8 °C kalt, durch den starken kalten Wind lag die gefühlte Temperatur jedoch deutlich unter Null Grad. Socaire selber zeichnet sich durch eine eigentümliche Architektur aus grauen, grob behauenen Steinen aus. Die wenigen Bewohner ernähren sich wie zu alten Zeiten vom Terrassenfeldbau. Angebaut werden hauptsächlich Mais, Weizen, Bohnen, Knoblauch und Kartoffeln. Beeindruckend sind nicht nur die zwei Kirchen, auch der Blick hinunter zum Salzsee und hinauf zu den Bergen beeindruckt.
Einen weiteren Stopp machten wir in Toconao. Hier besichtigten wir den zentralen Platz mit der Kirche, dem Plaza de Amor und einige Handwerksläden. In einem zeigten die Atacameños uns, welche Produkte sie hier aus welchen Materialien herstellen. Mehr gibt es eigentlich auch nicht zu berichten.
Schon bei der Anfahrt zu den Geysiren sind im Halbdunkel die Wasserdampfsäuen zu sehen. Aber erst das Licht der aufgehenden Sonne lässt die zischenden Fontänen der Geysire in vielen Farben leuchten, bildet einen starken Kontrast zu den aufsteigenden Dampfsäulen und den umliegenden Gipfeln. Absolut einer der Höhepunkte auf der gesamten Reise. Eine mystische, beeindruckende Stimmung, man ist den Naturgewalten der Erde sehr nahe, Absperrungen gibt es nicht, jeder ist für sich selbst verantwortlich. Das ermöglicht Eindrücke und Aufnahmen, wie sie sonst wohl kau nirgendwo möglich sind. Einfach wunderbar, man gerät schnell ins Schwärme.
El Tatio, der rauchende Vater so sein Beiname, ist übrigens das größte Geysir-Feld in der südlichen Hemisphäre und das drittgrößte der Welt. Gezählt habe ich sie nicht, aber es sollen etwa 40 Geysire, 60 heiße Quellen und mehr als 70 Fumarole auf den rund drei Quadratkilometern zu finden sein. Nur die Geysir-Felder im Yellowstone Nationalpark in den USA sowie die von Dolina Geiserow auf der russischen Halbinsel Kamtschatka sind noch größer. Hier oben kocht das Wasser übrigens bereits bei rund 85 °C, bedingt durch den niedrigen Luftdruck in dieser Höhe von über 4300 m. Reicht dennoch für hartgekochte Eier, denn Frühstück gab es erst hier oben.
Kaum ist die Sonne aufgegangen, ist es auch schon relativ schnell vorbei mit den riesigen Dampfsäulen. Bei Kälte steigen die Dampfwolken deutlich höher. Physik halt. Eben herrschten noch Temperaturen um die 8 Grad Minus, und schon steigen die Temperaturen spürbar an. Nach und nach fallen einzelnen Kleiderschichten. Gemächlichkeit ist zudem angesagt. Denn die Höhe mit dem geringen Sauerstoffgehalt macht sich schnell bemerkbar. Hektische und schnelle Bewegungen passen nicht dazu. Viel trinken, früh zu Bett gehen und möglichst wenig Alkohol sind auch nicht verkehrt. Gut ist auch, viel durch die Nase einzuatmen. Wir überstanden die Höhe bisher ohne Probleme, haben auch schon Erfahrung , in Peru waren wir einmal über 4900 m hoch (mit dem Auto) auf dem Weg zum Colca-Canyon zu den Andenkondoren und in Ekuador überschritten wir sogar die 5000 m-Marke (beim Trekking). Was aber nicht viel heißt. Die Höhenkrankheit kann jeden jederzeit erwischen, egal ob alt oder jung, sportlich oder nicht, Raucher oder Nichtraucher. Besonders wichtig ist, sich langsam zu akklimatisieren und wenn möglich nicht zu viele Höhenmeter in zu kurzer Zeit zurückzulegen.
Etwas robustere Naturen können hier oben übrigens auch ein Bad in einem künstlich angelegten Bassin vornehmen. Ich gehörte dazu. Das Wasser selbst ist über 30 °C warm. Gut, an der Oberfläche deutlich heißer, kommt man der Quelle näher sogar bis an und über die Schmerzgrenze hinweg, weiter tiefer dafür wesentlich kälter, aber im Mittel stimmte es. Nun ja. Zudem sollte man sich beim Umkleiden sputen, der Temperaturunterschied zur Außenluft ist doch beträchtlich. Dafür gibt es sogar einige Umkleidekabinen.
Hier findet sich eine umfassende Bildergalerie zu der Atacama-Wüste.
Hat sich die Sonne über die Berge geschoben, zeigen die Geysire dann ein anderes Gesicht. Das einer Mondlandschaft. Gegen zehn Uhr sind nur noch einzelne Dampfsäulen zu sehen, dennoch sprudelt und zischt es überall, auch das ist einfach faszinierend. Der Abschied fiel schwer, doch es musste sein. Sicher einer der Höhepunkte dieser Tour. Wiederhole ich mich da gerade?
Zurück Richtung San Pedro beobachteten wir noch einige Vikunjas, Blesshühner, Andengänse und Enten in einer gefrorenen Landschaft. In San Pedro selbst war dann Relaxen, Kaffee, Bummeln und dergleichen angesagt, bis es Abends um acht wieder los ging. Gehen sollte. Denn unsere geplante Tour zum Space Obbs, einer astronomischen Beobachtungsplattform, wurde kurzfristig abgesagt. Zwar war der Himmel klar, aber der Wind zu stark. Nächster Versuch Morgen Abend.
Nur drei Kilometer von Sand Pedro entfernt findet sich eine historische Stätte der Atacameños: Pukará de Quitor. Errichtet wurde die Stätte vermutlich im 12. Jahrhundert von den Atacameños und später, Mitte des 15. Jahrhunderts von den Inkas weiter befestigt. Die Festung wie 16 weitere auf dem Gebiet der Atacama diente zur Sicherung der Handelswege der Inkas. Deswegen wurde sie auch in massiver Steinbauweise errichtet anstelle der üblicherweise zum Bau verwendeten weicheren Adobe-Lehmziegel. Doch auch das half nichts, als Francisco de Aguirre, ein spanischer Konquistador, 1540 mit 30 Reitern, ausgerüstet mit Helmen, Brustpanzern und Feuerwaffen, sowie einem kleinen Heer bewaffneter Söldner die Festung einnahm. Und alle 25 Führer der einzelnen Atacameños-Stämme köpfen ließ. Das ist bis heute nicht vergessen.
Von der Festung aus hat man übrigens einen herrlichen Blick auf die Stadt und die Berge der Anden mit ihren Vulkanen. Zu Urzeiten war dieses Tal einmal ein See, was man heute noch an den horizontalen Sedimentschichten der Felswände gut erkennen kann. Wind, und vor Jahrmillionen Jahren auch Regen haben hier aus Salz, Gips und Lehm die erstaunlichsten Formen und Figuren entstehen lassen.
Wieder entdeckt hat man die Ruinen erst 1981, seit 1992 sind sie für die Öffentlichkeit zugänglich. Nur verfallen sie in letzter Zeit wieder, größere Teile sind für Besucher gesperrt.
Unser nächstes Ziel, südlich der Stadt gelegen, war die archäologische Stätte Aldea de Tulor. Sie wird laut der Reiseleiterin auf eine Zeit von 1500 v. Christus datiert, anderen Angaben zufolge auf etwa 300 v. Chr. Neben den Ruinen baute man zwei der Behausungen originalgetreu wieder auf, aber auch diese Stätte verfällt zunehmend, da die Atacameños Fremde nicht mehr weiter forschen lassen. Deswegen erfolgten seit den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts keine weiteren Ausgrabungen oder Restaurationen mehr. Aber Eintritt kassieren sie dennoch.
Uns erwischte an diesem Ort jedoch ein heftiger Sandsturm, somit war der vorgesehene Besuch des Valle de Luna, des Mondtales, Am Nachmittag und Abend ad acta gelegt. In der Hoffnung es Morgen früh zu schaffen, vor unserem Weiterflug. Dafür besuchten wir eine atacameñische Familie“, bestehend aus Magda, einer Italienerin mit kroatischen Wurzeln, ihren Ehemann Siares, einem Atacameño und den drei Kindern. Sie experimentieren mit verschiedenen Früchten, Gemüsen und Salaten. Die Atacameños bauen traditionell eigentlich nur Mais, Mangold, Knoblauch, kleine Birnen und manches Mal Tomaten an. Hier gedeihen aber auch Salate, Radieschen, Zwiebeln, Kürbisse, neuerdings versucht man auch den Anbau von Oliven. Ergebnis noch offen.
Anschließend konnten wir ein typisches chilenisches Mahl genießen, das Restaurant öffnete extra für uns fünf. Eine Vorspeise auf Basis von Mais, ein Tomatensalat und einer mit Avocado, gekochtes Rindfleisch mit einer Getreidebeilage und zwei Nachspeisen, eine auf Basis von Pisco Sour. Alles wunderbar und schmackhaft, nur viel zu viel. Und wer mal etwas Besonderes probieren will, ungewöhnlich für unseren Geschmack, der probiere einen Aperitif aus Rica Rica, einer hier wachsenden Pflanze. Man könnte den alkoholischen Trunk auch problemlos als Medizin durchgehen lassen. Wir jedenfalls besorgten uns am kommenden Tag bei dem Wirt einige kleinere Flaschen davon, für unsere Gäste zuhause. Übrigens bietet der Wirt 40 verschiedene regionale Biersorten an, ich blieb dennoch beim Vino de la Casa, dem Hauswein.
Zwischendurch immer mal wieder ein kurzer Regenschauer, kaum spürbar, und, selbst für unsere Reiseleiterin, die seit 13 Jahren hier lebt, völlig ungewöhnlich und erstmals erlebt, mehrere kurze Hagelschauer. Mitten in der Wüste. In einer der trockensten Gegenden der Welt. Und das kurz nach dem Abflauen des Sandsturmes. Ein verrücktes Wetter. Dem fiel am Abend natürlich auch der verschobene Besuch des Space Obs statt. Einige Infos für die, die es schaffen sollten: In der Höhe ist die Luft besonders klar und in der Wüste sind größere Ansiedlungen weit weg, die Sicht auf die Sterne ist wie kaum irgendwo auf der Welt möglich. Dementsprechend finden sich hier die wichtigsten Sternwarten der Erde. Für Besucher geöffnet ist das Beobachtungszentrum Space Obs bei San Pedro de Atacama. Es befindet sich in unmittelbarer Nähe des südlichen Wendekreises.
Valle de Luna
Womit wir beim Valle de la Luna wären, dem Tal des Mondes. Denn am kommenden Morgen war das Wetter besser, nahezu windstill. Doch zunächst stand eine kurze Fahrt durch das Tal des Todes an, eine faszinierende Lehmschlucht. Wobei der Name mit der Realität nichts zu tun hat, er entstand durch ein Missverständnis. Pater Gustavo wollte die Gegend als Marstal bezeichnen, denn sein persönlicher Eindruck war, als befände er sich auf dem Mars. Zu spanisch also Valle de Marte. Doch er sprach das Wort falsch aus, und so wurde daraus Valle de Muerto, Tal des Todes.
Als erstes genossen wir vom Aussichtspunkt Piedra del Coyote, dem Kojotenstein, den überwältigenden Blick in die Karischlucht und auf weite Teile der Wüste, bis hin zum Salar de Atacama. Dann ging es zum rund 17 km von der Stadt entfernten Valle de Luna. Wie der Name schon sagt verleihen Salz- und Felsformationen inmitten vegetationsloser Sandlandschaft sowie der Licancabur-Vulkan im Hintergrund dem Tal das Aussehen einer Mondlandschaft. Einfach eine faszinierende Landschaft und auch leicht zu erfahren, im wahrsten Sinne des Wortes. Sicher landschaftlich ein weitere Höhepunkt, und außerhalb der Saison und Morgens ist man fast allein..
Zu den bekannteren Sehenswürdigkeiten im Tal zählt die Salzformation Las Tres Marías (Die drei Marien). Auch diese besuchten wir zum Abschluss der heutigen Tour. Idealer Weise besucht man diese Gegend am späten Nachmittag bis hin zum Sonnenuntergang. Dies war uns Wetterbedingt jedoch nicht vergönnt. Am Abend entlockt das schwächer werdende Licht der Wüstenerde der Landschaft die schönsten Farbnuancen – von Gold über Purpur bis Ockerbraun. Dann spielt es mit den tausenderlei Erdkrusten, Vertiefungen, Nischen und Zacken, aus denen das Tal besteht. Ein Naturschauspiel, prädestiniert für Fotografen und Filmer, oder einfach zum Genießen. Aber auch der Morgen bietet ein wunderbares Licht- und Schattenspiel. Nur sollte man rechtzeitig früh los.
Hier findet sich eine Bildergalerie zum Tal des Mondes.
Wir hatten diesmal Glück, gegen 11 Uhr begann wieder ein Sandsturm, schlimmer noch als am Vortag. Da machten wir uns aber schon auf zum Flughafen in Calama für den Flug nach Santiago und unserer zweiten Etappe der Reise. Die Themen: Das Weltkulturerbe Valparaiso und der Weinbau in Chile.
Weltkulturerbe Valparaiso
Zurück in Santiago de Chile verließen wir die Stadt wieder am folgenden Morgen Richtung Küste mit Ziel Valparaiso, Chiles Tor zum Pazifik. Die 1544 gegründete traditionsreiche Stadt beherbergt den ältesten Hafen Chiles, außerdem residieren hier Kongress und Senat. Als 1989 mit dem Ende der Pinochet-Militärdiktatur die Demokratie und somit der Nationalkongress wieder hergestellt wurde, verlegte man ihn von Santiago hierher. Valparaísos Hafen zählt auch heute noch zu den wichtigsten ganz Südamerikas, im 19. Jahrhundert war er mehrere Jahrzehnte sogar der größte Hafen des gesamten Pazifikraumes. An Bedeutung verlor er durch die Eröffnung des Panama-Kanals im Jahr 1914. In der Stadt gibt es mehrere Hochschulen, Valparaíso ist auch ein bedeutendes Bildungszentrum Chiles.
Den Charme der Stadt mit ihren bald 300.000 Einwohnern macht für Besucher jedoch etwas anderes aus. Es sind die vielen kleinen Ecken und Winkel, die kunterbunt gestrichenen Häuser und die zahlreichen Stufen und Treppen, bedingt durch die 40 Hügel an und auf denen die Stadt liegt. „Treppen. Keine Stadt hat sie in ihrer Geschichte so verschwendet und aufgeblättert, hat sie in ihrem Angesicht so ausgestreut und vereint wie Valparaíso. Wenn wir alle Treppen Valparaísos begangen haben, sind wir um die Welt gereist“, schrieb Pablo Neruda, chilenischer Träger des Literaturnobelpreises. Sich selbst bezeichnete er gern als „Vagabund von Valparaíso“. Auf den Hügeln steht eines seiner Häuser. Das heute ein Museum ist und wir auch als erstes besuchten. Es lohnt sich. Zur Hauptsaison stehen die Besucher lange an, um einmal durch das fünfstöckige Haus mit zahlreichen Winkeln und wunderbaren Ausblicken über die Stadt zu bummeln. Wir konnten direkt hinein.
Sehenswert sind auch die alten, um 1900 konstruierten Standseilbahnen, die den Bewohnern für 100 bis 300 Pesos den Auf- und Abstieg erleichtern. Auch heute noch verrichten zahlreiche tagaus, tagein ihren Dienst. Auch wir nutzten sie, fuhren zu einem Aussichtspunkt der einen guten Blick über die Stadt ermöglicht, zeigt, wie sich die kunterbunt gestrichenen Häuser auf den vielen Hügeln drängen. Besichtigen sollte man natürlich auch die Regierungsgebäude und die Plaza Sotomayor mit dem Heldendenkmal. Eine Stadt mit Flair, die zu besuchen lohnt, Hier könnte man auch einige Tage verbringen. Unser Guide führte uns zudem zu einer kleinen Galerie, die Bilder regionaler Künstler anbietet. Ein Volltreffer, keine Verkaufsshow. Er hatte nichts davon, aber die Galerie machte mit uns fünf vermutlich das Geschäft des Monats. Wir jedenfalls verbrachten insgesamt rund 1 ½ Stunden in dem kleinen Laden und strichen sehr schnell unseren anschließend geplanten kurzen Ausflug in die direkt bei Valparaiso liegende Stadt Vinja del Mar, der moderne Gegenentwurf zu Valparaiso. Das aber kann man überall auf der Welt sehen. Ein wunderbarer, eigentlich zu kurzer Tag bevor es wieder nach Santiago in unser Hotel zurück ging.
Hier geht es zu einer ausführlichen Bildergalerie über Valparaiso
Weinkultur in Chile
Der Weinanbau hat in Chile eine lange Tradition. Schon die Spanier brachten Mitte des 16. Jahrhunderts die ersten Rebstöcke in das Land. Laut einer Überlieferung soll der Freibeuter Sir Francis Drake im Jahre 1578 auf seiner Weltumsegelung ein Schiff gekapert haben, das Weinschläuche von Chile nach Peru bringen sollte – ein Hinweis, dass schon zu dieser Zeit Wein aus Chile exportiert wurde. Der moderne Weinbau nahm dann um die Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Anfang, damals wanderten französische Winzer ein und brachten ihre Sorten wie zum Beispiel Cabernet Sauvignon mit. Chile ist das einzige Land, das von der Reblaus verschont wurde. Der falsche Mehltau tritt ebenfalls nicht auf, deswegen kann auf die Veredlung der Rebsetzlinge verzichtet werden.
Das älteste Weingut in der Region Colchagua, eines (wie es heißt) der besten Weinanbaugebiete Chiles, ist Casa Silva, Grund genug für einen Besuch. Es soll mit seinen eindrucksvollen historischen Weinkellern zu den schönsten Weingütern Chiles zählen. Das kann man nur bestätigen. In den Kellern lagern rund 3000 französische Fässer mit Rotwein, hinzu kommen noch moderne Edelstahltanks und vieles mehr. Auch der Wein kann sich schmecken lassen. Meine Favoriten: Camenere Los Lingues 2012 und besonders Quinta No. 5. Es handelt sich um kräftige, dunkle Weine und beide sind auch in Deutschland zu bekommen (Weinhaus Stratmann, Zewen; R. Münchow, Singen, Bührmann Weine, Moers). Das Weingut selbst geht zurück auf Emilie Bouchon, einer Pionierin, die 1892 aus dem französischen Weinanbaugebiet Bordeaux nach Chile kam. Noch heute ist das Weingut ganz in den Händen ihrer Nachkommen, der Familie Silva.
Der Weinanbau hat in Chile eine lange Tradition. Schon die Spanier brachten Mitte des 16. Jahrhunderts die ersten Rebstöcke in das Land. Laut einer Überlieferung soll der Freibeuter Sir Francis Drake im Jahre 1578 auf seiner Weltumsegelung ein Schiff gekapert haben, das Weinschläuche von Chile nach Peru bringen sollte – ein Hinweis, dass schon zu dieser Zeit Wein aus Chile exportiert wurde. Der moderne Weinbau nahm dann um die Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Anfang, damals wanderten französische Winzer ein und brachten ihre Sorten wie zum Beispiel Cabernet Sauvignon mit. Chile ist das einzige Land, das von der Reblaus verschont wurde. Der falsche Mehltau tritt ebenfalls nicht auf, deswegen kann auf die Veredlung der Rebsetzlinge verzichtet werden.
Das älteste Weingut in der Region Colchagua, eines (wie es heißt) der besten Weinanbaugebiete Chiles, ist Casa Silva, Grund genug für einen Besuch. Es soll mit seinen eindrucksvollen historischen Weinkellern zu den schönsten Weingütern Chiles zählen. Das kann man nur bestätigen. In den Kellern lagern rund 3000 französische Fässer mit Rotwein, hinzu kommen noch moderne Edelstahltanks und vieles mehr. Auch der Wein kann sich schmecken lassen. Meine Favoriten: Camenere Los Lingues 2012 und besonders Quinta No. 5. Es handelt sich um kräftige, dunkle Weine und beide sind auch in Deutschland zu bekommen (Weinhaus Stratmann, Zewen; R. Münchow, Singen, Bührmann Weine, Moers). Das Weingut selbst geht zurück auf Emilie Bouchon, einer Pionierin, die 1892 aus dem französischen Weinanbaugebiet Bordeaux nach Chile kam. Noch heute ist das Weingut ganz in den Händen ihrer Nachkommen, der Familie Silva.
Gott sei Dank musste nach der Weinprobe niemand mehr zu unserer nächsten Station selber fahren, einem vorzüglichen Restaurant. Ein absoluter Tipp: Eine von der Besitzerin, einer Architektin, in ein Restaurant umgewandelte Bäckerei. Das Restaurant Panpan Vinovino, an der Straße zwischen Nancagua und Santa Cruz, der Hauptstadt der Region gelegen (etwa zehn Minuten vor Santa Cruz). Eine traumhafte Innenausstattung mit sehr viel Liebe zum Detail. Mithalten konnte auch das Essen. Als Vorspeise Käsevariationen und mit Fleisch gefüllte Empanadas. Als Hauptspeise Schweinebraten mit Kartoffelpüree, alternativ Pute mit Reis oder vegetarisch. Und als Nachspeise Feigen mit Vanilleeis oder ein leckere Torte. Dazu ein Glas Weißwein oder Rotwein, je nach Gusto. Alles vorzüglich zubereitet und sehr schmackhaft. Nach gut zwei Stunden ging es weiter nach Santa Cruz in unser Hotel und anschließend ins direkt daneben gelegene Museo tematicos de la Fundacion Cardon. Es gehört dem Hotelbesitzer, heute ist es eine Stiftung. Ein absolutes Muss, die größte und schönste Privatsammlungen, die ich jemals zu Gesicht bekam. Zugleich auch die bedeutendste private Sammlung ganz Lateinamerikas. Es zeigt u. a. in sorgfältig ausgestatteten Sälen von der Urzeit beginnend die Geschichte Chiles. Zudem sind enorme Mengen an sagenhaften Schätzen aus den Anden zu sehen, etwa der Maya oder Inkas. Auch ein Kutschenpark gehört dazu, Waffensammlungen, die Geschichte der Konquistadoren, kirchliche Reliquien, ganze mit Gold beschlagene Altäre, uralte Lokomotiven und vieles mehr. Wir hatten leider nur 1 ½ h Zeit bevor das Museum um 18 Uhr schloss, man sollte sich eigentlich einen halben Tag Zeit nehmen, das ist es wert. Bei vielen Artefakten würden sich große westliche Museen die Finger danach schlecken.
Hier findet sich die Bildergalerie über das Colchagua-Tal
Unser zweites Ziel in Sachen Wein war am kommenden Tag das Weingut Montes. Es wurde nach dem Feng Shui Prinzip gebaut und eingerichtet. Jedes Element – Wasser, Metall, Holz etc. – hat nach dieser alten chinesischen Weisheit seinen ganz speziellen Platz, um Harmonie und Wohlbefinden zu erreichen. Das Weingut selbst gilt als Musterbeispiel für den chilenischen Weinbau. Der Name Montes ist eine Hommage an den Onologen Aurelio Montes, einer der vier Mitbegründer des Weingutes. Im Inneren des Weinkellers konnten wir ein ausgeklügeltes Gravitationssystem zur Bewegung der Weine kennenlernen. Er hat wesentlich zum Erfolg der Weine u. a. aus dem Colchagua-Tal beigetragen, die heute zu Chiles absoluter Spitze gehören. Die Weine werden aus Rebsorten erzeugt, die man im 19. Jahrhundert aus Frankreich eingeführt hatte. Nach der Tour durch das Gut einer weiterer Höhepunkt der Reise: Es ging in den Keller des Gutes, in eine, wie will man es beschreiben, in eine Kathedrale des Weins. Ein halbkreisförmiger Saal mit einer Empore. Dämmerlicht. Gregorianische Musik. Statt Gästen liegen hier im Halbrund etwa 1000 der insgesamt vorhandenen 3000 Eichenfässer. Auf der Empore wird verkostet. Einfach faszinierend.
Zum Wein. Wir probierten vier Sorten, die alle wirklich topp sind. Einen Sauvignon Blanc, einen Chardonay, bei den Roten folgten ein Pino Noir – ja auch den gibt es in Chile und er kann mit den französischen Pinos und deutschen Spätburgundern mithalten – sowie ein Cuvee auf Basis eines Camenere. Meine Favoriten: bei den Weißen der Chardonay, bei den Roten der Cuvee, ein CGM Alpha. Beide sind ebenfalls in Deutschland problemlos zu bekommen (einfach im Internet Google benutzen) und füllten nach der Reise auch den Weinkeller auf. Die Roten haben übrigens alle einen Alkoholgehalt von 14 bis 14,5 %, also keine leichten Weine.
Bei Montes füllt man übrigens pro Jahr rund 800.000 Flaschen ab, wenig für Chiles Weingüter. Mengenbegrenzungen wie in Europa gibt es nicht, einzelne Weingüter produzieren 300 Millionen Liter pro Jahr.
Rund zehn Fahrminuten entfernt befindet sich das nächste von uns besuchte Weingut, idyllisch inmitten von grünen Hügeln gelegen, das Gut Viu Manent. Im Haupthaus aus der Kolonialzeit befindet sich das Besucherzentrum La Llavería. Hier befinden sich die beiden Restaurants La Terraza und La Cava de Don Miguel, die sehr gute, lokaltypische, aber auch katalanische und französische Gerichte anbieten. Hier aßen wir nach der Weinprobe zu Mittag, und die Küche war einfach gut. Empfehlenswert. Wie fast immer in Chile – jedenfalls wo wir aßen.
Zurück zum Weingut. Hier werden pro Jahr etwa 3,5 Mio. Flaschen abgefüllt, davon gehen 85 % in den Export, rund 40 % nach Europa. Entsprechend gelten die Regeln der Europäer. Wir testeten sechs Weine. Bis auf den Sauvignon Blanc, der zu viel Säure enthielt, mundeten alle ebenfalls sehr gut, kamen aber an die von Montes nicht ganz heran. Meine Favoriten: Ein Grand Reserva Camenere von 2011 und ein Cabernet Sauvignon La Capilla, ebenfalls aus 2011.
Am Nachmittag hieß es dann Abschied zu nehmen. Wir verließen das Colchagua Tal wieder Richtung Santiago de Chile. Abends bummelten wir noch ein/zwei Stunden auf dem größten Krämermarkt Santiagos, den Persia Bio Bio. Er findet jeden Tag statt, auch Sonntags. Eigentlich ein ganzes Viertel, mit hunderten von kleinen und größeren Läden in riesigen Hallen, im Freien oder in Form einzelnen Geschäfte. Teils chaotisch, teils einigermaßen übersichtlich, alles durcheinander, Leben und Musik aller Orten. Hier gibt es nichts was es nicht gibt, Krempel, Neuware, Altes, Kunst, Möbel, Hifi-Komponenten, Computer, Kleidung, Schuhe, Essen und Trinken, Spielzeug, Werkzeug, Sanitärzubehör, viel Nippes… Man sollte an einem Samstag Morgen hingehen und sich mindesten einen halben Tag Zeit nehmen, einfach durchstöbern, sicherlich kann man auch das eine oder andere Interessante finden. Aber darum geht es nicht, einfach erleben sollte man dieses Chaos. Und alles ist natürlich billig.
Zurück im Hotel hieß es packen, eine Tasche blieb bis zur Rückkehr im Hotel, denn nun folgte der dritte Teil unsere Tour, hin zur einsamsten Insel der Welt, die Osterinsel. Dafür hieß es am kommenden Tag früh aufstehen.
Die Osterinsel
3526 km sind es von der Küste Chiles zu der Osterinsel. Weit und breit keine andere Erhebung über den Meeresspiegel hinaus. Geographisch (und auch von den Insulanern her) gehört die Insel zu Polynesien, politisch zu Chile. Das Eiland ist etwa 24 km lang und 13 km breit, umfasst eine Fläche von rund 160 km2. Die nächstgelegene bewohnte Insel, Pitcairn, liegt 2078 km westlich. Man kennt die Osterinsel vor allem durch die monumentalen Steinskulpturen, den Moai. Seit 1995 ist die Osterinsel als Nationalpark Rapa Nui Teil des Unesco-Welterbes.
Durch ihre abgelegene Lage gehört das Archipel zu den artenärmsten Inseln des Südpazifiks. So sind weniger als 30 indigene Samenpflanzen bekannt. Vögel, Wind und Strömungen konnten nur in geringem Maße Samen eintragen. Erst der Mensch brachte diverse Nutzpflanzen hierher und tierischen Schädlinge. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.
Wir jedenfalls waren erst Mal einen halben Tag lang unterwegs, um mit dem Flugzeug von Santiago de Chile zu den Osterinseln zu gelangen, Flugzeit knapp fünf Stunden, Zeitverschiebung gegenüber Santiago noch einmal zwei Stunden minus, insgesamt acht Stunden minus gegenüber Deutschland. 3500 km, das ist weiter als die Strecke von Frankfurt zu den Kanaren vor der afrikanischen Atlantikküste. Von Frankfurt aus ist es bis zu der Osterinsel rund 15700 km. Das stand uns beim Rückflug bevor. Doch jetzt ging es erst einmal westwärts. Unser Hotel auf der Osterinsel liegt direkt in Hanga Roa, dem rund 5800 Einwohner zählenden Hauptort. Es handelt sich eigentlich um eine Kleinstadt mit vielen Einfamilienhäusern, lockerer Bebauung, der Hauptstraße entlang zahlreichen Geschäften, es wirkt eher wie ein ländliches Dorf. Nach unserer Ankunft gegen 11.30 Uhr reichte es zu einem ausgiebigen Bummel in der Stadt, und vorher sogar noch für einen Kaffee und eine Kleinigkeit zum Essen am Hafen, was sich halt so nennt. Auch zu einem Spaziergang zu den ersten Steinskulpturen, den Moai, reichte die Zeit, auch hier am Strand von Hanga Roa finden sich einige stattliche Exemplare. Richtig los ging es erst am folgenden Tag. Positiv auch, nach der Kälte in Chile, immerhin ist Winter, und die Atacama ist sowieso eine eher kalte Wüste, Temperaturen von über 20 °C.
Rätsel über Rätsel, dazu Mythen und Legenden: Überall auf der Welt gibt es geheimnisvolle Orte. Die Osterinsel ist einer davon. Bekannt sind insbesondere die stummen Zeugen der kaum bekannten Vergangenheit der hier lebenden Menschen. Wer meißelte die riesigen Figuren? Was für eine Bedeutung hatten sie für die damals hier lebenden Menschen? Und wer zerstörte sie? Ja, warum gab es als James Cook die Insel besuchte, keinen einzigen Baum mehr? Zumal man heute durch archäobotanische Befunde weiß, dass die Insel einmal bewaldet war. Und warum ging die alte Kultur unter? Fragen über Fragen, denen wir versuchten nachzugehen. Einige Ursachen für das geringe Wissen über die Kultur und Geschehnisse geht übrigens auf das 19. Jahrhundert zurück, auf uns Europäer. Denn durch die Sklaverei, das Einschleppung von Krankheiten und übereifriger Missionierung wurde fast das gesamte Wissen um die alte Kultur unwiederbringlich vernichtet. Etwa 600 Insulaner überlebten, emigrierten mit der katholischen Kirche nach Tahiti, nur rund 110 blieben zurück. Auch ein Problem der Inzucht, Damals. Deswegen ist der Fremde gut geheißen, um Kinder zu zeugen. Erzogen werden sie jedoch eher vom Bruder der Mutter. Der Vater hat wenig zu sagen. So unserer Reiseführer Josef. Ein Schweizer. Der mit einer Insulanerin verheiratet ist und weiß wovon er spricht. Immerhin hat er es als einer der wenigen geschafft, akzeptiert zu werden, hat durchgehalten. Und das seit 22 Jahren.
Zurück zu den Fragen. Theorien gibt es zuhauf. Am wahrscheinlichsten ist, dass die Figuren von Polynesiern stammen, die auf der Insel zwischen dem 4. und 12. Jahrhundert lebten. Sie dürften auch für das Abholzen der Palmen verantwortlich sein. So wurden immer größere Flächen für den Anbau der Süßkartoffel benötigt um die Bevölkerung zu ernähren. Zudem wurde Holz für Feuer, für den Bau der Maoris und vielem mehr benötigt. Mehr als nachwachsen konnte. Steht man auf der Osterinsel, hat die heutige Vegetation nichts mehr mit der ursprünglichen zu tun. Die Veränderung dürfte eben auf die massiven menschlichen Eingriffe in das Ökosystem zurückgehen. Wenn es auch Spekulationen gibt, das ein gigantisches Seebeben dafür verantwortlich sein könnte. Oder Außerirdische. Die ja immer für alles nicht so einfach Erklärbare herhalten müssen. Nicht von den Insulanern. Ein Seebeben für diese Entwicklung verantwortlich zu machen, ist aber ist eher unwahrscheinlich.
Einst war die Insel dicht mit Palmwäldern der Gattung Jubaea bedeckt, einer nahen Verwandten der Honigpalme Jubaea chilensis. Zehn Millionen sollen es gewesen sein. Untersuchungen sollen ergeben haben, dass die Rodungen in einem Zeitraum von etwa 70 Jahren stattgefunden haben, etwa ab dem Jahr 1010. Eine der Theorien. Die Folge der Entwaldung kann man in vielen Regionen der Erde auch heute beobachten. Bodenerosion. Ohne den Schutz der Palmen wehte der Wind und spülte der Regen die fruchtbare Erde einfach weg, das hatte natürlich enorme Auswirkungen auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln.
Eine andere Theorie scheint logischer. So fand 1451 ein großer Vulkanausbruch im Pazifik, der des Kuwoe statt. Er sorgte selbst im fernen Europa für eine kleine Eiszeit, Jahre der Missernten folgten. Und die Osterinsel lag viel näher am Ort des Ausbruches. Die Klimakatastrophe und eine ebenfalls erfolgte großflächige Abholzung durch oben genannte Gründe sowie der Hungersnot folgende Kriege und Unruhen dürften wohl für den rapiden Rückgang der Bevölkerungszahl ursächlich gewesen sein haben. Soweit eine andere, wenn auch recht wahrscheinliche Theorie. Zumal sie von Untersuchungen im arktischen Eis was den Vulkanausbruch betrifft bestätigt seien.
Wir jedenfalls widmeten uns den ersten vollen Tag der Geheimnisse der Rapa Nui Kultur. So besichtigen wir am Morgen zuerst umgestürzte und nicht restaurierte Moaris in Waihu, anschließend eine Wohnhöhle und eine weitere Moai-Plattform in Akahanga. Beide Stellen befinden sich der Südküste der Insel. Die Plattformen (Ahu), wurden ebenfalls nicht restauriert und ihre kolossalen Steinskulpturen, die Moai liegen hier noch so am Boden, wie sie bei der Zerstörung der Kultstätten liegen gelassen wurden. Wobei, niemand weiß genau, wann die Moaris umfielen. War es im Zuge denen der Hungersnot folgenden Unruhen oder später eine Folge der Jahrhunderte? Über den Ahu, der eigentlichen Altarplattformen, auf denen die Moai aufgestellt wurden, ist mit der Zeit Gras gewachsen.
Ein unstrittiger Höhepunkt des Tages ist der in den 1990er Jahren wieder aufgebaute Ahu Tongariki. Mit seinen 23.000 m⊃3; Lavagestein soll er das imposanteste Bauwerk in ganz Polynesien sein. 15 Kolossalstatuen aus Tuff thronen tonnenschwer auf flachen Fundamenten. Die Kulisse ist ergreifend und sie gehört bestimmt mit zu den schönsten Fotomotiven dieser Reise. Sicherloch auch zu den weltweit am bekanntesten. Insgesamt zählt man derzeit (Ende 2012) übrigens 1047 der kolossalen Steinstatuen, den Moai auf der Insel (größer als etwa einen Meter). Hinzu kommen zahlreiche kleinere.
Trotz intensiver Forschung weiß man nicht sicher, was ihr eigentlicher Zweck war und wann sie genau errichtet wurden. Einzig dass sie nicht älter als 1500 Jahre sind, darauf hat man sich geeinigt. Respektive die Experten sind sich nicht einig. Die letzten dürften im 15. Jahrhundert aufgestellt worden sein, dann brach es abrupt ab. Passt zu dem Vulkanausbruch. Eine These: es waren berühmte Häuptlinge oder allseits verehrte Ahnen, die als Bindeglied zwischen diesseitiger und jenseitiger Welt fungierten. Die größte aufgerichtete Figur ist knapp über zehn Meter groß, (so einer wiegt um die 86 t) ein unfertig gebliebener Moai hätte sogar eine Größe von 21 m erreicht. Durchschnittlich sind sie jedoch um die vier Meter hoch und wiegen etwa zwölf Tonnen. Nur, was heißt hier Durchschnitt? Es gibt auch Hinweise, dass sie einmal farbig bemalt waren.
Die Produktion der Steinfiguren endete dann quasi schlagartig. Warum die Maoris umgestürzt wurden und die Kultplattformen zerstört, auch dazu gibt es nur Theorien. Ursachen könnte eine Abkehr von der Religion sein, eben ein Bürgerkrieg der Hungersnöte wegen, auch Klima- oder Wetterkatastrophen kämen in Frage. Eins jedoch ist sicher: Schlüssige Beweise für die eine oder andere Theorie gibt es nicht.
Weiter im Programm: Wir fuhren jetzt zum Rano Raraku, einem erloschenen Vulkan aus Tuffgestein. Es ist die vielleicht interessanteste Sehenswürdigkeit der Insel, denn hier befindet sich der Steinbruch, in dem die Moai aus dem Felsen geschlagen wurden. Überall an den Berghängen des Vulkans liegen die gigantischen Figuren verstreut, viele stehen in inzwischen im Laufe der Zeit verfüllten Gruben (von der Natur). Man richtete sie in den Löchern auf (ließ sie quasi hinein rutschen) um die Rückseite vor dem Transport fertig zu bearbeiten. Also schaut nur die obere Hälfte aus dem Boden. Beeindruckend. Eingegraben wurden sie nicht, eine in vielen Büchern und Reiseführern stehende Mär. Manche waren fertig zum Abtransport, der aber nie erfolgte. Weiter oben finden wir noch mehr Moais in verschiedensten Stadien der Fertigstellung die teilweise noch mit dem Fels verbunden sind, als wären sie von einem auf den anderen Tag verlassen worden. Insgesamt befinden sich hier über 400 Moaris in allen Stadien der Fertigstellung, der größte wäre wie gesagt über 20 m groß geworden und damit rund 200 t schwer. Und auch der hätte ja nach geplantem Standort quer über die Insel transportiert werden müssen. Wie so viele andere. Ressourcenfressend.
Weiter Richtung Norden gelangten wir nun zum Ahu Te Pito Kura. Hier befindet sich Te Pito o Te Henua, „der Nabel der Welt“. Ein großer, runder, glatter Stein der angeblich mit magischen Kräften ausgestattet ist. Ziel vieler Besucher. Irgendwie hat dieser Ort auch etwas, etwas nicht zu beschreibendes… Naja, Wir jedenfalls spürten nichts Außergewöhnliches. Außer dass es sich bei dem Stein um eine magnetische Lavabombe handeln dürfte. Das beweist der Kompass, der in der Nähe des Steines verrückt spielt. Nichts außergewöhnliches für einen Geologen. Einer Legende nach brachte ihn König Hotu Matua höchstpersönlich bei der Erstbesiedlung der Osterinsel mit. Eben eine Legende, die eher neuzeitlich sein dürfte und erfunden. Etwas für Esoteriker.
Zum Abschluss des Tages verschlug es uns dann zum Strand Anakena, an dem König Hotu Matua mit den ersten Siedlern an Land gegangen sein soll. Hier befinden sich zwei restaurierte Ahu‘s, Nau Nau und Ature Huke. Auf Nau Nau besitzen vier der Maoris noch ihre Hüte. Außerdem hätten wir Zeit gehabt, uns im feinen weißen Sand des Strandes zu entspannen und ein erfrischendes Bad in den Wellen des Pazifiks zu nehmen, bevor wir zum Hotel zurückfuhren. Doch das Wetter machte uns einen Strich durch die Planung. Also einen Kaffee getrunken in den nahe gelegenen Hütten, auch keine schlechte Alternative. Obwohl das Wasser hier um die 24 °C hatte.
Abends nach einem kleinen Imbiss, die Preise hier auf der Osterinsel entsprechen übrigens denen europäischer Großstädte, alles muss eingeflogen werden, ging es noch in eine Folklore-Veranstaltung mit der Gruppe Karikari, etwa 20 Tänzer(innen) und Musiker. Absolut sehenswert um unbedingt zu empfehlen, Eben keine reine touristische Pseudoveranstaltung, sondern etwas für die Einheimischen und Besucher. Das ganze findet in der Sprache der Rapa Nui und in Englisch statt, Themen sind Geschichten, Kultur, Essen und Anekdoten, der Gast wird gern bei einzelnen Tänzen einbezogen. Wobei im Vergleich… allein die Gelenkigkeit der Männer und Frauen, es handelt sich eigentlich um einen Hochleistungssport, eine Stunde lang. Das wichtigste Kulturereignis findet übrigens Anfang Februar statt und dauert zwei Woche, das Tapati Rapa Nui-Festival. Musik, Tanz und Kultur stehen im Mittelpunkt. Wäre eigentlich auch mal einen Besuch wert.
Der vulkanische Ursprung der Insel – hier finden sich 78 Vulkane, der letzte soll vor etwa 3000 Jahren aktiv gewesen sein – hat zur Folge, dass sich hier zahlreiche Klüften und Höhlen finden. In den Höhlen wohnte man und einige wurden vermutlich auch als Kultstätten genutzt. Hier sind Reste von eher schlecht erhaltenen Felsmalereien zu entdecken. Ein Beispiel ist die Höhle Ana Kai Tangata. In der Lavagrotte sind an der Decke erkennt man einige Reste ritueller Malerei, mehr oder weniger. Die Höhlen waren vermutlich einzelnen Familien zugeordnet. Das Wissen darüber wurde mündlich an die nachfolgenden Generationen weitergegeben. Knochenfunde weisen aus, dass die Höhlen auch als Begräbnisstätten genutzt wurden, meinen die einen. Andere wiederum, dass hier in unruhigen Zeiten Menschen sich versteckt hielten und dann starben, etwa an Seuchen, die sich in den Höhlen schnell verbreiteten, etwa zu der Zeit als Sklavenhändler die Insel überfielen. Überlieferung nach nutze man sie deswegen auch als Zufluchtsstätten. Ana Kai Tangata heißt in der Sprache übrigens in etwa so viel wie „Höhe in der Männer gegessen wurden“. Einige Sprachforscher meinen jedoch, dass es “Höhle, in der Menschen essen“ heißt. Jedenfalls wurde bei Ausgrabungen im Jahr 1988 u. a. zwar ein Schädel mit Ritzzeichnungen gefunden, aber keine Beweise für Kannibalismus. Ist auch eher unwahrscheinlich. Alles mal wieder spekulativ.
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Vorher besuchten wir jedoch noch Orongo, gelegen am Kater von Rano Kau, etwas besonderes. Denn hier findet sich ein Kratersee, eine Seltenheit auf der Insel, wo alles Wasser normalerweise versickert. Er hat einen Durchmesser von etwa 600 m und ist mit Binsen bewachsen, die drei bis vier Meter hoch werden. Der Krater selbst misst etwa 1600 / 1700 m im Durchmesser.
In Orongo erfuhren wir mehr über die Zeremonienstätte des Vogelmenschenkultes, deren Steinhäuser direkt am kreisrunden Krater des Vulkanes Ranu Kau liegen. Ein Teil davon sehr schön restauriert. Der Vogelmann- oder -menschenkult soll sich erst nach dem Untergang der Moai-Kultur entwickelt haben und besteht aus Fruchtbarkeitsriten und dem Vogelmannwettbewerb. Ein Mitglied jeden Stammes machte sich schwimmend und kletternd zu den Motus auf, um das erste Schwalbenei des Jahres zu stehlen. Der Siegerclan stellte für ein Jahr den König von Rapa Nui.
Weiter ging es zum Ahu Vinapu, wo wir den einzigen weiblichen Moai der Insel besichtigten. Denkt man jedenfalls. Vermutlich aber eher eine Fehlinterpretation. Er befindet sich etwas abseits der Anlage. Ist etwa 3,50 Meter hoch, besteht aus rotem Tuffgestein. Entdeckt hat man diese Figur 1956 während der archäologischen Ausgrabungsarbeiten unter Thor Heyerdahl. Er fand während seiner Arbeiten noch zahlreiche steinerne Kleinplastiken mit den unterschiedlichsten Motiven: Vogelmanndarstellungen, Moais, Kopfplastiken, Darstellungen von Segelschiffen. Auch eine Inkamauer. Das aber ist falsch, die Inkas kamen niemals hier her. Auch ist die Bearbeitung der Steine eine andere als bei den Inkas. Erdbeben mussten sie niemals aushalten, diensten nur der Verkleidung der Fundamente der Moaris.
Der erste Europäer, der die Osterinsel entdeckte, war übrigens ein Pirat: Edward Davis mit seiner Bachelors Delight. Und zwar 1687 von den Galápagos-Inseln kommend. Zufall war es, und er glaubte, den sagenhaften Südkontinent gefunden zu haben. Er landete jedoch nicht an. Ihren heutigen Namen erhielt die Osterinsel von dem Niederländer Jakob Roggeveen, der am Ostersonntag, dem 5. April 1722 mit drei Schiffen anlandete.
Zu Chile kam die Insel am 9. September 1888. Damals schloss man einen Vertrag mit den Toro und weiteren Stammeshäuptlinge an Bord des Kriegsschiffes Angamos. Die Rapanui versprachen sich davon einen Schutz gegen Übergriffe.
Die nächste Station war dann der Puna Pau Steinbruch, wo die Kopfbedeckungen aus rotem Stein hergestellt wurden, mit denen man zahlreiche Moai schmückte. Wenn man sich überlegt wie man die tonnenschweren Hüte den Hang aus dem Steinbruch heraufrollen musste, einfach unvorstellbar. Und doch machte es Mechanik und schwere Arbeit möglich. Auch mussten die Moaris zum Teil quer durch die Insel zu ihren Standpunkten transportiert werden, eine Herkulesarbeit. Mit Magie wie auch von Insulanern kolportiert wird oder sogar Außerirdischen hat das nichts zu tun.
Unsere letzte Station unserer Tour auf die Osterinseln war dann der Ahu Akibi, einer der wenigen Ahu der nicht am Meer steht und auf das Meer blickt. Seine sieben wieder errichteten Moai‘s sind nach der Tag- und Nachtgleiche ausgerichtet, was auf fortgeschrittene Astronomie Kenntnisse der Rapa Nui schließen lässt. Nur blicken sie nicht auf das Meer, eher Richtung Meer. Dazwischen lagen noch genügend Wohnhöhlen und Langhäuser, so dass sie eher darauf blicken. Wie immer, viel Raum für Spekulationen, Theorien und Mystisches.
Resümee
Grandiose Landschaften, atemberaubende Höhen, dampfende Geysire, Schnee und Eis, dazu eine trockene und kalte Wüste, all das und vieles mehr macht den norden Chiles zu einem Reiseziel erster Güte. Und auch die Menschen und ihre Gastfreundschaft. Nur sollte man sich genügend Zeit nehmen. Unsere Tage etwa in San Pedro de Atacama hätte man problemlos auf das Doppelte ausdehnen könne, und man hätte noch immer nicht all das gesehen, was sehenswert ist. Wie mag es da Reisenden gehen, die das gesamte Land inklusive Patagonien in vierzehn Tagen besuchen? Lange Fahrten müssen allerdings dafür in Kauf genommen werden aber Sie werden mit grandiosen Landschaftsszenen belohnt. Ein wahres Eldorado nicht nur für Fotografen. Und erst die Osterinsel, Rätsel über Rätsel, Mysterien wohin man auch blickt, und vieles was man liest ist nichts mehr als Spekulation, schaut man erst hinter die Kulissen. Und beschäftigt man sich näher mit den Lebensgewohnheiten der heutigen Insulaner, das allein wäre eine Geschichte wert – und eine Reise.
Quellen: Wikipedia, Internetrecherche, eigene Erlebnisse und Erzählungen vor Ort, Werner Götz, Winnenden, Juni 2013