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Auf den Spuren der Maya, Teil III in Guatemala

Wir haben die Grenze nach Guatemala überquert. Hier besuchen wir die Ruinenstätten von Yaxha, Tikal und die Maya-Dörfer rund um den Atitlan-See, bevor es von Gutemala-City aus wieder zurück geht.
 
Hier finden sich Teil I (Mexiko) und Teil II (Belize) von der Maya-Reise.

Yaxha, selten besucht

Nach einer elf Kilometer langen Piste durch den Regenwald sind wir nun auf dem Yaxha-See unterwegs mit dem Ziel der Ruinenstätte Yaxhá. Der Name bedeutet grünes Wasser und konnte auf einer Maya-Inschrift der Stätte zugeordnet werden. Also einer der wenigen überlieferten originalen Stadtnamen. Vieles ist noch wie zu Zeiten der Entdecker, tief im Dschungel versteckt finden sich teils riesige, bewachsene Steinhaufen, die nicht als alte Ruinen zu erkennen sind. Selbst große Pyramiden verbergen sich mitten im Regenwald, ohne dass man es erkennen könnte. Schautafeln geben Hinweise, wie es einst aussah. In der Ferne hört man Brüllaffen, die Vögel zwitschern.
 
Bei der größten Pyramide hat man eine Seite freigelegt, Holzleitern führen an der unrestaurierten Seite hoch. Von oben hat man einen wundervollen Blick über den Dschungel, im Hintergrund der See. 
 
Außer einigen Wachleuten sehen wir keine weiteren Besucher, scheinen auf dem riesigen Areal allein unterwegs. Erst später auf dem Rückweg kommen uns ein paar weitere Besucher entgegen.
 
 
Yaxhá erlebte seine Blütezeit zwischen 250 und 900 n. Chr. Die Stadt war ein zeremonielles und administratives Zentrum, das mit anderen wichtigen Maya-Stätten in der Region interagierte. Die Stätte umfasst über 500 größere Strukturen, darunter Pyramiden, Tempel, Paläste und Ballspielplätze.

Die Maya-Communities rund um den Atitlan-See

Der Atitlan See im auf einer Höhe von 1569 Metern ist Guatemalas zweitgrößter See mit einer Fläche von 130 Quadratkilometern. Er entstand vor 84.000 Jahren durch die Eruption eines Supervulkans. Inmitten des Kratersees lag einst eine Insel, auf der sich eine bedeutende Stadtanlage der Maya befand, die heute im See versunken ist. An seinen Ufern finden sich mehrere Dörfer mit einer Maya-Bevölkerung.
 
Unser Hotel liegt direkt am See in San Lucas Tolimán. Von hier aus besuchen wir drei Maya-Dörfer mit dem Boot. Das Hochland rund um den Atitlan-See bot ein ideales Umfeld für die alten Maya. Die Orte waren dank fruchtbarem, vulkanischem Land nicht nur autark, sondern entwickelten sich zu geschäftigen Zentren des Handels und zeremonieller Aktivitäten.
 
Der erste Stopp gilt dem Dorf Santiago Atitlan. Die heutigen Siedlungen sind für ihre lebendige Kultur und Traditionen bekannt und gern besuchte Ziele. Von den Touristen können viele Menschen gut leben. In den Ortschaften bewahrt und feiert man bis heute das kulturell Erbe, hält Traditionen am Leben, die historische Lebensweisen und Glaubenssysteme widerspiegeln – das reicht von der Sprache bis zu den Kleidern, die die Frauen tragen.
 
Für uns steht der Besuch einer Familie an, die diese Jahr den Maximón beherbergt, eine über 500 Jahre alte Holzfigur, die traditionelle Kleidung trägt und immer eine Zigarre oder Zigarette im Mund hat. Er ist ein im Hochland Guatemalas verehrter Volksheiliger, dem sowohl positive wie heilende und beschützende als auch unheilvolle und verfluchende Kräfte zugesprochen werden. 
 
Maximón oder auch San Simón vereint Elemente aus der katholischen Heiligenverehrung und der einheimischen Maya-Religion. Er verkörpert den Apostel Simon und den alten Erdgott der Mayas, Maam. Die Figur soll bereits über 500 Jahre alt sein. Die Spanier verboten dessen Anbetung, aber die Mayas ließen sich ihre Kultur nicht nehmen. Jährlich wechselt er die Gastfamilie, bei der er aufbewahrt wird. Das ist eine besondere Ehre. Immer wieder kommen Gläubige, die verkostet werden und sich an Maximón wenden, um Hilfe in verschiedenen Lebensbereichen zu bitten, sei es für Gesundheit, Wohlstand oder Schutz. Seine Verehrung ist von Ritualen und Opfergaben geprägt, die Kerzen, Alkohol, Tabak und Geld umfassen können.
 
Nach einer halben Stunde haben wir San Pedro La Laguna erreicht. Hier ist etwas weniger los. Bei den Maya werden sowohl Familienstrukturen und Dorfgemeinschaften von überlieferten Traditionen beeinflusst. Wichtige Rituale, die die kosmische Ordnung und die individuelle Harmonie mit dem Universum aufrechterhalten richten sich nach dem Maya-Kalender. Bestimmte Orte rund um den See gelten als von heiliger Energie durchdrungen und dienen als Epizentrum für Gemeinschaftsrituale und individuelle Opfergaben.
 
Ein Stück oberhalb am Berg gibt es in San Pedro La Laguna eine Aussichtsplattform, von der man einen guten Überblick über Stadt und See hat. Hoch kommt man am besten mit dem Tuc-Tuc.
 
Von Besuchern wimmelt es wieder in San Juan La Laguna. Die Orte sind allesamt Touristenmagnete und bieten zahlreiche Läden mit allem Erdenklichem. Darunter viel Nippes aber auch schöne Kunstgalerien und Handwerksbetriebe. Mehrere Kooperationen befassen sich etwa mit Textilien und stellen Kleider her, andere haben das Thema Kaffee für sich entdeckt, oder Keramiken, Holzarbeiten sowie die Malerei.
 
 
Die Webereien arbeiten teils mit Techniken, die seit Jahrhunderten weitergegeben werden, und kreieren komplizierte Muster, die Geschichten erzählen und die Kosmologie der Maya symbolisieren. Jede Farbe, jedes Motiv und jeder Faden, der in diesen Textilien verwendet wird, verkörpert kulturelle Erzählungen und den persönlichen Ausdruck des Webers.

Der Chichi-Markt in Chichicastenango

Bevor wir nach Tikal kommen, sind wir noch etwas auf den Straßen im Land unterwegs. Überall sieht man die bunt bemalten Chicken-Busse. Die alten, umgebauten Schulbusse spielen eine wichtige Rolle, genauso wie viele Pickups die zum Transport von Menschen, Vieh und Waren dienen. Nicht selten alles zusammen auf einmal und vollgepfercht. Fünfsitzige alte Kombis und Minivans mit 15 bis 20 Passagieren sind kleine Ausnahme.
 
Der Chichi-Markt in Chichicastenango. Er soll einer der bekanntesten und farbenprächtigsten Märkte in Guatemala sein und sowohl Einheimische als auch Touristen anziehen und gilt als einer der ältesten Märkte des Landes. Mithin soll er seit über 1000 Jahren existieren und findet zweimal die Woche statt. Angeboten wird alles, Lebensmittel, Gewürze, lokale Speisen, handgefertigte Textilien, traditionelle Kleidung, Masken, Keramik, Holzschnitzereien, Schmuck und vieles mehr. Das Feilschen gehört zum guten Ton, es wird erwartet, dass man die Preise verhandeln.
 
 
Der Markt ist nicht nur ein Ort des Handels, sondern auch ein soziales und kulturelles Ereignis. Besucher können Maya-Rituale und Zeremonien beobachten, gern vermischt mit dem katholischen Glauben. Sie finden meist in der Nähe der Kirche Santo Tomás statt. 

Das Maya-Highlight – Tikal

Ein Besuch in Tikal, einer der bedeutendsten Maya-Stätten, ist ein unvergessliches Erlebnis. Die archäologische Kernzone umfasst etwa 16 Quadratkilometer, entsprechend wichtig ist gutes Schuhwerk und wetterfeste Kleidung. Wir konzentrieren uns auf die Große Plaza, die Tempel zwei, vier und fünf, den Tempel des Großen Jaguars, den Platz der sieben Tempel und die Nordakropolis. Allein dafür sollte man einen Tag einplanen. Selbst hier liegt vieles noch unter der Erde oder riesigen Steinhaufen. Sogar ganze Pyramiden. 
 
Ist man in dem riesigen Areal unterwegs, sieht man nicht nur Ruinen, sondern auch viel von der Natur herum. Seien es die stachellosen Maya-Bienen, Tukane, Spechte oder Papageien, Brüll- und Spinnenaffen sowie Füchse oder auch Ameisenbären und einen Aguti, der sich von einem Rivalen bedroht fühlte. Nur Pumas oder Jaguare, von denen hier auch über 1000 leben sollten, ließen sich nicht blicken. Das wäre auch eine seltene Ausnahme.
Wir sind an Tempel Vier. Mit rund 70 Metern Höhe die größte Pyramide in Tikal. Er dürfte um 741 nach Christi erbaut worden sein, hat eine rechteckige Basis mit sieben Stufenebenen und ist mit etwa 190.000 Kubikmetern Baumaterial das zweitgrößte präkolumbische Gebäude Amerikas.
 
Einst war Tikal eine der mächtigsten Städte der Maya und erlebte seine Blütezeit zwischen 200 und 900 n. Chr. Die Stadt war bedeutendes politisches, wirtschaftliches und religiöses Zentrum, bekannt für ihre militärische Stärke und ihre Rivalität mit anderen Maya-Städten wie Calakmul. Trotz seiner Stärke wurde Tikal auch mal erobert, erlebte einen Staatsstreich und schlug zurück, eroberte andere Städte. Zu sehen gibt es hunderte von größeren Strukturen, darunter Tempel, Paläste, Wohngebäude und Ballspielplätze.
 
 
Die Architektur zeigt fortschrittliche Baukenntnisse und künstlerische Fähigkeiten. Man schätzt, dass bis zu 100.000 Menschen hier lebten, die Gesellschaft war stark hierarchisch strukturiert, mit einer herrschenden Elite, Priestern, Kriegern, Handwerkern und Bauern. Die Wirtschaft basierte auf Landwirtschaft, Handel und Handwerk. Eine zentrale Rolle spielte – wie eigentlich überall, die Religion. Die Menschen verehrten viele Götter, und Rituale sowie Opferungen waren wichtige Aspekte des religiösen Lebens.
 
Die Maya von Tikal waren auch für ihre Errungenschaften in Kunst, Astronomie und Mathematik bekannt. Sie entwickelten ein komplexes Schriftsystem und den Kalender.
Tikal bietet einen faszinierenden Einblick in die Welt der alten Maya und ist ein Muss für jeden, der sich für Geschichte und Archäologie interessiert.
 
Jährlich besuchen um die 250.000 bis 3000.000 Menschen Tikal. Jeder wird genau registriert, die An- und Abreise erfasst. Das hat seinen Grund. Jede Saison werden in dem riesigen, insgesamt 575 Quadratkilometer umfassenden Dschungelareal Menschen vermisst. Abends darf man nur mit einem lokalen Guide unterwegs sein. Dennoch verliefen sich 2024 fünfzehn Menschen, acht davon konnte man finden und retten, den Rest nicht. Manchmal stößt man nach Jahren auf Skelettreste. Und das sind dann keine alten Mayagebeine.
 
Am späten Nachmittag ging es mit einem lokalen Guide noch einmal zu einer der Pyramiden, um von oben den Sonnenuntergang zu erleben. Die Geräuschkulisse hat sich geändert, erwacht in der Dämmerung doch der Dschungel zum Leben. Besonders die Brüllaffen machen ihren Namen alle Ehre, auch wenn sie kaum zu sehen sind.
 
Zahlreich zu sehen sind wieder die Vögel wie Spechte, Falken, Tukane oder Papageien, ansonsten laufen uns Agutis, Eichhörnchen oder ein Fuchs über den Weg.
 
 
Oben auf den Pyramide ein wunderschöner Sonnenuntergang mit vielleicht 20 weiteren Leuten und den Klängen des Regenwaldes, bevor es in der Dunkelheit zurück geht. Damit endet die Reise zu den Mayas, den alten und den jungen.
 
 

Auf Youtube ist der Film über die Maya zu sehen oder als BluRay in meinem Shop erhältlich

Hier geht es zum ersten Teil in Mexiko, und hier findet sich der zweite Teil durch Belize.

Auf den Spuren der Maya, Teil II in Belize

Wir sind über den Grenzübergang bei Chetumal nach Belize eingereist (hier findet sich der erste Teil der Reise, durch Mexiko). Zuerst besuchen wir die Maya-Höhle am Barton Creek, anschließend die Maya-Community in San Antonio  und die Ruinenstätten Carakol sowie Xunantunixh. Unser Hotel für die nächsten Tage liegt in San Ignacio.

Die Maya-Höhle am Barton Creek

Die Maya Höhle am Barton Creek bietet dem Besucher einen guten Einblick in die unterirdische Welt der Maya. Rein in die etwas sechs Kilometer lange Höhle kommt man mit dem Kanu, einen Kilometer weit kann man bei dem momentanen Wasserstand hinein paddeln. 

Die Maya betrachteten Höhlen als Eingänge zur Unterwelt
und als Orte von großer spiritueller Bedeutung. Archäologische Funde, darunter Keramiken, Werkzeuge und menschliche Überreste, zeigen auf, dass die Höhle für rituelle Opferungen und Zeremonien von großer Bedeutung war. (17 s)

Eine kleinere Plattform im oberen Teil der Höhle wurde von den Maya als zeremonieller Ort genutzt. Für uns nicht erreichbar. Zu sehen gibt es vom Kanu aus ein paar Keramiktöpfe und auch einen Totenschädel. Aber schon die Fahrt durch die enge mit Stalaktiten und Stalagmiten geschmückte Höhle sind die Strapazen der Anreise wert.

Unser Domizil in San Ignacio

Unser Hotel in Belize liegt in San Ignazio, das Maria Guesthouse. In der Stadt wohnen etwa 20.000 Menschen, sie leben vor allem vom Tourismus, der Landwirtschaft und betreiben kleinere Unternehmen. Im Stadtzentrum finden sich mehrere Restaurants und Cafés mit lokaler Küche und einige Handwerkerläden. 

Belize unterscheidet sich spürbar von Mexiko. Hier wird Englisch gesprochen und vieles hat einen karibischen Flair. Auch wenn man wie wir im Landesinneren sind.

Kochen und Töpfern in San Antonio

Von San Ignazio aus geht es zu einer Frauenkooperative in den benachbarten Ort San Antonio. Hier machen wir einen kurzen Kochkurs für Tortillas. Sie sind das Brot der Mayas, das wichtigste Grundnahrungsmittel. Mais gilt als heilig und ist seit Jahrhunderten ein zentrales Element in der Ernährung und Spiritualität der Maya.

Die traditionelle Zubereitung beinhaltet das Mahlen von Mais zu Masa, dem Maisteig auf einer Metate, einer alten Steinmühle, sowie das Formen und Backen der Tortillas auf einem Comal, der flachen Kochplatte.

Die Menschen in San Antonio sind überwiegend Maya. Die genaue Zahl variiert, dürfte aber bei etwa 3500 Bewohnern liegen. Eine Familie hat hier durchschnittlich sieben Kinder. Besonders die Mädchen verlassen nach der Grundschulstufe die Schule, Bildung hat für sie keine hohe Priorität. Staatliche Unterstützung ist schwer zu bekommen, also suchen engagierte Mütter andere Einkommensformen, um ihren Kindern eine bessere Bildung zu ermöglichen. Das führte zu der Gründung der Frauenkooperative in San Antonio, die Handwerks- und Kochkurse für Touristen anbietet und auch einen kleinen Laden besitzt. Ansonsten leben die Menschen von der Landwirtschaft, Handwerk und zunehmend vom Ökotourismus. 

Getöpfert wird auch, man kann selbst Hand anlegen. Zum Einsatz kommt Ton aus lokalen Vorkommen. Er wurde mit etwa 20 Prozent gemahlenen Muscheln vermischt, um die Textur zu verbessern. Gearbeitet wurde von den alten Maya anders als heute in Handaufbautechnik, sie kannten keinen Drehscheibe. Dabei hat man den Ton in Schichten oder Rollen geformt und zusammengedrückt, um die gewünschte Form zu erreichen. Zum Einsatz kamen auch Formen und Modelle, um gleichmäßige Töpfe und Schalen zu erzeugen. Die Oberfläche der Töpferware hat man gern mit Mustern verziert. Zum Einsatz kamen wie heute Farbpigmente aus Pflanzen, Erden und Mineralien. Die Dekorationen hatten oft symbolische Bedeutungen und spiegelten die Kultur und die Glaubensvorstellungen der Maya wider.

Caracol, einst eine Metropole der Maya

Es soll die eine der größten Städte der Maya gewesen sein, Caracol, neben Tikal und Carakmul. So im weiteren Umkreis könnten um die 130.000 Menschen gelebt haben. Dennoch ist es ein weniger besuchter Ort. Als wir in ankamen, dürften an dem Tag etwa dreißig Besucher die Ruinen besucht haben, hochgerechnet auf die Saison werden es vielleicht 5000 sein.

Wir beginnen unseren Rundgang vor dem mit 45 m höchsten Gebäude, der sogenannte Himmelspalast Caa-Na. Allein das Zentrum der Stadt umfasst um die 17 Quadratkilometer, das gesamte Areal über 200 Quadratkilometern. Um die 30.000 Gebäude sollen sich hier befinden, fast alle noch vom Dschungel begraben oder als gigantische Steinhaufen herausragend, obwohl schon seit Jahrzehnten geforscht und ausgegraben wird.

Oben auf der Caa-Na findet sich noch eine größere Plattform mit drei weiteren Pyramiden. Der Aufstieg lohnt allein der Übersicht wegen.

Caracol erlebte ihre Blütezeit während der klassischen Periode der Maya-Zivilisation, ungefähr zwischen 600 und 900 n. Chr. Die Stadt wurde 1937 von einem Holzfäller entdeckt, während er Mahagoni suchte.

In Caracol fand man mehrere Stelen und Altäre mit Inschriften und Reliefs, die historische Informationen über die Stadt und ihre Herrscher lieferten. Sie beschreiben, wie mächtig Caracol einst war, sogar rivalisierende Städte wie Tikal in Guatemala besiegte. Die Inschriften in Caracol berichten von militärischen Siegen und der politischen Dominanz der Stadt über die Region. Die Maya-Zivilisation war bekannt für häufige Konflikte zwischen den Stadtstaaten. Die Kriege spielten eine zentrale Rolle in deren Geschichte und Entwicklung, wurden geführt, um die politische Vorherrschaft in einer Region zu erlangen oder auszubauen. Die Kontrolle über Handelsrouten und Ressourcen wie Wasser, Land und Prestigeobjekte waren häufige Auslöser für Konflikte, zudem hatten sie oft auch eine rituelle Dimension, wobei Gefangene für Opferungen genutzt wurden, um die Götter zu besänftigen und die Macht der Sieger zu demonstrieren.

Tikal und Caracol waren in einen jahrhundertelangen Konflikt verwickelt, der als Schlangenkrieg bezeichnet wird. Sie bildeten große Allianzen mit anderen Städten und führten zahlreiche Schlachten gegeneinander. Langanhaltende Kriege konnten jedoch zum Niedergang von Städten führen, da Ressourcen erschöpft und die Bevölkerung dezimiert wurde. Waffen, die zum Einsatz kamen, waren Speere, Speerschleudern, Keulen und Bögen.

Immer wieder sieht man auch Militärpatrouillen. Sie schützen die Besucher vor guatemaltekischen Räubern, die über die nahe Grenze kommen und früher schon mal Fahrzeuge auf dem Weg nach Caracol überfallen haben. Zudem schauen sie nach illegalen Holzfällern oder Wilderern, die ebenfalls über die Grenze kommen.

In den Ruinen von Xunantunich

Bevor es über die Grenze nach Guatemala geht, schauen wir uns früh morgens noch die Ruinen von  an. Ihre Blütezeit hatte die Stadt um 600 bis 900 n. Chr., sie wurde im späten 19. Jahrhundert wiederentdeckt und ist seitdem Gegenstand zahlreicher archäologischer Untersuchungen. 

Das beeindruckendste Bauwerk ist El Castillo, eine rund 43 Meter hohe Pyramide. Von ihrer Spitze aus hat man einen wunderbaren Blick auf die umliegende Landschaft, einschließlich der Maya Mountains und des Mopan Rivers.

Die Stätte umfasst mehrere Plätze, Tempel und Paläste, die um sechs Hauptplätze angeordnet sind. Der Name Xunantunich bedeutet Steinerne Frau und bezieht sich auf eine lokale Legende über eine geisterhafte Frau, die angeblich in der Stätte gesehen wurde.

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Hier geht es weiter zum dritten Teil in Guatemala mit Tikal, und hier findet sich der erste Teil, durch Mexiko

Auf den Spuren der Maya, Teil I in Mexiko

Ausgangspunkt Tulum

Die Mayas – Ihre Zivilisation entwickelte sich über Jahrtausende und ist bekannt für ihre kulturellen, wissenschaftlichen und künstlerischen Leistungen. Sie lebten einst in den Gebieten der heutigen Staaten Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador. Wir besuchen auf unserer Reise die wichtigsten Stätten aber auch manch unbekanntes in Mexiko, Belize und Guatemala.

Unser erster Besuch gilt der archäologischen Stätte Tulum, sie liegt auf einer Klippe mit Sicht auf das Meer. Etwas ungewöhnlich für die Bauten der Mayas, doch diese Lage machte Tulum zu einem wichtigen Zentrum für den Handel mit Salz, Honig und Textilien.
Tulum wurde erst im 12. Jahrhundert gegründet und war eine der letzten Maya-Städte, die während der Ankunft der Spanier noch bewohnt war. Umgeben ist Tulum von einer Mauer, einzigartig unter den Maya-Städten. Das zeigt die militärische Bedeutung des Standorts. Archäologisch nur von untergeordneter Bedeutung. Ist Tulum heute ein beliebtes Touristenziel, das für seine Strände, die archäologischen Stätten und die natürliche Schönheit der Umgebung bekannt ist.

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Über Coba nach Chichén Itzá

Auf dem Weg nach Chichén Itzá erreichen wir nach etwa 20 Minuten Fahrzeit die antike, weniger bekannte Stätte Coba. Dabei handelt es sich um einen originalen Stadtnamen, er wird in einer Inschrift auf einer Stele erwähnt. In der um 200 n. Christus errichteten Stadt ist weniger los, obwohl sie eine bedeutende archäologische Stätte der Maya ist und sich mit der 42 m hohen Nohoch Mul die höchste Pyramide der Yucatán-Halbinsel befindet.

Einst war Coba ein wichtiges kulturelles und wirtschaftliches Zentrum und bekannt für sein weitläufiges Straßennetz, das die Stadt mit anderen Maya-Stätten verbindet.

Die Stadt hatte um die 20.000 Einwohner. Sie nahm eine Fläche von 80 Quadratkilometern ein, wobei die Maya-Städte eher einen offenen Siedlungscharakter aufwiesen. Um ein dichter bebautes Zentrum mit den Palästen und religiösen Stätten befand sich eine lose Bebauung mit deutlich abnehmender Gebäudedichte zu den

Die längeren Wege zwischen der Ruinen legt man am besten mit dem Fahrrad oder einer Rikscha zurück. Letzteres ist unsere Wahl. Rechts und links des Weges sieht man zahlreiche größere Steinhaufen von bisher noch nicht ausgegrabenen Gebäuden. Meist ist nur ein kleiner Teil der Maya-Stätten erforscht und restauriert. Rändern hin.

Chichén Itzá

Von Coba knapp zwei Fahrstunden entfernt liegt mit Chichén Itzá eine der bekanntesten und bedeutendsten Maya-Stätten. Dafür nehmen wir uns einen ganzen Tag Zeit. Die Stätte ist Weltkulturerbe der Unesco und wurde 2007 als eines der neuen sieben Weltwunder gewählt. Chichen Itza zieht jährlich mehrere Millionen Besucher an. Mit einer Fläche von über 1500 Hektar handelt es sich um einen der größten archäologischen Stätten in Yucatán. Im Zentrum finden sich zahlreiche monumentale Repräsentationsbauten mit religiös-politischem Hintergrund, aus denen die große, weitestgehend erhaltene Stufenpyramide Kukulkan herausragt. Zwischen dem 8. und dem 11. Jahrhundert muss diese Stadt eine überregional bedeutende Rolle gespielt haben. Wie diese genau aussah, konnte bisher nicht geklärt werden.

Das sicherlich markanteste Bauwerke von Chichen Itza ist die Pyramide von Kukulkan, auch bekannt als El Castillo. Diese Stufenpyramide hat 91 Stufen auf jeder der vier Seiten, was zusammen mit der Plattform oben 365 Stufen ergibt – eine symbolische Darstellung des Sonnenjahres.

Die Pyramide von Kukulkan

Chichen Itza ist auch bekannt für den große Ballspielplatz, den größten seiner Art in Mesoamerika. Das Ballspiel der Maya, bekannt als Pok-a-Tok oder Pitz, war wichtiger Bestandteil ihrer Kultur und Gesellschaft. Es wurde mit einem Gummiball aus Kautschuk gespielt. Ziel war es, den Ball durch einen ringförmigen Durchlass an der Wand des Spielfelds zu befördern, üblicherweise ohne die Hände zu benutzen. Die Spieler mussten den Ball mit Hüften, Schultern oder Knien bewegen. 

Die Ballspieltechnik in Chitzen Itza am großen Ballspielplatz

Der Ballspielplatz in Chichen Itza hat jedoch eine ungewöhnliche Form, also nicht die übliche Schräge, wo der Ball rollt. Deswegen spielte man hier laut den Forschungen unseres Guides, Jens S. Rohark Bartusch, zugleich Buchautor und Maya-Spezialist, eher mit einem Schläger: „Ein Objekt, sehr wahrscheinlich aus Holz geschnitzt, mit einem Griff, jetzt hätte der Spieler mit der Unterseite des Schlägers gespielt, den Ball gestoßen, manchmal kniet er oder fast, rennt ein Stück, und tatsächlich sieht man bei den Relieftafeln hier im Hintergrund, dass sie alle nur rechts Knieschutz haben, links nur ein bisschen Schmuck, So hätte das ausgesehen.“ Das Zitat stammt aus dem Film zur Reise – Auf den Spuren der Maya

Das Ballspiel hatte nicht nur einen sportlichen, sondern auch einen tiefen kulturellen und religiösen Kontext. Es symbolisierte oft den Kampf zwischen Gut und Böse und war mit den Zyklen der Natur und der Landwirtschaft verbunden. Das Spiel konnte auch rituelle Elemente beinhalten, es gibt Hinweise darauf, dass die Spiele manchmal mit Menschenopfern endeten, insbesondere wenn es um wichtige religiöse Feste oder Zeremonien ging.

Besonders interessant ist zudem El Caracol, eine bemerkenswerte architektonische Struktur in Chichen Itza, die oft als Observatorium der Maya bezeichnet wird. Der Name El Caracol bedeutet auf Spanisch die Schnecke, was sich auf die spiralförmige Treppe bezieht, die zur oberen Plattform führt. Die Struktur wurde im 10. Jahrhundert n. Chr. erbaut und hebt sich durch ihre einzigartige Bauweise und Funktion von anderen Gebäuden ab.
El Caracol verfügt über runde Wände, ein gewölbtes Dach und Fenster, die auf bedeutende astronomische Ereignisse ausgerichtet sind. Die Maya waren äußerst versiert in der Astronomie und verwendeten das Bauwerk, um Himmelskörper wie die Sonne, den Mond und die Sterne zu beobachten. Es wird angenommen, dass die Struktur eine wichtige Rolle bei der Berechnung von Jahreszeiten, Feiertagen und landwirtschaftlichen Zyklen spielte.

Die Struktur von Caracol

Abends findet eine Lasershow im Zentrum statt, in der die Geschichte mit Projektionen auf der großen Pyramide dargestellt wird. Leider nur auf Spanisch.

Von Chichen Itza nach Ticul

Von Chitzen Itza fahren wir Richtung Ticul, bleiben mehrere Tage und besuchen Muno, Yaxcopoil und Uxmal. Auch Kabah, Sayil und Labna, selten besuchte Maya-Ruinen stehen auf dem Programm.

Unser Hotel für die nächsten vier Tage ist die Hacienda María Elena, erbaut im 19. Jahrhundert. Die Hacienda zeichnet sich durch ihre koloniale Architektur aus, mit großen Innenhöfen, hohen Decken und schönen Ziegeldächern. Ursprünglich war es ein landwirtschaftlicher Betrieb für die Produktion von Henequen, einer Faserpflanze, aus der langlebige Produkte wie Seile und Matten hergestellt wurden.

Nahe gelegen finden sich in Muno zwei schöne Handwerksbetriebe, die Replikate alter Maya-Artefakte herstellen, auch für Museen weltweit. Sie liegen abseits touristischer Pfade, bieten mithin beste Qualität zu bezahlbaren Preisen. Hat wenig mit den üblichen Souvenirs an den touristischen Hot-Spots zu tun.

Abends treffen wir in Santa Elena eine Maya-Familie, kochen mit ihr ein traditionelles Gericht und erfahren damit viel über den Speiseplan der Maya. In den Dörfern ist er seit Jahrhunderten fast unverändert, viele besitzen eigene Nutztiere oder bauen Obst und Gemüse selbst an. Die Speisen der Maya basieren auf Mais als Grundnahrungsmittel und Herzstück der Maya-Küche etwa in Form von Tortillas, Tamales und Atol, einem dickflüssigen Mais- Getränk. Bohnen, die oft mit Mais kombiniert werden, dürfen nicht fehlen wie auch Kürbisse für Suppen und Eintöpfe, für Schärfe und Geschmack sorgen Chillies. Gern verwendet werden zudem Avocado und Tomaten und in Getränken und Süßspeisen findet sich Kakao.

Am kommenden Morgen ging es zu der Sisal-Hazienda Yaxcopoil. Gegründet im 19. Jahrhundert spielte sie eine bedeutende Rolle in der Sisalproduktion, einem Naturfaserprodukt, das aus den Blättern der Agave-Pflanze gewonnen wird. Damit ließ sich Mitte des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts sehr viel Geld verdienen, zumal die Maya-Arbeiter mehr oder weniger umsonst arbeiten mussten. Nachdem ein Mindestlohn eingeführt wurde, druckten die Plantagenbesitzer ihr eigenes Geld, bezahlten damit die Arbeiter, die mit dem Geld aber nur in den Läden der Plantagenbesitzer einkaufen konnten.

Yaxcopoil war eine der größten Sisal-Plantagen in der Region und trug zur wirtschaftlichen Entwicklung Yucatáns bei. Die Hazienda umfasst mehrere Gebäude, darunter ein Herrenhaus, Maschinenhäuser und Wohnräume für Arbeiter.
Sisal-Fasern werden für Seile, Kordeln, grobe Garne, Teppiche oder kunsthandwerkliche Produkte verwendet und sind auch heute noch weltweit eine der wichtigsten Naturfasern.

Da wir genügend Zeit hatten, ging es noch zu einem Kakaomuseum. Ein Rundweg führt zu mehreren kleineren im Maya-Stil errichteten Gebäuden, in denen vom Anbau bis zur Schokoladenherstellung alles erklärt wird. Kakao war für die Maya ein wichtiges Nahrungsmittel, wertvolles Handelsgut, Zahlungsmittel und spielte eine zentrale Rolle in Ritualen und Zeremonien. Schokolade wurde gern als Getränk konsumiert und war ein Symbol für Reichtum und Macht der Eliten. Die Wirtschaft der Maya basierte auf Landwirtschaft, Überschüsse ermöglichten den Handel mit anderen Maya-Städten und Regionen. Handelsware waren auch Jade, Textilien, Töpferwaren oder eben Kakao.

Wichtig war der Schaum auf dem Kakao, der durch Aufblasen in speziellen Gefäßen, durch umrühren und aufschäumen oder umgießen in größere Gefäßen erzeugt wurde. Milch gab es bei den Mayas nicht. Natürlich lässt sich an einer Station auch das Getränk mit verschiedenen Würzungen wie Vanille oder Chili probieren.

Die Ruinen von Uxmal

Wir sind jetzt in der archäologischen Stätte von Uxmal. Vieles hier liegt wie andernorts auch noch unter der Erde, obwohl schon seit den 30er-Jahren geforscht und ausgegraben wird. Die Stadt hatte ihren Höhepunkt zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert nach Christus und ist bekannt für die beeindruckende Architektur sowie kunstvolle Reliefs und Stuckarbeiten. Uxmal gehört zu den sogenannten Puuc-Stätten, die für ihren charakteristischen Baustil bekannt sind, der sich durch hohe Mauern, große Tempel und reich verzierte Fassaden auszeichnet und der in der Endphase der Maya-Kultur entstand. Hieroglyphen gab es kaum mehr, so dass es schwerer ist, Daten und Fakten zu der Geschichte zu eruieren.

Sehenswert ist der Gouveneurspalast, der Palacio del Gobernador, vor allem wegen seiner Länge von 98 Metern und den kunstvollen Reliefs. Die spanischen Namen dachten sich die ersten Entdecker nur aus, der Palast dürfte eher etwas mit dem Planeten Venus zu tun gehabt haben aufgrund einiger Reliefs. Es gilt als eines der schönsten Beispiele für Puuc-Architektur.

36 Meter hoch ist die Zwergenpyramide von Uxmal, so heißt sie, weil ein Zwerg diese Pyramide in einer einzigen Nacht erbaut haben soll, so zumindest wird erzählt. Die Pirámide del Adivino, die magische hat eine ovale Form und ist sicherlich das beeindruckenste Bauwerk in Uxmal.

Labna, Sayil und Kabah – selten besucht

Abseits touristischer Pfade liegen die selten besuchten Ruinen Kabah, Sayil und Labna. Stellenweise waren wir allein unterwegs. Kabah dürfte seine beste Zeit zwischen 800 und 1000 n. Chr. gehabt haben. Das herausragendste Gebäude ist der Codz Poop, der Palast der Regengötter. Es sollen um die 260 Regengottmasken sein.

Chaac zeigt die Bedeutung des Wassers für die Maya in dieser Region auf. Waren sie doch von genügend Regen für die Landwirtschaft abhängig. Hier gibt es keine Cenotes und Oberflächenwasser, so dass die Maya eben auf den Regen angewiesen waren und das Wasser auch in Zisternen sammelten.

In Sayil kann man sich fast wie die ersten Entdecker fühlen, da das meiste noch nicht erforscht und ausgegraben ist. Stellenweise ist man von meterhohen Schutthügeln alter Gebäude umgeben und die Ruinen sind von einer üppigen Vegetation bewachsen. Besiedelt wurde Sayil vermutlich etwa zwischen 600 und 1000 n. Chr. Die Stadt erlebte ihre Blütezeit im 9. und 10. Jahrhundert. Eines der auffälligsten Gebäude ist das große Palastgebäude, die Fassade weist zahlreiche Säulen auf und ist mit verschiedenen Reliefs geschmückt, die mythologische Szenen und Tiere darstellen.

In Labna findet sich der wohl schönste Torbogen der Maya-Welt. Er verbindet zwei große Gebäudekomplexe und ist reich mit Reliefs und Symbolen verziert, auch wenn man Statuen schon in früheren Zeiten gestohlen hat. Labna war Teil eines Netzwerks von Städten in der Puuc-Region und ist durch eine alte Straße, eine sogenannte Sacbé, mit Städten wie Uxmal und Kabáh verbunden. Ein weiteres bedeutendes Bauwerk ist das El Palacio, ein langes Gebäude mit zahlreichen Räumen und kunstvoll verzierten Fassaden.

Pomuch, Becal, Campeche und Ich-Eck

Wir verlassen die Hacienda, fahren zuerst nach Becal, wo Panama Hüte handgefertigt werden. Becal ist eine kleine Stadt im Bundesstaat Campeche, eben bekannt ist für die handgefertigten Hüte.
Gefertigt werden sie vor allem aus den Blattfasern der Jipi-Japa-Palme. Einzigartig ist, dass viele Hüte in Höhlen gewebt werden. Sie bieten das feuchte Klima, das notwendig ist, um die feinen Fasern zu bearbeiten, damit sie nicht brechen.
Die Hüte zu produzieren ist ein aufwändiger Vorgang. Ein sehr feiner Panamahut kann mehrere Monate in der Herstellung benötigen.

Es gibt ihn in verschiedenen Qualitätsstufen, abhängig von der Faser, des Muster und besonders von der Anzahl der Knoten pro Quadratinch. Eine Verdoppelung der Maschenzahl erhöht die Zeit für das Weben um das Vierfache.

Anschließend ging es zum Maya-Friedhof in Pomuch. Der in einem kleinen Dorf liegende Friedhof ist bekannt für seine einzigartigen und faszinierenden Begräbnisrituale, die tief in der Maya-Tradition verwurzelt sind. Diese Traditionen zeigen sich besonders während der Feierlichkeiten zum Día de los Muertos, zum Tag der Toten.
Man reinigt dabei die Knochen verstorbener Angehöriger. Sie werden aus den Grabstätten entfernt, gereinigt und in handgefertigte, bunt verzierte Holzkisten gelegt. Diese Kisten platziert man offen auf den Gräbern. Das Reinigen und Schmücken der Kisten durch die Familien erfolgen jährlich, besonders um den Día de los Muertos herum. So erinnert man sich an die Verstorbenen. So seien diese Praktiken Ausdruck des Respekts und der Liebe der Maya zu ihren Vorfahren. Sie spiegeln den Glauben wider, dass die Toten weiterhin Teil der Gemeinschaft sind und durch diese Rituale geehrt werden.

Trotz der Einflüsse der Moderne und anderer Kulturen haben viele Maya-Gemeinschaften ihre traditionellen Begräbnisrituale bewahrt. Der Día de los Muertos ist ein farbenfrohes Fest, das Anfang November stattfindet. Ein Tag ist dem Gedenken an verstorbene Kinder gewidmet und wird als Día de los Angelitos bezeichnet.Bei den Feierlichkeiten errichten die Familien Altäre, die mit Fotos, Kerzen, Blumen und den Lieblingsspeisen und Getränken der Verstorbenen geschmückt sind. Auch Totenköpfe aus Zucker und das traditionelle Pan de Muerto, gehören dazu wie Tanz und Musik.

Wir sind jetzt in Campeche, seit 1999 ist die Altstadt Weltkulturerbe der Unesco. Die Kolonialstadt ist reich an Geschichte und Kultur. Gegründet von den Spaniern im 16. Jahrhundert entwickelte sie sich schnell zu einer wichtigen Hafenstadt. Geprägt ist sie aber nicht allein durch die Spanier, sondern auch durch alte Maya-Traditionen. Feste, Musik und Tänze, wie der Danza de los Pajaritos, sind wichtige Bestandteile des kulturellen Lebens. Bei dem Tanz der kleinen Vögel, so die Bedeutung, ahmen die Tänzer die Bewegungen von Vögeln nach. 

Vielfältig und schmackhaft ist zugleich die Küche von Campeche, mit einem starken Fokus auf Meeresfrüchte. Gerichte wie Pan de Cazón, ein Tortilla-Gericht mit Haifisch und frische Fischgerichte sind lokale Spezialitäten.

In Ich-Eck befindet sich eine Frauenkooperative, die sich auf die traditionelle Imkerei mit einer einheimischen Bienenart befasst. Die Melipona-Bienen sind stachellose Bienen, die für ihren hochwertigen und medizinisch wertvollen Honig bekannt und für die Maya-Kultur von großer Bedeutung sind. Die Bienen produzieren nur geringe Honigmengen, der ist deswegen recht wertvoll. In der Maya-Kultur hält man diese Bienen seit Jahrhunderten. Sie sind ein Symbol für Fruchtbarkeit und Wohlstand, und ihre Haltung hat eine lange Tradition in der Region. Die Kooperative wird hauptsächlich von Frauen geführt, die durch diese Arbeit finanzielle Unabhängigkeit und eine stärkere Rolle in ihrer Gemeinschaft erlangen.

Die Ruinen von Tohcok und Chicanná 

Vor Calakmul besuchen wir mit Tohcok noch eine kleinere Maya-Ruine, die zwischen 250 und 900 n. Chr besiedelt war und eine Zeit lang ein wichtiger Standort für Handel und politische Aktivitäten in der Region. Die Ruinen wurden spät entdeckt und sind kaum touristisch erschlossen, was ihnen eine gewisse Abgeschiedenheit und Authentizität verleiht. So waren wir anfangs die einzigen Besucher neben den Wächtern, bis eine Schulklasse eintraf.

Zu guter Letzt sind wir in den Maya-Ruinen von Chicanná unterwegs. Sie liegen an der Ruta Puuc, einer Route, die mehrere Maya-Stätten miteinander verbindet. Eines der sehenswertesten Gebäude ist das Haus des Mundes der Schlange mit seiner eindrucksvollen Eingangsfassade. Hier waren wir die einzigen Besucher zu dieser Zeit. An verschiedenen Stellen finden sich noch Reste der Farbgebung, viele Gebäude waren rot angestrichen. Mehrere Farben, etwa Rot, Weiß oder Blau waren für die Maya heilig, jede mit einer Himmelsrichtung und Göttern verbunden.

Die Maya kannten keine Rundbögen, sondern neigten die Wände ab einer gewissen Höhe nach innen, bis sie sich fast berührten und schlossen mit einem horizontalen Deckstein ab. So entstand ein auf dem Kopf stehendes V. Aus statischen Gründen waren die Räume deswegen immer sehr schmal.

Calakmul, die Ruinen und Fledermäuse

Die archäologischen Stätte von Calakmul ist tief im Regenwald der Region Petén gelegen. . Allein vom Eingang des Nationalparks Reserva de la Biósfera de Calakmul bis zu den Ruinen sind es 60 Kilometer. Deshalb schaffen es jährlich nur um die 30.000 Besucher hier her, etwa so viel in zwei/drei Tagen in Chitzen Itza oder Tulum. Dabei handelt es sich um eine der größten bisher entdeckten Maya-Städte mit vermutlich über 100.000 Bewohnern. Auf 30 Quadratkilometern finden sich über 100 Kolossalbauten, insgesamt sind 5000 steinerne Gebäude bekannt. Der Großteil ist weder ausgegraben noch näher erforscht, das meiste liegt verborgenen in dem Dschungelareal.

Hier darf man die Pyramiden besteigen, in Mexiko inzwischen ob der Besucherzahlen und Unfallgefahren eher die Ausnahme. Von der größten Pyramide mit rund 50 Meter Höhe hat man einen wunderbaren Blick auf den Regenwald, immer wieder sieht man auch die Reste einstiger Paläste und andere Pyramiden aus dem Dickicht des Dschungels ragen.

In Calakmul fand man mehrere Stelen mit Inschriften, die wertvolle Informationen über die Geschichte, Politik und Gesellschaft der Maya liefern. Viele Stelen wurden aber noch bis in die 70er-Jahre hinein gestohlen, zersägt und im Kunsthandel in Teilen verkauft – selbst von einem namhaften Archäologen. So gingen wertvolle Informationen für immer verloren.

Calakmul war einst ein bedeutender Rivale der Stadt Tikal und spielte eine zentrale Rolle im politischen Gefüge der Maya-Welt. Es war Teil eines größeren Netzwerks von Maya-Städten und hatte Einfluss auf weite Teile der Region. Seinen Höhepunkt erreichte die Stadt zwischen 600 und 900 nach Christus.

Abends ging es zur Flederhaushöhle von Calakmul, ein faszinierendes Naturschauspiel. Die Höhle ist bekannt für die enorme Anzahl an Fledermäusen – man schätzt etwa drei bis vier Millionen Tiere, die dort leben und sie all abendlich in großen Schwärmen verlassen, um auf Nahrungssuche zu gehen. Eine einzige Fledermaus vertilgt pro Nacht zwischen 1000 und 4000 Insekten, meist Stechmücken. So fressen sie etwa 15 Prozent ihres Körpergewichtes. Pro Nacht dürften es etwa zwei Tonnen an Insekten sein, die die Fledermausschar vertilg. Ein unvorstellbare Zahl von um die sechs Milliarden Insekten.

Spät entdeckt, Ichkabal

Erst seit Anfang Februar 2025 für Besucher zugänglich sind die Ruinen von Ichkabal. Wieder entdeckt hat man sie um 2009, seitdem forschen Archäologen und fokussieren sich dabei auf vier Areale. Spät entdeckt wurden sie, weil der Dschungel hier unberührt und von der Zivilisation völlig isoliert ist.

Auch wenn noch viele Fragen offen sind, vermutet man inzwischen, dass es sich um eine der älteren Maya-Stätten handelt, schon um 1000 v. Chr. gegründet worden sein könnte und ihre Hochphase um 250 v. Chr. bis 900 n. Chr. liegen dürfte. In Ichkabal finden sich architektonische Strukturen, die man in bisher erforschten Maya-Ruinen noch nie entdeckt hatte. Eines der Gebäude ist mehr als 40 Meter hoch und misst an der Pyramidenbasis 200 Meter. Das ist das Vierfache der Grundfläche der Hauptpyramide Kukulcan in Chitzen Itza.

Zudem verfügt die Stadt über eine künstliche Wasserstelle r in einer fast perfekten Rechteckform. Steine am Ufer verhinderten die Erosion, so ist sie seit den Maya-Zeiten in ihrer Gesamtheit erhalten geblieben. Nach Ansicht der Archäologen könnten hier noch unbekannte landwirtschaftliche Methoden angewandt worden sein. 

Unverständlicherweise ist hier weder Fotografieren noch Filmen mit Kameras erlaubt, das gilt auch für kleine Actions-Cams. Warum konnte einem keiner sagen, auch gab es keine Verbotsschilder, nur die Wächter am Eingang, die keine Kameras auf dem Gelände erlaubten. Handys dagegen waren kein Problem, damit durfte man dann auch filmen und fotografieren. 

Hier geht es zu Teil II der Reise, nach Belize, und hier zu Teil III nach Guatemala mit Tikal.

 

Im Nordost-Grönland-Nationalpark 2023

Unterwegs in den Fjorden Ostgrönlands

Ausgangspunkt unserer Tour mit dem Expeditionsschiff MS Sea Spirit für die Fahrt in den Nordost-Grönland-Nationalpark ist die isländische Hauptstadt Reykjavik. Der Name bedeutet Rauchbucht und rührt vermutlich von Dämpfen der heißen Quellen in der Umgebung her. Es ist die weltweit am nördlichsten gelegene und die älteste permanent bewohnte Siedlung des Landes. Hier leben rund ein Drittel der etwa 335.000 Einwohner Islands.

Neben älteren, klassischen Holzbauten finden sich Gebäude der moderneren Architektur. Prägend für die Silhouette der Stadt ist insbesondere die Kirche Hallgrímskirkja, zugleich eins der höchsten Gebäude des Landes. Von ihrer Stellung auf einem Hügel überragt sie die Innenstadt. Benannt ist der Kirchenbau nach dem Dichter und evangelischen Pfarrer Hallgrímur Pétursson.

Lohnenswert ist der Spaziergang am alten Hafen und im Stadtteil Tjörnin mit Besuchen etwa des maritimen Museums und des Saga-Museums. Hier lässt sich einiges zu der Besiedlungsgeschichte des Landes erfahren, die von den Anfängen her gut dokumentiert ist.

Ansonsten machten wir einen Bummel durch das alte Zentrum, wir waren ja schon mal mehrere Tage hier (hier geht es zum Reisebericht Island). Ließen also die sehenswerten Museen aus, genossen lieber das eine oder andere Café.

Das Expeditionsschiff MS Sea Spirit

Am späteren Nachmittag geht es auf die MS Sea Spirit, das gleiche Schiff, mit dem wir im Sommer 2022 rund um Spitzbergen und in der Arktis unterwegs waren. Diesmal haben wir die Kabine 331 ein Deck höher, mit ihren rund 20 Quadratmetern ist sie recht großzügig und komfortabel ausgestattet. Viel Holz und Messing zeichnen das mit 91 m Länge und 15 m Breite recht kleine Schiff aus, es hat nur fünf Decks. Gegessen wird in einem a la Card-Restaurant, in einer Lounge gibt es Vorträge über die Tierwelt, Geologie und Natur, zudem finden sich eine Bücherei, Outdoor-Bistro und sogar ein Jacuzzi an Bord. Dennoch, es ist ein Expeditionsschiff und kein Kreuzfahrtschiff. Genau, was wir wollen. An Bord sind diesmal 109 Passagiere und 72 Crew-Mitglieder. Hinzu kommen noch einmal 18 Mitglieder des Expeditionsteams. Alle zusammen kommen aus 35 Ländern. 

Am Abend auf dem Schiff dann ein traumhafter Sonnenuntergang auf der Fahrt durch die Dänemarkstraße. Größtes Problem hier, die Auswahl der Bilder.

Auf hoher See

Wir queren die Dänemarkstraße auf dem Weg nach Grönland, fahren mit etwa 14 Knoten nordöstlich. Dabei überqueren wir den Polarkreis. Unser Ziel ist der Nordost-Grönland-Nationalpark, mithin über 100 mal so groß wie der Yellowstone-Nationalpark: kilometerlange, unberührte Wildnis im größten und nördlichsten Nationalpark der Welt.

Das zeigt die Dimensionen Grönlands auf. Mit nur rund 56.000 Einwohner und einer Fläche von knapp 2,17 Mio. Quadratkilometern ist das Land über sechs Mal so groß wie Deutschland, und das am dünnsten besiedelte der Erde. Gerade mal 0,027 Einwohner kommen hier auf den Quadratkilometer.

Die Menschen leben vorwiegend vom Fischfang, vor allem von Krabben und Heilbutt. Im kurzen Sommer hat sich in den wenigen größeren Orten wie Ilulissat oder Nuuk, der Hauptstadt zudem der Tourismus zu einem weiteren Standbein der lokalen Wirtschaft entwickelt. Im Winter kommen hartgesottene bei bis zu −30 °C für Hundeschlittenfahrten. Wobei die Temperaturen gut zu vertragen sein sollen, des trockenen Klimas wegen.  Im Sommer können die Temperaturen auf bis zu 25 °C steigen. Ostgrönland ist berühmt für seine riesigen Eisberge, die so groß sind wie zehnstöckige Häuser, riesige Berge, blühende Tundren und die besten Plätze der Welt, um Nordlichter zu sehen. Nordgrönland unterscheidet sich deutlich vom Westen des Landes, (hier der damalige Reisebericht mit Bildern) diesen Teil um Ilulissat hatten wir auch schon bereist. Hier im Norden ist alles ursprünglicher, kleiner und extremer. Wetter wie Lebensbedingungen.

Für uns stehen heute erstmals verbindliche Sicherheitsbriefings und zum Verhalten in der Arktis an, auch diesmal sind wir ja im Eisbärenland. Nachmittag gibt es noch Vorträge über die Tierwelt in der Arktis und auf Grönland.

Am kommenden Morgen gab es zwei weitere Vorträge: besonders interessant die Geschichte, die Kari Herberts, eine englische Journalistin und Buchautorin hielt. Ihr Vater Sir Wally Herbert gilt als Polarlegende. und war ein extremer Arktisforscher. Mit zehn Monaten schon verbrachte sie unter extremen Bedingungen zwei Jahre in einer sehr kleinen, abgelegenen Inuit-Siedlung im Nordwesten Grönlands. Seither ist sie stark mit den Menschen und der Region verbunden, widmet ihr Leben den Polarregionen. Sie hat mehrere Bücher erfolgreich veröffentlicht, tritt in Fernsehsendungen auf und – ist sie nicht in den Polargebieten unterwegs – lebt mit ihrer Familie in Cornwall.

Der Kong Oscar-Fjord ist erreicht

Nachmittags erreichen wir den Kong Oscar-Fjord, gehen am Antarcticahavn erstmals an Land und machen eine kürzere Wanderung. Hier finden sich die Reste einer Trapperhütte von 1930, die aus den Überbelibseln eines beschädigten alten Schiffes erbaut wurde, der Antarctica. Deswegen der Name. Im Sommer 2005 restaurierte man die Hütte – auch für die Benutzung durch die Sirius-Truppe, einer dänischen Eliteeinheit, im folgenden Winter zerlegte dann eine Lawine die Hütte in Einzelteile.

Antarcticahavn spielte auch eine Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen Norwegen und Dänemark um die Kontrolle von Ost-Grönland, bis das Land in den 30er-Jahren von dem Vorläufer des internationalen Gerichtshofes Dänemark zugeschlagen wurde. Ansonsten machen wir eine kleinere Wanderung, in der Ferne waren einige Moschusochsen zu sehen. Ihnen darf man sich nicht zu sehr nähern, sie können genauso gefährlich wie Eisbären sein. Erkunden kann man die bunte Tundra, wobei hier der Herbst schon deutlich Einzug hält. In ein/zwei Wochen gegen Ende August treten schon die ersten Winterstürme auf. Die Landschaften sind neben der Heimat für Moschusochsen und Polarbären auch die der Polarhasen. Kurz war auch einmal einer zu sehen. Die Landschaft ist weit, offen und scheinbar unberührt. Der Berge ringsherum erreichen Höhen von über 2000 m. Alles in allem war es ein erster Kontakt. 

Ella Ø, das Hauptquartiert der Sirius-Truppe

Am Samstagmorgen landeten wir in Ella Island an. Die Station Ella Ø ist das Hauptquartier einer dänischen Elitetruppe der Marine, der Sirius Schlittenpatrouille. Die Fernspäh-Hundeschlitteneinheit besteht aus 14 Mann, die die Küste von Nord-und Ostgrönland überwacht und den Nordost-Grönland-Nationalpark. Sommers sind sie mit Booten unterwegs und Winters mit Schlittenhunden, übernachten in Zelten oder alten Trapperhütten, die Tagesetappen betragen zwischen 30 und 50 Kilometern. Hier findet sich sogar eine kleine Landebahn, und wie es so ist, landet gerade als wir da sind eine kleine Maschine mit Versorgungsgütern. Operiert wird in Zwei-Mann-Trupps mit elf Hunden und einem Schlitten. Bewaffnet sind sie mit alten Repetierbüchsen und Glock-Pistolen aus dem zweiten Weltkrieg, da sie in der Kälte zuverlässiger sind als moderne Waffen. Im Grönland-Nationalpark besteht Waffenpflicht, auch für Besucher.

Die Gründung der Truppe geht auf die Auseinandersetzungen zwischen Dänemark und Norwegen von vor dem zweiten Weltkrieg zurück. In zweiten Weltkrieg diente die Truppe der Aufklärung deutscher Aktivitäten in Nordostgrönland, die hier Wetterstationen unterhielten. Nach dem Krieg löste man die Einheit auf, stellte 1950 eine neue auf und nannte sie ab 1953 Sirius-Patrouille.

Wir bekamen die Genehmigung, an eben diesem Stützpunkt anzulanden und konnte eine schöne Wanderung in einer wunderbaren Gegend machen und auch das eine oder andere kurze Gespräch führen.

Blomsterbugt, die Blumenbucht

Nach einer kurzen Schiffsfahrt erreichten wir am Nachmittag Blomsterbugt, die Blumenbucht. Auf einer kurzen Wanderung machten wir uns mit der grönländischen Vegetation bekannt. Moshe Agami, Professor und Biologe aus Tel Aviv scheint jede einzelne Pflanze zu kennen. Die botanische Vielfalt ist enorm, trotz der extremen Bedingungen, die hier herrschen. Wir haben hier die arktische Tundra, sie ist baumlos, es gibt nur eine kurze Wachstumsperiode, der Boden ist ab Tiefen von 20 bis 350 Zentimetern an das ganze Jahr über gefroren. Dennoch finden sich pro Quadratkilometer je nach durchschnittlicher Jahrestemperatur recht viele unterschiedliche Arten. Bei elf Grad sind es bis zu 400, bei vier Grad noch 50 Arten. Noch extremer ist die dann folgende polare Wüste, hier dominieren Algen, Flechten und Moose.

Am Waltershausen Gletscher und Kap Ovibus

Wir waren weiterhin im Kong Oscar-Fjord unterwegs, nordwärts. Unser Ziel, der Waltershausen Gletscher. Er ist ungefähr elf Kilometer breit und erreicht eine Höhe von 20 Metern. Benannt hat ihn die Karl Koldewey-Expedition 1869-70 nach Baron Wolfgang Sartorius von Waltershausen (1809-76), einem deutschen Professor für Mineralogie und Geologie an der Universität von Göttingen. Hier machen wir eine sehr nasse Zodiaktour den Gletscher entlang, nass deshalb, weil es ununterbrochen regnet. Gehört zu Grönland dazu. 81 Prozent von Grönland sind mit Eis bedeckt, die durchschnittliche Dicke der Eisschicht beträgt 1500 Meter, die größte Dicke beträgt 3400 Meter. Wir haben das Glück, einen nahen Eis beim Drehen zu beobachten. Das zeigt auch, warum man immer einen Sicherheitsabstand halten muss. Eisberge drehen sich, weil das Eis unter Wasser schneller schmilzt als über Wasser. Ich konnte das Ereignis komplett filmen, war eindeutig der Höhepunkt des heutigen Vormittag.

Am Nachmittag landen wir dann noch in Kap Ovibus an, machen eine kürzere Wanderung von etwa einer Stunde. Es regnet immer noch kräftig. Aufgrund seiner Abgeschiedenheit besuchen weniger als 1.000 Reisende pro Jahr den Nordostgrönland-Nationalpark.

Der Segelskaellskapetsfjord und mit dem Zodiak am Alpfjord

Am Folgetag erreichten wir den Segelskaellskapetsfjord. Eine fantastische Gegend, Landschaft pur und geologische Formationen, die ihresgleichen suchen. Man kommt aus dem Fotografieren kaum mehr heraus.

Die geologischen Formationen gehören zur Eleonore Bay-Group, sind etwa 960 Millionen Jahre alt und haben eine Mächtigkeit von bis zu 1500 Metern. Es handelt sich bei den oberen Schichten und Kalkgestein und Dolomit, tiefer unten findet sich Sandstein. Für die rote, braune und schwarze Färbung des Kalksteins sorgt Eisen, die weißen Streifen sind der Dolomit, der durch die Umwandlung des Kalkgestein und Einlagerung von Magnesium entstand. Und die Oberfläche der Formationen formten Wind, Regen und die Gletscher.

Für Geologisch Interessierte ein Paradies, hier einige Beispiel:

Nachmittags ging es wieder südwärts in einen kleinen Seitenarm des Kong Oscar-Fjords bei sich besserndem Wetter, in den Alpfjord. Sieht man die Bilder, weiß man woher der Name kommt. Hier machten wir eine Zodiakfahrt durch eine wunderbare Bergwelt entlang zahlreicher Gletscher.  

Abgelegen und Extrem: Ittoqqortoormiit

Es ging die ganze Nacht und den Vormittag südwärts. Der Kaiser Franz Josef-Fjord bleibt uns verwehrt, zu viel Eis blockiert die Durchfahrt. Unser Ziel war Ittoqqortoormiit. Es dürfte sich um eine der abgelegensten Siedlung auf Grönland handeln, gelegen am Eingang des Scorebysund Fjordsystems. Der nächstgelegene Ort ist etwa 500 Kilometer entfernt. Nur liegt der in Island, dazwischen das offene Meer. Und auf Grönland sind es 780 Kilometer zum nächsten bewohnten Ort. Hier an der Ostküste ist man eher isländisch geprägt, im Westen orientiert man sich eher an Kanada. Der grönländische Name Ittoqqortoormiit bedeutet Platz mit großen Häusern, hier leben aktuell 350 Menschen, Tendenz stark rückläufig.

Gegründet hat die Stadt der Däne Ejnar Mikkelsen 1925, unterstützt durch Dänemark. Auch hier spielte die Auseinandersetzung um Ostgrönland mit Norwegen eine große Rolle. In Ittoqqortoormiit finden sich Kirche, Schule, Altenheim, Krankenhaus, Polizeistation, Poststation, Museum, Buchladen, es gibt es sogar ein Touristenbüro, ein Gästehaus sowie eine kleine Kunstgalerie mit lokalen Produkten, vorwiegend aus Rentier oder Moschusochse. Produkte aus Eisbär, Walrossen oder Narwal werden ebenfalls angeboten, dürfen aber nicht in die EU eingeführt werden. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt minus 7,5 Grad Celsius, jetzt im August liegt sie bei plus 3,5 Grad. Man arbeitet vorwiegend in der Verwaltung und der Tourismus spielt inzwischen eine gewisse Rolle. Jagd und Fischerei haben dagegen an Bedeutung verloren, sind eher Hobby. Die Gemeinde hatte schon Mitte März ihre Quote von zehn erlegten Eisbären erreicht. Was sonst noch so abläuft, darüber schweigt man sich aus. Jedenfalls soll der Bürgermeister einen halben Container voll Eisbärenfellen besitzen. Alle natürlich aus den Jahren zuvor.

Zweimal im Jahr kommt ein Schiff mit Versorgungsgütern. Einmal, sobald das Eis aufbricht und dann kurz bevor wieder alles unerreichbar ist. Alkohol und Drogen sind hier wie in ganz Grönland ein großes Problem. So sollte man die Siedlung an Wochenenden eher meiden, so ein Guide. Hoch ist auch die Suizidrate. Ist man nicht mehr nützlich für die Gemeinde, ziehen manche – besonders ältere Menschen – daraus ihre Konsequenzen.

Richtung Sydkap: Nebelbogen und das Polarlicht

Ein seltener Nebelbogen

Die Fahrt ging weiter Richtung Sydkap. Wir erleben zum ersten Mal einen Nebelbogen. Sie entstehen genauso wie ein Regenbogen durch Lichtbrechung, nur sind sie etwa doppelt so breit und spalten das Licht nicht in seine Spektralfarben auf, bleiben weiß. Es folgt ein Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch und das Farbenspiel aus Rot und unzähligen Blautönen ist schon wunderbar.

Zwischen 23.30 Uhr und 1.30 Uhr sehen wir dann die ersten Polarlichter. Zwar nur schwach und wenig spektakulär, aber immerhin. So wird es eine kurze Nacht.

Aurora Borealis, das Nord-oder Polarlicht. Ursächlich dafür sind geladene Teilchen des Sonnenwindes, die auf die oberen Schichten der Erdatmosphäre treffen. Das Magnetfeld der Erde sorgt dafür, dass die Teilchen zu den Polen geleitet werden. Verbinden sie sich mit Stickstoff- oder Sauerstoffatomen entsteht dabei das Nordlicht. Hier in dieser Gegend sind die Lichter meistens grün, dafür ist der Sauerstoff zuständig. Zu sehen sind sie, wenn der Himmel dunkel und klar ist. Findet diese Reaktion doch in etwa 100 Kilometern Höhe statt, also weit oberhalb der Wolkendecke. Zudem müssen höhere Sonnenaktivitäten herrschen.

So richtig erforscht ist das Phänomen noch nicht. Kein Wunder, dass die Menschen in früheren Zeiten den Lichtern mit Angst und Respekt begegneten oder einfach von ihnen verzaubert wurden. Sie schufen Märchen und Sagen um die Nordlichter, brachten sie mit Göttern, Kriegern und Fabelwesen in Verbindung, auch Philosophen, Chronisten und Wissenschaftler befassten sich seit jeher mit ihnen.

Am Sydkap und Bear Island

Das Sydkap ist eine Landzunge zwischen dem Eingang von Nordwest Fjord und Nordwestbugt. Benannt hat man den Ort nach Carl Ryder’s 1891-92 Expedition als Syd Cap. Seit 1934 nutzen Jäger diesen Standort und hinterließen die Ruinen ihrer Häuser. 1946 errichteten ein dänischer Telegrafenmeister und seine grönländische Frau die heutigen Gebäude, eine stabilere Hütte und ein Lagerhaus. Ziel war der Fang von Lachs und Shrimps. Das endete jedoch schon ein Jahr später. Die Gebäude werden auch heute noch von Jägern genutzt, die sich hier regelmäßig aufhalten. Das Anlanden musste zwischenzeitlich für fünfzehn Minuten unterbrochen werden, da sich das Wasser auf einmal mehrere Meter vom Ufer zurückzog und ein Tsunami befürchtet wurde. Es gab dann auch drei bis vier Meter hohe Wellen, aber ohne weitere Konsequenzen, da hier das Ufer steil abfällt. Der Grund war ein sich drehender Eisberg zig Kilometer entfernt. Daran sieht man die Gewalt der Eisriesen, die es schaffen, in einem großen Fjord derartiges zu bewirken. Das hatten auch die Guides noch nicht erlebt.

Weiter geht es in Schleichfahrt mit fünf Knoten (7 km/h) bis zu unserem nächsten Ziel, dem Bear Island. Wir sahen jedoch keine Eisbären, auch wenn deren Auftreten einst bei der Ersterkundung der Bucht ihr den Namen gaben. Die langsame Fahrt durch den Fjord ist vorgeschrieben, zum Schutz der Meerestiere. Wir machen wieder eine zweistündige Zodiakfahrt vorbei an Eisbergen durch eine wunderschöne Fjordlanschaft mit Bergen ringsherum. Und dass bei schönstem Wetter. Am besten ist es, die Bilder sprechen zu lassen.

Rype Næs, ein Pflanzenparadies

Wir sind weiter südlich, bei Rype Næs. Vormittags halten wir uns auf dem Land auf. Nachmittags gibt es wieder eine Zodiakfahrt einen Gletscher entlang. Die Vegetation ist hier noch nicht so herbstlich wie weiter nördlich, hier blüht noch einiges und die Pflanzen sind für hiesige Verhältnisse recht üppig. Wie meist handelt es sich beim Landgang heute um eine Perimeterlandung. Das heißt, wir können uns in einem überwachten Bereich frei bewegen. Bei einem Landgang eruieren die Guides als Erstes, ob das Gelände weiträumig frei von Eisbären und Moschusochsen ist. Herrscht Nebel und damit keine gute Sicht, gibt es keine Anlandung. Scheint es alles in Ordnung zu sein, sichern mehrere Mitglieder der Expeditionscrew mit Signalwaffe und Gewehr das ganze Gelände an strategischen Punkten ab und überwachen das Areal kontinuierlich mit Ferngläsern. Sollte in der Ferne etwas gesichtet werden, muss alles sofort zurück. Bei Wanderungen wird ebenfalls erst das Gelände gesichert und die kleineren Gruppen müssen zusammenbleiben und werden meist von zwei bewaffneten Guides begleitet.

Zodiak und Moschusochsen

Mit dem Zodiak ging es später einem nahe gelegenen Gletscher am Terrassepynt entlang, der sich aber recht ruhig zeigte. Keine Kalbungen, auch wenig Eis und keine größeren Eisberge.

Dafür ließen sich am Hang in etwas über einem Kilometer Entfernung eine Gruppe Moschusochsen blicken, diesmal nicht nur als schwarze Punkte in der Ferne. Männliche Tiere werden bis zu 1,50 M hoch und sie leben noch in der arktischen Tundra in Grönland, Kanada und Alaska. Kleinere Herden ursprünglich grönländischer Tiere finden sich heute auch in Norwegen und Schweden. Der Gesamtbestand wird heute auf etwa 145.000 Tiere geschätzt.

Der Sprung ins kalte Wasser und ein Barbecue

Der Sprung ins kalte Wasser. Der hat für mich Tradition. Erstmals ging es in der Antarktis bei Deception Island in die eisigen Fluten, dann letztes Jahr in der Arktis bei Spitzbergen und jetzt eben im Osten Grönlands. Diesmal hat das Wasser etwa Null Grad Celsius, sechs oder sieben andere folgten. Brauchten aber teils mehrere Anläufe, kann bei einem Kopfsprung nicht passieren. Anschließend gab es noch ein Barbecue am Oberdeck. Bevor es in die Bar ging. Hat was.

Eine kleine Nachtfahrt

Heute geht es schon um 4.30 Uhr in der Nacht raus. Geplant war erst eine Anlandung, aber das Schiff kam nicht nah genug an den möglichen Landepunkt heran, der Fjord war durch zu viel Eis blockiert. Also machten wir eine Zodiaktour bei Vollmond durch die Eiswelt. Hat auch etwas. Der Grund für den frühen Termin ist ein aufziehendes Sturmtief. Wir müssen zurück nach Island durch die Dänemarkstrasse, offene See. Das Zentrum des Sturmtiefes will der Kapitän umfahren, insofern hat man das Programm angepasst. Flexibilität ist auf einer solchen Reise tagtäglich gefordert.

Die Fahrt zum offenen Meer hin geht anschließend durch den Øer-Fjord und durch den Scoresby Sund, mithin der größte Fjord weltweit. Er ist etwa 110 km lang, mit den Seitenarmen sogar 350 km. Die maximale Tiefe beträgt 1450 m. Die breiteste Stelle beträgt 29 km, die Berge ringsherum erreichen eine Höhe von 2000 m. Die Fahrt meist bei Sonnenschein ist traumhaft, es dominieren Blautöne aller Art. Der Kontrast der Farben ist ein einmaliges Schauspiel, man verbringt Stunden auf dem Deck im eisigen Fahrtwird. Der Kapitän muss ganzschön manövrieren, da unzählige kleinere und größere Eisberge den Fjord entlang treiben. Was ihm, nach eigener Aussage, viel Spaß macht. Auch hier gilt, lassen wir die Bilder sprechen.

Die Rückfahrt, anders als erhofft

Zweieinhalb Tage offene See. Durch die Dänemarkstrasse. Die Rückfahrt nach Island durch die Dänemarkstrasse war anders als erhofft. Keine Walbeobachtungen oder das offene Meer genießen. Wir brachen ja  früher auf, cancelten die Westfjorde Islands – hier war der Stopp an einem berühmten Vogelfelsen angedacht. Die Häfen im Norden Islands sind geschlossen, es gilt roter Alarm aufgrund der Wetterprognose. Es zieht ein starkes Sturmtief auf, dass die Besatzung in ihren 15 Jahren so noch nie erlebt haben will. Die höchsten Wellen lagen bis dato laut der Mannschaft bei etwa sechs Metern, bei diesem Sturm werden elf Meter prognostiziert. Der Kapitän versucht jetzt das Sturmzentrum zu meiden – wir hätten direkt hindurch müssen, fährt nördlicher.Hier sollen die Wellen nur sieben Meter betragen. So war die Hoffnung. Los ging es mit der offenen See um die Mittagszeit, wir brauchten noch rund einen Tag, um überhaupt das Meer zu erreichen. Die etwas schützende Nordküste Islands erreichten wir etwa zwei Tage später Reykjavik am Montagabend nach zweieinhalb Tagen. Relaxen, Wal-und Delphinbeobachtungen oder Sichten der Aufnahmen war jedenfalls nicht möglich. . Bis dato hatten wir übrigens meist gutes Wetter. Nur bei der Rückfahrt halt nicht.

Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz, Ausnahmen: Polarplunge und Rückfahrt: Shayne McGuire

Norwegen, Spitzbergen und die Arktis: Film als BluRay erhältlich

Der Film über die Reise ins südliche Norwegen und in die Arktis nach Spitzbergen ist nun als BluRay in meinem Shop erhältlich. Der 127-minütige Film beinhaltet eigentlich zwei komplette Reisen: Unterwegs im südlichen Teil von Norwegen geht der erste Teil von Olso aus nördlich über den Sognefjells und Lom bis zum weltbekannten Geirangerfjord. Wieder Richtung Süden machen wie uns auf nach Bergen, Norwegens zweitgrößte Stadt.

Im zweiten Teil des Filmes geht es hoch in den Norden, nach Spitzbergen. Hier erkunden wir die Region rund um die Siedlung bis wir uns mit dem Expeditionsschiff auf eine Tour in die arktische See rund um die Insel machen, mit wunderbaren Aufnahmen von Seevögeln, Walrossen und Eisbären.
 

Route Norwegen: Oslo, Skien, Telemark-Kanal, Heddal, Gaustatoppen, Rjukan-Bahnhof, Uvdal, Borgund, Sognefjells, Leirvassbu, Lom, Geiranger, Dalsnibba, Gamle Strynefjellsvegen, Trollhaugen, Bergen

Route Spitzbergen: Longyearbyen, Ny-Ålesund, St. Johnsfjorden, Smeerenburg, Virgohammna, Texas-Bar, Packeisgrenze, Phippsøya, Kræmerpynten, Andreeneset, Torrelneset, Alkefjellet, Kap Waldburg, Kap Lee, Gnålodden, Bamsebu, Kajaktouren im Eismeer

Hier gibt es einen kurzenTrailer auf YouTube mit Ausschnitten vom Film. Auf meinem Kanal finden sich weitere längere Filme mit deutschen Kommentaren.

Mittelnorwegen und die Arktis

Die Reiseberichte über Norwegen und die Arktis sind nun online. Sie sind in drei Teile untergliedert:

Mittelnorwegen und die westlichen Fjorde

Longyearbyen auf Spitzbergen (Svalbard)

Arktistour rund um Spitzbergen bis zur Packeisgrenze mit der MS Sea Spirit

Spannende Berichte und viele schöne Bilder etwa von Eisbären, Walrossen, faszinierenden Landschaften, von Kunst und Antikem sowie den Kajaktouren auf offener See erwarten euch.

Die Arktis – Spitzbergen und Longyearbyen, Teil II

Angekommen auf Spitzbergen

Im Zentrum Longyearbyens

Wir sind am frühen Montagnachmittag am 27. Juni 2022 in der ‚Hauptstadt` Svalbards – so heißt Spitzbergen in Norwegen, in Longyearbyen angekommen. Gesprochen Lung-yer-bin. Man fühlt sich wie auf einem nördlichen Außenposten der Menschheit. Eine karge, baumlose, leicht bergige Landschaft, Schnee und Gletscher ringsherum, der Boden ist tiefgefroren, Tagestemperatur derzeit rund 5 Grad Celsius – Hochsommer. Die Gebäude und Lagerplätze verstärken den Eindruck noch. Die Stadt ist nur rund 1310 Kilometer vom Nordpol entfernt, mithin die nördlichste Siedlung der Welt. Derzeit scheint rund um die Uhr die Sonne, vom 26. Oktober bis 15. Februar bleibt sie dagegen vollständig unter dem Horizont, es herrscht fortwährend schwarze Nacht. 

Hier geht es zu Teil III, rund um Spitzbergen bis an die Packeisgrenze und hier zu der Reise durch Mittelnorwegen und die westlichen Fjorde, (Teil I)

Gegründet hat die Stadt der Amerikaner John Munroe Longyear 1906 als Bergarbeiterstadt, der reichen Kohlevorkommen wegen. Rund 2200 Menschen leben hier, auf der ganzen Insel 2700. Viele davon immer noch vom Bergbau, in Betrieb ist aber nur noch eine Grube nahe der Stadt gelegen. Ein Drittel der abgebauten Kohle verfeuert das einzige Kraftwerk der Insel, der Rest wird exportiert. Aus alten Zeiten übrig geblieben ist der Brauch, dass Besucher im Eingangsbereich ihre Schuhe ausziehen und die Häuser mit Socken oder Hausschuhen betreten. Der Grund: Früher waren die Minenarbeiter oft sehr staubig und dreckig. Schuhe aus, das gilt auch für Hotels oder Museen.

Das wichtigste Verkehrsmittel hier, der Schneescooter

Zunehmend wichtig ist seit den 1990er-Jahren die Forschung und der Tourismus. So kommen pro Jahr etwa 30.000 Besucher nach Spitzbergen, 20.000 sind mit Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Ist überschaubar. In Norwegen nennt man die Insel Svalbard, was für Kühle Küste steht.

Zentrum der Forschungsaktivitäten ist der Svalbard Forskingpark, mit einer Universität, dem Polarinstitut und der EISCAT-Radaranlage. 32 und 42 m große Parabolspiegel dienen der Erforschung der Atmosphäre, der Nordlichter und des Ozons. Dann gibt es noch die Svalbard Satellite Station (SvalSat). Sie ist für die Kommunikation und Kontrolle von Satelliten mit polarer Umlaufbahn zuständig.

Global Seed Vault – der Saatguttresor. Hier lagern im Permafrostboden rund eine Million Samenproben von Nutzpflanzen.

Longyearbyen verfügt über eine moderne Infrastruktur, Geschäfte, Restaurants, Hotels, Schule, Kindergarten, auch Kino, Schwimmbad und Hafen. Das Straßennetz umfasst aber nur 40 km rund um den Ort herum, Schneemobil und Boote sind die Fortbewegungsmittel der Wahl.

Von der ursprünglichen Minenarbeit ist nicht mehr viel zu sehen, sprengte die deutsche Wehrmacht im zweiten Weltkrieg doch vieles. Alles was die Zerstörungsorgie überstanden hat, untersteht heute dem Denkmalschutz.

Ein Gerücht übrigens hält sich hartnäckig – in Reiseführern und besonders im Internet. Auch manch Reiseleiter erzählt die Story: das gesetzliche Sterbeverbot. Ein Gesetz von 1950 soll nämlich das Sterben hier verbieten. Der Grund: Der Permafrostboden, der ein Bestatten problematisch mache. Das aber ist Unfug. Longyearbyen war lange Zeit das Betriebsgelände einer Firma und es gab nur firmeneigene Unterkünfte.

Der Friedhof in Longyearbyen – auch heute finden noch Urnenbestattungen statt.

Hörte man auf zu arbeiten oder ging in Rente, verließ man die Stadt in Richtung Festland. Also wurde hier nicht gestorben, außer durch einen Unfall. Zudem gibt es hier keine Alters-oder Pflegeheime und das Krankenhaus ist klein. Stirbt ein Bewohner von Longyearbyen, wollen sie meist in der Heimatgemeinde auf dem Festland beerdigt werden. Leben doch die wenigsten mit ihrer Familie über Generationen in der Stadt. Will jemand dennoch hier beerdigt werden, so ist auch das möglich. Allerdings nur als Urnenbegräbnis. Zuletzt 2014 geschehen. So viel zu den vielen falschen Erzählungen.

Unfug ist auch die Behauptung, es gebe ein gesetzliches Gebot, eine Waffe zu tragen.Der gesunde Menschenverstand gebietet es jedoch, außerhalb der Stadt eben eine geeignete Waffe zu tragen. Es ist Eisbärenland, auch wenn Begegnungen recht selten sind. 2020 wurde ein Niederländer in Longyearbyen durch einen Eisbären auf dem Campingplatz getötet, das ist aber äußerst selten. Das Gesetz fordert nur, ein geeignetes Abschreckmittel außerhalb der Stadt mitzuführen. Etwa eine Signalpistole mit spezieller Munition. Wer ohne Gewehr in Spitzbergen außerhalb von Longyearbyen unterwegs ist, mag vielleicht lebensmüde sein. Er ist aber nicht illegal unterwegs.

Rings um die Stadt ist Eisbärenland. Nur können die auch das Schild lesen?

Auf Vogelpirsch rund um Longyearbyen

Mittwoch, 29. Juni: Heute ist einer der seltenen Tage auf Spitzbergen für diese Jahreszeit, wo es regnet. Generell fällt wenig Niederschlag auf der Insel, hier um Longyearbyen sind es nur etwa 200 mm pro Jahr. Und im Juni regnet es eigentlich nur an drei Tagen. Die Jahresmitteltemperaturen liegen bei – 7,5 °C, recht warm für diese Breitengrade, bedingt durch Ausläufer des Golfstromes. Am wärmsten ist es im Juli mit 5 °C, selten bis maximal 10 °C, am kältesten im Februar mit – 14 °C, im Einzelfall wurden aber auch schon – 30 °C gemessen.

Wir sind mit einem Guide unterwegs, um die Umgebung von Spitzbergen mit dem Auto zu erkunden. In erster Linie steht Vogelbeobachtung auf dem Programm, aber auch Rentiere kreuzen unseren Weg. Die hier sind kleiner und gedrungener als die vom skandinavischen Festland und leben wild. Halten sich aber gern in der Umgebung von Siedlungen auf, da darf nicht gejagt werden.

An Vögeln recht häufig sieht man die Dreizehenmöve und die Eiderenten. Seltener dagegen ist die Prachteiderente, von der wir auch ein Exemplar sahen. Sehr aggressiv sind die Küstenseeschwalben, die gehen gerne sofort auf Attacke. Hier heißt es in der Nähe des Autos zu bleiben. Auch einen einzelnen Papageientaucher entdecken wir, an ungewöhnlicher Stelle. Der Guide vermutet das er krank ist und meldet ihn und den Ort einer Behörde. Denn es besteht das Risiko, dass der Vogel an Vogelgrippe erkrankt ist. Am 24. Juni ist sie erstmals in der Arktis nachgewiesen worden. Forscher hatten schon damit gerechnet, dass das Virus auch in Spitzbergen ankommen würde, da einen großen Ausbruch im Frühjahr unter Gänsen in Schottland gab, und die ziehen zum Brüten nach Svalbard. Das Virus ist Vögel hoch ansteckend und tödlich. Man rechnet für die großen Vogelkolonien in Spitzbergen mit möglicherweise fatalen Folgen. Deswegen sollen Funde toter oder kranker Vögel gemeldet werden.

  • Prachteiderente
Permafrostboden, hier gut zu sehen

Zwischendurch führen wir noch am Global Seed Vault – dem Saatguttresor auf Spitzbergen vorbei. Rein kann man jedoch nicht und man sieht nur den gesicherten Eingang in des unterirdische Lagersystem. Dennoch ist dies ein sehr wichtiger Platz für die Zukunft der Menschheit. In Betrieb genommen 2008 lagern hier im Permafrostboden rund eine Million Samenproben von Nutzpflanzen aus aller Welt, in Plastikboxen verpackt, sicher vor dem Anstieg des Meeresspiegels, vor Erdbeben, Seuchen, radioaktiver Strahlung oder menschengemachter sowie Naturkatastrophen. Sie können helfen nach einer Katastrophe die Erde wieder zu kultivieren.

Zu guter Letzt fuhren wir noch zu einem Zelt des Veranstalters, wo wir uns aufwärmen konnten und der Guide ein paar Würste für uns grillte. Hier besuchte uns auch ein Skua, eine Raubmöwe mit der Hoffnung auf Beute. Der Guide kommt aus Westfahlen, hat in Tromsø und Longyearbyen Biologie studiert und schreibt gerade eine Publikation. Ideal, er konnte uns sehr viel über die Insel und Tierwelt erzählen und das auf Deutsch. Trotz des Regens ein interessanter Tag mit viel Informationen.

Kohle, das Lebenselixier vergangener Tage

Donnerstag, 30 Juni: Kohle ist der Grund für die Existenz Longyearbeans und der Exploration der Insel Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Qualität der Steinkohle ist sehr gut – sie besteht zu 98 Prozent aus reinem Kohlenstoff, so dass sich der Abbau im hohen Norden lohnt. Heute ist nur noch Mine 7 in Betrieb, etwa 30 Prozent der geförderten Kohle von rund 130.000 Tonnen wird für das inseleigene Kraftwerk benötigt, der Rest wird exportiert, vor allem nach Deutschland. Dort findet die Kohle etwa bei der Herstellung hochwertigen Stahles ihren Einsatz, etwa für Motorenblöcke von Automobilen. Die Mine soll aus Umweltschutzgründen jedoch im Laufe des Jahres 2023 geschlossen werden, so jedenfalls hat es die norwegische Regierung vor. Dann beheizt man das Kraftwerk, das neben Strom vor allem Wärme für die Häuser produziert mit Diesel. Ob das die Umwelt schont, ist sicher zu bezweifeln. Fotovoltaik macht so weit im Norden absolut keinen Sinn, Windenergie erzeugt keine Wärme, der Alternativen gibt es nicht viel.

Wir besuchten heute Morgen jedenfalls die 1971 in Betrieb genommene und 1996 geschlossene Grube Nr. 3. Wobei sie nur temporär außer Betrieb ist, würde man sie endgültig schließen, müsste alles rückgebaut und renaturiert werden. Das gilt für alle Minen nach dem zweiten Weltkrieg, alles davor steht unter Denkmalschutz.

Die rund 3-stündige Tour lohnt, und wir haben einen wunderbaren Guide, der voll engagiert ist und wirklich viel erzählen kann. Auch Geschichten aus der damaligen Zeit. Die Arbeit war extrem schwer, unter Tage herrscht Permafrost, in den Gängen so um die minus zwei Grad, die Schichten dauerten acht Stunden und man arbeitete mit schwerem Gerät (alles Handarbeit) in Flözen von um die 50 / 60 cm Höhe. Also den ganzen Tag liegend und kriechend. Ungefährlich war es auch nicht. Dennoch blieben nicht wenige ihr Leben lang dieser Arbeit treu, der sehr guten Bezahlung wegen, geringer Steuern und der – nicht selten fast familiären Kameradschaft unter den Bergleuten.

Schön auch, als das Bergwerk aufgelassen wurde, konnte man für die Mine 7 nichts verwenden, denn das aktuelle Bergwerk ist hoch automatisiert. Also beließ man alles wie es war, ließ alles liegen wie Werkzeug, Maschinen und Kleidung, nichts wurde abgebaut. Das gibt einen sehr guten Eindruck , wie hier in den 70er- bis 90er-Jahren gearbeitet wurde.

Am frühen Abend sind wir noch einmal mit einem Guide, diesmal eine junge Dame aus dem Ruhrgebiet, in der Gegend von Spitzbergen umhergefahren – auf ähnlichen Wegen wie gestern, ist das Straßen- und Pistennetz hier doch nur 40 km lang. Nur diesmal bei schönerem Wetter. Mehr Tiere als Gestern ließen sich aber auch nicht sehen, eine Herde Rentiere kreuzte unseren Weg und viele altbekannte Vogelarten. Von den Hügeln umher gab es eine gute Sicht auf Longyearbyen und wir fuhren auch an den alten Mienen 5 und 6 vorbei bis zur aktiven Grube 7. Wir besuchten noch die neue Kirche und auch den nahegelegenen Friedhof. Einige schöne Bilder entstanden dabei, mehr gibt es eigentlich nicht zu berichten.

Mehr zu Norwegen und der Arktis

Teil III der Reise führt uns rund um Spitzbergen und in die Arktis.

Im Teil I sind wir auf dem Festland im Südwesten Norwegens unterwegs, von Oslo über Geiranger nach Bergen.

Wen es interessiert, hier geht es zu der Reisereportage mit dem Motorrad durch Schweden, Finnland und Norwegen ans Nordkap und zurück die Westküste Norwegens entlang nach Bergen.

Auch über eine Winterreise mit dem Postschiff von Hurtigruten die Küste Norwegens entlang gibt es eine Reportage, von Bergen bis ganz in den Norden nach Kirkenes und wieder zurück.