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Südkorea 2024 – das Land der Morgenstille

Eine Reise nach Japan und Südkorea, Teil 2 – Südkorea

Obwohl zwischen Fukuoka in Japan und Busan in Südkorea nur knapp über 200 km liegen, sind es dich zwei recht unterschiedliche Länder. Die Menschen unterscheiden sich spürbar. So jedenfalls unser erster Eindruck. Die Südkoreaner wirken westlicher geprägt, die Gelassenheit und Rücksichtnahme sind nicht so ausgeprägt wie in Japan, eher wie in Deutschland, man hört erstmals wieder hupende Autos, wenn auch recht selten. Während in Japan die Menschen stärker auf die Gesellschaft ausgerichtet sind und sich entsprechend verhalten, fokussieren sich die Südkoreaner eher auf die Familie und sich selbst. Auch das Essen ist unterschiedlich ebenso wie Sprache und Schrift.

Unsere Route in Südkorea: Busan, Ulsan, Gyeong-ju, Seoul

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Tag 12 und 13 – Busan, die Metropole im Süden

Wir starten unseren Kurztrip im Land der Morgenstille, wie Südkorea auch genannt wird, ganz im Süden in Busan und bleiben zwei Nächte. Einen guten Überblick über die Stadt hat man vom Busan Tower aus. Der Turm liegt im Yongdusan-Park auf dem Drachenkopfberg. Man benötigt aber viel Fantasie, um in der Form des kleinen, gerade mal 69 Meter hohen Berges einen Drachenkopf zu erkennen. Der Turm entstand 1973 als Radio- und Fernsehturm, wurde 2021 umfassend renoviert.

Am Folgetag beginnen wir einen Besuch bei der jüngeren Geschichte des Landes, am UN Memorial Park. Er ist den gefallenen UN-Soldaten des Koreakrieges von 1950 bis 1953 gewidmet. Es ist der weltweit einzige UN-Friedhof. Damals unterstützen 16 Nationen den Süden militärisch unter US-Führung im Kampf gegen das kommunistische Nordkorea. Die meisten der Gefallenen stammen aus den USA, die damals das größte UN-Truppenkontigent stellten. 2320 Gräber befinden sich heute auf dem 1951 errichteten Friedhof, der seit 1959 unter UN-Verwaltung steht. Die gefallenen US-Soldaten wurden in ihrer Heimat beerdigt. 2006 kam die Wall of Remembrance hinzu, auf der die Namen aller 40896 getöteten UN-Soldaten eingraviert wurden.

Jeden Tag um zehn Uhr wird die UN-Flagge von Soldaten feierlich gehisst und um 16 Uhr wieder eingeholt. Es finden sich auch jüngere Gräber auf dem weiträumigen Gelände, hier sind inzwischen verstorbene Veteranen beerdigt, die bei ihren gefallenen Kameraden ihre letzte Ruhestätte finden wollten. Auch einige Ehefrauen damals gefallener Soldaten wurden auf ihren Wunsch hin inzwischen hier bestattet. Einmal im Jahr wird in Korea auch der Memorial Day zelebriert, ein Nationalfeiertag. Insgesamt dürften im dreijährigen Koreakrieg um die 4,5 Millionen Menschen getötet worden sein, vor allem Zivilisten.
Die Spaltung des Landes hält bis heute an, an der 243 Kilometer langen und vier Kilometer breiten Demarkationslinie gibt immer wieder vereinzelte Schusswechsel und Zwischenfälle, mehrere Hunderttausend Soldaten – manch Quelle spricht von einer Million – stehen sich gegenüber. Während sich Südkorea zu einer der bedeutendsten Volkswirtschaften entwickelte und seit Ende der 80er-Jahre eine stabile Demokratie ist, ist Nordkorea trotz einer einst besseren Ausgangslage ein unterentwickeltes Land, in dem viele dauerhaft unterernährt sind. Die Wirtschaft ist deutlich am Militär ausgerichtet. Das diktatorisch regierte Land ist gemessen am Bruttosozialprodukt mit weitem Abstand das Land mit den höchsten Militärausgaben weltweit.

Der nächste Stopp war der nahe Busan gelegene buddhistische Haedong Yonggungsa-Tempel, der auf einer Klippe am Meer thront. Erbaut hat man ihn im Jahre 1376. Nach seiner Zerstörung während des siebenjährigen Imjin-Krieges zwischen Japan und Korea im Jahr 1592 wurde er 1930 rekonstruiert, das Hauptheiligtum 1970. Seinen aktuellen Namen erhielt er 1974, als der Mönch Jeongam von einem weiß gekleideten Buddha träumte, der auf einem Drachen in den Himmel flog.
Der Weg zum Tempel führt über eine von großen Steinlaternen gesäumte Treppe mit 108 Stufen. Jede der Stufen steht für eine weltliche Begierde im Sinne des Buddhismus. 

Gamcheon Cultural Village

Nach einem typisch koreanischen Mittagessen geht es zum Gamcheon Cultural Village, ein malerisches Viertel mit bunten Häusern und Kunstwerken. Gamcheon war einst ein Slum, gegründet von Flüchtlingen aus dem Koreakrieg. Nachdem 1950 Truppen aus Nordkorea fast das ganze Land erobert hatten, bis auf das kleine Gebiet im Südosten um Busan, kamen viele Flüchtlinge hier her. Sie erbauten ihre Häuser treppenförmig an den Ausläufern eines Küstenbergs. Im Laufe der Zeit verließen das Dorf, Häuser standen leer und verfielen. Das änderte sich ab 2009 dank einer Initiative von Bewohnern, Studenten, Künstlern und der Lokalregierung. Sie begannen das Dorf im Rahmen des Village Art Projects zu schmücken, luden Künstler ein und stellten ihnen leere Räumlichkeiten mietfrei zur Verfügung. Viele Gassen sind mit Wandmalereien und Skulpturen der Bewohner geschmückt.

In das Dorf mit seinen weniger als 9.000 Einwohnern kommen jährlich 160.000 Besucher. Es wird gern als Musterbeispiel für eine Stadterneuerung herangezogen. Eine Kooperative der Bewohner hat ein Sozialunternehmen gegründet, um die zahlreichen Souvenirläden, Cafés, Restaurants, das Hostel und den Parkplatz zu verwalten.
Die Entwicklung stößt aber nicht überall auf Gegenliebe. Zwar wissen alle, dass man ohne die vielen Besucher weiterhin arm wäre und immer mehr im Ort verfallen würde, aber negativ sei, dass die meisten älteren Bewohner das Dorf verlassen hätten und die Händler alle von außen kämen. Einheimische würden ihre Häuser vermieten oder verkaufen. Zudem würden viele von dem Touristenboom gar nicht profitieren. Das aber scheinen nur Einzelstimmen zu sein.

Weiter geht es zum Gukje Market, er befindet sich in überdachten Hallen und ist einer der ältesten Märkte in Busan. Er bietet eine enorme Vielfalt an Waren und kulinarische Köstlichkeiten. Auch ihn gründeten einst koreanischen Flüchtlinge, um mit dem Verkauf von geschmuggelten oder importierten Waren ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Daraus entwickelte sich der heutige Markt. Gukje bedeutet auf Koreanisch international.
Er ist in den über 60 Jahren seines Bestehens zu einem der größten Märkte Koreas angewachsen, die Gassen sind voll von Ständen, an denen alle mögliche gehandelt wird. Seien es Maschinen, Werkzeuge, Küchengeräte und Kleidung oder Lebensmittel.

Unser letzter Halte für den heutigen Tag ist der Jagalchi Fish Market, dem größten Fischmarkt in Korea. Es soll Busans farbenprächtigste Sehenswürdigkeit sein, und das nicht nur morgens, wenn die Fischer ihren Fang an Land bringen, sondern den ganzen Tag über. Er erstreckt sich über mehrere Hundert Meter entlang des Ufers und ist von kleinen Restaurants gesäumt. Wir haben schon einige Fischmärkte auf der Welt besucht, aber so einen noch nicht. Denn eigentlich alles Meeresgetier hier lebt noch und wird in Bassins und Becken aufbewahrt. Frischer geht es nicht. Zu finden ist alles, was hier im Meer lebt, von großen Kraken über Hummer bis hin zu Haien und Seegurken, Schnecken und Muscheln.

Tag 14 – Auf dem Weg nach Gyeongju

Es geht nordwärts mit dem Auto. Unterwegs machen wir einen Halt im Ulsan Daewangam Rock Park. Es regnet schon den ganzen Tag, recht kräftig. Dennoch unternehmen wir eine einstündige Wanderung. Der schön angelegte Weg führt durch eine von schwarzen Pinien, Kirschbäumen, Magnolien und Kamelien geprägten Landschaft am Meer entlang mit schönen Felsformationen, die durch Wind und Wasser geformt wurden. Am Ende des Wanderwegs findet sich eine Druckluftstation für die Wanderer. Damit lassen sich im Nu die Schuhe säubern und auch die gröbste Nässe aus den Hosen und Jacken blasen. Funktioniert wunderbar.

In Gyeongju kommen wir am frühen Nachmittag an. Deaneung-won, der Park der großen Tumuli ist das erste Ziel. Hier besichtigen wir ein älteres königliches Hügelgrab. Es folgt eine kurze Rast in einem traditionellen koreanischen Teehaus, bevor die Ruinen des Donggung-Palastes sowie den Wolji-Teich den Tag ausklingen lassen.

Im Park finden sich 23 Königsgräber aus der Ära der drei Königreiche von 57 v. Ch. bis 660 n. Chr. Unter grasbewachsenen Hügeln fanden sie ihre letzte Ruhestätte. Noch bis in die 70er-Jahre standen dazwischen Wohnhäuser, die man 1975 abriss, um die Gräber freizulegen. Im mit 23 Meter höchsten Grab, genannt Hwangnam Daechong, ein Doppelhügelgrab soll König Soji und seine Frau begraben liegen, das aber ist nicht ganz sicher. Es misst 120 m in seiner Länge und 80 m in seiner Breite. Bei Ausgrabungen wurden über 30.000 kostbare Grabbeigaben entdeckt. Die Grabkammer der weiblichen Person war reicher ausgestattet als die ihres Gemahls. Frauen scheinen während der Silla-Zeit einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert genossen zu haben als in späteren Zeiten. So sind aus dieser Epoche auch einige selbstständig regierende Königinnen überliefert.

Cheonmachong

Eines der bekanntesten Gräber ist Cheonmachong, der Hügel des himmlischen Pferdes und mit 13 Meter Höhe etwas kleiner. Es ist koreaweit das einzige von innen zu besichtigende Hügelgrab und stammt aus dem 5. oder 6. Jahrhundert. Wobei es innen eher wie in einem Museum ausgebaut ist. Musste es bei der Ausgrabung doch abgetragen werden und neu aufgebaut. Benannt hat man es nach den Pferdeartefakten, die sich hier fanden. Nicht bekannt ist, wer hier bestattet war. Rund 12.000 Grabbeigaben fand man auf dem Areal insgesamt, darunter eine Goldkrone und ein goldener Gürtel. Sie befinden sich fast alle in Gyeongju-Nationalmuseum, das wir anschließen besuchen und uns die Schätze aus diesen Gräbern anschauten.

Nach einer Pause in einem traditionellen koreanischen Teehaus geht es zu den Ruinen des Donggung-Palastes sowie dem Wolji-Teich. Beides war Teil des Palastkomplexes des alten Silla. Die Anlage soll im Auftrag von König Munmu im 674 n. Chr. Erbaut worden sein. 935 zerstörte ein Brand die fünf Pavillons, die Reste stürzten in den Teich. Im Zuge von archäologischen Untersuchungen legte man den See 1975 trocken, entdeckte dabei die Überreste der Gebäude. Daraufhin rekonstruierte man drei der Pavillions am Ufer des künstlichen Sees.

Tag 16, von Gyengju nach Seoul

Wir widmen uns den Vormittag weiteren Sehenswürdigkeiten in Gyeongju. Die Stadt war fast 300 Jahre die Hauptstadt der gesamten koreanischen Halbinsel. Vieles hier ist Weltkulturerbe der Unesco. Mehr Tempel, Königsgräber und Palastruinen sollen in keiner anderen koreanischen Stadt zu finden sein – obwohl das Silla-Reich schon vor mehr als tausend Jahren unterging. Wir entscheiden uns bei den zahlreichen Möglichkeiten und der beschränkten Zeit für den die Seokguram-Höhle, den Bulguksa-Tempel sowie dem Cheomseongdae-Observatorium. Alles Weltkulturerbestätten.

Bild Richardfabi – Creative Common Licence – Seokguram Buddha

Begonnen haben wir bei leichten Nieselregen und stürmischem Wetter mit der auf 750 m Höhe liegenden Seokguram-Grotte, eine menschengemachte Höhle aus Granit, quasi ein Grottenkloster. Sie stammt aus dem 8. Jahrhundert. Silla-Minister Kim Dae-Song hat das Grottenkloster zu Ehren seiner Eltern aus seinem vorherigen Leben errichten lassen. Sei er doch dank seiner Verdienste wiedergeboren worden. Die Grotte geriet während der Joseon-Dynastie ab 1392 in Vergessenheit, wurde 1909 wieder entdeckt. Nach einer Restauration von 1961 bis 1966 hat sie viel von ihrem ursprünglichen Charakter wiedergewonnen.
Seokguram besteht aus einer Vorkammer, dem Symbol des Irdischen, einem Korridor, dem Weg der Erleuchtung und der kuppelförmigen Haupthalle dem Himmel respektive Nirwana. Grimmig dreinblickende Wächtergottheiten stoppen jeden teuflischen Einfluss allein durch ihren Blick. Im Zentrum steht ein etwa 3,5 Meter großer Buddha. Betreten dürfen sie aber nur Betende, man kann den Buddha von außen durch eine Glasscheibe bestaunen, Bilder sind nicht gestattet.

Nicht weit entfernt liegt der Bulguksa-Tempel. Seine heutige Form erhielt er um 774. Das ganze Areal umfasst mehrere sehenswerte Gebäude. Der Besucherstrom von Gläubigen und Interessierten ist an einem Sonntag wie heute enorm. Über 800 Jahre blieb das Gebäude intakt, wurde dann 1593 in Kriegszeiten niedergebrannt. Es folgten Wiederaufbau und Plünderungen in regelmäßigen Abständen, bis 1970 ließ man das Areal verfallen. Erst dann besann man sich seines Erbes und begann mit der Restaurierung. Zwei der Steinpagoden, zwei steinerne Treppen und zwei vergoldete Buddha-Statuen stammen original aus der Anfangszeit und gehören heute zu den Nationalschätzen Südkoreas.


Bevor es zum Bahnhof für den Zug Richtung Seoul geht, schaffen wir noch eine kurze Visite beim Cheomseongdae-Observatorium, mithin soll es das älteste erhaltene Observatorium Ostasiens sein. Erbaut wurde es um 640 und die damaligen Menschen dürften es für die Beobachtung der Sterne genutzt haben, um Wettervorhersagen zu treffen. Sicher ist man sich aber nicht, es könnte astronomischen, astrologischen oder rituellen Zwecken gedient haben.
Jede Lage besteht aus 12 Steinen, die wahrscheinlich die Monate symbolisieren. Das ganze Observatorium ist aus 30 Steinlagen aufgebaut; eine für jeden Tag im Monat. Insgesamt besteht die Sternwarte aus 365 Steinen. Das entspricht genau einem Jahr.
Der Turm ist knapp über neun Meter hoch. Jede Seite der oberen quadratischen Steinschicht ist exakt nach den einzelnen Himmelsrichtungen ausgerichtet und die Steine formen zusammen das chinesische Zeichen Jing, eine der 28 chinesischen Sternkonstellationen, das Äquivalent zum westlichen Sternbild Zwilling.

Am frühen Nachmittag geht es mit dem KTX-Expresszug weiter nach Seoul, der Hauptstadt des Landes. Unser Hotel liegt im Herzen von Seouls Myeong-Dong, einem pulsierenden Einkaufs- und Unterhaltungsviertel mit zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Sehenswürdigkeiten.

Abend sind wir noch zum nahe gelegene Seoul Plaza marschiert, haben den Deoksugung-Palast im Zentrum besichtigt, einen von fünf und gut koreanisch gegessen. Anders als bei den anderen Königspalästen aus der Joseon-Zeit gibt es innerhalb der Deoksugung- Palastanlage neben den traditionellen Holzbauten auch Gebäude im westlichen Stil. Die Anlage erinnert viele Koreaner an die schwierige Lage, in der sich das Joseon-Reich zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand. Damals musste sich das Reich gegen die feindlichen Überfälle der großen imperialen Mächte erwehren und ums Überleben kämpfen. König Gojong verkündigte 1897 daraufhin den Beginn des koreanischen Kaiserreichs und wählte den Palast als Sitz des Kaisers.

Der Seoul Plaza ist ein zentraler Platz vor dem Rathaus von Seoul und wird gern von jungen Pärchen und Familien in Beschlag genommen. Zahlreiche bequeme Sitzmöglichkeiten, eine Freilichtbibliothek und Spielgeräte für die kleinen sorgen für den Zulauf.

 

Tag 17, ein Bummel zu Seouls Sehenswürdigkeiten

Wir beginnen denheutigen Tag mit der Besichtigung des Gwanghawamun-Platz, dem pulsierende Herzen der Stadt. Es ist zum einen ein historischen Platz, der seit Jahrhunderten ein zentraler Punkt der koreanischen Geschichte ist. Zugleich handelt es sich um einen modernen städtischen Raum für Einheimische und Besucher gleichermaßen. Häufiger finden hier auch politische Demonstrationen statt.

Nahe gelegen liegt der Palast Gyeongbokgung, der von 1395 bis 1592 sowie von 1868 bis 1910 Sitz der koreanischen Herrscher war und an dessen Stelle in der Kolonialzeit die Residenz des japanischen Generalgouverneurs stand. Der Name bedeutet „Palast der strahlenden Glückseligkeit“. Mit seinen 330 Gebäuden soll es sich um den größten und wohl schönsten der fünf Paläste Seouls handeln. Viele alte Gebäude wurden während der japanischen Besatzung von 1910 bis 1945 abgerissen oder signifikant verändert. 1990 begann man, Teile der ehemaligen Anlage originalgetreu wieder herzustellen. Einst zählte der Palast über 7000 Räume. Nicht missen sollte man die Zeremonie des Wachswechsels der königlichen Garde. Gekleidet in den Uniformen des 15. Jahrhundert zeigt man den Besuchern viermal am Tag, wie ein Wachwechsel zu damaligen Zeiten wohl vonstatten gegangen sein dürfte.

Der malerische Stadtteil Bukchon, übersetzt Nordstadt ist unser nächstes Ziel. Hier finden sich noch rund 860 traditionelle koreanischen Häuser. Man wird in die Vergangenheit Koreas zurückversetzt. Die Häuser mit den geschwungenen Dächern und mit Ziegelornamenten verzierten Fassaden bilden einen surrealen Kontrast zum nur wenige Gehminuten entfernten modernen Seoul. Die meisten Gebäude stammen aus den 1930er-Jahren und sind bewohnt.

Kurze Zeit später finden wir uns in der lebhaften Insadong-Allee wieder, die für ihre Vielfalt an koreanischen Antiquitäten und traditionellen Gegenständen bekannt ist. Das aber ist weltweit bekannt, dementsprechend viel ist los und das Preisniveau ist auch nicht gerade niedrig. Dennoch, hier finden sich unzählige schöne Läden und auch Kleinstgalerien mit schöner koreanischer Kunst. In den Seitengassen siedelten sich viele kleine Restaurants und abends packen Straßenmusiker ihre Instrumente aus. So lange bleiben wir aber nicht.

Einen atemberaubenden Blick auf die Stadt hat man dann vom N Seoul Tower aus, eingeweiht 1975. Bei Tageslicht liegt er aber gern innerhalb der für solche Städte üblichen Dunstglocke. Nicht jedoch heute. Nachts erleuchtete der Tower von überall in der Stadt sichtbar in vier Farben. Rot bedeutete starke Smog und schlechte Luft, man solle daheimbleiben. Es folgen die Farben gelb und grün, blau heißt dann besonders saubere Luft. Vorab, abends leuchtete der Tower während unserer Anwesenheit blau. Der Tower steht auf dem Namsam-Berg, deswegen das N im Namen. Er ist rund 236 Meter hoch, die Plattform befindet sich auf etwas über 130 Meter Höhe. Von hier aus sieht man gut die Dimensionen der Stadt mit ihren rund zehn Millionen Einwohnern.

Zu guter Letzt hielten wir uns noch auf dem geschäftigem Namdaemun-Markt in der Nähe des Hotels auf. Es soll sich um den größten koreanischen Markt handeln der weit über die Stadtgrenzen Seouls bekannt ist. Was man hier nicht findet, findet man nirgendwo in Korea, so heißt es. Es sollen um die 10.000 Läden sein, andere Quellen sprechen von 6.000, das spielt aber keine Rolle. Alles ist in verschiedene Zonen entsprechend dem Warensortiment aufgeteilt, um sich zurecht zu finden. Falls nicht, helfen Englisch sprechende Mitarbeitern in rote Kleidung, die sich auf dem Markt finden. Die Ursprünge des Marktes sollen bis ins Jahr 1414 zurück reichen.


Historiker glauben, dass der Markt während der Regierungszeit von König Taejong, dem dritten König der Joseon-Dynastie, Anfang des 15. Jahrhunderts gegründet wurde. In den 1600er Jahren wurde der Namdaemun-Markt zu einer Drehscheibe für den Verkauf einer breiten Palette von Waren, darunter Stoffe, Töpferwaren und Möbel. In vielerlei Hinsicht bleibt der Markt der dynamische und vielfältige Ort, der er seit Jahrhunderten ist.

Tag 18, Ein letzter Tag in Seoul

Das Dongdaemun Design Plaza ist eine von Seouls Architekturikonen. Das Gebäude sieht mit seiner kühlen, silbernen Aluminiumhaut und der amorphen Struktur eher aus wie ein Raumschiff. Es gibt weder gerade Linien noch Winkel. In Inneren finden sich ein Museum, Ausstellungsflächen, Designlabor, Läden und Cafés. Auch die Umgebung des Gebäudes und des Platzes bietet einiges Sehenswertes. Man kann das Gebäude quasi erwandern. Erbaut hat man es von 2009 bis 2014, geplant wurde die Anlage von der irakisch-britischen Architektin Zaha Hadid.

Weiter geht es mit einem kurzen, etwa einstündigen Spaziergang die Seoul Wall Fortress entlang. Der Weg entlang der Stadtmauer bietet gute Blicke auf das moderne Seoul und gleichzeitig den in die Vergangenheit. Die Stadtmauer von Seoul oder Hanyangdoseong ist eine Verteidigungsmauer, die zunächst von König Taejo der Joseon-Dynastie zur Verteidigung des Stadtzentrums der Joseon-Hauptstadt Hanseongbu errichtet wurde. Ihre Länge betrug einst etwa über 18 Kilometer, davon sind 12,7 noch erhalten. Seit 1963 ist sie eine Historischen Stätte Südkoreas und inzwischen eine Touristenattraktion in der Nähe des Stadtzentrums. Errichtet wurde sie ursprünglichen im späten 14. Jahrhundert und bestand einst aus großen runden Steinen, die durch Lehm zusammengehalten wurden. Im 15. Jahrhundert hat man sie renoviert und modernisiert und dann wieder im Jahr 1704.

Am Ende des Weges kommen wir zur Iwha Mural Village, auch als Monddorf oder „daldongne“ bekannt. Wie auch das Gamcheon Cultural Village in Busan war der Ort dem Untergang geweiht, da es als Slum und heruntergekommene Gegend galt. 2006 wurden im Rahmen eines Kunst in der Stadt-Projekts von 70 Künstlern sehr schöne Wandmalereien aufgebracht, um das Viertel wiederzubeleben. Das gelang. Seitdem kamen viele Besucher hierher, mit allen positiven, aber auch negativen Begleiterscheinungen. Nur hat anscheinend auch hier niemand die meist älteren Bürger gefragt, ob sie es auch wollen. 2016 hatten einige Anwohner genug, zumal ihre Beschwerden ignoriert wurden und übermalten zwei der beliebtesten Wandgemälde. Inzwischen scheint es sich aber beruhigt zu haben und es kamen sogar einige neue Gemälde hinzu. Das Problem ist halt, das sich eine Minderheit der Besucher nicht an gängige Regeln hält. So soll man sich leise unterhalten und Rücksicht auf die Anwohner nehmen. Und die Hauptsaison meiden.

Mit der Welt der traditionellen koreanischen Kräutermedizin befassen wir uns dann im Yangnyeongsi Herb Medicine Museum. Gegründet hat man das Museum, um die Geschichte und das Wissen der traditionellen koreanischen Medizin zu bewahren und weiterzugeben. Passenderweise befindet sich das Museum gegenüber dem Seouler Yangnyeong-Markt, einem bekannten Märkte für orientalische Medizin in Korea. Hier sollen um die 70 Prozent aller orientalischen Kräuter und Medizinarien des Landes vertrieben werden.

Es folgt ein Besuch des Jegidong Market, wo vor allem Lebensmittel aller Art gehandelt werden. Als sich die Nation von den Folgen des Koreakrieges zu erholen begann, versammelten sich Bauern aus der nördlichen Region um den alten Bahnhof Seongdong auf brachliegendem Ackerland, um ihre Produkte und Waren zu verkaufen. Das war der Beginn dieses Marktes. Man hat in jüngerer Zeit einige Renovierungsarbeiten durchgeführt, um die veraltete Marktumgebung in ein modernes Einkaufserlebnis umzuwandeln, dabei aber versucht, den Charme des Viertels zu bewahren. Auch Handwerksarbeiten werden hier gehandelt.

Die Zeit reichte anschließend noch für einen Besuch des Cheonggyecheon Stream. Der Cheonggyecheon ist ein etwa elf Kilometer langer, kleiner Fluss, der durch das Stadtzentrum von Seoul fließt. 1950 hatte man ihn überbaut und im Rahmen eines Stadterneuerungsprojekts baute man die darüber laufende Hochstraße wieder ab und legte ihn frei. Von den Menschen in den umliegenden Gebäuden wird er gern während der Mittagspause genutzt, zudem finden hier kulturelle Veranstaltungen statt.

Das Resumee

Damit endet die Reise durch Japan und Südkorea. Beide Länder sind doch recht unterschiedlich was die Menschen und Kultur angeht und in manchen dennoch recht ähnlich. 
In Japan sind die Menschen deutlich zurückhaltender und nehmen mehr Rücksicht auf den anderen, in Südkorea steht mehr das eigene ich im Vordergrund. Das merkt man auch in deutlichen Unterschieden im Straßenverkehr oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Südkorea ist da Deutschland sehr ähnlich. Beides sind sichere und angenehme Reiseländer und auch sehr sauber. Müll oder Graffiti sieht man nicht, die Infrastruktur ist sehr gut ausgebaut. Beide eint stark der respektvolle Umgang untereinander, wenn hier auch spürbare Unterschiede in der Art vorhanden sind. Auch die Küche ist unterschiedlich. In Japan lieben vor allem saisonale Produkte, Meerestiere, Sushi, Reis, Nudeln und Miso-Suppe, wobei meist nur gedämpft, geschmort oder gekocht wird. Dagegen bevorzugen die Südkoreaner Kimchi – fermentierter Chinakohl oder Rettich, frittiertes Hähnchen mit Bier, generell BBQ, wobei das Fleisch am Tisch gegrillt wird. Und die südkoreanische Küche ist schärfer als die von Japan. Aber beide eint eines, sie sind Länder, in die sich das Reisen lohnt.

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Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz

Japan 2024 – Tradition und Moderne in Harmonie

Eine Reise nach Japan und Südkorea, Teil 1 – Japan

Knapp drei Wochen geht unsere Reise durch Japan und Südkorea, auf dem Programm stehen moderne Großstädte, mit Tokyo mithin die größte Metropole der Welt, aber auch alte Traditionen mit Schreinen und Tempeln. Übernachtet wird in modernen Stadthotels oder auch in einem traditionellen Ryokan und einem Kloster. Man sieht und erfährt sehr viel über Menschen, Leben, Essen und Kultur, dennoch ist es nur ein Kratzen an der Oberfläche. Zumal man sich auf nur einige wenige Highlights fokussieren muss. Unterwegs waren wir ausschließlich mit Zügen und Bussen.

Unsere Route in Japan: Tokyo, Kamakura, Takayama, Shirakawa-go, Kyoto, Nara, Kõyasan, Fukuoka

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Tag 1,2 – Tokyo, der Welt größte Metropole

Unser Ausgangspunkt für die Reise durch Japan und Südkorea ist die Hauptstadt Japans, Wir sind für drei Tage in einem Hotel im Stadtteil Ginza, Tokyos schillerndstes Stadtviertel. Von hier aus lässt sich vieles zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmittel machen. Ein erster Eindruck, eine sehr saubere und moderne Stadt mit breiten Straßen, Alleen und zahllosen Hochhäusern. Auffallend ist, dass verhältnismäßig viele mit schweren Motorrädern unterwegs sind, gern mit Harleys oder italienischen Fabrikaten.

Wir bummeln erst einmal in der Nähe des Hotels zu Fuß durch die Stadt. Etwa zur Tokyo-Station, dem zentralen Bahnhof der Stadt. Das 1914 errichtete Bahnhofsgebäude fällt zwischen all den modernen Hochhäusern allein durch die rote Backsteinfassade auf. Dahinter liegt einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte der Stadt, der das Land durch Hochgeschwindigkeitszüge miteinander verbindet.

Die Tokyo Station ist nicht nur ein sehr geschäftiger Verkehrsknotenpunkt, zugleich bietet er eine Fülle von Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und touristische Attraktionen. Man könnte bis zum Umfallen einkaufen, ohne allzu weit laufen zu müssen. Rein theoretisch. Denn die Gänge und Passagen im und um den Bahnhof sollen eine Länge von 20 Kilometern haben und über 1000 Geschäft beherbergen.
Dabei ist es nur einer von sechs großen Bahnhöfen in Tokyo und bei weitem nicht der größte. Hier im Hauptbahnhof Tokyo Station werden Tag für Tag um die 4000 Züge abgefertigt und rund eine halbe Millionen Menschen. Der Bahnhof Shinjuku kommt auf täglich über vier Millionen Fahrgäste, und dass vorwiegend im Nahverkehr. Zu Stoßzeiten sind es rund 500 Menschen pro Sekunde, die in Züge ein- oder aussteigen, raus und rein kommen sie über einem der mehr als 200 Zugänge.

Weiter sind wir etwa einen Kilometer zum Kaiserpalast gelaufen. Inmitten eines grünen Areals lebt der Tennō, der japanische Kaiser mit seiner Familie. Der heutige Palast wurde 1888 auf dem Gelände der ehemaligen 1638 errichteten Burg Edo-jō des Tokugawa-Shogunats errichtet. Edo war der Name des alten Tokyo. Einst war die Burg eine der größten der Welt, es ist aber kaum mehr etwas erhalten. Im zweiten Weltkrieg wurde der Palast zerstört und bis 1968 in modernerem Stil wieder aufgebaut. Der größere Teil des 3,4 Quadratkilometer großen Areals ist wie der Wohnsitz des Kaiser nicht öffentlich zugänglich.

Am Folgetag nutzen wir vor allem die U-Bahn zu den für uns wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Dazu gehört der Schrein Meiji Jingu, Tokyos wichtigster Shinto-Schrein. Er ist dem Gedenken an Kaiser Meiji und der Kaiserin Shõken gewidmet, deren Regentschaft von 1868 bis 1912 dauerte und die den Wandel Japans vom einstigen isolationistischen Feudalstaat in eine moderne Nation einleiteten. Deswegen werden sie bis heute verehrt. Zu Neujahr kommen hier an drei Tagen mehr als dreieinhalb Millionen Menschen her.

Der 1920 errichtete Schrein befindet sich in einem Wäldchen, zu dem ein langer, gewundener Kiesweg führt. Ihn betritt man durch mehrere große Torii, den japanischen Toren, die vor Schreinen und Tempeln zu finden sind. Die Torbögen sind das Symbol für den Übergang aus der profanen in die spirituelle Welt. Durchschreitet man das Tor, befindet man sich auf heiligem Boden. Vor einen Torii sollte man sich immer kurz verbeugen, um seinen Respekt zu zollen und immer am Rand hindurchzugehen. Die Mitte ist den Gottheiten vorbehalten. Hinter dem Tor findet sich ein Reinigungsbrunnen für Hände und Mund. Zuerst wird die rechte Hand gesäubert, dann die linke, dann nimmt man etwas Wasser in den Mund, spült ihn aus und reinigt sich noch einmal die linke Hand.

Der Shintōismus ist neben dem Buddhismus die wichtigste Religion in Japan. Bei dem Volksglauben werden die Kräfte der Natur verehrt er setzt sich aus vielen regionalen Kulten und Glaubensvorstellungen zusammen. Die Kami, die Götter, können Menschen, Tiere, Gegenstände oder abstrakte Wesen sein. Übersetzt bedeutet Shintõ ´Weg der Götter´.

Unser nächster Besuch gilt dem Stadtteil Harajuku, ein lebendiges Viertel mit Boutiquen und Geschäften, beliebt vor allem bei jungen Japanern. Das Viertel gilt mit seinen vielen Läden und Boutiquen als ein wichtiges Modezentrum. Die hier vorwiegend angebotene, etwas punklastige Jugendmode gilt als eigener Stil, der Harajuku-Kei. Hier soll auch von Mode-Ikonen wie Lady Gaga eingekauft werden.

Weiter geht es zum Koishikawa Korakuen-Garten. Der Landschaftsgarten im chinesischen und japanischen Stil hat der Landesfürst Ikeda Tsunamasa gegen Ende des 17. Jahrhunderts errichten lassen. Er zählt zu den Nihon-Sanmeien, den drei berühmten Gärten Japans. Ein Rundweg führt einen vorbei an Teichen, Bächen, Büschen und Bäumen mit immer wechselnden Ansichten. Er diente einst dem Fürsten und seiner Familie zur Entspannung.

Zu guter Letzt sind wir in Asakusa, in diesem Stadtteil findet sich Tokyos ältester buddhistischer Tempel, der Sensoji-Tempel. Er ist der meistbesuchte Tempel der Stadt, was man anhand der Menschenmassen auch schnell spürt. Hinein geht es durch das rote Kaminari-mon. Entlang des Weges finden unzählige Stände, verkauft wird alles Erdenkliche, von touristischem Kitsch bis hin zu Kunsthandwerk im Edo-Stil.

 

Betritt man einen Tempel, muss man über eine erhöhte Schwelle treten und darf niemals direkt auf diese treten. Hier gibt es neben dem Reinigungsbrunnen auch Räucherstäbchen, die man zur Heilung oder Reinigung verbrennt. Die gibt es nur in Tempeln, nicht in Shinto-Schreinen. Dabei darf man niemals ein anderes Räucherstäbchen verwenden, um seines anzuzünden. Ansonsten übernimmt man die Sünden des anderen.

Tag 3 – Kamakura, unterwegs im alten Japan

Etwa eine Stunde dauerte die Zugfahrt von Tokyo nach Kita-Kamakura. Von der Station aus machten wir eine 13 km lange Wanderung entlang einiger Sehenswürdigkeiten bis zum großen Buddha. Die Stadt war während des Kamakura-Shogunats von 1185 bis 1333 die Hauptstadt Japans. 

In und um Kamakura finden sich fünf Tempelanlagen, die dem Zen-Buddhismus angehören. Zwei davon besichtigen wir. Der älteste, 1252 gegründet und wichtigste von ihnen ist der Kenchō-ji mit dem Zen-Garten. Er liegt nahe der Bahnstation Kita-Kamakura. Der Tempel wird bis heute genutzt. In der zentralen Buddhahalle steht eine Jizō-Botsatsu-Statue, etwas ungewöhnlich für einen Zentempel. Sie spiegelt jedoch die alte Funktion des Tales wider, als Hinrichtungsstätte. Jizō spendet verlorenen Seelen Trost.

Kenchō-ji

Etwa 1,5 Kilometer entfernt liegt der Tempel Engaku-ji. Ihn hat man 1282 gegründet, vermutlich zur Ehrung der Krieger, die ihr Leben bei der Verteidigung des Landes 1274 und 1281 gegen Kublai Khan verloren hatten. Alle Tempelbauten hier wurden in Laufe der Zeit erneuert, das aktuell älteste der Bauwerke, die Shariden-Halle hat man zuletzt im 16. Jahrhundert überholt. Hier soll ein Zahn Buddhas aufbewahrt werden. Zu sehen bekommt man ihn aber nicht. 

Der Tsurugaoka-Hachiman-gu Schrein, das nächste Etappenziel ist Kamakuras wichtigster Shintō-Schrein und dem Gott des Krieges Hachiman geweiht. Er wurde ursprünglich im Jahr 1063 dem 15. Tennō Ojin und seiner Frau gewidmet und 1180 an den jetzigen Standort verlegt und vergrößert. Er gilt als die Seele der Stadt Kamakura. Die Schreingebäude stammen teilweise aus dem frühen 19. Jahrhundert und wurden historisierend im Stil der Momoyama-Zeit errichtet. 

Es folgt die Wakamiya-Õji, die etwa zwei Kilometer lange Hauptstraße durch Kamakura, gesäumt von vielen Souvenirgeschäften und Restaurants. Besonders hervorzuheben sind die Kamakura-bori, Schnitzereien im Kamakura-Stil.

Wakamiya-Õji

Etwas über zwei Kilometer die Straße entlang geht es zum Hase-dera Tempel, gelegen an einem Berghang nahe der Küste. Von hier aus hat man einen guten Ausblick über die Stadt Kamakura. Zentrum des Hase-dera ist die große Halle mit der elfköpfigen Statue der Kannon, der Göttin der Barmherzigkeit. Die neun Meter hohe, aus Holz geschnitzte Statue hat man vergoldet. Die elf Köpfe repräsentieren die Stufen der Erleuchtung. 

Die berühmteste Attraktion der Stadt ist sicherlich der 1252 errichtete große sitzende Buddha Kamakura Daibutsu. Der Daibutsu – übersetzt großer Buddha – von Kamakura ist das Symbol oder Wahrzeichen der Stadt und die am meisten besuchte Attraktion. Gefertigt ist er aus Bronze und ohne Sockel 11,4 m hoch. Die Statue wiegt 121 Tonnen und stand einst in einer riesigen Halle. Die jedoch hat ein Tsunami 1498 weggespült, seitdem steht der Buddha im Freien. Nach der Buddha-Statue des Todai-ji in Nara ist der Daibutsu von Kamakura die zweitgrößte Buddha-Statue in Japan.

Buddha Kamakura Daibutsu.

Tag 4 – Zugfahren in Japan

Wir verlassen Tokyo nach drei Tagen, es geht mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen nach Nagoya und weiter mit einem Schnellzug nach Takayama, einer kleinen Stadt in der Hida-Alpenregion. Zugfahren in Japan bedeutet schnelle, saubere und pünktliche Züge. Die Mitarbeiter sind alle freundlich. Ja, auch mehrere Schaffner pro Zug gibt es hier, nicht um Fahrkarten zu kontrollieren, sondern um den Fahrgästen zu helfen. Fahrkarten braucht man nicht kontrollieren, ohne kommt man gar nicht auf die Bahnhöfe oder U-Bahn-Stationen. Japans Schienennetz ist sehr gut ausgebaut. Egal ob Nahverkehr oder Hochgeschwindigkeit mit den Shinkansen. Sie eilen mit Geschwindigkeiten von durchschnittlich 260 bis 320 km/h durch das Land. Für die gesamte Strecke von etwa 480 km benötigen wir rund vier Stunden inklusive Umstieg in Nagoya und Wartezeit auf den dann von uns benutzen Eilzug.

Wir machen in Japan alle Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmittel, auf eigene Faust mit dem Zug durch das Land zu reisen, ist im Grunde keine komplizierte Angelegenheit. Man sollte auf den größeren Bahnhöfen nur genügend Zeit einplanen, um auch die richtigen Gleise zu finden. Besonders in Tokyo.

Beim Nahverkehr nutzen wir eine Suica-Wellcome Card, eine Prepaid-Smartcard, die man auflädt und bei der bei jeder Fahrt die Fahrtkosten automatisch an den Schranken abgezogen werden. Es wird dann auch immer angezeigt, wieviel Geld noch auf den Karten ist, um sie rechtzeitig an Automaten aufzuladen. Nutzbar ist sie in vielen Metropolen für den Nahverkehr, in Bussen und U-Bahnen. Die Karte fungiert zudem als elektronische Geldbörse, man kann kleine Einkäufe in Zügen, an Verkaufsautomaten, Läden und Restaurants mit dem entsprechenden Suica-Zeichen tätigen oder auch Taxen bezahlen.

Tag 4 – Angekommen in Takayama

In Takayama verbringen wir die kommenden zwei Nächte im Honjin Hiranyoka Kaochan, einem charmanten Ryokan, das traditionelle Atmosphäre mit modernem Komfort vereint. Das Ryokan bietet exzellente Gastfreundschaft, köstliche Mahlzeiten und entspannende heiße Quellen.
In einem Ryokan zu übernachten, bedeutet , sich mit der Etikette in einem traditionellen Haus zu befassen. Hier lernt man die japanische Kultur mit ihren Sitten und Gebräuchen von einer sehr persönlichen Seite her kennen. Ein paar Beispiele: Die Schuhe zieht man bereits beim Betreten des Foyer aus, Hausschuhe liegen bereit. Die Hausschuhe trägt man im Inneren des Ryokans. Vor Betreten des Zimmers zieht man diese wieder aus, den Raum mit den Tamati-Matten betritt man nur in Socken oder barfuß. Für Spaziergänge  stehen extra Holzsandalen bereit.
Nachdem man sich im Zimmer eingerichtet hat, bringt der Gastgeber Tee sowie kleine Süßigkeiten. Dann erfährt man auch die Zeiten für das Abendessen. Serviert wird in kleinen separaten Räumen typisch japanisches Essen. Relativ kleine Portionen aber viel Gänge. Die Mitarbeiter tragen traditionelle Kimonos.
Auch wir tragen im Haus traditionelle Kleidung. Bereit gestellt wird etwa ein Yukata, ein einfacher Kimono. Man trägt ihn im Zimmer oder in der Stadt. Den Samue wiederum trägt man ebenfalls im Haus, und auf dem Weg zum Onsen, dem Thermalbad oder als Schlafkleidung. Wichtig beim Kimono ist, die linke Seite über die rechte zu schlagen – andersherum legt man das Gewand traditionell Leichen an. Ein Band hält alles zusammen.

Nutzen sollte man auf jeden Fall den Onsen, das Thermalbad. Japanern finden sich bis zu dreimal am Tag darin: morgens, nach dem Sightseeing und abends. Dabei ist ein Onsen eine Art Gemeinschaftsbad. Man legt seine Kleidung im Vorraum ab und duscht gründlich, traditionell im Sitzen, ehe man in das Wasser steigt. Da man den Onsen ohne Badebekleidung betritt, sind die Bäder für gewöhnlich für Männer und Frauen getrennt.
Tattoos sind verpönt, manche Ryokans verweigern tätowierten Personen sogar den Zutritt, wie unseres. Assoziiert man sie doch mit der Zugehörigkeit zu den Yakuza, der japanischen Mafia.

Gegen später sind wir zu Fuß in der nahe gelegenen Shitamachi unterwegs, der Altstadt. Takayama bezaubert durch alte Holzhäuser, zahlreiche Sake-Brauereien, einem Tempelbezirk und Freilichtmuseum. Natürlich gibt es zahlreiche Handwerksläden, teilweise mit hochwertigen Souvenirs. Landesweit besonders bekannt sind die hiesigen Tischler und Holzschnitzer. Nur mit dem Bummeln sollte man sich beeilen. Machen die meisten Läden doch schon zwischen 16.30 und 17.30 Feierabend.

Tag 5 – Shirakawago, gebaut wie Hände im Gebet

Wir machen uns mit dem Bus zum Dorf Shirakawago auf, seit 1995 Weltkulturerbe seiner einzigartigen Hauskonstruktionen wegen, den Gassho-zukuri-Bauernhäuser. Das bedeutet so viel „wie gebaut wie Hände im Gebet“. Der Baustil mit den steilen Strohdächern entwickelte sich über Generationen hinweg. Die Dächer müssen großen Schneemengen standhalten, sind ohne Nägel gebaut. Anders als bei Freilichtmuseen sind hier die meisten Häuser bewohnt und privat. Einige sind jedoch für Besucher offen. Beispielsweise das Nagase- oder das Wada-Haus. In den größeren Gassho lebten bis zu dreißig Personen unter einem Dach. 

Tag 6 – Kyoto, die kulturelle Hauptstadt Japans

Mit dem Zug geht es von Takayama nach Kyoto, etwa 310 km entfernt. Kyoto ist die kulturelle Hauptstadt des Landes mit über 2000 Schreinen und Tempeln, davon allein 17 Unesco-Weltkulturerbestätten. Wir bleiben drei Nächte. 

Am Nachmittag machen wir eine kurze Stippvisite zum Bezirk Nene-no-Michi, einem historischen Stadtviertel und Touristenmagnet. Das Viertel grenzt an die Einkaufsstraße Sannenzaka. Hier treffen sich die Besucher aus aller Welt, entsprechend viel ist los. Nicht selten sieht man Männer und Frauen in den traditionellen Kimonos, meistens handelt es sich um Touristen. Japaner tragen auf der Straße kaum einen Kimono, ist viel zu unbequem und aufwändig. Sie tragen ihn nur zu besonderen Anlässen. So sieht man immer wieder Geschäfte, bei denen man sich einen Kimono leihen und sich ankleiden lassen kann.
Sannenzaka ist eine gepflasterte Fußgängerzone, gesäumt von traditionellen Gebäuden und Geschäften – es sollen um die 60 sein – und grenzt an die Straße Ninenzaka, ebenfalls ein Einkaufsparadies. Beide Straßen führen zu zwei berühmten Tempeln, die, als wir gegen 18 Uhr ankamen, schon geschlossen waren. So wie die meisten Geschäfte trotz der Touristenhorden ebenfalls gegen 18 Uhr schließen.

Tag 6 – die Teezeremonie, eine jahrhundertealte Tradition

Eine Teezeremonie folgt seit Jahrhunderten den immer gleichen Regeln. In einem traditionellen Teehaus weiht uns ein Zeremonie-Meister in die Kunst eben dieser ein. Sie hat ihre Wurzeln im Zen-Buddhismus. Die Tradition reicht in Japan bis ins 8. Jahrhundert zurück. Buddhistische Mönche brachten sie aus China nach Japan. Damals konsumierten Priester und Adelige das kostbare Getränk vor allem aus medizinischen Gründen.

Die ersten in Japan angelegten Teeplantagen gab es ab dem 12. Jahrhundert. Damals soll der Zen-Meister Eisai Samen die Teepflanze Camelia sinensis aus China mitgebracht und damit den Grundstein für den Teeanbau in Japan gelegt haben. Sehr wichtig bei einer Teezeremonie ist die Begegnung zwischen Gastgeber und Gästen, die von Harmonie, Ruhe und Respekt geprägt ist. Deswegen sollte jede Begegnung einmalig sein, sprich jede Teezusammenkunft darf mit ihren Teilnehmern nur ein einziges Mal zu dieser Zeit an diesem Ort stattfinden und nicht wiederholt werden. Dahinter steckt das Bewusstsein für die Vergänglichkeit.
Die Teezeremonie zählt zu den Wegkünsten des Zen, zu denen etwa auch Ikebana oder Kalligrafie gehören. Neben den strengen Regeln zeichnen sich die Wegkünste dadurch aus, dass es nicht auf das Ergebnis ankommt, sondern auf das Erreichen eines meditativen Zustandes. Ein Teemeister zu werden dauert viele Jahre, doch abgeschlossen sei das Lernen und Perfektionieren der einzelnen Schritte niemals. Den Meisterstatus erlangt man nach etwa 15 Jahren.

Nach der Teezeremonie sind wir auf dem Weg zum Hotel noch am Yasaka-Schrein vorbeigekommen. Besonders schön wirkt er nachts, wenn die roten Tore angeleuchtet werden. Er ist einer der größten Schreine ganz Japans, wurde im Jahre 656 erbaut und ist dem Wind- und Meeresgott Susanoo und dessen Ehefrau gewidmet. Das Aushängeschild des Schreins ist das rote Eingangstor Romon.

Anschließend fanden wir noch ein kleines typisch japanisches Restaurant, in dem Teppanyaki angeboten wird. Das ist das Zubereiten von Speisen auf einer heißen Platte, die direkt in den Gästetisch oder am Tresen integriert ist. Teppan heißt wörtlich eiserne Platte. Wir entschieden uns diesmal für ein Nudelgericht mit Rind, Fleisch, Scampi und Tintenfisch. Schmeckte vorzüglich.

Tag 7 – Unterwegs in Kyoto

Die einstige japanische Hauptstadt ist bekannt für die zahlreichen buddhistischen Tempel, die Gärten, Kaiserpaläste, Shintō-Schreine und traditionellen Holzhäuser. Wir beginnen unsere Tour am majestätischen Fushimi Inari Shinto-Schrein, der dem Shintōismus gewidmet ist. Hier ziehen sich tausende orangefarbene Torii-Tore den Berghang hinauf. Will man den ganzen Weg bis oben gehen und wieder runter, benötigt man über zwei Stunden. Wir begnügen uns in Anbetracht der Temperatur von rund 33 Grad schon am Morgen und der hohen Luftfeuchtigkeit mit einem etwa einstündigen Abschnitt. Man läuft stellenweise durch einen orangefarbenen Tunnel aus den Toren, unterbrochen von einigen Schreinen. Man sagt, es sollen bis zu 11.000 Torii sein. Der Fushimi Inari-Schrein ist ein absolutes Muss bei einem Besuch in Kyoto.

Der Schrein ist Inari gewidmet, der Kami des Reises, der Fruchtbarkeit, des Sake und Tees, des Wohlstands und des Glücks. Sie wird normalerweise als weiblich angesehen und ist eine wichtige Gottheit im Shinto-Glaubenssystem.  Orangerot sind die Tore des Schreins, weil man sie mit Füchsen in Verbindung bringt. So sieht man überall auf dem Gelände Bilder und Statuen von Füchsen. Sie gelten als Inaris Boten und manche Menschen glauben, dass sie selbst ein Fuchs ist. Dies hängt vermutlich mit einer Legende über Inari zusammen. Demnach kam die Göttin in einer Zeit der Hungersnot auf einem weißen Fuchs vom Himmel herab. Sie brachte Körner mit, die ausgesät wurden und wuchsen. Es war der Reis. Ine ist das japanische Wort für Reis, und ine-nari, von dem sich der Name der Kami ableitet, bedeutet „wachsender Reis“.

Die Verehrung von Inari geht vermutlich auf das 8. Jahrhundert zurück, als der Schrein in Fushimi errichtet wurde. Im Laufe der Jahrhunderte weitete sich die Rolle von Inari in der japanischen Gesellschaft aus, sie wurde im 16. Jahrhundert auch die Schutzpatronin der Schmiede und Krieger; später war Inari die Kami der Fischer, verhinderte Brände und beschützte Prostituierte. Man betete zu Inari, damit sie einem Glück bringe, Kinder beschere und Krankheiten wie Zahnschmerzen und Syphilis heile. Als der Reichtum nicht mehr in Reis, sondern in Geld gemessen wurde, wurde Inari für Finanzen und Geschäfte zuständig.

Bild: Creative Commons, Autor Bamse, 2008 und Postkarten

Es folgt die Besichtigung des Sanjusangendo, der buddhistische Tempel ist in Japan legendär, allein durch den zentralen Buddha und die 1001 lebensgroßen goldenen Statuen, die ihn flankieren. Zudem ist die Tempelhalle mit 120 Meter Länge das längste Holzgebäude Japans.  In der Mitte der Haupthalle befindet sich eine große hölzerne Statue einer 1000-armigen Kannon, die auf jeder Seite von 500 Statuen in Menschengröße flankiert wird, die in zehn Reihen stehen. Alle Statuen sind über 700 Jahre alt und werden heute als wichtige Kulturgüter eingestuft, wobei die riesige sitzende Statue als Nationalschatz Japans gilt. Der Buddha, die 1000-armigen Kannon ist mit elf Köpfen ausgestattet, um das Leiden der Menschen besser sehen zu können, und mit 1000 Armen, um ihnen im Kampf gegen das Leiden besser helfen zu können.
Fotografieren und Filmen dieser heiligen Statuen ist verboten, also muss man hier mit Postkarten oder den wenigen Bildern auf Wikipedia leben.

Bild: Creative Commons, Autor Bamse, 2008 und Postkarten

Der Nishiki-Markt, auch bekannt als Kyotos-Küche, war der nächste Stopp. Auf dem Markt werden frische und haltbar gemachte Lebensmittel angeboten. Man findet ferner ausgezeichnetes Kochgeschirr und elegante Keramiken sowie Gewürze und Papierwaren. Der Markt existiert seit 1310, heute finden sich hier rund 130 Läden, die sich in einer schmalen Passage tummeln, die etwa 400 Meter lang und vier Meter breit ist. 

Weiter ging es zu der prächtigen Nijo-Burg. Dieser repräsentative Bau wurde vom Gründer des Edo-Shogunats als Residenz in Kyoto erbaut. Das Hauptgebäude hat man 1603 fertiggestellt und es ist bekannt für die „zwitschernden“ Nachtigallenböden, die den Haushalt auf die Anwesenheit von Eindringlingen aufmerksam machen sollten. Der Shogun hatte sieben Vorkoster aus Angst vor einer Vergiftung. Bis das Essen bei ihm ankam, dürfte wohl alles kalt gewesen sein. Die Burg ist Weltkulturerbe und wohl eine der bekanntesten ganz Japans. Die Heimstätte des ersten Tokugawa-Shoguns Ieyasu überragt den nahe gelegenen Kaiserlichen Palast, um die Macht zu verdeutlichen, die der Shogun über den schwächer werdenden Kaiser hatte. Shogun lässt sich in etwa mit „Barbaren unterwerfender großer General“ übersetzen.

Zu guter Letzt sind wir noch in die östlichen Ausläufer Kyotos bis an den Fuß der Higashiyama-Berge, zum Nanzenji Zen-Tempel gefahren, eine Oase der Ruhe. Die weitläufige Anlage umfasst ein Aquädukt und mehrere Tempelgebäude. Im Nanzen-ji Tempel gilt es mehrere schöne Gärten zu erkunden. Steingärten des Zen. Sie dienen der Meditation und der inneren Ruhe. Den Tempel hat 1291 Kaiser Kameyama gebaut, er wuchs im Laufe der Zeit stetig, bis mehrere Feuer alle Gebäude zerstörten. Schließlich wurden der Tempel 1597 wieder aufgebaut.

Tag 8 – Nara, die Stadt der Rehe und Tempel

Rund 90 Minuten brauchen wir bis Nara, von 710 bis 784 das einstige Zentrum und die Hauptstadt Japans. Von der Pracht zeugen große Tempelanlagen, Schreine und Ruinen und machen den Ort mit rund 350.000 Einwohnern zu einem der wichtigsten touristischen Ziele Japans. Zumal Nara während des zweiten Weltkrieges nicht bombardiert wurde – wie Kyoto auch. Die meisten der alten Gemäuer sind Weltkulturerbestätten der Unesco.

Beim Spaziergang durch den Nara-Park warten zahlreiche frei herumlaufende Hirsche und Rehe nur darauf, dass sie gefüttert werden. Es sollen um die 1000 sein und sie laufen mitten unter den Menschen herum, als würden sie dazugehören. Verschiedene Stände bieten Kekse zum Füttern der Tiere an, dann ist man sofort von Rehen umlagert. Besonders witzig, verbeugt man sich vor Ihnen, machen sie das gleiche und senken den Kopf. Manche der Tiere stehen am Wegesrand und verbeugen sich von allein an vorbeilaufenden Leuten, um einen der Kekse zu ergattern. Dennoch, es sind frei wildlebende Tiere inmitten des Parkes und der Stadt, besonders in der Brunftzeit heißt es vor den Hirschen mit ihrem Geweih auch aufzupassen. Einer Überlieferung zufolge soll zum Schutz der neu gegründeten Stadt um 710 ein aus Westjapan herbeigerufener Kriegsgott auf einem Hirsch erschienen sein. Die Rehe gelten seitdem als heilig und leben hier mit den Menschen seit Jahrhunderten zusammen.

Wir starten unseren Besuch am Tõdai-ji-Tempel, den der dem Buddhismus tief ergebene Kaiser Shõmu zu Beginn des 8. Jahrhunderts errichten ließ. Die Einweihung um 752 herum soll mit Tausenden von Gästen aus China, Korea und Indien der alles überbietende Höhepunkt der gesamten buddhistischen Welt im 8. Jahrhundert gewesen sein. Der heutige Bau stammt aus der Edo Zeit um 1692. Inmitten der Haupthalle findet sich eine über 16 Meter große Buddha-Statue aus Bronze, mithin die größte des Landes. Die Halle des großen Buddha ist 57 Meter lang, 50 Meter breit und 49 Meter hoch. Damit hat sie nur noch zwei Drittel der einstigen Größe, gehört dennoch zu den größten reinen Holzbauwerken der Welt, wenn es nicht sogar das größte ist.

Tõdai-ji-Tempel

Etwas östlich des Todai-ji-Tempels findet sich mit Nigatsu-do ein kleinerer Tempel.  Der Name Nigatsu-dô oder Halle des Zweiten Monats leitet sich von einer jährlich im zweiten Monat des Mondkalenders abgehaltenen Zeremonie ab. Das Gebäude soll ursprünglich zwischen 760 und 820 errichtet worden sein und brannte 1667 dann ab. Die heutige Halle ist eine Rekonstruktion aus dem Jahr 1669.

Beim Bummel durch den Park folgt der Kasuga-Taisha-Schrein, errichtet um 768 mit zahlreichen steinernen und metallischen Laternen. Es soll sich um Naras bedeutendsten Schrein mit vier Hauptgöttern und vielen Glücksgöttern handeln und er gilt als eine der heiligsten Stätten von Japans. Als Schrein zahlreicher Götter lockt er Gläubige und Touristen gleichermaßen an. Der Kasuga Taisha ist für seine Farbenpracht und seine fotogene Kulisse berühmt.

Als letztes statteten wir noch dem Kõfuku-ji-Tempel einen Besuch ab, ursprünglich erbaut 669. Er besteht aus mehreren großartigen Gebäuden, etwa der fünfstöckigem Pagode – die bei unserem Besuch von einem riesigen Gerüst ummantelt war, mit 50,1 m Höhe die zweitgrößte Holzpagode in Japan und ein Symbol für die alte Hauptstadt Nara. Die zentrale Goldene Halle, ursprüngliche von 710 bis 724 erbaut, brannte sechsmal vollständig nieder und wurde zwischen 2010 und 2018 hinsichtlich der Dimensionen und des Architekturstils exakt dem Bau aus dem Jahr 710 angepasst. 

Tag 9 – Es geht nach Koyasan

Wir verlassen Kyoto mit dem Zug nach Gokurakubashi und mit einer Standseilbahn weiter nach Kõyasan. Das auf einer Höhe von 860 m auf einem Hochplateau liegende Kōyosan erreichen wir um die Mittagszeit. Von den rund 4000 Einwohnern dieses mystischen Ortes sind etwa 600 Mönche.

Unser erster Besuch gilt dem Okuno-in, den größten und bedeutendsten japanischen Friedhof. Hier ruhen hochrangige Persönlichkeiten der japanischen Geschichte: Kaiser, Shogune, Landesfürsten. Es findet sich auch das Mausoleum von Kobo Daishi. Laut einer Legende soll er immer noch in einem Zustand ewiger Meditation im Mausoleum verharren. Das weitläufige Tempelgelände beherbergt über 200.000 Grabstätten. All diese Seelen wollen sich Kobo Daishi nähern und hoffen, dass sie ihren Weg zur Erlösung finden.
Der zwei Kilometer lange Kopfsteinpflasterweg, der nach Okuno-in führt, ist von jahrhundertealten riesigen, moosbewachsenen Zedern gesäumt. Entlang des Weges finden sich aber nicht nur Gräber sondern auch neuere Denkmäler und Monumente von japanischen Unternehmen. Auch sie gedenken hier den Ahnen und Kobo Daishi.

Die Ichi-no-hashi-Brücke kennzeichnet den offiziellen Eingang zum Tempelgelände und ist das Tor zwischen zwei Welten: der weltlichen und der geistlichen. Es wird erwartet, dass Besucher Kobo Daishi mit einer Verbeugung ihren Respekt erweisen, bevor sie das heilige Gelände des Okunoin betreten. Etwas weiter überquert man die Gobyo-no-hashi-Brücke und betritt nach einigen Metern das Innere des Tempels. Fotografieren ist hier natürlich nicht erwünscht.

Die Torodo-Halle – die Halle der Laternen – liegt vor dem Mausoleum von Kobo Daishi und ist das Zentrum der Verehrung. Das schimmernde spirituelle Heiligtum ist nach den mehr als 20.000 Laternen benannt, die im gesamten Tempelareal ständig beleuchtet sind. Der Zutritt zum eigentlichen Mausoleum ist generell und immer untersagt, um Kobo Daishi nicht zu stören, in seinem Zustand ewiger Meditation. Mönche, Pilger und alle anderen beten vor dem Mausoleum.

Anschließend ging es zum Kongobu-ji, dem Herzen von Koyasa. In der Edo-Zeit um 1593 erbaut, ist er das Hauptheiligtum des Shingon Buddhismus und mehr als nur ein Ort der Anbetung. Er dient als Hauptverwaltung der Shingon-Schule, einst von Kōbõ Daishi gegründet. Der sich auf dem Gelände befindliche Banryū-tei, der Garten des Tempels soll mit einer Fläche von 2340 Quadratmetern der größte Steingarten Japans sein.

In Kōyasan bleiben wir eine Nacht, wohnen auf dem Areal des etwa 1000-Jahre alten Ekoin-Tempels. Unser Zimmer ist im japanischen Stil eingerichtet mit einem eigenen, kleinen Garten, recht modern und ziemlich neu. Es ist ein Nebengebäude, im eigentlichen Tempel gibt es natürlich keine Zimmer.

Teilnehmen darf man auch am buddhistischen Morgenritual, dem Goma-Feuerritual und an Meditationen. So findet jeden Morgen um 7 Uhr in der Haupthalle das Morgenritual statt. Dabei werden den  Geistern jeden Morgen Opfergaben dargebracht. In einem kleinen nahegelegenen Tempel folgt das Feuerritual, man verbrennt kleine Holzlatten mit Wünschen, sie steigen mit dem Rauch auf zum Himmel.

Tag 10,11 – Fukuoka, das Tor zum Festland

Der heutige Tag ist ein Fahrtag. Es geht 626 km von Kōyosan nach Fukuoka in den Süden mit Bus, Seilbahn, Expresszug, U-Bahn und Shinkansen. Alles war pünktlich und hat reibungslos funktioniert.
Fukuoka zählt etwa 1,5 Millionen Einwohner und hat eine 2000-jährige Geschichte. Hier findet sich der älteste Hafen Japans, mithin schon immer ein Tor zum asiatischen Festland. Schon die Mongolen versuchten im 13. Jahrhundert über Fukuoka Japan zu erobern. Und scheiterten. 

Am zweiten Tag in der Stadt machen wir uns zu Fuß zuerst mal auf zum Shofukuji Tempel, er gilt als der erste in Japan errichtete Zen-Tempel und wurde 1195 von dem Priester Eisai gegründet, der die Rinzai-Sekte des Zen-Buddhismus aus China nach Japan brachte. Die Tempelgebäude dürfen nicht betreten werden, aber man kann durch die Tempelanlage des Shofukuji schlendern und die Gebäude von außen betrachten.

Shofukuji Tempel

Die nächste Etappe führt uns zum etwas über einen Kilometer Fußmarsch entfernten Sumiyoshi Schrein. Der Schrein ist der älteste aller 2.000 Sumiyoshi Schreine in Japan, gilt als deren Geburtsstätte. Hier verehrt man Uwatsutsuo-no-kami, die Reisende, Fischer und Seeleute beschützen sollen. Deswegen ist er in der Nähe des Meeres gelegen. Der Ursprung des Schreins soll auf das Jahr 221 zurückgehen. Den heutigen Schrein baute Feudalherren Kuroda Nagamasa am Anfang der Edo Zeit um 1603 wieder auf, nachdem er mehrfach zerstört wurde.

Zurück an der Hakata Station, dem zentralen Bahnhof der Stadt, treffen wir uns mit einem Guide für eine Food-Tour. Ist die Stadt doch für ihre Restaurants und Speisen bekannt, hat sogar eine eigene Touristeninfo für alles rund ums Essen. Mit dem Bus geht es zu unserem ersten kulinarischen Stopp, dem Yanagibashi Rengo Ichiba fish market mit rund 40 Läden. Dieser vor allem morgens belebte Markt ist bietet nahezu alles aus dem Meer und wird von den Einwohnern als „Speisekammer von Hakata“ geschätzt. Im Jahr 1916 wurde ein einzelner Stand, der frischen Fisch vom Ohama-Markt verkaufte, so populär, dass sich andere Stände um ihn scharten. Jetzt am Nachmittag ist schon einiges zu, die Läden bereiten sich auf den Feierabend vor.

 

Weiter geht es in das Untergeschoss eines Kaufhauses von denen es hier Unmengen gibt. Viele in Dimensionen, die für uns unvorstellbar sind. In vielen dieser Einkaufszentren finden sich im ersten Untergeschoss Delikatessengeschäfte, Konditoreien und andere Essensstände. in Japan depachika genannt. Man muss erstmal auf die Idee kommen wie unser Guide Norry, bei einer Foodtour einen Supermarkt einzubeziehen. Doch das ist genial, denn hier findet sich wirklich alles, was die japanische Esskultur erklärt. In dem Supermarkt klapperten wir die Themen Tee, Fleisch, Fisch und Obst ab. Allein die Fischauswahl und -Fischtheken werfen einen fast um. Es gibt eigentlich alles, was man sich vorstellen kann oder auch nicht. Egal ob vom Wal oder getrocknete Seegurke, die erst mal mehrere Tage gewässert werden muss, bis sie genießbar ist. Nicht selten auch exklusive Waren, deren Preise einen blass werden lassen. Beispiele gefällig:Japanische Bananen, einzeln verpackt in Karton mit Sichtfenster, das Stück rund zehn Euro. Oder Zuckermelonen, in einem abgeschlossenen Schrank aufbewahrt, etwa 10 Zentimeter im Durchmesser, das Stück 205 Euro. Das Stück und nein, ich habe mich nicht verschrieben oder falsch umgerechnet. Oder eine Rispe mit Weintrauben, kosten gerade mal 170 Euro. Derartiges Luxusobst dient gern als Geschenk, wandert eher nicht in Salate.

Es folgt der Besuch einer traditionellen Sushi Bar, das Besondere an dieser Art Restaurant. Man isst im Stehen, beliebt besonders bei vielbeschäftigten Angestellten, die keine Zeit haben, sich für eine Mahlzeit hinzusetzen. Man kann sich aber auch Zeit lassen, zumal die Sushi köstlich sind. Zu lange sollte man sich in dieser Art Restaurants aber keine Zeit lassen, warten draußen doch schon die nächsten Gäste auf freie Stehplätze an der Theke. An der auch das Essen frisch zubereitet wird.

Den letzten Halt machten wir ein Stück weiter an einem Yatai-Straßenstand, die Teil der Kultur von Fukuoka sind. An den Ständen soll es das beste Streetfood geben, dass die Stadt zu bieten hat. Wir entscheiden uns für gegrilltes Schwein und dazu einen Pflaumen-Reiswein, der vorzüglich schmeckt. Es ist schon ein Genuss, dem Koch bei seiner Arbeit mit dem offenen Feuer zuzuschauen. Nicht ohne Grund gibt es einen halbhohen Plexiglasschutz, hinter dem es dennoch schön heiß wird, da der Koch schon mal die eine oder andere hohe Stichflamme mit verdampfendem Öl produziert.
In Fukuoka solle es fast 100 Yatai geben, die am frühen Abend öffnen und sowohl traditionelle japanische Gerichte wie Tempura und Oden als auch die lokale Küche von Fukuoka anbieten.

Alles in allem war die gelungene Foodtour ein guter Abschluss unserer Japanreise, bevor es morgen früh nach Südkorea weitergeht. Auffallend ist, das Japan ein sehr sauberes und modernes Land mit freundlichen und hilfsbereiten Menschen ist. Die sich selbst gerne zurücknehmen und immer hilfsbereit sind. Hier finden Moderne und Tradition problemlos zusammen, so wie etwa 80 Prozent der Einwohner dem Buddhismus zugewandt sind und weitere 80 Prozent dem Shintoismus. Es kann ja nicht schaden, sich mit beiden gut zu stellen. Aber alles in allem sind viele auch sehr realistisch und nicht unbedingt streng gläubig. So jedenfalls wurde es uns geschildert. Für uns Besucher heißt es, sich mit den Traditionen vertraut zu machen und sich als Gast eines fremden Landes zu fühlen und entsprechend zu verhalten.

Hier geht es zum Teil II der Reisereportage, nach Südkorea

Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz

Kambodscha 2024 – eine Nation mit Zukunft

Phnom Penh und Siem Reap (Angkor)

Tag 20, Phnom Penh

Wir haben Vietnam mit dem Schnellboot auf dem Mekong verlassen, sind jetzt in Phnom Penh, der Hauptstadt des Landes. Wir konzentrieren uns bei dem Besuch auf zwei Regionen: die 2,3 Millionen-Metrople Phnom Penh und die Region um Angkor, dem berühmten Tempelbezirk.

Zum ersten Teil der Reise, einmal quer durch Vietnam geht es hier lang.

Angekommen sind wir am frühen Nachmittag, so dass noch Zeit blieb, vier der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt anzuschauen. Beginnend mit dem Königspalast, er allein ist eine Reise wert. Die goldenen Dächer der Gebäude sind bereits von Weitem zu sehen, sie glitzern in der gleißenden Sonne – es hat 37 Grad. Die Anlage ist schon beeindruckend, errichtet wurde sie an der Stelle älterer Gebäude Ende des 19. Jahrhunderts unter französischer Herrschaft, aber im Stile der Khmer.

Der Thronsaal

Als ob der Palast und die Tempel an sich noch nicht beeindruckend genug wären, findet sich hier noch die Silberpagode. Ihr Boden besteht aus 5329 massiven Silberziegeln, je 1,125 kg schwer. In ihr, Fotografieren ausnahmsweise mal verboten, finden sich prächtige Schätze und die bedeutendste Buddha-Statue der Landes. Die Buddhas hier sind allesamt schlank. Eine Statue besteht aus rund 90 Kilogramm reinem Gold und ist mit über 9500 Diamanten besetzt, das dritte Auge hat 25 Karat und findet sich ein weiterer 20-Karäter. Im Palast residiert noch heute die königliche Familie. Der aktuelle König ist 65 Jahre alt und lebt hier mit seiner Mutter.


Weiter ging es zum Nationalmuseum um sich mit der älteren Geschichte des Landes etwas vertraut zu machen und dann zum zentralen Markt. Zum Schluss besuchen wir noch den kleinsten und ältesten Tempel der Stadt, die Wat Phnom Pagode, das Herz von Phnom Penh. Hier fand die alte Frau Penh 1372 mehrere Buddha-Statuen in einem Fluss und errichtete den Tempel auf dem Hügel, quasi die Keimzelle der heutigen Stadt.

Zu guter Letzt haben wir uns noch mit der jüngeren Geschichte des Landes befasst: Nach über zwei Jahrzehnten Krieg, Schreckensherrschaft und Besatzung war Kambodscha Anfang der 2000er-Jahre eines der ärmsten Länder der Welt. Man hat seitdem enorme Fortschritte im Kampf gegen Armut und Unterentwicklung gemacht und heute soll Kambodscha eine der der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Asiens sein. Wenn man durch Phnom Penh wandelt, mag man die grausame Geschichte des Landes kaum glauben, die noch gar nicht so lang her ist. Die Hauptstadt des Landes ist mittlerweile für viele Urlauber ein echter Geheimtipp geworden – ein kosmopolitische Hauptstadt mit Flair.

Mehr zu der Geschichte des Landes und den roten Khmer findet sich auf meinen FindPenguin-Blog, einfach Link anklicken.

Tag 21, Phnom Penh, Dreh- und Angelpunkt des Landes

Nachdem wir gestern die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von einem lokalen Führer haben zeigen lassen, sind wir heute auf eigene Faust den ganzen Tag in der Stadt unterwegs. Mit einer Unterbrechung in der Nachmittagszeit, es ist mit 36 Grad einfach zu heiß. Morgen soll es in Siem Reap 39 Grade haben, unserem nächsten Ziel. Es ist Frühling.
Die Menschen hier sind ähnlich wie in Vietnam, aber doch anders. Die Stadt scheint wohlhabender zu sein, auch etwas sauberer. Auch fällt auf, dass weniger Roller unterwegs sind – für uns immer noch Unmengen – dafür mehr Autos (meist große SUVs) und was es in Vietnam kaum gab, unzählige Tuc-Tucs. Lange Zeit Verkehrsmittel Nummer 1 der Kambodschaner. Der Verkehr ist ähnlich chaotisch. Wir schauen uns zwei Märkte für die Einheimischen an, noch einige Sehenswürdigkeiten und beobachten die Menschen und den Verkehr. Des Öfteren von einem Café aus. Die längeren Strecken legen wir mit dem Tuc-Tuc zurück. Immer vorher den Preis ausmachen, den bei Touristen langen sie kräftig zu. So eine kürzere Stadtfahrt darf ein/zwei Dollar kosten, bei der ersten Frage nach dem Preis kommen meist fünf Dollar. Lehnt man freundlich lächelnd ab, sind es dann drei Dollar, und dann fahren wir doch für zwei. Immer noch genügend, würde kein Einheimischer zahlen. Aber leben und leben lassen.


Luxuriöse Hotels finden sich hier genauso wie die zahlreichen Garküchen, Läden und mobile Verkaufsroller am Straßenrand. Manche Häuser erinnern an die französische Kolonialzeit. Phnom Penh ist seit 1866 die Hauptstadt von Kambodscha, derzeit leben hier 2,3 Millionen Menschen. 2035 rechnet die Regierung mit sechs Millionen. Entsprechend viel wird gebaut, meist von chinesischen Investoren. In den vergangenen Jahren hat Phnom Penh eine erstaunliche Transformation hin zu einer weltoffenen Großstadt gemeistert. Die Menschen wollen leben und Wohlstand erreichen. Freie Wahlen stehen nur auf dem Papier. Interessiert viele aber erstaunlich wenig. So unser Eindruck. Dennoch ist die Stadt überschaubar geblieben und vereint das chaotische Leben in einer Großstadt mit der Ruhe der Bauern, die im Umkreis leben und auf den vielen Märkten ihre Produkte anbieten.

Tag 22, Donnerstag – auf dem Weg nach Siem Reap

Es sind rund 360 km von Phnom Penh nach Siem Reap, etwa sechs Stunden Fahrzeit. Der Fahrer ist pünktlich, spricht aber kein Englisch. Macht nichts, funktioniert alles auch so. Unterwegs machen wir einen kurzen Stopp am Skun Markt, hier verkaufen sie auch frittierte Spinnen und Taranteln. Sie gelten als lokale Köstlichkeit.

Zwischendurch ein weiterer Stopp für ein kleines Mittagessen und dann noch einen in Kampong Kdei. Hier findet sich eine alte Brücke der Khmer. Königs Jayavarman VII ließ die 87m lange Brücke im 12. Jahrhundert erbauen, und sie steht heute noch. Benutzt werden darf sie von Rollern, für Autos hat man sie zwischenzeitlich gesperrt. Sie hat die Forme einer Schlange, sich aufbäumenden Schlangenköpfe beschließen jeweils Anfang und Ende der Balustraden. Zu guter Letzt halten wir noch an einem der zahlreichen Stände, an denen eine kambodschanische Spezialität gekocht wird: Klebreis in Bambus. Das Gericht wird in speziell vorbereiteten Bambusstücken unterschiedlicher Durchmesser und Länge geröstet und sowohl als herzhaftes Essen oder als süßes Dessert verzehrt. Hier bezeichnet man die Speise als Kralan und sie besteht aus Klebreis, Schwarzaugenerbsen oder Bohnen, Kokosmilch und Palmzucker.

Am späteren Nachmittag angekommen, wird erst mal eine Pause im Hotel eingelegt, Es ist einfach zu heiß und zu schwül. Gegen Abend ging es dann erst mal in das Zentrum von Sies Reap. Das Hotel liegt etwas außerhalb, also mit dem TucTuc ins Gewühl. Siem Reap ist die zweitgrößte Stadt Kambodschas mit rund 250.000 Einwohnern und die inoffizielle Tourismushauptstadt. Das liegt an der Nähe zu den Tempelanlagen von Angko. Der Name bedeutet in etwa besiegtes Siam oder Siam plattgemacht und soll sich auf einen Sieg der Khmer über eine Thai-Armee im 16. Jahrhundert beziehen. Vermutlich ist es aber eher eine Volksetymologie. Diese Deutung zeigt aber auf, wie belastet das Verhältnis zwischen Kambodscha und Thailand bis heute ist, zumal die Thailänder einst die roten Khmer unterstützten. Die Region war von Angriffen der roten Khmer noch bis Anfang der 90er-Jahre betroffen, erst danach stabilisierte sich die politische Lage. Heute ist Siem Reap eine friedliche und für kambodschanische Verhältnisse blühende Stadt. Obwohl das durchschnittliche Monatseinkommen 2023 nur etwa 130 USD pro Monat betrug. Der Mindestlohn liegt eigentlich bei 170 USD. In der Stadt ist das Einkommen jedoch höher als auf dem Land. Vor zehn Jahren noch waren es etwa 30 US-Dollar monatlich. Zu der positiven Entwicklung beigetragen hat vor allem der Tourismus. 

Tag 23 – Angkor Tom, die große Stadt

Nach Kambodscha kommt man vor allem der Tempelanlagen in Angkor wegen, so auch wir. Es war das Zentrum des historischen Khmer-Königreiches Kambuja, das Reich der der Khmer vom 9. bis 15. Jahrhundert. Während ihrer Blütezeit im 12. Jahrhundert lebten hier auf etwa 1000 Quadratkilometer eine Million Menschen. Weltbekannt wurde Angkor durch die Zeugnisse der Baukunst der Khmer in Form einzigartiger Tempelanlagen – allen voran durch den Angkor Wat, dem größten Tempelkomplex der Welt. Allesamt Weltkulturerbe der Unesco.Allein hier wurden bis heute rund 1000 Tempelanlagen entdeckt, bis in jüngster Zeit. Und immer wieder findet man neue Anlagen, 2008 zum Beispiel beim Bau einer Straße im thailändischen Grenzgebiet. Manches dürfte noch im dichten Dschungel verborgen liegen. Der Park umfasst heute rund 400 Quadratkilometer und ist eines der Top-Touristenziele weltweit.
Auch wenn die Anlage im Laufe der Jahrhunderte stark unter Raubgrabungen und dem Diebstahl vieler Kunstwerke gelitten hat, ist sie doch einmalig. Die wertvollsten Kunstwerke hatte man schon im 15. Jahrhundert nach der Niederlage Kambujas, über Umwege nach Mandalay im Myanmar (ehemalig Birma) geschafft, wo sie sich heute noch befinden. Vierhundert Jahre später schlugen europäische Forscher, Abenteurer und Händler zu, verpackten Statuen, Bronzeskulpturen und auch herausgebrochene Stücke von Reliefs in Kisten und verschifften sie nach Europa, wo sie in Museen und privaten Sammlungen landeten. Heute gibt es in Angkor nur noch sehr wenige originale Statuen. Was noch nicht gestohlen wurde, befindet sich in den Archiven der Archäologen vor Ort oder im Staatsmuseum in Phnom Penh, um zu verhindern, dass auch diese letzten Stücke gestohlen werden. Kunsträuber brechen auch heute noch Tafeln aus Reliefs und schlagen Figuren die Köpfe ab, um sie am Schwarzmarkt in Europa, den USA oder Japan zu verkaufen. Manche der abgesägten Köpfe hat man originalgetreu kopiert und die Figuren wieder ergänzt. Es finden zudem Restaurationen und Sicherungsmaßnahmen statt, im Wesentlichen durch internationale Hilfe und Mittel der Unesco. Kambodscha wäre allein mit dieser Aufgabe überfordert. Vieles wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Franzosen von der überwuchernden Vegetation befreit und restauriert, zerfallene Bauwerke aus den Originalteilen wieder zusammengesetzt. Heute arbeiten Teams aus den verschiedensten Ländern, auch aus Deutschland, hier vor Ort.

Wir beginnen unseren zweitägigen Besuch bei den Ruinen von Angkor Tom. Angkor heißt Stadt und Tom groß, also große Stadt. Es handelte sich um die letzte Hauptstadt des Angkor-Imperiums. Die markanten Haupttore sind mit jeweils vier Gesichtern gekrönt. Der Bau der Stadt begann gegen Ende des 12. Jahrhundert, sie bedeckte eine Fläche von etwa 900 Hektar und ist von einer 12 km langen Mauer umgeben, die von einem Wassergraben umschlossen ist. Die einfacheren Gebäude wurden aus Holz erbaut, sind heute nicht mehr erhalten. Die Brücken, die über den 100 m breiten Wassergraben führen, waren jeweils mit Steinfiguren flankiert – 54 Gottheiten auf der einen, 54 Dämonen auf der anderen Seite. Erhalten sind in der etwa 3 x 3 km umfassenden Stadtmauer noch 14 Gebäudekomplexe. Zentral findet sich der Bayon, bekannt für seine Türme mit den steinernen Gesichtern. Noch heute stehen 37 davon. Die Gebäudeteile sind bis zu 43m hoch. Neben dem zentralen Tempel besuchten wir noch ein paar weitere Ruinen und die Terrasse der Elefanten.

Tag 23 – Angkor Wat, die Stadt der Tempel


Die Bedeutung von Angkor Wat für das Land zeigt sich schon darin, dass der Tempel zentraler Bestandteil der Flagge ist. Er ist nationales Wahrzeichen und auch Herz und Seele Kambodschas. Übersetzt heißt Angkor Wat “die Stadt der Tempel”. Dieser Komplex wurde vor etwa 1000 Jahren erbaut und soll die größte Tempelanlage der Welt sein. Erbaut sein soll sie in 37 Jahren durch 300.000 Manschen mithilfe von 6000 Elefanten. So jedenfalls eine Legende.
Das Areal misst inklusive des zwischen 170 und 190 m breiten Wassergrabens 1,5 x 1,3 km. Er stellt nach gängigen Interpretationen den Ur-Ozean dar, zusammen mit den zahllosen Bauten im Inneren ergibt sich ein symbolisches Bild des Universums. Im Zentrum steht der markanteste Tempel mit fünf nach Lotusblüten geformten Türmen. Der größte hat eine Höhe von 65 m.
Zahlreiche Wände sind mit steinernen Figuren dekoriert, die Tänzerinnen, die Apsaras darstellen. Alle unterscheiden sich in Details, keine gleicht er anderen. Große Galerien zeigen historische Szenen vom Leben, den Kriegen, von religiösen Geschichten und dem Schöpfungsmythos des Quirlen des Milchozeans. Angkor Wat ist der besterhaltene Bau von ganz Angkor und hat bis heute religiöse Bedeutung. Einst für den Hinduismus erbaut, dominiert jetzt der Buddhismus. Die Bauten repräsentieren den Mount Meru, das Zuhause der hinduistischen Götter.


Angkor Wat wurde vermutlich unter der Herrschaft des Königs Suryvarman II erbaut. Zu seinem Tod war der Bau aber nicht komplett fertig, er wurde eingestellt, einige Reliefs nicht fertiggestellt. Die Gebäude bestehen aus Sandstein, per Hand wurde die Steinblöcke mit einer besonderen Vorrichtung so geschliffen, dass sie ohne erkennbare Zwischenräume zusammengesetzt werden konnten. Das zeigen einige Reliefs, die den Bau darstellen.
Die meisten Khmer verließen im 15. Jahrhundert die Tempelanlage, sie wurde aber nie ganz verlassen so wie die anderen Anlagen. Anfang des 20. Jahrhunderts restaurierten die Franzosen Angkor Wat und befreiten das Areal von Erde und Vegetation. Das Monument überstand den Bürgerkrieg und die roten Khmer. Zahlreiche der Statuen wurden jedoch gestohlen oder zerstört.

Tag 23 – der Blick vom Berg

Zwei kleinere Tempel, den Thommamon und den Chau Say Tevoda liegen nahe Angkor Tom. Im Lauf der Jahrhunderte sind die Umfassungsmauern der beiden Tempel weitgehend verschwunden. Während der Thommanon in den 1960er-Jahren komplett restauriert wurde, ist der Chau Say Tevoda noch ursprünglicher, wenig restauriert.
Gegen den späteren Mittag sind wir in der Hitze von über 35 Grad Celsius noch auf den Bakheng-Hügel mit der gleichnamigen Tempelanlage gestiegen. Nur machen das viele, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Doch der findet nicht über Angkor Wat statt, sondern über einem Stausee in der Nähe, könnte also überall sein. Richtig macht man es, wenn man den Sonnenaufgang in aller Frühe beobachtet, denn dann geht die Sonne über den Tempelanlagen auf. Sofern es nicht bewölkt ist.
Wir genossen den Ausblick vom Berg in die Dschungellandschaft und auf die Ruinen, beobachteten die Menschen und verließen den Berg wieder, vor dem Sonnenuntergang. Auch wenn der Ort hier um diese Zeit einer der meistbesuchten der antiken Stätten sind, hält sich der Besucherandrang in Angkor doch in Grenzen. Die Besucherzahlen haben sich nach Corona noch nicht wieder ganz erholt. Segen und Fluch. Gut für die antike Stätte, sehr schlecht für die tausenden Menschen hier, die auf den Tourismus angewiesen sind – ihn zum Leben und Überleben brauchen. Das spürt man an vielen Orten deutlich.

Tag 24 – Ta Keo, ein monumentaler Tempelberg

Nahe den Göttern zu sein war schon immer Ziel der Menschen. Also baute man in die Höhe, zumal auf Bergen gern die Götter wohnten. Der moderne Name Ta Keo bedeutet „Altes Kristall“, Prasat Keo entsprechend Kristall-Tempel. Ursprünglich hieß er Hemasringagiri, zu deutsch der „Berg mit goldenen Gipfeln“ und verweist auf den mythologischen Berg Meru. Der bildet gemäß der hinduistischen und auch der buddhistischen Lehre den Weltenberg im Zentrum des Universums.

Ta Keo ist bei den Pyramidentempeln hier das größte und imposanteste Bauwerk. Erbaut wurde er unter Jayavarman V. (Regierungszeit 968–1001) und König Suryavarman I. (Regierungszeit um 1002–1050) und sollte als neuer Staatstempel dienen. Im Jahr 1007 weihte man ihn dem Hindugott Shiva. Kurz vor Fertigstellung aber schlug ein Blitz ein, was als schlechtes Omen galt. Also gab man ihn auf. Einige Reliefarbeiten waren bereits fertig, die übrigen Wände jedoch blieben ungestaltet. Unter den Khmertempeln ist Ta Keo der einzige Rohbau und zeigt sehr gut die Sorgfalt, mit der die Steinquader fast fugenlos aufeinandergeschichtet wurden.

Tag 24 – Lara Croft lässt grüßen

Wir sind an der Tempelanlage Ta Prohm, auch Dschungeltempel genannt oder Lara-Croft-Tempel. Ersteres, weil man bei der Restaurierung bewusst darauf verzichtete, die Bäume zu entfernen. Die französischen Restauratoren beschlossen, einen Tempel in dem Zustand zu belassen, in dem sie ihn vorfanden. Die Wahl fiel auf Ta Prohm. Man entfernte und sicherte die Vegetation und die herabgefallenen Mauersteine nur soweit, dass es Besuchern möglich ist, die Anlage zu begehen. Besonders eindrucksvoll sind die Bäume, etwa eine Würgefeige oder die noch größeren, bis zu 45 m hoch werdenden Tetrameles nudiflora. Deren Wurzeln überwuchern ganze Gebäude. Das macht diesen Tempel auch zu meinem Liebling und war auch der Grund, warum man ihn als Drehort für Teile des Lara Croft-Filmes Tomb Raider mit Angelina Jolie auswählte. Lara Croft ist in dem Streifen rund um den Tempel auf der Suche nach einem mystischen Artefakt.


Beides zusammen macht ihn zu einem Fotomotiv Par Excellence und zieht die Menschen an. Sind gerade einige Reisegruppen anwesend, sollte man Geduld haben und abwarten. An manchen Foto-Spots baut sich sogar eine Warteschlange auf, die einen Schnappschuss zur Erinnerung haben möchten. Gerade als Selfie-Fotospot zählen einige Stellen hier zu den beliebtesten in ganz Angkor. Aber es gibt auch sehr schöne Stellen, die nicht dem Hauptweg folgen. Also Zeit einplanen, dann schafft man sogar Filmszenen ohne Menschen.
Errichtet wurde der Komplex im 12. – 13. Jahrhundert, die gesamte Anlage umschließt rund 60 Hektar und zeichnet sich auch durch die Türme mit den mehrere Metern großen Gesichtern aus.
Zurück zu Tomb Raider. Denn es solltatsächlich einen Schatz hier gegeben haben. So steht auf einer mit einem Relief versehen Säule geschrieben, dass zu den Tempelschätzen des buddhistischen Ta Prohm Gold, Perlen und Seide gehörte. Allein an Gold sollen sich hier fünf Tonnen befunden haben. Weiter erzählt die Inschrift, dass hier auf dem Gelände 12.500 Mönche lebten, darunter 18 Hohepriester und 615 Tänzer. Der Tanz spielte in den damaligen Zeiten eine wichtige Rolle. 
Die äußere Begrenzungsmauer der Anlage umschließt ein Gebiet von etwa 60 Hektar, der Tempel und die ihn umgebenden Gebäude machen davon nur einen Hektar aus. Außerhalb fanden sich rund 3.140 Dörfer mit insgesamt 80.000 Bewohnern. Wie überall in Angkor waren aus Stein gebaute Gebäude religiösen Zwecken vorbehalten. Die Menschen, auch der König, lebten in Häusern aus Holz, die dem Zahn der Zeit zum Opfer fielen.

Tag 24 – Tempeltag

Banteay Kdei

Von nun an wird es ruhiger. Dem Tempel Banteay Kdei bleiben die Besuchermassen weitestgehend fern. Tagesbesucher haben den Tempel nur selten auf ihrem Reiseplan stehen. Und das ist in Form von Reisegruppen ein recht hoher Anteil. Zu knapp ist deren Zeit.
Banteay Kdei ähnelt in seiner Bauweise To Prahm, ist aber mit 500 x 700 m deutlich kleiner und weniger verziert. Dennoch den Besuch wert.
Beim östlichen Eingang findet sich mit Srah Srang ein künstlicher See. Zu Deutsch bedeutet der Name Königliches Bad. Er misst etwa 725 x 400 m und ist etwa vier Meter tief. Alles damals von Hand ausgehoben und mit Sandstein ummauert. Gemäß meiner Inschrift diente er dem „Wohl aller Kreaturen“ mit Ausnahme der „Deichbrecher“, vermutlich Elefanten. Bis heute, also über ein Jahrtausend nach der Errichtung, ist der Srah Srang intakt und bildet eine weite, ruhige Wasserfläche. Ein Srah wurde als Wasserbecken für rituelle Waschungen verwendet, so vermutet man.

Banteay Srei

Es folgt der Besuch des Banteay Srei, ein kleiner Tempel, von einem reichen Landbesitzer und Lehrer erbaut. Er ist jedoch der wohl Kunstvollste, bekannt durch die filigranen Steinmetzarbeiten. Errichtet hat man den Tempel ebenfalls zu Ehren von Shiva, einer der Hauptgötter des Hinduismus. Er steht Schöpfung, Neubeginn, aber auch Erhaltung und Zerstörung.
Zwischen den Tempelanlagen ist man immer einige Kilometer unterwegs, nichts für einen Spaziergang. Dennoch legten wir gestern nur für die Tempelbesichtigungen über zwölf Kilometer zurück.


Zu Guter Letzt sind wir noch beim Tempel Banteay Samre, übersetzt bedeutet der Name „Festung der Samré“. Die Samré sollen ein lokaler Volksstamm gewesen sein. Man nennt ihn aber lieber Zitadelle der Frauen. Er ist ein klassischer Vertreter der Angkor-Wat-Epoche, am knospenförmigen Dachaufbau erkennbar. Banteay Samré zeigt eine überwiegend hinduistische Bilderwelt, am zentralen Tempelturm ungewöhnlicherweise jedoch auch Reliefs aus dem buddhistischen Glauben. Er befindet sich abseits der üblichen touristischen Wege, auch hier ist es recht ruhig.

Wir begegnen hier mal wieder einer größeren Studentengruppe aus Phnom Penh. Und auch hier passiert es, dass die Kids mich auffordern Fotos von Ihnen zu machen. Wohlgemerkt nicht mit ihrem Handy, sondern meiner Kamera für mich. Dann bedanken sie sich überschwänglich, wenn ich die Fotos gemacht habe. Selbst eine halbe Stunde später, wenn man dem Mädchen wieder begegnet, ein Dankeschön, Verbeugung und strahlende Gesichter. Sie freuen sich, dass man sich für ihr Land und ihre Kultur interessiert. Das sollte uns mal in Europa oder anderen Ländern passieren. Generell ist die Höflichkeit und der Respekt vor anderen – besonders Älteren – hier ein hohes Gut. Ist auch im Glauben verankert.

Tag 24 – Apsara-Tänze, eine uralte Tradition

Apsaras sind in der hinduistischen und Teilen der buddhistischen Mythologie halb menschliche, halb göttliche Frauen. Sie leben im Palast des Gottes Indra. Sie gelten auch als Geister der Wolken und Gewässer und sind damit vergleichbar mit Nymphen aus der griechischen und römischen Mythologie. Sie präsentierten den Menschen zur Zeit des historischen Königreiches Kambuja zudem die Kunst des Tanzes. Reliefdarstellungen der Tänzerinnen finden sich an vielen Tempeln in Angkor. Auf diese Zeit geht auch die Tradition des höfischen Tanzes in Kambodscha zurück. Es sind häufig recht langsame und grazile Tanzbewegungen, wobei die Handstellungen eine wichtige Rolle spielen. Zum Repertoire gehört die Darstellung epischer Geschichten und Gedichte oder das Leben der Menschen und die Brautwerbung.

Tag 25 – mit dem Boot zu den schwimmenden Dörfern

Wir sind auf dem Tonle Sap See unterwegs, dem größten in Kambodscha. Wobei See ist relativ. Es ist Mitte März, die Trockenzeit nähert sich langsam dem Ende. Der See sieht meist eher aus wir ein größerer Wald und dichtes Buschland, die Wassertiefe, wo denn Wasser zu sehen ist, beträgt etwa vier Meter. In der Regenzeit von Mai an fließt Wasser vom Mekong in den See, zusammen mit den monsunartigen Regenfällen steigt der Wasserspiegel dann um zehn Meter. Dann ist es für vier bis fünf Monate ein großer See, heraus schauen nur noch die größeren Bäume, alles ist unter Wasser. Die Menschen bauen ihre Behausungen und Läden ab und woanders wieder auf. Bis die Trockenzeit kommt, dann fließt das Wasser Richtung Mekong wieder ab. Mithin ist der Tonle Sap-Fluss Zu- und Ablauf. Hier lebt man vom Fischfang und dem Reisanbau, passt sich dem Wasser an. Die Fläche schwankt zwischen Trocken- und Regenzeit zwischen 2700 und 25.000 Quadratkilometern – der Bodensee hat eine Fläche von 536 Quadratkilometern, die Länge beträgt maximal 250 km, die Breite 100 km. Im September erreichen die Überflutungen ihren Höhepunkt, dann stehen mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche in Kambodscha unter Wasser. 1997 wurde der See von der Unesco zum Biosphären-Reservat erklärt.

Hier finden sich auch die schwimmenden Dörfer, sprich die Häuser, Läden, Restaurant, Werkstätten und alles weitere schwimmt auf dem See. Alles ist auf Bambusplattformen aufgebaut, die wiederum meist von alten Blechfässern als Schwimmkörper getragen werden. Die Menschen, die hier leben, passen sich so dem schwankenden Wasserpegel an. Auf einigen erhöhten Stellen baut man auch Stelzenhäuser. In so einem Dorf leben um die eintausend Familien, es unterscheidet sich eigentlich nicht von denen an Land, nur das die Straßen eben Wasserstraßen sind. Wer hier auf dem See unterwegs ist, bekommt einen guten Eindruck vom Leben der Menschen am oder besser gesagt auf dem See. Der See ist Lebensgrundlage, Wohnort und Transportmittel zugleich. Die meisten Bewohner leben auf dem Wasser in irgendeiner Form.

Tag 25- Prek Toal, ein Vogelparadies

Weiter ging es von den schwimmenden Dörfern zu dem Vogelschutzgebiet Prek Toal. Es ist recht wenig los, Touristen kommen seltener in diese Region. Unser Guide war ebenfalls schon lange nicht mehr hier und der Fahrer überhaupt nicht. So kommt er den ganzen Tag mit uns. Hier finden sich um die 130 Vogelarten, vor allem Reiherarten, Ibis und Störche aber auch 700 Paare an Graupelikanen auf den insgesamt geschützten 312 Quadratkilometern. Insgesamt sollen in der Trockenzeit um die 30.000 Vögel hier leben, in der Regenzeit sind kaum welche an diesem Ort, sie ziehen dann weiter. Auch Schlangen und Schildkröten fühlen sich in dem Gebiet wohl.

Tag 26 – Kambodscha, das Resumee

Kambodschaner sind oft sehr freundliche und hilfsbereite Menschen, besitzen meist nicht viel und sind dennoch zufrieden mit dem Wenigen. Sie haben es schwer, besonders wenn die Gäste wegbleiben oder die Ernte schlecht ist. Aber auch dann und trotz der grausamen Geschichte haben sie oft ein Lächeln im Gesicht. Natürlich lässt sich keine Nation, keine Kultur in eine Schublade stecken, das vorweg. In den Gesprächen und Erzählungen fiel uns auf, dass hinter der Natur der Kambodschaner häufig ein starker Glaube steckt. Bberuflicher Erfolg oder das Geldverdienen stehen nicht über Allem. Das Wesen der Kambodschaner ist eher ruhig, freundlich und fürsorglich. Das sollte man sich auch als Besucher zu Herzen nehmen. Touristen werden meist freundlich empfangen, und nicht nur des Trinkgeldes wegen. Das hilft den Menschen, ist aber kein Muss. Man gibt es gerne, denn es ist verdient. Hier fällt auf, dass sich die Kambodschaner echt über ein Trinkgeld freuen, dass sie nicht unbedingt erwartet haben. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie überall. Die sind aber deutlich in der Minderheit. Der hier vorherrschende Buddhismus vertritt ja eine Philosophie des Mitgefühls und der Fürsorge im täglichen Leben. Hand in Hand mit dem Glauben geht auch der Aberglaube. Der ist hier weit verbreitet. Für vieles gibt es spezielle Rituale, um sicherzustellen, dass auch alles funktioniert. Räucherstäbchen oder Götter halten etwa die bösen Geister vom Haus fern. Nicht selten sieht man sie auch vorne an Tucktucks oder Autos. Klar, dass viele Geistergeschichten mögen. Der Buddhismus lehrt die Menschen zudem, offen für Neues zu sein. Auch wenn sie meist auf dem Land nur über eine Grundbildung verfügen, sind sie wissbegierig und neugierig.
Ganz weit oben steht die Familie, die auch die Ahnen miteinschließt. Sie stehen an erster, zweiter und dritter Stelle, bedeutet Ihnen alles. Deswegen sind die Familien hier oft auch recht groß, umfassen drei/vier Generationen.
Kambodscha bietet aber auch eine beeindruckende Kultur, die sich weltweit nicht verstecken muss und auf einer Höhe etwa mit Machu Picchu oder den Pyramiden steht. Trotz der vielen Kriege und Plünderungen und den Kolonisten. Der Besuch lohnt und man sollte auch genügend Zeit einplanen, um nicht nur Phnom Peng, den Strand (den wir ausließen) oder Angkor zu besuchen.

Hier geht es zum Teil I der Reisereportage, nach Vietnam 2024 – Land des Lächelns

Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz

Vietnam 2024 – Land des Lächelns

Unterwegs in Vietnam – von Hanoi nach Saigon

Tag 1 – Hanoi, der erste Eindruck

Wir sind pünktlich in Hanoi – der Stadt zwischen den Flüssen – gelandet, brauchten für Ausstieg, Grenzkontrolle und Koffer holen gerade mal fünfzehn Minuten . Schon gegen acht Uhr standen wir in der Hotellobby mitten in der Altstadt Hanois, einchecken ging natürlich erst gegen Mittag.
Also Koffer ins Eck gestellt und ab in die Altstadt. Man kann von hier aus alles wichtige zu Fuß machen oder mit der Rischka, einem Moped oder auch mit dem Taxi. Der erste Eindruck, eine junge Stadt von den Menschen her. Die Hauptstadt Vietnams hat derzeit zehn Millionen Einwohner, viele davon sind recht jung. Vor sechs Jahren waren es noch unter vier Millionen in der zweitgrößten Stadt des Landes und die meisten fuhren Fahrrad. Heute hat fast jeder ein Moped und auch Autos sind nicht mehr selten. Entsprechend ist die Luftqualität. Elektromobilität ist hier auch noch lange ein Fremdwort, aber es gäbe eine ökologische Lösung: eFuels, also synthetischen Treibstoffe. Aber die will im reichen Europa ja niemand. Wirtschaftlich geht es in Vietnam deutlich aufwärts. Zumal sich das kommunistische Regime wirtschaftlich liberaler gibt und den Menschen hier etwas Freiheit. Nur der Regierung unangenehme (politische) Gedanken sind nicht gestattet.
Da viele Menschen inzwischen motorisiert sind, ist der Verkehr recht chaotisch, Regeln gibt es anscheinend kaum. Dafür läuft es aber erstaunlich flüssig. Regeln gibt es, um als Fußgänger die Straßen zu überqueren, egal ob kleine Seitengasse oder mehrspurige Straße: immer ruhig und bestimmt bleiben; immer rechts und links schauen – auch bei Einbahnstraßen, die spielt für die Rollerfahrer häufig keine Rolle, genauso wenig wie die Richtung einer Spur; immer langsam und kontinuierlich laufen; niemals zurücktreten, damit rechnet hier niemand. Zudem läuft man meisten sowieso auf der Straße, die Gehsteige stehen voll mit Rollern, Garküchen oder sonst irdend etwas.
Viele Gebäude in der Altstadt stammen aus der französischen Kolonialzeit – jedenfalls was der Vietnamkrieg verschont ließ. Die Franzosen rissen Ende des 19. Jahrhunderts die alten Gebäude ab, schütteten Seen und Kanäle zu und legten breite, baumgesäumte Alleen mit Oper, Kirchen, öffentlichen Bauten und Luxusvillen an, zerstörten damit große Teile der Stadt, machten sie zum Verwaltungszentrum von Französisch-Indochina. Selbst die etwa tausend Jahre alte kaiserliche Zitadelle und den Kaiserpalast schliffen sie zum großen Teil, so dass kaum mehr etwas übrigblieb. Der Rest schaffte es aber immer noch zu einem Weltkulturerbe der Unesco.
Zwischendurch checkten wir in unsere Zimmer ein, weiter in der Altstadt umrundeten wir den Hoan Kiem-See mit dem Turtle-Tower und besichtigten den Ngoc Son-Temple aus dem 19. Jahrhundert, einem wichtigen Heiligtum. Das taten auch viele Vietnamesen. Er ist dem größten Militärstrategen Trang Hung Dao aus dem 13. Jahrhundert gewidmet, einem Nationalhelden.
Abends suchten wir dann noch ein landestypisches Restaurant nahe dem Hotel auf. Zwei Hauptmahlzeiten (einmal Nudelgericht und eine Terrine Nudelsuppe mit Rind und Geflügel) sowie die Getränke kosteten umgerechnet 7,84 Euro. Recht teuer, eine Flaschen Hanoi-Bier für 94 Cent…

Hier geht es zu dem Reisebericht auf meinem Blog auf FindPenguin mit den täglichen Berichten – auf meiner Website hier findet sich eine etwas kürzere Zusammenfassung.

Tag 2 – Die Altstadt, Konfuzius und der Markt

Hanoi ist die älteste der noch existierenden Hauptstädte Südostasiens. Belegt ist sie in ihrem Gründungsjahr 1010 als Zitadelle Thăng Long. Im Laufe der Jahrhunderte wurde Hanoi wiederholt erobert, verlor dabei seinen Status als Hauptstadt und man hat die Stadt mehrfach umbenannt. Zwischen 1946 und 1954 war die Stadt im Indochinakrieg Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen Franzosen und den Việt-Minh. Im Vietnamkrieges bombardierten die Amerikaner Hanoi zwischen 1966 bis 1972 mehrmals. Ein Angriff zum Weihnachtsfest 1972 zerstörte bald ein Viertel der Stadt. Je nach Quelle zwischen 20.000 und 36.000 Tonnen Bomben wurfen die Amerikaner damals über der Stadt ab, in Dresden waren es 2.660 Tonnen.
Dennoch kommt man bei einem Spaziergang durch die Altstadt an vielen Pagoden und Tempeln vorbei. Hier im alten Quartier lässt sich das vietnamesische Stadtleben wunderbar beobachten. Man teil die engen Gassen mit vielen Menschen, Motorrollern, Autos, Verkaufsständen und Straßenküchen, gesessen wird auf kleinen Plastikstühlen.


Unser erster Gang führte uns zum Tempel des Konfuzius, auch Literaturtempel genannt. Erbaut um 1070 handelt es sich um die erste Akademie des Landes. Hier unterrichtete man die Eliten des Landes von 1076 an bis 1915. In jüngerer Zeit adelte man das bedeutende Heiligtum als Weltkulturerbe der Unesco.
Ein konfuzianischer Tempel ist ein Ort der Weisheit, eine Idee, die auf die Traditionen von Konfuzius mit seinen Schüler zurückgeht. Die Lehren des Konfuzius basieren auf vier Säulen: Menschlichkeit, Sittlichkeit, Rechtschaffenheit / Gerechtigkeit sowie Riten. 
Dann ging es mit einer Rischka ans andere Ende der Altstadt, hier bummelten wir durch enge Gassen mit zahllosen Geschäften und Straßenläden sowie und über einen lebhaften Markt. Eingekauft wird nicht selten gleich vom Moped aus, auf dem auch ein/zwei Kinder sitzen. Ohne abzusteigen. So teilen sich die engen Markgassen Menschen und Menschen auf Mopeds, in etwa gleich in der Zahl. Erhältlich ist vom Gemüse über Kräuter, Obst, frischem Meeresgetier und Fisch – der teilweise noch zappelt – bis zum Fleisch eigentlich alles.

Tag 3 – Vespatour und Puppenspieler

Morgens ging es erst mal mit zwei Vespas und Fahrern als Sozien in das Umland Hanois. Unsere Fahrer schlängeln sich gekonnt und flott durch den morgendlichen Verkehr – Einbahnstraßen, rote Ampeln und was auch immer werden komplett ignoriert. Wir überqueren die spektakuläre Long Bien Brücke, die die Franzosen zwischen 1899 und 1902 von rund 3000 Vietnamesen erbauen ließen. Zu nutzen nur für Fußgänger, Fahrradfahrer, Mopeds und dem Zug. Mit Zufahrten 2,3 Kilometer lang überquert sie den an dieser Stelle 900 m breiten Roten Fluss. Im Vietnamkrieg 14 Mal bombardiert, reparierte man sie nach dem Krieg.
Weiter ging es entlang großer Reisfelder. Vietnam ist einer der größten Reisproduzenten und auch Exporteure mit 8,13 Millionen Tonnen in 2023. Aber die Arbeit ist schon recht schwer, das Sähen und Ernten erledigen eigentlich nur die Frauen. Gelegenheit sich dies näher anzuschauen. Die Landwirtschaft begleitete uns auch weiterhin auf der Tour durch die ländlichen Dörfer, obwohl kaum mehr als zehn Kilometer von Hanoi entfernt.


Auch zwei Tempel wurden besichtigt, etwa der vom König An Duong aus dem Jahr 257 v. Chr. Unterwegs gab es natürlich auch eine Teepause sowie ein frühes Mittagessen in einer kleinen dörflichen Garküche. Zurück in Hanoi ging es nach rund fünf Stunden wieder durch den wuseligen Verkehr. Für Stopps an den Zuggleisen quer durch die Altstadt, in einem Cafe – Spezialität hier in Hanoi ist Eierkaffee mit einer dicken Schicht aus frisch geschlagenem Eigelb – und bei einer Seidenstickerei reichte es ebenfalls. 
Nachmittags trafen wir uns dann mit einem örtlichen Guide, der uns noch einmal durch die Altstadt und besonders den Markt führte und vieles erklärte, bevor wir uns ins Wasserpuppentheater aufmachten. Derartiges gibt es nur in Vietnam und es soll schon im 11. Jahrhundert fester Bestandteil des kulturellen Lebens gewesen sein. Ein kleines Orchester begrüßt das Publikum und begleitete die ganze Aufführung. Die Bühne ist ein Wasserbecken, darin stehen hinter einem geflochtenem Bambusvorhang die Puppenspieler. Mit drei bis vier Meter langen Stangen bedienen sie die 30 Zentimeter bis einem Meter großen und ein bis fünf Kilogramm schweren Wasserpuppen – nicht zu sehen, befinden sich die Stangen doch unterhalb des Wasserspiegels, die Puppen oberhalb. Bewegliche Gliedmaßen und den Kopf steuert man mittels Seilzügen.

Tag 3, Abends – Mit dem Chapa-Express nach Lao Cai im Norden

254 Kilometer lang ist die Strecke mit dem Nachtzug nach Lao Cai, direkt an der chinesischen Grenze gelegen. Den nehmen wir. Besonders spektakulär ist die Fahrt ganz am Anfang, direkt durch schmale Gassen in der Altstadt nur ein/zwei Meter von den Häusern, Cafe´s und Läden entfernt. Mehrmals am Tag und in der Nacht rattert ein Zug durch die enge Train Street. Ertönt der Pfiff der Lokomotive, räumen die Straßenhändler in Windeseile ihre Waren von den Schienen, springen Touristen zur Seite und fotografieren, was das Zeug hält. Auch wenn das Betreten der engen Gasse unter Strafe steht. Solange keine Polizei in der Nähe ist, interessiert das niemanden. Die ist nur selten da. Offiziell sind die Cafe´s und Läden seit Ende 2019 aus Sicherheitsgründen geschlossen, wir saßen aber selbst in einem und genossen den Trubel. Und es gibt Dutzende, voll mit Menschen.


Es folgt die Long Bien-Brücke, die wir tags zuvor mit den Vespas befuhren. Dann schläft man, ist es doch dunkle Nacht, nichts mehr groß zu sehen. Außerdem startet der Zug um 22 Uhr, Ankunft morgens um 6.45 Uhr. Der Chapa Express Train – so der Name – wurde im Juni 2014 in Betrieb genommen und ist damit einer der neuesten Züge in Vietnam. Der Zug ist pünktlich, unser Fahrzeug mit Fahrer und Guide – einer Angehörigen eines regionalen Bergstammes für die Weiterfahrt nach Bac Ha und Sapa sind auch schon da. Ein kurzes Stopp am chinesischen Grenzübergang, weiter geht es zum etwa 90 Fahrminuten entfernten Markt von Bac Ha.

Tag 4 – Der Markt von Bac Ha

Immer sonntags findet der Markt von Bac Ha statt, herrscht lebhafter Trubel, treffen sich hier viele Einheimische, häufig aus den umliegenden Bergen. Besonders am ersten Markt nach Neujahr, wo er während des Tete-Festes ausfiel, ist besonders viel los. An jedem Sonntagmorgen geöffnet, ist dieser bunte Markt ein Ort, an dem sich die Ethnien dieser Region treffen, um Waren zu kaufen und zu verkaufen. Hier spiegelt sich die Fülle der an Kulturen der Bergstämme wider. Im Kreis Bac Ha leben Mitglieder von 14 verschiedenen ethnischen Minderheiten, darunter die Hmong, die Dao, die Tay und die Nung. Die farbenfrohen gekleideten Frauen vermitteln ein wunderschönes Bild in all dem geschäftigen Trubel. Gehandelt wird alles: Lebensmittel, Tiere, Werkzeug, Spielwaren, Chinaware, Handarbeit, Kleidung und auch Souvenirs, entdecken doch immer mehr ausländische Besucher diesen Ort. Der Markt in Bac Ha ist deshalb nicht nur ein Ort, an dem Waren gehandelt werden, sondern er ist auch Treffpunkt der verschiedenen Kulturen.
Weiter ging es am Nachmittag dann rund 2 ½ Stunden in die Bergregion nach Sapa im Norden Vietnams, hier bleiben wir zwei Tage.

 

Tag 5 – Fansipan, der Gipfel Indochinas

Die Bergregion Sapa rund um die gleichnamige Stadt ist bekannt für die grünen Reisterrassen und hohen Berge. Wir entschieden uns zuerst auf den Fansipan zu gehen, dem höchsten Berg Indochinas mit 3143 Meter Gipfelhöhe. 2016/17 baute man eine gigantische, moderne Infrastruktur auf, um bequem hoch zu gelangen. Zuerst nimmt man einen Zug zu einer Zwischenstation. Es ist eher ein ganzer Freizeitpark, wunderbar angelegt und gepflegt, zu sehen gibt es auch traditionelles Handwerk und natürlich gibt es an verschiedenen Stellen zu Essen und Trinken. Von hier aus führt eine 6292 Meter lange Seilbahn zu der Bergstation und überwindet dabei einen Höhenunterschied von 1410 m. Die Seilbahnfahrt dauert 15 Minuten und endet auf einem Hochplateau in der Nähe des Gipfels. Pro Stunde und Richtung lassen sich 2000 Menschen hoch und runter transportieren. Es ist derzeit weltweit die Dreiseilbahn mit dem größten Höhenunterschied. Zu Fuß benötigt man als geübter Wanderer etwa zwei Tage hoch auf den Berg.


Oben an der Bergstation auf 2900 Meter Höhe mit großem Cafe, Restaurant und Shoppingmöglichkeiten befindet sich ein kompletter kultureller Komplex, der von der Bergstation bis zum Dach von Indochina erstreckt. Die Gebäude weisen die typischen Architektur vietnamesischer Pagoden des 15. bis 16. Jahrhunderts auf und simuliert die Aussicht der einstigen Tempel, die vor hunderten von Jahren am heiligen Rand des Berges standen. 
Und nun stelle man sich das in Deutschland vor: Bestehend aus über 100.000 Tonnen grünem Granit, mehr als 2000 Kubikmeter Eisenholz und Tausenden restaurierter Ziegel – alles war von Hand auf den Gipfel zu transportieren, bei in diesen Höhen extremen Wetterbedingungen und den schwierigen topografischen Gelegenheiten benötigten die Vietnamesen gerade mal 800 Tage für den Bau.

Wieder zurück vom FanSiPan in Sapa reichte es noch gut für einen Stadtbummel und auch die sechs Kilometer zu unserer etwas außerhalb gelegenen Laxsik Ecolodge machten wir auch noch zu Fuß. So ließ sich die Lebensweise der Vietnamesen außerhalb der größeren Städte etwas beobachten.
Die Stadt selbst gilt als wichtige Marktstadt für die vielen Bergvölker und ist mit den rund 42.000 Einwohnern die Hauptstadt der Region Lao Cai. Das Klima hier ist gemäßigt, eher europäisch aufgrund der Höhe von etwa 1600 Metern. Im Winter kann es auf den Bergen schneien und sie sind häufig in den Wolken versteckt. Pullover und Jacke schaden nicht, sonst eher unnötig in Vietnam im Februar und März.

Sapa ist heute ein wahrer Touristenmagnet wegen den Bergvölkern und Reisterrassen sowie fester Bestandteile ein jeder Reiseroute. Das zeigen auch die unzähligen Hotels und Restaurants. Im Frühjahr kommen die ausländischen Besucher, im Sommer die aus Hanoi um der Hitze zu entfliehen.

Am frühen Nachmittag holte uns dann unser Fahrer am Hotel ab, es geht mit dem Auto zurück Richtung Hanoi zu unserem ersten Hotel und dann weiter Richtung Halong-Bucht. Etwas nach 20 Uhr haben wir dann Hanoi erreicht, so reichte es noch für einen Stadtbummel zur Train-Street, um etwas zu Essen und die Durchfahrt des Chepe-Express aus nächster Nähe zu beobachten. (siehe Post vom gestrigen Tag)

Tag 6 – Fahrtag

Am frühen Nachmittag holte uns ein Fahrer vom Hotel ab, es geht mit einem Van zurück Richtung Hanoi zu unserem ersten Hotel und dann weiter Richtung Halong-Bucht. Etwas nach 20 Uhr haben wir Hanoi erreicht, so reichte es noch für einen Stadtbummel zur Train-Street, um etwas zu Essen und die Durchfahrt des Chepe-Express aus nächster Nähe zu beobachten. (siehe Tag 3)

Tag 07 – Mai Chau

Am frühen Morgen ging es gleich weiter, nordöstlich wieder in die Berge nach Mai Chau. Die Provinz ist Heimat mehrere ethnischer Minderheiten und Bergstämme wie die Dzao, Muong und Thai. So richtig in Fahrt kam der Tourismus in Vietnam erst seit etwa 2005, in dieser Region noch etwas später. Vorher noch hatten die meisten Menschen hier vielerorts kein fließend Wasser, manchmal sogar keinen Strom. Und die Infrastruktur war sehr schlecht. Das ändert sich durch die Besucher, mit ihnen kommt mehr Wohlstand. Heute leben in Mai Chau noch rund 90 Prozent der Menschen von der Landwirtschaft, vorwiegend dem Reisanbau und etwa zehn Prozent vom Tourismus. Aber auch die Bauern verdienen sich etwas dazu, etwa Tanzgruppen, die abends entsprechende Vorführungen machen.

Tagsüber in den Felder, abends die Vorführungen und die Familie will auch noch versorgt werden. Dennoch sind die Menschen hier glücklicher und zufriedener als viele bei uns. Die Anspruchshaltung ist bei weitem auch nicht so hoch.

 

Tag 08 – Mit dem Fahrrad unterwegs um Mai Chau

Wir radeln gemütlich durch die Gegend, entlang zahlreicher Reisfelder, umgeben von hohen Bergen. Die Atmosphäre ist friedlich, immer wieder erreichen wir kleine Dörfer. Einige Wasserbüffel und Kühe laufen gemächlich umher oder liegen faul rum – die Büffel dienen heute meist der Fleischgewinnung, ihre Arbeit in den Reisfeldern erledigen motorisierte, handgeführte Pflüge, Hunde bellen, Kinder spielen im Schatten der großen Bäume – wir haben jetzt in der kühleren Trockenzeit rund 34 Grad und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit selbst hier auf 800 bis 900 m Höhe, die Menschen arbeiten auf den Feldern, dazwischen wie immer die Mopeds, und alle sind wirklich freundlich zu den Besuchern, lächeln einen an. Sie freuen sich über das Interesse der Ausländer. Kurz darauf probt eine Tanzgruppe der Bauern hier für die abendlichen Auftritte, lädt uns gleich zum Mittmachen ein. Die Kinder um uns herum drücken einen die Hände, freuen sich wirklich über uns Fremde. Eine alte Frau zeigt uns eine alte Tradition des Kauens von Bebel. Das verursacht tiefschwarze Zähne, früher mal ein Schönheitsideal bei den hiesigen Thai. Ohne schwarze Zähne bekamen die Frauen kaum einen Mann. Das ist Geschichte, heute gelten weiße Zähne als schön. Kurz darauf stoppen wir bei einem Schneider, der zeigt uns sein Tun. Und so geht es weiter. Alle freundlich und ohne dass man die Leute vorher kennt oder jemals wieder sehen sollte. Geld fließt hier nicht, wäre eher eine Beleidigung. Die ländliche Gegend versprüht eine ganz andere Atmosphäre als das hektische Hanoi oder das touristische Sapa.


Beim Handwerk spielen Textilien eine wichtige Rolle. Die hier lebenden Ban Lac sind eine traditionelle Volksgruppe der „Weißen Thai“. Neben ihnen finden sich auch Stämme aus Laos und China. Die Frauen sind talentierte Weberinnen, die traditionelle Kleidung und Souvenirs in Handarbeit herstellen. Die alltägliche Kleidung stellt man aber nicht mehr in den Familien selbst her, es ist billiger sie fertig zu kaufen. Gewebt werden vor allem Schals und Tücher für die Besucher auf alten traditionellen Webstühlen. Die Muster sind schon eine Kunst für sich. Für so einen handgewebten Schal benötigt eine Weberin, mit der wir uns unterhalten rund drei Tage. So ein handgewebter Schal kostet dann 150.000 Vietnam Dong, rund 5,65 €. Da müssen zwei Schals mit und die Weberin freut sich sichtlich. Wäre ein guter Umsatz und viel Geld, zumal der Wettbewerb hier groß ist. 

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Die kleine Stadt Mai Chau selbst ist nicht besonders schön, vielmehr besticht die Gegend durch die Natur, den Menschen und die ländlichen Geräusche von gurgelnden Bächen und Vogelgezwitscher und nachts dem Zirpen der Grillen. Abseits ausgetretener Pfade lässt man sich hier auf das Land und Leben der Bergvölker ein. Die Dörfer der Volksgruppen und Minderheiten sind eine der Sehenswürdigkeiten der Gegend – und immer noch relativ unbekannt.

Tag 09 – Hoa Lu, des Kaisers erstes Reich

Es geht rund 150 km südöstlich nach Ninh Binh, auch als trockene Halong-Bucht bezeichnet. Obwohl es eine wasserreiche sumpfige Gegend ist mit vielen in die Höhe strebenden Kalksteinstotzen. Auf dem Weg besuchen wir die antike Hauptstadt Vietnams aus dem 10. Jahrhundert: Hoa Lû. Erbaut von der ersten und zweiten Kaiserdynastie Vietnams der Dinh- und der Lê-Dynastie. Kurz zusammengefasst schaffte es ein charismatischer und bei den Menschen beliebter Bauernsohn die Menschen zu einigen, scharte zwölf verschiedene Armeen um sich, besiegte die chinesischen Besatzer und wurde der erste Kaiser. Doch er entwickelte sich zu einem grausamen Despoten, der Andersdenkende und Gegner seinen in den künstlichen Kanälen zahlreich vorhandenen Krokodilen zum Fraß vorwarf. Und wurde dann selbst ermordet. Seine Witwe heiratete nach den vorgeschriebenen drei Trauerjahren wieder, damit begann die zweite Dynastie.

 

Hua Lû war aber nur 41 Jahre, nämlich von 968 bis 1009, die Hauptstadt. Im Jahr 1010 verlegte der Kaiser die Hauptstadt ins heutige Hanoi. Die aus dem elften Jahrhundert stammenden Tempel und Anlagen sind Weltkulturerbe. Hoa Lû ist ringsum von Bergen umgeben, dadurch sehr gut geschützt und eine der wichtigsten und wertvollsten kulturellen und historischen Stätten in Vietnam.

Weiter ging es nach Ninh Binh, ein einstmals armes Bauerndorf, bevor Obama die Sanktionen gegen Vietnam aufhob und der Tourismus Einzug in die Region hielt. Er sorgte für bessere Lebensbedingungen der Menschen, erst dann kamen Strom und fließendes Wasser, eine bessere Infrastruktur. Inzwischen ist Ninh Binh eine Stadt mit 15.000 Bewohnern und recht moderner Industrie. 
Die Besucher kommen nach Ninh Binh aber der fantastischen Landschaft wegen. Im Zentrum der Stadt liegen um die 2.000 Ruderboote, die Besucher entlang der Karstfelsen auf einem ruhigen Fluss entlang schippern. Entsprechend viel ist los, obwohl es leicht regnet. Gerudert wird mit den Füßen von den Bäuerinnen und Bauern, für sie ein kleiner Nebenerwerb. Von den in vielen Reiseführen und Prospekten versprochenen Bootsfahrt in die ruhige Natur abseits des Massentourismus ist hier nichts mehr übrig. Dennoch lohnt die Fahrt entlang den Felsen und den Reisfeldern.

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Schließlich besuchen wir die auf einem nahe gelegenen Hügel gelegenen Tam Côć Bich Dong- Pagode. Hoch geht es rund 300 Stufen, teilweise durch eine Höhle. Wörtlich übersetzt heißt Tam Côć drei Höhlen. Erbaut wurde die Anlage um 1428 von zwei Mönchen, die „durch die Ansicht des Flusses und der Berge bezaubert wurden“.

Tag 10/11 – die Halong Bucht

Tags darauf ging es östlich zur Halong-Bucht, etwa 200 km von Ninh Binh entfernt. Auf dem Weg dorthin besuchten wir noch eine Perlenzucht. Hier konnte man alles über die Entstehung von Zuchtperlen erfahren und sich auch anschauen. Und natürlich auch in zahlreichen Variationen erwerben. Ich bin mir sicher, angesichts des Touristenansturms machen sie hier auch gute Geschäfte.

Die nahe gelegene Halong Bucht ist eines der beliebtesten Reiseziele Vietnams. Die einzigartigen Naturlandschaften verhalfen ihr zu großer Bekanntheit. Riesige Kalksteinfelsen reihen sich inmitten des tiefgrünen Ozeans aneinander. Spektakuläre, dicht bewachsene Inseln mit Höhlen, geheimnisvollen Grotten, Wasserfällen und Sandstränden, runden das paradiesische Bild ab. Umrahmt ist alles von dichter, tropischer Dschungelvegetation. Seit 1994 ist die Halong Bucht Weltnaturerbe der Unesco. Vin Ha Long bedeutet Bucht des untertauchenden Drachens. 
Wir gingen an Bord eines Schiffes, haben auf ihm auch übernachtet und diverse Ausflüge gemacht. Auch hier lebt eine ganze Region vom Tourismus, das sieht man an den unzähligen Schiffen. Bei der Ausfahrt reihen sie sich wie eine Perlenkette aneinander. An den verschiedenen Hotspots liegen Dutzende der Schiffe vor Anker, bringen die Menschenmassen an die Ausflugsziele. Die immer noch versprochenen hölzernen Dschunken mit Segeln gibt es schon länger nicht mehr, aus Sicherheitsgründen kommen modernere Schiffe zum Einsatz.


Unser erster Stopp ist Titov-Island, benannt nach dem russischen Kosmonauten Gherman Stepanovich Titov. Etwas über 400 steile Stufen führen hinauf zu einer kleinen Pagode. Kurz darauf bringen uns Tenderboote zur Luon-Höhle oder Luon-Grotte. Sie lässt sich nur mit kleineren Booten befahren und führt in eine paradiesische von Felsen umschlossene Bucht. Auch hier ist ordentlich was los, man hat für die zahlreichen Besucher eine umfangreiche Infrastruktur geschaffen.  Am kommenden Morgen besuchen wir noch die Sun Sot Cave. Es soll die schönste und längste Höhle in der Halong-Bucht sein. Sie ist schon gewaltig, das stimmt. Aber auch hier schiebt sich eine Menschenmasse die Wege entlang. Man muss etwas zurückbleiben, dann wird es besser. Die Tenderboote zum Schiff, die erreicht man schon noch. Zurück im Hafen geht es dann gleich nach Hanoi zurück, für den Flug nach Vietnams Kaiserstadt Hue.

Tag 12 – Hue, die Metropole der Kaiser

Hue liegt zentral in der Mitte Vietnams, war während der Nguyen-Dynastie zwischen dem 17. und 19 Jahrhundert die Hauptstadt des Kaiserreiches. Sie liegt im ehemaligen Südvietnam. Hue bedeutet übersetzt Harmonie. So soll das Leben hier anders als in anderen vietnamesischen Städten eher gelassen und entspannt vonstatten gehen. Nur für den verkehr gilt das eher nicht.
In der heute rund 600.000 Einwohner zählenden Stadt finden sich zahlreiche Sehenswürdigkeiten aus der Kaiserzeit, teils auch Weltkulturerbe der Unesco. Vieles wurde während des Krieges mit Frankreich etwa 1946 und dann im Vietnamkrieg zerstört, seit der Öffnung Vietnams 1991 für Besucher und internationaler Unterstützung durch die Unesco und weiterer Länder wie Deutschland wird werden Teile wieder aufgebaut, renoviert und archäologisch untersucht.

Ein Muss ist der Besuch der kaiserlichen Zitadelle mit der Verbotene Stadt. Nicht umsonst Weltkulturerbe der Unesco seit 1993. Die Zitadelle ist die frühere Residenz der Kaiser der vietnamesischen Nguyen-Dynastie. Etwa 80 der einst 300 Gebäude sind heute noch erhalten. Besonders während der sogenannten Tet-Offensive im Jahr 1968 wurde vieles zerstört. Dennoch reicht es aus, um die Pracht von früher zu erahnen. Innerhalb der Festungsmauern lebte der gesamte Hofstaat. Darin eingebettet liegt die Verbotene Stadt nach dem Vorbild der kaiserlichen Anlagen in Peking. Sie war einst nur für die Kaiserfamilie zugänglich – Normalsterblichen war der Zutritt strengstens verboten. Rein durften auch die Konkubinen des Kaiser, einer schaffte es auf 500 und rund 140 Kinder in 20 Jahren. Wobei das Leben der Konkubinen eher schlicht war, verglichen mit der kaiserlichen Familie. Zudem durften sie das Areal lebenslang nicht verlassen. Eine Wahl hatten die jungen Mädchen (ab 13) auch nicht. Wer zur Konkubine auserwählt wurde hatte zu gehorchen. Sonst war sie einen Kopf kürzer. Einen Besuch lohnt zudem die Thien-Mu-Pagode. Diese siebenstöckige Pagode gehört zu einer Jahrhunderte alten buddhistische Klosteranlage. Errichtet wurde sie um 1601, um 1665 wurde die Anlage erweitert. Der 21 m hohe Phước Duyên-Turm, den hat man 1844 nachträglich errichtet. Der Legende nach fand man nachts auf dem Hügel am Parfümfluss eine alte Frau, die ein langes, rotes Kleid und grüne Hosen trug und behauptete, dass dieser Ort einer Gottheit gehört. Sie verlangte, dass im Namen dieser Gottheit eine Pagode gebaut werden müsse, woraufhin sie in einer Wolke verschwand. Deswegen wird die Pagode als „Die Pagode der alten Himmelsgöttin“ oder „Pagode der himmlischen Frau“ bezeichnet. Derzeit leben noch um die 80 Mönche hier.

Auch etwas Ungewöhnliches findet sich hier: ein alter blauer Austin. Am Auto findet sich ein Foto, das um die Welt ging: Es zeigt die Selbstverbrennung des Mönches Thích Quảng Đức am 11. Juni 1963 aus Protest gegen die Buddhistenverfolgung und Unterdrückung durch den katholischen Diktator Ngô Đình Diệm. In dem besagten Auto ließ sich der Mönch zu einer Straßenkreuzung in Saigon fahren, mit Benzin übergießen und anzünden. Das sorgte auch in den USA für große Diskussionen. Fünf Monate später ließ Amerika den Diktator Diem fallen.

Zurück in die Stadt ging es über den Parfümfluss auf einem Boot. Seinen Beinamen bekam er, da er oftmals angenehm riechen soll. Dafür sorgen viele Blüten und Pollen, die im Wasser treiben. Auch treiben Stämme vom Sandelholz des Zimtbaumes auf dem Fluss, diese sollen ebenso einen wohligen Geruch abgeben. Wir besuchten unter anderem dann noch den Dong Ba-Markt, hier lässt sich das Leben und Treiben wunderbar beobachten. Oder auch das eine oder andere einkaufen und probieren. Und das Gewusel auf den Straßen zieht einen immer wieder in den Bann, besonders die Mopeds, mit denen wirklich alles transportiert wird.

Besuchen sollte man natürlich auch die monumentalen Kaisergräber. 13 Kaiser brachte die Dynastie hervor, für sieben von Ihnen gibt es monumentale Grabanlagen. Drei davon sind recht gut erhalten, zwei besuchten wir. Sie liegen etwas außerhalb der Stadt und sind schon beeindruckend. Das Kaisergrab des Kaisers Tu Duc, dem vierten der Dynastie, wartet mit über 50 Denkmälern auf, wurde zwischen 1864 bis 1867 noch zu seinen Lebzeiten – er starb 1883 – von dreitausend Soldaten und Arbeitern auf einer Fläche von zwölf Hektar erbaut. 

Die zweite Grabanlage, die wir besuchten, stammt von Khai Dinh, dem vorletzten Kaiser. Die Anlage ist in einen Hang eingebettet, man muss um die 127 Stufen hinauf schreiten. Die Anlage ist verglichen mit den anderen recht klein, aber die Grabkammer ist besonders prunkvoll. Der Kaiser regierte nur von 1916 bis 1925 und suchte sich wie alle anderen auch, schon zu Lebzeiten seine Grabstätte aus. So begann man 1920 mit dessen Bau, der dauerte aber elf Jahre.

Tag 13 – Fahrt nach Hoi An via Da Nang

Es geht über eine – so heißt es der schönsten Routen Vietnams nach Hoi An. Nur das Wetter macht nicht mit, und deswegen sehen wir von der Gegend und den Pässen, die wir queren nicht viel. Wobei der Name Hai Van-Pass, der Pass der Meereswolken schon stimmt. Wir sind mittendrin. Zwischendurch noch ein Stopp bei einer Perlenzucht, sehr viel kleiner als die in der Halong-Bucht. Die Salzwasserperlen sind aber nicht minder schön und kosten nur etwa ein Viertel. Hier haben wir dann auch zugeschlagen. Einen Halt machen wir auch bei einem größeren Betrieb für Steinmetzarbeiten, vorwiegend für Marmor aber auch Jade und andere schöne Gesteine. Werden bearbeitet Man merkt schnell, dass die Lohnkosten in Vietnam sehr niedrig sind. So kostet eine schöne, filigrane Steinfigur aus Marmor, etwa 30 Zentimeter groß, gerade mal umgerechnet 40 Euro. Handgearbeitet, poliert sowie bemalt. Zwischendurch machten wir auch eine Stopp in Da Nang und schauten uns die Drachenbrücke an. Unser Ziel erreichten wir dann am frühen Nachmittag, die Altstadt in Hoi An. Hier bleiben wir drei Tage.

Tag 13 – Hoi An, die Altstadt

Hoi An war einer der größten Handelshäfen Südostasiens, was vor allem der Lage an der Seidenstraße geschuldet ist. Mit den 75.000 Einwohnern gehört sie zu den kleineren Städten Vietnams. In diesem charmanten Städtchen bewahren sich die Einflüsse von verschiedenen Kulturen aus der Vergangenheit noch bis heute. Die historische Altstadt Hoi Ans ist die Einzige, die im Vietnamkrieg nicht zerstört wurde. Sie ist Weltkulturerbe der Unesco.


Wir machten am Nachmittag noch eine Tour durch die Altstadt, besuchten das alte Haus Tan Ky, hier sieht man wie die Menschen früher hier lebten und besichtigten die chinesische Versammlungshalle Phuc Kein. Zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten zählt die japanische Brücke, Wahrzeichen Hoi Ans. Nur ist sie letztes Jahr eingestürzt, wird gerade neu aufgebaut was etwa vier bis fünf Jahre dauern dürfte. Sie wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts erbaut und verband das japanische mit dem chinesischen Viertel.
Viel mehr noch als die Sehenswürdigkeiten machen in Hoi An die vielen Gassen, zahllosen kleinen Läden und netten Restaurants aus, und die Unmenge an Touristen, die die Stadt entdeckt haben. Man lebt heute nahezu ausschließlich von ihnen. Hier gibt es alles, von exzellenten Kleidern – gerne auch maßgeschneidert über Nacht, man redet auch von der Stadt der Schneider, über Lederwaren, Gemälde, handgearbeitete und hochwertige Kunstgegenstände, Traditionelles bis hin zu Nippes und Chinakram aller Art.

Mit am auffälligsten an Hoi An sind die Unmengen an Laternen, die überall herumhängen oder schwimmen. Deswegen ist ein Bummel am Abend viel schöner als Tagsüber, zumal alle Geschäfte bis weit in die Nacht geöffnet haben, die Cafe´s, Restaurants und Bars sowieso. Früher noch feierte man jeden Monat immer zu Vollmond das Laternen Festival. Die Straßenbeleuchtung ist ausgeschaltet, des Nachts erleuchten dafür tausende Laternen den Fluss und die Altstadtgassen. Dann ist die Stadt besonders beeindruckend und auch die Menschenmengen, die sich hier tummeln. Hier tobt das Leben in einer bald unwirklichen Umgebung. Hoi An bedeutet übersetzt ruhige Gemeinschaft oder friedlicher Versammlungsort. Welche Paradoxon. Trotz der Menschenmengen kann man aber problemlos durch die Gassen schlendern, das Tempo gibt man sich selbst vor. So lässt sich auch eine Bootsfahrt auf dem Fluss mit den Laternenbooten unternehmen, zusammen mit wahrscheinlich hunderten anderen. Wartet man bis etwas später in den Abend hinein, sind es deutlich weniger. Und man steht nicht in der Schlange zu den Booten an. Inzwischen ist die Stadt nicht mehr nur zu Vollmonde mit den Laternen beleuchtet, sondern eigentlich jeden Tag. Dennoch, es lohnt sich und die Stimmung ist schon einmalig.

Tag 14 – Mit dem Boot flussabwärts und dem Fahrrad zurück

Früh geht es los zu einem in der Nähe liegenden Boot. Die Flussfahrt dauert etwa eine Stunde bis wir das Dorf Cam Thanh erreichen, hier bekannt für seine Wasser-Kokosnusspalmen und die einzigartigen runden Korbboote. Sie sollen sich besser für die Brandung eignen und werden hier schon lange so gebaut. Heute dienen sie aber vorwiegend touristischen Zwecken, so gibt es in Vam Thanh inzwischen 2000 davon, die den Tag über im touristischen Einsatz sind. Das gibt über deutlich über 2000 Menschen etwas Arbeit. Die Boote gehören einem Privatunternehmer aus Vietnam, rudern tun die Bauern aus der Umgebung, verdienen sich etwas hinzu. Man sollte recht früh hier sein, bevor die größeren Gruppen eintreffen. Vor allem bei Chinesen und Koreanern ist dann Party angesagt, selbst Karaoke-Boote sind unterwegs. Den größeren Massen kann man etwas ausweichen, sie bleiben in einem größeren Flussarm. 

Anschließend ging es mit dem Fahrrad zurück, unterwegs machen wir Rast bei einem Biobetrieb und kosten diverse vietnamesische Gerichte. Abends ist dann wieder Altstadt angesagt, unser Hotel liegt nur wenige Gehminuten entfernt. Übrigens waren bisher alle unsere  Hotels wirklich gut und schön, sauber, modern eingerichtet und vom Service und der Freundlichkeit hier können wir in Europa nur träumen. Hätten bei uns daheim alle problemlos vier Sterne. Morgen haben wir noch einen ganzen Tag im Hoi An, ohne irgendein Programm, bevor es Übermorgen in aller Frühe mit dem Flieger nach Saigon geht.

Tag 16 – die Grauen des Krieges und die Weltpolitik

Wir sind nun etwa 900 km südlicher in Saigon. Zuerst beschäftigten wir uns mit der traurigen Vergangenheit Vietnams und besuchten das War Memorial Museum. Es beinhaltet vor allem Dokumentationen und zahlreiche Fotos vom Indochinakrieg und besonders vom Vietnamkrieg. Ein dunkles Kapitel des Landes, das noch bis heute in Form von Behinderungen bei Neugeborenen (Agent Orange, Napalm), von zahllosen Blindgängern und mit Dioxin verseuchter Erde nachwirkt. Dabei ist das Museum eher Mahnmal als Anklage, es werden Schicksale anhand zahlreicher Fotos dokumentiert, dem Grauen der Bombardierungen und der chemischen Kriegsführung, aber auch die Kriegsverbrechen und Folterrungen der Amerikaner.

Die meisten dieser Bilder stammen von internationalen, vorwiegend amerikanischen Fotojournalisten, von denen sehr viele im Krieg fielen. Die Bilder sorgten für ein Umdenken bei den Menschen, zeigten weltweit und auch in den USA die Grausamkeit der Kriegsführung. So trugen die Fotografen letztendlich auch zum Ende des Krieges im April 1975 bei, Zensuren wie heute und manipulierte Bilder gab es damals nicht. Die Kriegsverbrechen der Nordvietnamesen sind kein Thema, dennoch klagt man hier kaum an – eher indirekt, sondern zeigt die Folgen auf, damit so etwas nicht noch einmal passiert.

Inzwischen ist Vietnam der zehntwichtigste Handelspartner der USA und die USA wiederum der größte Exportmarkt für die Vietnamesen. Alle Embargos sind aufgehoben (die letzten unter Obama), es gibt sogar eine engere militärische Zusammenarbeit. Vietnam vermeidet es jedoch, sich zu eng an irgendeine Macht zu binden, um China nicht zu verärgern. Das hat ein Militärbündnis mit den USA bisher verhindert. 

Tag 17 – das Cu Chi Tunnelsystem

Morgens sind wir die 60 Kilometer zum Cu Chi-Tunnelsystem mit dem Bus gefahren. Dauert etwas über zwei Stunden bei diesem Verkehr hier. Und mit so einem Bus durch die Massen an Mopeds und Autos zu kurven, wäre nicht mein Job. Unterwegs machten wir einen Stopp bei einem sozialen Projekt, hier werden von den Kriegsfolgen geschädigte Menschen beschäftigt. Behinderungen durch das Dioxin in Agent Orange treten noch in der vierten Generation auf.

Weiter ging es dann zu den Tunneln. Das Cu Chi System wurde von 1948 an ausgebaut und diente als Versteck für die Vietcong-Kämpfer während des Vietnamkrieges. Der Aufbau dauerte 25 Jahre, am Schluss existierte eine unterirdische Stadt mit Wohnbereichen, Küchen, Feldkrankenhäuser, Waffenfabriken und Kommandozentralen. Das System beherbergte bis zu 10.000 Menschen, die jahrelang unter der Erde lebten, heirateten, und Kinder erzogen. Zugleich bombardierte man das Gebiet schwer.
Die Tunnel existieren auf drei Ebenen, sind bis zu zehn Meter tief und erstrecken sich auf rund 250 Kilometer. Wir besuchen einen kürzeren Gang auf der ersten Etage. Ab 1988 hat man zwei Abschnitte der Tunnel für Besucher geöffnet. Schon auf der ersten Ebene müssen wir kriechen, weiter unten muss man durch die Verbindungsgänge robben. 

Ich persönlich bin, was den Besuch hier betrifft, zwiegespalten. Man sollte auf jeden Fall zuerst das War Memorial Museum besuchen, um alles besser einordnen zu können. Sonst driftet ein Besuch zu schnell zu einem Event ab. So klettern die Menschen auf alten gesprengten US-Panzern herum, machen eine Fotoschau an den versteckten Eingängen und das meiste Geld verdienen die Vietnamesen hier wohl nicht mit dem Eintritt und Souvenirs (auch aus Patronen gebaute Panzer gehören dazu oder Stahlhelme) sondern mit ihrem Schießplatz. Für umgerechnet zwei Euro kann man mit schweren Kriegswaffen unterschiedlichster Gattungen aus dem Vietnamkrieg herumballern, mit scharfer Munition. Dazu gehören auch schwere Maschinengewehre auf einer Lafette. Diese Geräuschkulisse begleitet einen auf dem nicht gerade kleinen Gelände und in der Nähe des Platzes wird es martialisch laut. Besonders wenn die Maschinengewehre ihren Salven verballern. Scheint den Menschen Spaß zu machen, denn es wird rege genutzt. Das System gehört zu dem meistbesuchten Touristenattraktionen ganz Vietnams, täglich kommen jetzt in der Saison mehrere tausend Menschen. Dass allein hier je nach Quelle bei den Kämpfen in und um dem Tunnelsystem 45.000 Menschen starben, scheint weit weg.

Abends sind wir dann noch zu Fuß vom Hotel aus durch die Innenstadt von Saigon geschlendert-  Die Stadt ist und bleibt für die Menschen Saigon. Auch wenn offiziell Ho Chi Minh-City verwendet werden muss. Wir selbst nächtigen im Savona Saigon, selbst auf den Flugtickets wird das Kürzel SGN verwendet. Saigon ist eine elf-Millionen Einwohner-Metropole mit ebenfalls deutlich mehr Rollern als Autos. Der Verkehr ist noch chaotischer als in Hanoi. An einer größeren Straßenkreuzung hielten wir uns mindestens eine Viertelstunde auf, um den Verkehr zu beobachten. Ist schon faszinierend. Und eines merkt man recht schnell, wie es schon ein Guide im Norden uns erzählte. Auch 50 Jahre nach dem Krieg gibt es noch spürbare Unterschiede zwischen den Menschen in Nord und Süd. Auch, wie er es ausdrückte, eine gedankliche Grenze. Hier ist alles geschäftsmäßiger und oberflächlicher. Viele Menschen scheinen weniger freundlich, eher wie in Deutschland. Jedenfalls in der Großstadt. Saigon ist eine Stadt der Kontraste: Reichtum und Armut, Kommunismus und Kommerz pur, prächtige Gebäude und dritte Welt, Hektik und Orte, an denen, an denen die Zeit stillzustehen scheint. Überfüllte Straßen führen an gigantischen Shopping-Malls, Wolkenkratzern und luxuriösen Hotels vorbei. Dazwischen die Straßenküchen und davor unzählige Roller.  Die einstige Hauptstadt von Südvietnam ist heute die größte Stadt Vietnams, gilt als Kultur- und Wirtschaftsmetropole. Ho Chi Minh ist riesig, bunt, schrill, chaotisch. Hier tobt das vietnamesische Großstadtleben.

 

Tag 18 – Im Mekong-Delta, dem Fluss der neun Drachen

Wir sind jetzt in Cãn Thó, im Mekong-Delta, etwa 130 km von Saigon entfernt. Hier in Vietnam nennt man den Fluss Cu Long, die neun Drachen. Der Name basiert auf den neun Nebenflüssen des Mekong. Der Fluss hat seine Quellen im Himalaya in Tibet, durchfließt sechs Länder und gehört mit rund 4900 km Länge zu den längsten Flüssen weltweit. Das Mekong-Delta ist die Reisschüssel Vietnams und eine vielfältige Landschaft aus üppigen Grünflächen, Mangrovenwäldern und Wasserstraßen. Es ist eine Welt aus Booten, Häusern, Restaurants und Märkten, die auf den Flüssen, Kanälen und Bächen schwimmen. Zugleich ist das Delta eine der am dichtesten besiedelten Regionen Vietnams, in der fast jeder Hektar festes Land agrarwirtschaftlich genutzt wird.
Wir sind mit einem motorisierten Boot unterwegs, welches uns zu verschiedenen Orten bringt. erstes Ziel ist die Insel Tan Phong, wo wir mit dem Fahrrad auf Dorfpfaden das tägliche Leben der Einheimischen beobachten können. Zuerst aber gibt es Tee mit frischen Früchten. Mango isst man hier gewürzt mit einer Salz-Cilly-Mischung, schmeckt vorzüglich.  Wir legen wir einige Stopps ein, schauen den Menschen bei ihrem Handwerk zu und lassen es uns erklären. Auch wenn Sonntag ist, das macht keinen Unterschied. So zeigt man uns zum Beispiel wie Reispapier hergestellt wird, oder wie man getrocknete Wasserhyazinthe verarbeitet, etwa zu Körben, Taschen, Hüten, Brieftaschen oder Schuhen. Auch eine Whiskey-Brennerei wird besucht – natürlich alles mit Verkostung. Eine Besonderheit ist ein Whiskey, der mit Schlangen versetzt ist. Glaubt man doch, dass das Gift in kleinen Dosen heilend wirkt. Ich habe jetzt mal keinen Unterschied ob mit oder ohne Schlange bemerkt. Weitere Themen, die uns nahegebracht werden, sind die Verarbeitung von Kokosnussblättern für Hüttendächer oder weitaus interessanter, die Herstellung von Puffreis (ja, Reis nicht Mais) oder von Süßwaren auf Basis von Kokosnüssen wie Kokosnussbonbons. 

 

Zurück mit dem Fahrrad geht es mit einem kleinen Ruderboot weiter die Kanäle entlang, bis uns unser Boot wieder aufnimmt und uns zur Insel An Bình bringt. Es folgt ein üppiges Mittagessen mit lokalen Produkten, darunter auch ein ganzer Elefantenfisch. Irgendwie meinen sie hier, dass die größer gewachsenen Europäer auch große Portionen benötigen. Und das bei 36 Grad, die derzeit hier herrschen. Es ist Frühling.
Wieder auf einer anderen Insel schauen wir uns noch eine Töpferei an, in der große Terrakotta-Vasen und Statuen für den Export hergestellt werden, ganz traditionell und das ist sicherlich kein touristischer Ort. Der Lehm kommt von Reisfeldern, die für die Fischzucht vertieft werden. Nachbarn verdienen sich hier etwas dazu, für acht Stunden schwere Arbeit unter einfachsten Bedingungen ohne irgendeine Versicherung erhalten Männer 400.000 Dong, Frauen 350.000. Das entspricht etwa 15 respektive 13 Euro Tageslohn.

Tag 19 – Der schwimmende Markt und die Mangroven

Am frühen Morgen sind wir schon unterwegs auf dem größten schwimmenden Markt im Mekong Delta, dem Cai Rang Markt. Hier verkaufen die Bauern und Händler aus dem Delta ihre saisonalen Waren. Dutzende motorisierte Sampans, die mit Reis, verschiedenen Früchten, Kartoffeln und vielen mehr beladen sind, tummeln sich auf dem Fluss. Eingekauft wird von kleineren Booten aus. Der Markt auf dem Wasser ist günstiger als die auf dem Land. Mittendurch fahren dann größere Schiffe mit Kies, Baumaterial und vielen mehr, in etwa so groß wie die Binnenschiffe auf dem Rhein. Und das mit wenigen Metern Abstand. Von hier aus machen wir noch einen Abstecher mit unserem Boot zu einem tropischen Garten und schauen uns die Produktion von Reisnudeln an.

Wir sind wieder im Auto unterwegs, Richtung Chau Doc. Unterwegs legen wir eine Rast bei einer Krokodilfarm ein, von der es im Delta mehrere gibt. Früher tummelten sich die Panzerechsen im Mekong-Delta, das aber ist Vergangenheit. Heute gibt es sie nur noch in Farmen, hier sind es mehrere tausend, dienen der Fleischproduktion und das Krokodilleder geht nach China.
Nahe Chau Doc machen wir zwei Bootsfahrten durch den Mangrovenwald von Tra Su. Die 1982 bis 1984 aufgeforstete Landschaft umfasst etwa 850 Hektar, von denen 150 von Touristen erforscht werden können. Hier lassen sich Vogelarten beobachten oder blühender Lotus. Man paddelt teilweise durch eine Wasserlandschaft, wo vor lauter Pflanzen die Wasseroberfläche gar nicht mehr zu sehen ist. 70 Vogel- und Störcharten sollen hier zu finden sein, weiter 22 Reptilienarten, 11 Säugetierarten und 23 Wassertierarten. Der Wald Tra Su Melaleuca ist zudem ein Paradies für Pflanzen. Allein 80 Heilpflanzen sollen hier wachsen.

 

Tag 20, Vietnam – das Land des Lächelns

Wir verlassen Vietnam, sind per Boot auf dem Mekong unterwegs, Richtung Kambodscha. Die Fahrdauer bis zur Hauptstadt Phnom Penh wird so um die fünf Stunden dauern. Der Rückblick auf Vietnam zeigt uns ein spannendes Land mit vielen kulturellen Sehenswürdigkeiten, vielen positiven Überraschungen, schönen Landschaften, den Reisterrassen und Menschen, die auf ihnen arbeiten, wuseligen Großstädten und gastfreundlichen, lächelnden Menschen. Vietnam, das Land des Lächeln. Es zeigt den Optimismus der Menschen hier, ihre Zufriedenheit. Die Schrecken der Kriege sind Vergangenheit, jedenfalls für die jungen und gesunden Menschen. Man zählt die Vietnamesen mit zu den zufriedensten und glücklichsten Menschen der Welt.
Wir sind von Nord bis Süd gereist, vom Bergland an der Grenze zu China bis zum Delta des Mekong. Und eines war trotz der Unterschiede in dem 100 Millionen-Land spürbar: Respekt, Freundlichkeit und Offenheit sind mehr als nur Schlagworte. Man sollte mit offenen Augen und Armen durch das Land reisen und wird dann auch entsprechend belohnt.

Hier geht es zum Teil II der Reisereportage, nach Kambodscha

Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz

Unterwegs im Osten Grönlands, einer selten bereisten Region

Der Bericht zu unsere Reise in den Osten Grönlands ist nun fertig und online gestellt. Neben der Reisereportage finden sich zahlreiche Bilder, die einen Eindruck von derRegion um den Nordost-Grönland-Nationalpark geben. Besucht wird er nur von etwa 1000 Menschen pro Jahr und bietet fantastische Landschaften, Gletscher- und Eiswelten, eine überraschend üppige Fauna und ist zugleich ein Paradies für geologisch Interessierte.

Im Nordost-Grönland-Nationalpark 2023

Unterwegs in den Fjorden Ostgrönlands

Ausgangspunkt unserer Tour mit dem Expeditionsschiff MS Sea Spirit für die Fahrt in den Nordost-Grönland-Nationalpark ist die isländische Hauptstadt Reykjavik. Der Name bedeutet Rauchbucht und rührt vermutlich von Dämpfen der heißen Quellen in der Umgebung her. Es ist die weltweit am nördlichsten gelegene und die älteste permanent bewohnte Siedlung des Landes. Hier leben rund ein Drittel der etwa 335.000 Einwohner Islands.

Neben älteren, klassischen Holzbauten finden sich Gebäude der moderneren Architektur. Prägend für die Silhouette der Stadt ist insbesondere die Kirche Hallgrímskirkja, zugleich eins der höchsten Gebäude des Landes. Von ihrer Stellung auf einem Hügel überragt sie die Innenstadt. Benannt ist der Kirchenbau nach dem Dichter und evangelischen Pfarrer Hallgrímur Pétursson.

Lohnenswert ist der Spaziergang am alten Hafen und im Stadtteil Tjörnin mit Besuchen etwa des maritimen Museums und des Saga-Museums. Hier lässt sich einiges zu der Besiedlungsgeschichte des Landes erfahren, die von den Anfängen her gut dokumentiert ist.

Ansonsten machten wir einen Bummel durch das alte Zentrum, wir waren ja schon mal mehrere Tage hier (hier geht es zum Reisebericht Island). Ließen also die sehenswerten Museen aus, genossen lieber das eine oder andere Café.

Das Expeditionsschiff MS Sea Spirit

Am späteren Nachmittag geht es auf die MS Sea Spirit, das gleiche Schiff, mit dem wir im Sommer 2022 rund um Spitzbergen und in der Arktis unterwegs waren. Diesmal haben wir die Kabine 331 ein Deck höher, mit ihren rund 20 Quadratmetern ist sie recht großzügig und komfortabel ausgestattet. Viel Holz und Messing zeichnen das mit 91 m Länge und 15 m Breite recht kleine Schiff aus, es hat nur fünf Decks. Gegessen wird in einem a la Card-Restaurant, in einer Lounge gibt es Vorträge über die Tierwelt, Geologie und Natur, zudem finden sich eine Bücherei, Outdoor-Bistro und sogar ein Jacuzzi an Bord. Dennoch, es ist ein Expeditionsschiff und kein Kreuzfahrtschiff. Genau, was wir wollen. An Bord sind diesmal 109 Passagiere und 72 Crew-Mitglieder. Hinzu kommen noch einmal 18 Mitglieder des Expeditionsteams. Alle zusammen kommen aus 35 Ländern. 

Am Abend auf dem Schiff dann ein traumhafter Sonnenuntergang auf der Fahrt durch die Dänemarkstraße. Größtes Problem hier, die Auswahl der Bilder.

Auf hoher See

Wir queren die Dänemarkstraße auf dem Weg nach Grönland, fahren mit etwa 14 Knoten nordöstlich. Dabei überqueren wir den Polarkreis. Unser Ziel ist der Nordost-Grönland-Nationalpark, mithin über 100 mal so groß wie der Yellowstone-Nationalpark: kilometerlange, unberührte Wildnis im größten und nördlichsten Nationalpark der Welt.

Das zeigt die Dimensionen Grönlands auf. Mit nur rund 56.000 Einwohner und einer Fläche von knapp 2,17 Mio. Quadratkilometern ist das Land über sechs Mal so groß wie Deutschland, und das am dünnsten besiedelte der Erde. Gerade mal 0,027 Einwohner kommen hier auf den Quadratkilometer.

Die Menschen leben vorwiegend vom Fischfang, vor allem von Krabben und Heilbutt. Im kurzen Sommer hat sich in den wenigen größeren Orten wie Ilulissat oder Nuuk, der Hauptstadt zudem der Tourismus zu einem weiteren Standbein der lokalen Wirtschaft entwickelt. Im Winter kommen hartgesottene bei bis zu −30 °C für Hundeschlittenfahrten. Wobei die Temperaturen gut zu vertragen sein sollen, des trockenen Klimas wegen.  Im Sommer können die Temperaturen auf bis zu 25 °C steigen. Ostgrönland ist berühmt für seine riesigen Eisberge, die so groß sind wie zehnstöckige Häuser, riesige Berge, blühende Tundren und die besten Plätze der Welt, um Nordlichter zu sehen. Nordgrönland unterscheidet sich deutlich vom Westen des Landes, (hier der damalige Reisebericht mit Bildern) diesen Teil um Ilulissat hatten wir auch schon bereist. Hier im Norden ist alles ursprünglicher, kleiner und extremer. Wetter wie Lebensbedingungen.

Für uns stehen heute erstmals verbindliche Sicherheitsbriefings und zum Verhalten in der Arktis an, auch diesmal sind wir ja im Eisbärenland. Nachmittag gibt es noch Vorträge über die Tierwelt in der Arktis und auf Grönland.

Am kommenden Morgen gab es zwei weitere Vorträge: besonders interessant die Geschichte, die Kari Herberts, eine englische Journalistin und Buchautorin hielt. Ihr Vater Sir Wally Herbert gilt als Polarlegende. und war ein extremer Arktisforscher. Mit zehn Monaten schon verbrachte sie unter extremen Bedingungen zwei Jahre in einer sehr kleinen, abgelegenen Inuit-Siedlung im Nordwesten Grönlands. Seither ist sie stark mit den Menschen und der Region verbunden, widmet ihr Leben den Polarregionen. Sie hat mehrere Bücher erfolgreich veröffentlicht, tritt in Fernsehsendungen auf und – ist sie nicht in den Polargebieten unterwegs – lebt mit ihrer Familie in Cornwall.

Der Kong Oscar-Fjord ist erreicht

Nachmittags erreichen wir den Kong Oscar-Fjord, gehen am Antarcticahavn erstmals an Land und machen eine kürzere Wanderung. Hier finden sich die Reste einer Trapperhütte von 1930, die aus den Überbelibseln eines beschädigten alten Schiffes erbaut wurde, der Antarctica. Deswegen der Name. Im Sommer 2005 restaurierte man die Hütte – auch für die Benutzung durch die Sirius-Truppe, einer dänischen Eliteeinheit, im folgenden Winter zerlegte dann eine Lawine die Hütte in Einzelteile.

Antarcticahavn spielte auch eine Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen Norwegen und Dänemark um die Kontrolle von Ost-Grönland, bis das Land in den 30er-Jahren von dem Vorläufer des internationalen Gerichtshofes Dänemark zugeschlagen wurde. Ansonsten machen wir eine kleinere Wanderung, in der Ferne waren einige Moschusochsen zu sehen. Ihnen darf man sich nicht zu sehr nähern, sie können genauso gefährlich wie Eisbären sein. Erkunden kann man die bunte Tundra, wobei hier der Herbst schon deutlich Einzug hält. In ein/zwei Wochen gegen Ende August treten schon die ersten Winterstürme auf. Die Landschaften sind neben der Heimat für Moschusochsen und Polarbären auch die der Polarhasen. Kurz war auch einmal einer zu sehen. Die Landschaft ist weit, offen und scheinbar unberührt. Der Berge ringsherum erreichen Höhen von über 2000 m. Alles in allem war es ein erster Kontakt. 

Ella Ø, das Hauptquartiert der Sirius-Truppe

Am Samstagmorgen landeten wir in Ella Island an. Die Station Ella Ø ist das Hauptquartier einer dänischen Elitetruppe der Marine, der Sirius Schlittenpatrouille. Die Fernspäh-Hundeschlitteneinheit besteht aus 14 Mann, die die Küste von Nord-und Ostgrönland überwacht und den Nordost-Grönland-Nationalpark. Sommers sind sie mit Booten unterwegs und Winters mit Schlittenhunden, übernachten in Zelten oder alten Trapperhütten, die Tagesetappen betragen zwischen 30 und 50 Kilometern. Hier findet sich sogar eine kleine Landebahn, und wie es so ist, landet gerade als wir da sind eine kleine Maschine mit Versorgungsgütern. Operiert wird in Zwei-Mann-Trupps mit elf Hunden und einem Schlitten. Bewaffnet sind sie mit alten Repetierbüchsen und Glock-Pistolen aus dem zweiten Weltkrieg, da sie in der Kälte zuverlässiger sind als moderne Waffen. Im Grönland-Nationalpark besteht Waffenpflicht, auch für Besucher.

Die Gründung der Truppe geht auf die Auseinandersetzungen zwischen Dänemark und Norwegen von vor dem zweiten Weltkrieg zurück. In zweiten Weltkrieg diente die Truppe der Aufklärung deutscher Aktivitäten in Nordostgrönland, die hier Wetterstationen unterhielten. Nach dem Krieg löste man die Einheit auf, stellte 1950 eine neue auf und nannte sie ab 1953 Sirius-Patrouille.

Wir bekamen die Genehmigung, an eben diesem Stützpunkt anzulanden und konnte eine schöne Wanderung in einer wunderbaren Gegend machen und auch das eine oder andere kurze Gespräch führen.

Blomsterbugt, die Blumenbucht

Nach einer kurzen Schiffsfahrt erreichten wir am Nachmittag Blomsterbugt, die Blumenbucht. Auf einer kurzen Wanderung machten wir uns mit der grönländischen Vegetation bekannt. Moshe Agami, Professor und Biologe aus Tel Aviv scheint jede einzelne Pflanze zu kennen. Die botanische Vielfalt ist enorm, trotz der extremen Bedingungen, die hier herrschen. Wir haben hier die arktische Tundra, sie ist baumlos, es gibt nur eine kurze Wachstumsperiode, der Boden ist ab Tiefen von 20 bis 350 Zentimetern an das ganze Jahr über gefroren. Dennoch finden sich pro Quadratkilometer je nach durchschnittlicher Jahrestemperatur recht viele unterschiedliche Arten. Bei elf Grad sind es bis zu 400, bei vier Grad noch 50 Arten. Noch extremer ist die dann folgende polare Wüste, hier dominieren Algen, Flechten und Moose.

Am Waltershausen Gletscher und Kap Ovibus

Wir waren weiterhin im Kong Oscar-Fjord unterwegs, nordwärts. Unser Ziel, der Waltershausen Gletscher. Er ist ungefähr elf Kilometer breit und erreicht eine Höhe von 20 Metern. Benannt hat ihn die Karl Koldewey-Expedition 1869-70 nach Baron Wolfgang Sartorius von Waltershausen (1809-76), einem deutschen Professor für Mineralogie und Geologie an der Universität von Göttingen. Hier machen wir eine sehr nasse Zodiaktour den Gletscher entlang, nass deshalb, weil es ununterbrochen regnet. Gehört zu Grönland dazu. 81 Prozent von Grönland sind mit Eis bedeckt, die durchschnittliche Dicke der Eisschicht beträgt 1500 Meter, die größte Dicke beträgt 3400 Meter. Wir haben das Glück, einen nahen Eis beim Drehen zu beobachten. Das zeigt auch, warum man immer einen Sicherheitsabstand halten muss. Eisberge drehen sich, weil das Eis unter Wasser schneller schmilzt als über Wasser. Ich konnte das Ereignis komplett filmen, war eindeutig der Höhepunkt des heutigen Vormittag.

Am Nachmittag landen wir dann noch in Kap Ovibus an, machen eine kürzere Wanderung von etwa einer Stunde. Es regnet immer noch kräftig. Aufgrund seiner Abgeschiedenheit besuchen weniger als 1.000 Reisende pro Jahr den Nordostgrönland-Nationalpark.

Der Segelskaellskapetsfjord und mit dem Zodiak am Alpfjord

Am Folgetag erreichten wir den Segelskaellskapetsfjord. Eine fantastische Gegend, Landschaft pur und geologische Formationen, die ihresgleichen suchen. Man kommt aus dem Fotografieren kaum mehr heraus.

Die geologischen Formationen gehören zur Eleonore Bay-Group, sind etwa 960 Millionen Jahre alt und haben eine Mächtigkeit von bis zu 1500 Metern. Es handelt sich bei den oberen Schichten und Kalkgestein und Dolomit, tiefer unten findet sich Sandstein. Für die rote, braune und schwarze Färbung des Kalksteins sorgt Eisen, die weißen Streifen sind der Dolomit, der durch die Umwandlung des Kalkgestein und Einlagerung von Magnesium entstand. Und die Oberfläche der Formationen formten Wind, Regen und die Gletscher.

Für Geologisch Interessierte ein Paradies, hier einige Beispiel:

Nachmittags ging es wieder südwärts in einen kleinen Seitenarm des Kong Oscar-Fjords bei sich besserndem Wetter, in den Alpfjord. Sieht man die Bilder, weiß man woher der Name kommt. Hier machten wir eine Zodiakfahrt durch eine wunderbare Bergwelt entlang zahlreicher Gletscher.  

Abgelegen und Extrem: Ittoqqortoormiit

Es ging die ganze Nacht und den Vormittag südwärts. Der Kaiser Franz Josef-Fjord bleibt uns verwehrt, zu viel Eis blockiert die Durchfahrt. Unser Ziel war Ittoqqortoormiit. Es dürfte sich um eine der abgelegensten Siedlung auf Grönland handeln, gelegen am Eingang des Scorebysund Fjordsystems. Der nächstgelegene Ort ist etwa 500 Kilometer entfernt. Nur liegt der in Island, dazwischen das offene Meer. Und auf Grönland sind es 780 Kilometer zum nächsten bewohnten Ort. Hier an der Ostküste ist man eher isländisch geprägt, im Westen orientiert man sich eher an Kanada. Der grönländische Name Ittoqqortoormiit bedeutet Platz mit großen Häusern, hier leben aktuell 350 Menschen, Tendenz stark rückläufig.

Gegründet hat die Stadt der Däne Ejnar Mikkelsen 1925, unterstützt durch Dänemark. Auch hier spielte die Auseinandersetzung um Ostgrönland mit Norwegen eine große Rolle. In Ittoqqortoormiit finden sich Kirche, Schule, Altenheim, Krankenhaus, Polizeistation, Poststation, Museum, Buchladen, es gibt es sogar ein Touristenbüro, ein Gästehaus sowie eine kleine Kunstgalerie mit lokalen Produkten, vorwiegend aus Rentier oder Moschusochse. Produkte aus Eisbär, Walrossen oder Narwal werden ebenfalls angeboten, dürfen aber nicht in die EU eingeführt werden. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt minus 7,5 Grad Celsius, jetzt im August liegt sie bei plus 3,5 Grad. Man arbeitet vorwiegend in der Verwaltung und der Tourismus spielt inzwischen eine gewisse Rolle. Jagd und Fischerei haben dagegen an Bedeutung verloren, sind eher Hobby. Die Gemeinde hatte schon Mitte März ihre Quote von zehn erlegten Eisbären erreicht. Was sonst noch so abläuft, darüber schweigt man sich aus. Jedenfalls soll der Bürgermeister einen halben Container voll Eisbärenfellen besitzen. Alle natürlich aus den Jahren zuvor.

Zweimal im Jahr kommt ein Schiff mit Versorgungsgütern. Einmal, sobald das Eis aufbricht und dann kurz bevor wieder alles unerreichbar ist. Alkohol und Drogen sind hier wie in ganz Grönland ein großes Problem. So sollte man die Siedlung an Wochenenden eher meiden, so ein Guide. Hoch ist auch die Suizidrate. Ist man nicht mehr nützlich für die Gemeinde, ziehen manche – besonders ältere Menschen – daraus ihre Konsequenzen.

Richtung Sydkap: Nebelbogen und das Polarlicht

Ein seltener Nebelbogen

Die Fahrt ging weiter Richtung Sydkap. Wir erleben zum ersten Mal einen Nebelbogen. Sie entstehen genauso wie ein Regenbogen durch Lichtbrechung, nur sind sie etwa doppelt so breit und spalten das Licht nicht in seine Spektralfarben auf, bleiben weiß. Es folgt ein Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch und das Farbenspiel aus Rot und unzähligen Blautönen ist schon wunderbar.

Zwischen 23.30 Uhr und 1.30 Uhr sehen wir dann die ersten Polarlichter. Zwar nur schwach und wenig spektakulär, aber immerhin. So wird es eine kurze Nacht.

Aurora Borealis, das Nord-oder Polarlicht. Ursächlich dafür sind geladene Teilchen des Sonnenwindes, die auf die oberen Schichten der Erdatmosphäre treffen. Das Magnetfeld der Erde sorgt dafür, dass die Teilchen zu den Polen geleitet werden. Verbinden sie sich mit Stickstoff- oder Sauerstoffatomen entsteht dabei das Nordlicht. Hier in dieser Gegend sind die Lichter meistens grün, dafür ist der Sauerstoff zuständig. Zu sehen sind sie, wenn der Himmel dunkel und klar ist. Findet diese Reaktion doch in etwa 100 Kilometern Höhe statt, also weit oberhalb der Wolkendecke. Zudem müssen höhere Sonnenaktivitäten herrschen.

So richtig erforscht ist das Phänomen noch nicht. Kein Wunder, dass die Menschen in früheren Zeiten den Lichtern mit Angst und Respekt begegneten oder einfach von ihnen verzaubert wurden. Sie schufen Märchen und Sagen um die Nordlichter, brachten sie mit Göttern, Kriegern und Fabelwesen in Verbindung, auch Philosophen, Chronisten und Wissenschaftler befassten sich seit jeher mit ihnen.

Am Sydkap und Bear Island

Das Sydkap ist eine Landzunge zwischen dem Eingang von Nordwest Fjord und Nordwestbugt. Benannt hat man den Ort nach Carl Ryder’s 1891-92 Expedition als Syd Cap. Seit 1934 nutzen Jäger diesen Standort und hinterließen die Ruinen ihrer Häuser. 1946 errichteten ein dänischer Telegrafenmeister und seine grönländische Frau die heutigen Gebäude, eine stabilere Hütte und ein Lagerhaus. Ziel war der Fang von Lachs und Shrimps. Das endete jedoch schon ein Jahr später. Die Gebäude werden auch heute noch von Jägern genutzt, die sich hier regelmäßig aufhalten. Das Anlanden musste zwischenzeitlich für fünfzehn Minuten unterbrochen werden, da sich das Wasser auf einmal mehrere Meter vom Ufer zurückzog und ein Tsunami befürchtet wurde. Es gab dann auch drei bis vier Meter hohe Wellen, aber ohne weitere Konsequenzen, da hier das Ufer steil abfällt. Der Grund war ein sich drehender Eisberg zig Kilometer entfernt. Daran sieht man die Gewalt der Eisriesen, die es schaffen, in einem großen Fjord derartiges zu bewirken. Das hatten auch die Guides noch nicht erlebt.

Weiter geht es in Schleichfahrt mit fünf Knoten (7 km/h) bis zu unserem nächsten Ziel, dem Bear Island. Wir sahen jedoch keine Eisbären, auch wenn deren Auftreten einst bei der Ersterkundung der Bucht ihr den Namen gaben. Die langsame Fahrt durch den Fjord ist vorgeschrieben, zum Schutz der Meerestiere. Wir machen wieder eine zweistündige Zodiakfahrt vorbei an Eisbergen durch eine wunderschöne Fjordlanschaft mit Bergen ringsherum. Und dass bei schönstem Wetter. Am besten ist es, die Bilder sprechen zu lassen.

Rype Næs, ein Pflanzenparadies

Wir sind weiter südlich, bei Rype Næs. Vormittags halten wir uns auf dem Land auf. Nachmittags gibt es wieder eine Zodiakfahrt einen Gletscher entlang. Die Vegetation ist hier noch nicht so herbstlich wie weiter nördlich, hier blüht noch einiges und die Pflanzen sind für hiesige Verhältnisse recht üppig. Wie meist handelt es sich beim Landgang heute um eine Perimeterlandung. Das heißt, wir können uns in einem überwachten Bereich frei bewegen. Bei einem Landgang eruieren die Guides als Erstes, ob das Gelände weiträumig frei von Eisbären und Moschusochsen ist. Herrscht Nebel und damit keine gute Sicht, gibt es keine Anlandung. Scheint es alles in Ordnung zu sein, sichern mehrere Mitglieder der Expeditionscrew mit Signalwaffe und Gewehr das ganze Gelände an strategischen Punkten ab und überwachen das Areal kontinuierlich mit Ferngläsern. Sollte in der Ferne etwas gesichtet werden, muss alles sofort zurück. Bei Wanderungen wird ebenfalls erst das Gelände gesichert und die kleineren Gruppen müssen zusammenbleiben und werden meist von zwei bewaffneten Guides begleitet.

Zodiak und Moschusochsen

Mit dem Zodiak ging es später einem nahe gelegenen Gletscher am Terrassepynt entlang, der sich aber recht ruhig zeigte. Keine Kalbungen, auch wenig Eis und keine größeren Eisberge.

Dafür ließen sich am Hang in etwas über einem Kilometer Entfernung eine Gruppe Moschusochsen blicken, diesmal nicht nur als schwarze Punkte in der Ferne. Männliche Tiere werden bis zu 1,50 M hoch und sie leben noch in der arktischen Tundra in Grönland, Kanada und Alaska. Kleinere Herden ursprünglich grönländischer Tiere finden sich heute auch in Norwegen und Schweden. Der Gesamtbestand wird heute auf etwa 145.000 Tiere geschätzt.

Der Sprung ins kalte Wasser und ein Barbecue

Der Sprung ins kalte Wasser. Der hat für mich Tradition. Erstmals ging es in der Antarktis bei Deception Island in die eisigen Fluten, dann letztes Jahr in der Arktis bei Spitzbergen und jetzt eben im Osten Grönlands. Diesmal hat das Wasser etwa Null Grad Celsius, sechs oder sieben andere folgten. Brauchten aber teils mehrere Anläufe, kann bei einem Kopfsprung nicht passieren. Anschließend gab es noch ein Barbecue am Oberdeck. Bevor es in die Bar ging. Hat was.

Eine kleine Nachtfahrt

Heute geht es schon um 4.30 Uhr in der Nacht raus. Geplant war erst eine Anlandung, aber das Schiff kam nicht nah genug an den möglichen Landepunkt heran, der Fjord war durch zu viel Eis blockiert. Also machten wir eine Zodiaktour bei Vollmond durch die Eiswelt. Hat auch etwas. Der Grund für den frühen Termin ist ein aufziehendes Sturmtief. Wir müssen zurück nach Island durch die Dänemarkstrasse, offene See. Das Zentrum des Sturmtiefes will der Kapitän umfahren, insofern hat man das Programm angepasst. Flexibilität ist auf einer solchen Reise tagtäglich gefordert.

Die Fahrt zum offenen Meer hin geht anschließend durch den Øer-Fjord und durch den Scoresby Sund, mithin der größte Fjord weltweit. Er ist etwa 110 km lang, mit den Seitenarmen sogar 350 km. Die maximale Tiefe beträgt 1450 m. Die breiteste Stelle beträgt 29 km, die Berge ringsherum erreichen eine Höhe von 2000 m. Die Fahrt meist bei Sonnenschein ist traumhaft, es dominieren Blautöne aller Art. Der Kontrast der Farben ist ein einmaliges Schauspiel, man verbringt Stunden auf dem Deck im eisigen Fahrtwird. Der Kapitän muss ganzschön manövrieren, da unzählige kleinere und größere Eisberge den Fjord entlang treiben. Was ihm, nach eigener Aussage, viel Spaß macht. Auch hier gilt, lassen wir die Bilder sprechen.

Die Rückfahrt, anders als erhofft

Zweieinhalb Tage offene See. Durch die Dänemarkstrasse. Die Rückfahrt nach Island durch die Dänemarkstrasse war anders als erhofft. Keine Walbeobachtungen oder das offene Meer genießen. Wir brachen ja  früher auf, cancelten die Westfjorde Islands – hier war der Stopp an einem berühmten Vogelfelsen angedacht. Die Häfen im Norden Islands sind geschlossen, es gilt roter Alarm aufgrund der Wetterprognose. Es zieht ein starkes Sturmtief auf, dass die Besatzung in ihren 15 Jahren so noch nie erlebt haben will. Die höchsten Wellen lagen bis dato laut der Mannschaft bei etwa sechs Metern, bei diesem Sturm werden elf Meter prognostiziert. Der Kapitän versucht jetzt das Sturmzentrum zu meiden – wir hätten direkt hindurch müssen, fährt nördlicher.Hier sollen die Wellen nur sieben Meter betragen. So war die Hoffnung. Los ging es mit der offenen See um die Mittagszeit, wir brauchten noch rund einen Tag, um überhaupt das Meer zu erreichen. Die etwas schützende Nordküste Islands erreichten wir etwa zwei Tage später Reykjavik am Montagabend nach zweieinhalb Tagen. Relaxen, Wal-und Delphinbeobachtungen oder Sichten der Aufnahmen war jedenfalls nicht möglich. . Bis dato hatten wir übrigens meist gutes Wetter. Nur bei der Rückfahrt halt nicht.

Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz, Ausnahmen: Polarplunge und Rückfahrt: Shayne McGuire

Reisereportage Island, die Westfjorde ist online

Etwa eine Woche waren wir auf den Westfjorden Islands unterwegs, bevor es weiter nach Ostgrönland ging. Diese Region hatten wir bei unserer letzten Islandreise ausgelassen (hier geht es zur damaligen Reise).  Der Reisebericht ist nun online, mit zahlreichen Bildern. Und wer es genauer wissen will, der geht auf meinen Blog in FindPenguin mit einer Art Tagebuch. Viel Spaß beim Lesen.

Die Westfjorde Islands 2023

Die Westfjorde- eine selten bereiste Region Islands

Als wir 2016 Island erstmals bereisten, ließen wir die Westfjorde aus (hier geht es zur Reisereportage Island und das Hochland). Nun ergab sich die Gelegenheit aufgrund einer Grönlandreise – sie startet von Reykjavik aus – dies nachzuholen. So nehmen wir uns eine Woche Zeit für die selten bereiste Region, bevor es in den hohen Norden und die Arktis geht. Die Halbinsel ist durch eine etwa zehn Kilometer breite Felsenbrücke mit dem Rest des Landes verbunden. Zahlreiche tief ins Land reichende Fjorde zeichnen die nahezu baumlose Gegend aus, die Küstenlänge macht mit 2000 Kilometer Länge etwa ein Drittel der Küstenlänge ganz Islands aus, obwohl die Fläche der Westfjorde gerade mal ein Zwölftel der Insel beträgt. Das merk man schnell beim Fahren. Von unserem Domizil in Heydalur beträgt die Entfernung nach Isafjördur, dem größten Ort der Westfjorde gerade mal 20 Kilometer Luftlinie, die Fahrtstrecke aber 140 km. Wir sind im Heydalur Country Hotel untergebracht, ein im Nirgendwo liegender Reiterhof. Müssen entsprechend mehr Zeit für Fahrten einkalkulieren, zumal viele Fotostopps die Fahrzeit beträchtlich verlängern. Aber durch diese Landschaft zu touren, auch das ist schon ein Erlebnis.

Mit 2000 km macht die Küstenlänge der Westfjorde ein Drittel der Küsten ganz Island aus

Hier geht es zu einem ausführlichen Reisebericht auf meinem Blog auf FindPenguin mit den täglichen Berichten – hier, auf meiner Website findet sich eine kürzere Zusammenfassung.

Auf den Westfjordend leben 7000 Menschen. Davon 3000 in Isafjördur. Verlassene Gehöfte sind nicht selten. Dafür begegnen einem allerorten Schafe. Man lebt von der Landwirtschaft, dem Fischfang und in der kurzen Saison etwas vom Tourismus. Keine andere Region des Landes ist so von Abwanderung betroffen, aufgrund extremer Klimabedingungen. Das macht aber auch den Reiz für einen Besuch dieser Landschaft aus. Dabei ist die Region ein hervorragendes Ziel für Wanderer, Radfahrer oder Natur- und Vogelliebhaber. In den Fjorden finden sich heiße Quellen, Angelstellen, Wanderpfade und unzählige Fotomotive bei einem Licht, wie man es aus unseren Breiten nicht kennt. Auch Menschen begegnet man recht selten, schaffen es doch nur etwa zehn Prozent der Islandreisenden in diese Region

Der Dynjandi, ein gern besuchtes Naturschauspiel

Auf dem Weg in die Fjorde via Djúpavik

Wir sind nach unserer Landung in Keflavik schnurstracks in Richtung der Westfjorde gefahren, am ersten Tag bis nach Drangsnes für eine Zwischenübernachtung. Von hier aus ging es am Folgetag über eine gute Piste erst mal nordwärts nach Djúpavík und ein Stück darüber hinaus. In dem Ort leben heute ganzjährig noch drei Menschen, in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts waren es noch 300. 1934 entstand hier eine der damals fortschrittlichsten Heringsfariken weltweit und das mit 6000 m2 größte Betongebäude Islands. Nur blieb ab 1948 der Hering aus, was das Ende der Fabrik besiegelte. Pläne das Gebäude anderweitig zu nutzen scheiterten, so verfiel alles. 1982 war keiner mehr hier. Zwei Jahre später kam ein Ehepaar, renovierte das ehemalige Arbeiterinnenhaus und eröffnete ein Hotel. Sie unternehmen große Anstrengungen, um den weiteren Verfall der Fabrik zu verhindern. Machen im Sommer Kunstsaustellungen und nutzen es für kulturelle Veranstaltungen. Heute sind sieben Gebäude im Ort renoviert und bewohnbar, einige Menschen nutzen sie im Sommer.

Noch ein Stück die Piste weiter die Landschaft genossen, dann fahren wir wieder zurück, fast bis an unseren Ausgangspunkt heute Morgen, den wir vor etwas mehr als vier Stunden verlassen hatten. Weiter geht es zu unserem Domizil für die nächsten sechs Tage, vom Hof Heydalur aus wollen wir verschiedene Tagesausflüge machen oder einfach die warmen Quellen genießen.

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Isafjördur, das Zentrum der Region

Wir machen uns auf dem Weg in das 140 Kilometer entfernte Isafjördur, dem Zentrum der Westfjorde. Nach einigen Kilometern entdecken wir einige Seehunde, die sich nahe dem Ufer auf Steinen im Wasser faul räkeln. Gut für einige schöne Bilder und eine halbstündige Pause.

Nach insgesamt zwei Stunden erreichen wir Isafjördur. Wer hier eine größere Stadt erwartet, liegt falsch. Auch wenn der Ort mit den etwa 3000 Einwohnern fast ein städtisches Flair verbreitet. Hier konzentrieren sich Handel, Verwaltung und Dienstleistungen der Westfjorde, alljährlich finden die Europameisterschaften im Schlammfußball statt. Passt zum derzeitigen Wetter. Es ist trüb und regnet immer wieder. Schon um 920 sollen Menschen an dem Ort gelebt haben, schützt eine Sandbank doch einen der besten natürlichen Häfen der Insel. Wir machen einen Stadtspaziergang, es ist derzeit recht wenig los, obwohl zwei Kreuzfahrtschiffe angelegt haben. Die haben diesen Ort auch entdeckt. Dennoch, man lebt vom Fischfang und dessen Verarbeitung, nur wenig vom Tourismus. So finden sich gerade mal fünf kleine Geschäfte mit Handwerkswaren für die Besucher, die zudem noch Artikel für den täglichen Bedarf für die Einwohner führen. Dafür finden sich mehrere große Supermärkte, Schule, Krankenhaus und einige Museen.

Ein paar Kilometer weiter liegt die ehemalige Fischereistation Ósvör, heute ein kleines Museum. Zu besichtigen ist eine originalgetreu wieder aufgebaute Fischerhütte – sie entspricht dem Stand von 1890, ein Salzhaus für den Klippfisch, die Trockenhütte und ein Platz, auf dem die Fische getrocknet wurden. Das Ruderboot mit dem sechs Männer auch auf Walfang gingen, liegt am Strand. Ständig bewohnt war dieser Ort nur von 1905 bis 1925.

Alles in den Gebäuden ist original, als wären die Männer gerade auf Fang. In einem dieser Häuser wohnten sechs Männer, sie teilten sich drei Betten sowie eine Frau. Sie bekochte die Männer, erhielt dafür zwei Prozent des Fangpreises als Lohn. Für die Saison von Januar bis Ende Juni mussten die Männer eine Truhe Lebensmittel mitbringen. Durch die Anlage führt ein alter Fischer in original mit Fischöl imprägnierter Fischerkleidung aus Schafhaut.

Das Polarfuchszentrum in Sudavik

Auf dem Rückweg besuchen wir noch das Polarfuchszentrum in Sudavik. Thema ist das einzige in Island wild vorkommende Landsäugetier, eben der Polarfuchs. Schätzungsweise 7000 davon leben auf der Insel, davon der größte Teil auf den Westfjorden, werden immer noch gejagt. 1930 entsprach der Preis für ein Fell einem Jahresgehalt. Besonders wertvoll war der seltene Blaufuchs. In dem Zentrum zieht man auch allein aufgefundene Jungtiere auf – derzeit zwei, deren Eltern der Jagd zum Opfer fielen. Die einen schießen, die anderen päppeln sie auf. Nur in dem nördlichsten, unzugänglichen Zipfel, in Hornstrandir, sind sie geschützt. Noch heute halten die meisten Bezirksverwaltungen Fuchsjäger. Es gibt sogar eine Belohnung für erlegte Füchse und der Staat bezahlt eine Abschussprämie für jeden Fuchs.

Ruhetag in Heydalur

Wir haben heute einen Ruhetag eingelegt. Zumal der Wetterbericht nicht Gutes versprach. So kommt es auch. Es regnet immer wieder, ist windig und kühl. Gehört zu Island dazu.

Der Besitzer unseres Domizils, dem Hof Heydalur, ist aus Reykjavik zugereist und kümmert sich um die Aufforstung dieser Gegend. Für den eigenen Gemüseanbau nutzt er die natürliche Erdwärme. Den großen Stall hat er umgebaut und zu einem Gästehaus umfunktioniert. Insgesamt gibt es 19 Zimmer und drei Hütten. Eine davon haben wir in Beschlag genommen. Am Fluss gibt es zudem einen Zeltplatz. Warme Quellen sowie ein Pool im ehemaligen Gewächshaus sorgen für Entspannung. Gegessen wird im alten Heuschober, das meiste kommt aus eigenem Anbau, auch das Brot wird selbst gebacken. Besonders schmackhaft sind die selbst gezüchteten Forellen, das eigene Lamm und die Fischsuppe. Von hier aus lassen sich mehrere Wanderungen unternehmen oder auch kürzere oder längere Ausritte auf einem der hier lebenden Islandpferde. Die gehören zum Land wie Vulkane, Wasserfälle und Regen und nahezu jeder kann auch reiten. Alles in allem eine gute Wahl, auch wenn der Standort für die Besuche der Attraktionen der Westfjorde nicht optimal ist. Das kompensieren aber der Hof, das Essen und die Natur.

Einmal rund um die Fjorde

Es steht eine größere Rundfahrt auf dem Programm, zu drei Sehenswürdigkeiten in dieser Region: einem kilometerlangen roten Sandstrand im Süden, einem 1981 gestrandeten Schiffswrack und einem Naturschauspiel, den Wasserfall Dynjandi. Den Vogelfelsen mit den Papageientauchern lassen wir aus, ziehen die meisten Vögel doch Anfang August hinaus aufs Meer. Für den eventuellen Rest ist der Weg dann doch zu weit. Auch so haben wir eine Strecke von deutlich über 500 Kilometern und reine Fahrzeit von sieben bis acht Stunden vor uns. Etwa ein Drittel davon auf unbefestigten Straßen. 

Schon die Fahrt über eine Hochebene auf einer guten Piste lohnt der Landschaft wegen. Natürlich kommt die Drohne zum Einsatz. Nach gut dreieinhalb Stunde erreichen wir unser erstes Ziel, Raudasandur, den roten Sandstand.

Je nach Lichteinfall erscheint er mal intensiv rot, orange, gelb oder beige. Er würde jedem Strand in der Karibik zur Ehre gereichen, wären da nicht die Temperaturen im Wasser wie an Land und die fehlenden Palmen. Zehn Kilometer lang und nicht der einzige schöne Sandstrand in dieser Gegend. 

Die rote Farbe des Sandes kommt von der Schale der isländischen Kammmuschel und rund um Breiðafjörður am weit verbreitet ist. Bei guten Bedingungen leben über 100 Muscheln auf einem Quadratmeter. Sterben sie, zerbröseln die Wellen die Schalen und spülen die Reste an Land. So gesehen ist der Sandstrand eher ein Muschelstrand.

Nahe gelegen an der Küste von Patreksfjörður findet sich das Wrack der Garðar B64. Gebaut 1912 in Norwegen, kam es 1950 nach Island und strandete 1981 hier an der Küste, rostet seitdem still vor sich hin. Früher diente es zum Walfang. Nachdem dieser eingeschränkt wurde, hat man es für den Fang von Heringen umgebaut. 1982 schließlich lief die Zeit für das Schiff ab, es war nicht mehr seetüchtig und wurde auf dem flachem Kiesstrand auf Grund gelaufen. Heute dient es als Touristenattraktion und Fotomotiv und nicht mehr dem Walfang.

Nach einer Essenspause geht es weiter nördlich, nach knapp einer Stunde haben wir den schönsten Wasserfall der Westfjorde erreicht, den Dynjandi. Er stürzt über mehrere Stufen rund 100 m in die Tiefe. Der Name bedeutet Dröhner, des lauten Geräusches des fallenden Wassers wegen. Im oberen Bereich scheint der Fall wie ein breiter und zugleich filigraner Vorhang zu Tal zu fallen. Der Dynjandi ist aber nur einer von mehreren Wasserfällen hier, oberhalb finden sich im Verlauf des Flusses eine ganze Reihe kleinere Fälle wie auch unterhalb. Es ist eine regelrechte Wasserfall-Inszenierung entlang des Flusses, wie sie es auf Island so nicht mehr gibt. Und Island strotzt vor fantastischen Wasserfällen.

Nach unserem Aufenthalt geht es dann rund 3 ½ Stunden zurück, ohne weitere Stopps. Morgen ist wieder ein Ruhetag angesagt.

Relaxen und Rückfahrt via Hólmavik

Wir halten uns nun zwei Tage auf dem Hof Heydalur auf, genießen die warmen Quellen, das Essen, die Ruhe. Machen kürzere Wanderungen. Morgen am Dienstag ist wieder ein Fahrtag angesagt, es geht zurück nach Reykjavik bevor wir nach Grönland aufbrechen.

Es geht zurück nach Reykjavik. Auf dem Weg machen wir zwei Stopps in und nahe Hólmavik. Wir besichtigen ein Museum der Zauberei und Magie, das sich mit der Hexenverfolgung auf Island befasst. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit Schwerpunkt zwischen 1654 und 1680 beherrschten Hexereiprozesse die Gerichtsversammlungen. In Island fanden dabei 21 Menschen den Tod auf dem Scheiterhaufen, darunter eine Frau. Hexerei war wohl eher Männersache. Der Besitz oder Gebrauch von magischen Runen und Symbolen reichte schon für ein Todesurteil aus. 

Die Leichenhose

Etwas gruselig ist ein altes, originales Exponat eines nabrok, einer Leichenhose. Ich zitiere etwas gekürzt den alten Originaltext: „Zunächst muss der Zauberer mit einem noch lebenden Menschen einen Pakt schließen und die Erlaubnis bekommen, nach dessen Tod den Leichnam auszugraben und ihn von der Taille an abwärts zu häuten… Der Zauberer steigt in die Haut, die sofort eins mit seiner eigenen wird, und stiehlt sodann eine Münze von einer alten Witwe…. und bewahrt sie im Hodensack auf. Die Münze wird dann Geld von lebenden Personen einziehen, und der Hodensack wird niemals leer sein. Allerdings ist des Zauberers Seelenheil gefährdet, falls er sich nicht der Leichenhose entledigt, bevor er stirbt; denn dann wird er direkt nach seinem Tod von Läusen befallen werden. Der Zauberer muss deshalb jemanden finden, der bereit ist, sein Bein in das rechte Hosenbein zu stecken, bevor er selbst aus dem linken Hosenbein fährt. Die Leichenhose wird so weiterhin Generationen von Besitzern Geld einbringen.“

Etwa zehn Fahrminuten entfernt lässt sich ein weiteres Museum besuchen, dass sich mit Schafen auf Island auseinandersetzt. Sie waren jahrhundertelang für das Überleben der Menschen hier existenziell. Schon die ersten Siedler brachten Schafe mit, und nur dank ihres Fleisches und der Wolle konnten die Menschen überleben. In Island gibt es mehr Schafe als Menschen, die meisten streifen den ganzen Sommer lang frei herum. Meist sieht man drei Tiere, ein Mutterschaf mit zwei Lämmern. Wie es heißt, sind der größte Feind der Schafe – nach dem Metzger – schlechte Autofahrer. Vom Fuchs gerissen wird ein Lamm nur sehr selten. Dennoch Jagd man ihn zum Schutz der Schafe. Eher nur ein Vorwand wie der Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken.

Leitschafe sind eine Besonderheit, die es nur auf Island geben soll. Sie gelten als außergewöhnlich klug und entschlossen, lotsen auch mal eine Herde über Stock und Stein, sollen zudem besonders wetterfühlig. So können sie bei einem Sturm eine große Gruppe von Schafen durch ständiges Umkreisen zusammenhalten. Einige Leitschafe genießen hier eine große Berühmtheit, da sie beim Schafabtrieb im Unwetter eine große Anzahl Schafe und etliche Treiber aus Lebensgefahr gerettet haben sollen.
Weiter ging es dann nach Reykjavik, hier verbringen wir noch eine Nacht im Grand Hotel bevor es morgen Nachmittag auf die MS Sea Spirit geht, unser Expeditionsschiff für die Tour in den Osten Grönlands.

Fazit

Der Besuch der Westfjorde ist ein etwas anderes Island, zugleich sind sie der älteste Teil der Insel, entstanden vor etwa 16 Millionen Jahren. Die Berge und Fjorde wurden durch Eiszeiten und Gletscher geformt, anders als in den vulkanisch noch aktiven Zonen Islands. Das unterscheidet diese Region landschaftlich vom Rest der Insel. Ein großer Teil der Region ist der Natur überlassen, wie generell in Island. Ist das Land doch dünn besiedelt. Lange Fahrstrecken sind vorprogrammiert, ohne eigenes Fahrzeug geht es kaum. Oder aber mit dem Fahrrad und Zelt, auch das ist möglich. Man sollte zudem schon mit unbefestigten Straßen vertraut sein, will man die Hauptachse verlassen. Der Reiseführer von Lonely Planet hat die Westfjorde auf die Liste der zehn besten Regionen gesetzt, die man auf der Welt besuchen sollte, zudem erhielten sie die Auszeichnung als „European Destination of Excellence“. Mehr muss man nicht sagen.

Hier geht es zu dem Reisebericht über den Nord-Ost-Grönland-Nationalpark.

Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz