Der Film über die Reise durch Vietnam und nach Kambodscha ist als BluRay in meinem Shop erhältlich. Der 120-minütige Film führt quer durch Vietnam, vom Norden des Landes mit seinem Bergvölkern bis tief in den Süden ins Mekong-Delta. Und in Kambodscha besuchen wir die Hauptstadt Phnom Penh, das Gebiet um den Tonle Sap-See und den größten Tempelbezirk der Welt, Angkor. Es erwarten einen zwei spannende Länder mit vielen kulturellen Sehenswürdigkeiten, positiven Überraschungen, schönen Landschaften, wuseligen Großstädten und freundlichen, respektvollen fast immer lächelnden Menschen. Hier geht es zum Reisebericht Vietnam und hier zu dem über Kambodscha.
Besuchte Orte und Regionen: Vietnam: Hanoi, Bac Ha, Sapa mit dem Fansipan, Mai Chau, Hua Lu, Ninh Binh, die Halong-Bucht, die Kaiserstadt Hue, Hoi An mit Cam Tanh, Saigon und das Mekong Delta mit Cai Rang und Tra Su Kambodscha: Phnom Penh, Tonle Sap See mit den schwimmenden Dörfern, das Vogelschutzgebiet Prek Toal, Siem Reap mit dem Tempelbezirk Angkor (u.a mit Besuchen von Angkor Wat, Angkor Tom, Ta Phrom und weiteren Tempeln)
Hier ein kurzer Trailer über den Film.
Auf meinem YouTube-Kanal findet sich der Film in einzelnen Episoden mit englischen Untertiteln.
Der Film über die Reise auf die Westfjorde Islands und in den Nordost-Grönland-Nationalpark ist nun als BluRay in meinem Shop erhältlich. Der 65-minütige Film beinhaltet eigentlich zwei Reisen:
Teil I: Islandreisende lassen die Westfjorde häufig aus. Ein Fehler. So finden sich einige Sehenswürdigkeiten, die dem Rest der Insel in Nichts nachstehen. Der Reiseführer Lonely´s Planet stuft diese Region sogar als eines der Top-Ten-Ziele ein, die man einmal im Leben bereist haben sollte. Besucht wurden unter anderen Isafjördur, der kilometerlange rote Sandstrand Raudasandur, das 1981 gestrandete Schiffswrack Garðar B64 oder ein Naturschauspiel, den Wasserfall Dynjandi. Hier geht es zum Reisebericht Westfjorde.
Im zweiten Teil des Filmes geht es hoch in die Fjordlandschaft des Norost-Grönland-Nationalparkes. Mit einer Fläche von 972.000 Quadratkilometern ist es der größte Nationalpark weltweit, zweieinhalb Mal so groß wie Deutschland. Nur wenige Hundert Menschen sollen ihn pro Jahr besuchen, man braucht dazu eine Genehmigung. Wir halten uns vorwiegend in Bereich des Soresby-Sund bis zum Kaiser Franz Josef Fjord auf. Unterwegs sind wir mit dem Expeditionsschiff MS Sea Spirit. Die Reise in den hohen Norden offenbart die Schönheit und Einmaligkeit dieser Landschaften, aber auch deren Fragilität. Vermutlich wird schon die übernächste Generation es so nicht mehr erleben können. Der komplette Reisebericht mit zahlreichen Fotos findet sich hier unter diesem Link.
Ausgangspunkt unserer Tour mit dem Expeditionsschiff MS Sea Spirit für die Fahrt in den Nordost-Grönland-Nationalpark ist die isländische Hauptstadt Reykjavik. Der Name bedeutet Rauchbucht und rührt vermutlich von Dämpfen der heißen Quellen in der Umgebung her. Es ist die weltweit am nördlichsten gelegene und die älteste permanent bewohnte Siedlung des Landes. Hier leben rund ein Drittel der etwa 335.000 Einwohner Islands.
Neben älteren, klassischen Holzbauten finden sich Gebäude der moderneren Architektur. Prägend für die Silhouette der Stadt ist insbesondere die Kirche Hallgrímskirkja, zugleich eins der höchsten Gebäude des Landes. Von ihrer Stellung auf einem Hügel überragt sie die Innenstadt. Benannt ist der Kirchenbau nach dem Dichter und evangelischen Pfarrer Hallgrímur Pétursson.
Lohnenswert ist der Spaziergang am alten Hafen und im Stadtteil Tjörnin mit Besuchen etwa des maritimen Museums und des Saga-Museums. Hier lässt sich einiges zu der Besiedlungsgeschichte des Landes erfahren, die von den Anfängen her gut dokumentiert ist.
Ansonsten machten wir einen Bummel durch das alte Zentrum, wir waren ja schon mal mehrere Tage hier (hier geht es zum Reisebericht Island). Ließen also die sehenswerten Museen aus, genossen lieber das eine oder andere Café.
Das Expeditionsschiff MS Sea Spirit
Am späteren Nachmittag geht es auf die MS Sea Spirit, das gleiche Schiff, mit dem wir im Sommer 2022 rund um Spitzbergen und in der Arktis unterwegs waren. Diesmal haben wir die Kabine 331 ein Deck höher, mit ihren rund 20 Quadratmetern ist sie recht großzügig und komfortabel ausgestattet. Viel Holz und Messing zeichnen das mit 91 m Länge und 15 m Breite recht kleine Schiff aus, es hat nur fünf Decks. Gegessen wird in einem a la Card-Restaurant, in einer Lounge gibt es Vorträge über die Tierwelt, Geologie und Natur, zudem finden sich eine Bücherei, Outdoor-Bistro und sogar ein Jacuzzi an Bord. Dennoch, es ist ein Expeditionsschiff und kein Kreuzfahrtschiff. Genau, was wir wollen. An Bord sind diesmal 109 Passagiere und 72 Crew-Mitglieder. Hinzu kommen noch einmal 18 Mitglieder des Expeditionsteams. Alle zusammen kommen aus 35 Ländern.
Am Abend auf dem Schiff dann ein traumhafter Sonnenuntergang auf der Fahrt durch die Dänemarkstraße. Größtes Problem hier, die Auswahl der Bilder.
Auf hoher See
Wir queren die Dänemarkstraße auf dem Weg nach Grönland, fahren mit etwa 14 Knoten nordöstlich. Dabei überqueren wir den Polarkreis. Unser Ziel ist der Nordost-Grönland-Nationalpark, mithin über 100 mal so groß wie der Yellowstone-Nationalpark: kilometerlange, unberührte Wildnis im größten und nördlichsten Nationalpark der Welt.
Das zeigt die Dimensionen Grönlands auf. Mit nur rund 56.000 Einwohner und einer Fläche von knapp 2,17 Mio. Quadratkilometern ist das Land über sechs Mal so groß wie Deutschland, und das am dünnsten besiedelte der Erde. Gerade mal 0,027 Einwohner kommen hier auf den Quadratkilometer.
Die Menschen leben vorwiegend vom Fischfang, vor allem von Krabben und Heilbutt. Im kurzen Sommer hat sich in den wenigen größeren Orten wie Ilulissat oder Nuuk, der Hauptstadt zudem der Tourismus zu einem weiteren Standbein der lokalen Wirtschaft entwickelt. Im Winter kommen hartgesottene bei bis zu −30 °C für Hundeschlittenfahrten. Wobei die Temperaturen gut zu vertragen sein sollen, des trockenen Klimas wegen. Im Sommer können die Temperaturen auf bis zu 25 °C steigen. Ostgrönland ist berühmt für seine riesigen Eisberge, die so groß sind wie zehnstöckige Häuser, riesige Berge, blühende Tundren und die besten Plätze der Welt, um Nordlichter zu sehen. Nordgrönland unterscheidet sich deutlich vom Westen des Landes, (hier der damalige Reisebericht mit Bildern) diesen Teil um Ilulissat hatten wir auch schon bereist. Hier im Norden ist alles ursprünglicher, kleiner und extremer. Wetter wie Lebensbedingungen.
Für uns stehen heute erstmals verbindliche Sicherheitsbriefings und zum Verhalten in der Arktis an, auch diesmal sind wir ja im Eisbärenland. Nachmittag gibt es noch Vorträge über die Tierwelt in der Arktis und auf Grönland.
Am kommenden Morgen gab es zwei weitere Vorträge: besonders interessant die Geschichte, die Kari Herberts, eine englische Journalistin und Buchautorin hielt. Ihr Vater Sir Wally Herbert gilt als Polarlegende. und war ein extremer Arktisforscher. Mit zehn Monaten schon verbrachte sie unter extremen Bedingungen zwei Jahre in einer sehr kleinen, abgelegenen Inuit-Siedlung im Nordwesten Grönlands. Seither ist sie stark mit den Menschen und der Region verbunden, widmet ihr Leben den Polarregionen. Sie hat mehrere Bücher erfolgreich veröffentlicht, tritt in Fernsehsendungen auf und – ist sie nicht in den Polargebieten unterwegs – lebt mit ihrer Familie in Cornwall.
Der Kong Oscar-Fjord ist erreicht
Nachmittags erreichen wir den Kong Oscar-Fjord, gehen am Antarcticahavn erstmals an Land und machen eine kürzere Wanderung. Hier finden sich die Reste einer Trapperhütte von 1930, die aus den Überbelibseln eines beschädigten alten Schiffes erbaut wurde, der Antarctica. Deswegen der Name. Im Sommer 2005 restaurierte man die Hütte – auch für die Benutzung durch die Sirius-Truppe, einer dänischen Eliteeinheit, im folgenden Winter zerlegte dann eine Lawine die Hütte in Einzelteile.
Antarcticahavn spielte auch eine Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen Norwegen und Dänemark um die Kontrolle von Ost-Grönland, bis das Land in den 30er-Jahren von dem Vorläufer des internationalen Gerichtshofes Dänemark zugeschlagen wurde. Ansonsten machen wir eine kleinere Wanderung, in der Ferne waren einige Moschusochsen zu sehen. Ihnen darf man sich nicht zu sehr nähern, sie können genauso gefährlich wie Eisbären sein. Erkunden kann man die bunte Tundra, wobei hier der Herbst schon deutlich Einzug hält. In ein/zwei Wochen gegen Ende August treten schon die ersten Winterstürme auf. Die Landschaften sind neben der Heimat für Moschusochsen und Polarbären auch die der Polarhasen. Kurz war auch einmal einer zu sehen. Die Landschaft ist weit, offen und scheinbar unberührt. Der Berge ringsherum erreichen Höhen von über 2000 m. Alles in allem war es ein erster Kontakt.
Ella Ø, das Hauptquartiert der Sirius-Truppe
Am Samstagmorgen landeten wir in Ella Island an. Die Station Ella Ø ist das Hauptquartier einer dänischen Elitetruppe der Marine, der Sirius Schlittenpatrouille. Die Fernspäh-Hundeschlitteneinheit besteht aus 14 Mann, die die Küste von Nord-und Ostgrönland überwacht und den Nordost-Grönland-Nationalpark. Sommers sind sie mit Booten unterwegs und Winters mit Schlittenhunden, übernachten in Zelten oder alten Trapperhütten, die Tagesetappen betragen zwischen 30 und 50 Kilometern. Hier findet sich sogar eine kleine Landebahn, und wie es so ist, landet gerade als wir da sind eine kleine Maschine mit Versorgungsgütern. Operiert wird in Zwei-Mann-Trupps mit elf Hunden und einem Schlitten. Bewaffnet sind sie mit alten Repetierbüchsen und Glock-Pistolen aus dem zweiten Weltkrieg, da sie in der Kälte zuverlässiger sind als moderne Waffen. Im Grönland-Nationalpark besteht Waffenpflicht, auch für Besucher.
Die Gründung der Truppe geht auf die Auseinandersetzungen zwischen Dänemark und Norwegen von vor dem zweiten Weltkrieg zurück. In zweiten Weltkrieg diente die Truppe der Aufklärung deutscher Aktivitäten in Nordostgrönland, die hier Wetterstationen unterhielten. Nach dem Krieg löste man die Einheit auf, stellte 1950 eine neue auf und nannte sie ab 1953 Sirius-Patrouille.
Wir bekamen die Genehmigung, an eben diesem Stützpunkt anzulanden und konnte eine schöne Wanderung in einer wunderbaren Gegend machen und auch das eine oder andere kurze Gespräch führen.
Blomsterbugt, die Blumenbucht
Nach einer kurzen Schiffsfahrt erreichten wir am Nachmittag Blomsterbugt, die Blumenbucht. Auf einer kurzen Wanderung machten wir uns mit der grönländischen Vegetation bekannt. Moshe Agami, Professor und Biologe aus Tel Aviv scheint jede einzelne Pflanze zu kennen. Die botanische Vielfalt ist enorm, trotz der extremen Bedingungen, die hier herrschen. Wir haben hier die arktische Tundra, sie ist baumlos, es gibt nur eine kurze Wachstumsperiode, der Boden ist ab Tiefen von 20 bis 350 Zentimetern an das ganze Jahr über gefroren. Dennoch finden sich pro Quadratkilometer je nach durchschnittlicher Jahrestemperatur recht viele unterschiedliche Arten. Bei elf Grad sind es bis zu 400, bei vier Grad noch 50 Arten. Noch extremer ist die dann folgende polare Wüste, hier dominieren Algen, Flechten und Moose.
Am Waltershausen Gletscher und Kap Ovibus
Wir waren weiterhin im Kong Oscar-Fjord unterwegs, nordwärts. Unser Ziel, der Waltershausen Gletscher. Er ist ungefähr elf Kilometer breit und erreicht eine Höhe von 20 Metern. Benannt hat ihn die Karl Koldewey-Expedition 1869-70 nach Baron Wolfgang Sartorius von Waltershausen (1809-76), einem deutschen Professor für Mineralogie und Geologie an der Universität von Göttingen. Hier machen wir eine sehr nasse Zodiaktour den Gletscher entlang, nass deshalb, weil es ununterbrochen regnet. Gehört zu Grönland dazu. 81 Prozent von Grönland sind mit Eis bedeckt, die durchschnittliche Dicke der Eisschicht beträgt 1500 Meter, die größte Dicke beträgt 3400 Meter. Wir haben das Glück, einen nahen Eis beim Drehen zu beobachten. Das zeigt auch, warum man immer einen Sicherheitsabstand halten muss. Eisberge drehen sich, weil das Eis unter Wasser schneller schmilzt als über Wasser. Ich konnte das Ereignis komplett filmen, war eindeutig der Höhepunkt des heutigen Vormittag.
Am Nachmittag landen wir dann noch in Kap Ovibus an, machen eine kürzere Wanderung von etwa einer Stunde. Es regnet immer noch kräftig. Aufgrund seiner Abgeschiedenheit besuchen weniger als 1.000 Reisende pro Jahr den Nordostgrönland-Nationalpark.
Der Segelskaellskapetsfjord und mit dem Zodiak am Alpfjord
Am Folgetag erreichten wir den Segelskaellskapetsfjord. Eine fantastische Gegend, Landschaft pur und geologische Formationen, die ihresgleichen suchen. Man kommt aus dem Fotografieren kaum mehr heraus.
Die geologischen Formationen gehören zur Eleonore Bay-Group, sind etwa 960 Millionen Jahre alt und haben eine Mächtigkeit von bis zu 1500 Metern. Es handelt sich bei den oberen Schichten und Kalkgestein und Dolomit, tiefer unten findet sich Sandstein. Für die rote, braune und schwarze Färbung des Kalksteins sorgt Eisen, die weißen Streifen sind der Dolomit, der durch die Umwandlung des Kalkgestein und Einlagerung von Magnesium entstand. Und die Oberfläche der Formationen formten Wind, Regen und die Gletscher.
Für Geologisch Interessierte ein Paradies, hier einige Beispiel:
Nachmittags ging es wieder südwärts in einen kleinen Seitenarm des Kong Oscar-Fjords bei sich besserndem Wetter, in den Alpfjord. Sieht man die Bilder, weiß man woher der Name kommt. Hier machten wir eine Zodiakfahrt durch eine wunderbare Bergwelt entlang zahlreicher Gletscher.
Abgelegen und Extrem: Ittoqqortoormiit
Es ging die ganze Nacht und den Vormittag südwärts. Der Kaiser Franz Josef-Fjord bleibt uns verwehrt, zu viel Eis blockiert die Durchfahrt. Unser Ziel war Ittoqqortoormiit. Es dürfte sich um eine der abgelegensten Siedlung auf Grönland handeln, gelegen am Eingang des Scorebysund Fjordsystems. Der nächstgelegene Ort ist etwa 500 Kilometer entfernt. Nur liegt der in Island, dazwischen das offene Meer. Und auf Grönland sind es 780 Kilometer zum nächsten bewohnten Ort. Hier an der Ostküste ist man eher isländisch geprägt, im Westen orientiert man sich eher an Kanada. Der grönländische Name Ittoqqortoormiit bedeutet Platz mit großen Häusern, hier leben aktuell 350 Menschen, Tendenz stark rückläufig.
Gegründet hat die Stadt der Däne Ejnar Mikkelsen 1925, unterstützt durch Dänemark. Auch hier spielte die Auseinandersetzung um Ostgrönland mit Norwegen eine große Rolle. In Ittoqqortoormiit finden sich Kirche, Schule, Altenheim, Krankenhaus, Polizeistation, Poststation, Museum, Buchladen, es gibt es sogar ein Touristenbüro, ein Gästehaus sowie eine kleine Kunstgalerie mit lokalen Produkten, vorwiegend aus Rentier oder Moschusochse. Produkte aus Eisbär, Walrossen oder Narwal werden ebenfalls angeboten, dürfen aber nicht in die EU eingeführt werden. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt minus 7,5 Grad Celsius, jetzt im August liegt sie bei plus 3,5 Grad. Man arbeitet vorwiegend in der Verwaltung und der Tourismus spielt inzwischen eine gewisse Rolle. Jagd und Fischerei haben dagegen an Bedeutung verloren, sind eher Hobby. Die Gemeinde hatte schon Mitte März ihre Quote von zehn erlegten Eisbären erreicht. Was sonst noch so abläuft, darüber schweigt man sich aus. Jedenfalls soll der Bürgermeister einen halben Container voll Eisbärenfellen besitzen. Alle natürlich aus den Jahren zuvor.
Zweimal im Jahr kommt ein Schiff mit Versorgungsgütern. Einmal, sobald das Eis aufbricht und dann kurz bevor wieder alles unerreichbar ist. Alkohol und Drogen sind hier wie in ganz Grönland ein großes Problem. So sollte man die Siedlung an Wochenenden eher meiden, so ein Guide. Hoch ist auch die Suizidrate. Ist man nicht mehr nützlich für die Gemeinde, ziehen manche – besonders ältere Menschen – daraus ihre Konsequenzen.
Richtung Sydkap: Nebelbogen und das Polarlicht
Die Fahrt ging weiter Richtung Sydkap. Wir erleben zum ersten Mal einen Nebelbogen. Sie entstehen genauso wie ein Regenbogen durch Lichtbrechung, nur sind sie etwa doppelt so breit und spalten das Licht nicht in seine Spektralfarben auf, bleiben weiß. Es folgt ein Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch und das Farbenspiel aus Rot und unzähligen Blautönen ist schon wunderbar.
Zwischen 23.30 Uhr und 1.30 Uhr sehen wir dann die ersten Polarlichter. Zwar nur schwach und wenig spektakulär, aber immerhin. So wird es eine kurze Nacht.
Aurora Borealis, das Nord-oder Polarlicht. Ursächlich dafür sind geladene Teilchen des Sonnenwindes, die auf die oberen Schichten der Erdatmosphäre treffen. Das Magnetfeld der Erde sorgt dafür, dass die Teilchen zu den Polen geleitet werden. Verbinden sie sich mit Stickstoff- oder Sauerstoffatomen entsteht dabei das Nordlicht. Hier in dieser Gegend sind die Lichter meistens grün, dafür ist der Sauerstoff zuständig. Zu sehen sind sie, wenn der Himmel dunkel und klar ist. Findet diese Reaktion doch in etwa 100 Kilometern Höhe statt, also weit oberhalb der Wolkendecke. Zudem müssen höhere Sonnenaktivitäten herrschen.
So richtig erforscht ist das Phänomen noch nicht. Kein Wunder, dass die Menschen in früheren Zeiten den Lichtern mit Angst und Respekt begegneten oder einfach von ihnen verzaubert wurden. Sie schufen Märchen und Sagen um die Nordlichter, brachten sie mit Göttern, Kriegern und Fabelwesen in Verbindung, auch Philosophen, Chronisten und Wissenschaftler befassten sich seit jeher mit ihnen.
Am Sydkap und Bear Island
Das Sydkap ist eine Landzunge zwischen dem Eingang von Nordwest Fjord und Nordwestbugt. Benannt hat man den Ort nach Carl Ryder’s 1891-92 Expedition als Syd Cap. Seit 1934 nutzen Jäger diesen Standort und hinterließen die Ruinen ihrer Häuser. 1946 errichteten ein dänischer Telegrafenmeister und seine grönländische Frau die heutigen Gebäude, eine stabilere Hütte und ein Lagerhaus. Ziel war der Fang von Lachs und Shrimps. Das endete jedoch schon ein Jahr später. Die Gebäude werden auch heute noch von Jägern genutzt, die sich hier regelmäßig aufhalten. Das Anlanden musste zwischenzeitlich für fünfzehn Minuten unterbrochen werden, da sich das Wasser auf einmal mehrere Meter vom Ufer zurückzog und ein Tsunami befürchtet wurde. Es gab dann auch drei bis vier Meter hohe Wellen, aber ohne weitere Konsequenzen, da hier das Ufer steil abfällt. Der Grund war ein sich drehender Eisberg zig Kilometer entfernt. Daran sieht man die Gewalt der Eisriesen, die es schaffen, in einem großen Fjord derartiges zu bewirken. Das hatten auch die Guides noch nicht erlebt.
Weiter geht es in Schleichfahrt mit fünf Knoten (7 km/h) bis zu unserem nächsten Ziel, dem Bear Island. Wir sahen jedoch keine Eisbären, auch wenn deren Auftreten einst bei der Ersterkundung der Bucht ihr den Namen gaben. Die langsame Fahrt durch den Fjord ist vorgeschrieben, zum Schutz der Meerestiere. Wir machen wieder eine zweistündige Zodiakfahrt vorbei an Eisbergen durch eine wunderschöne Fjordlanschaft mit Bergen ringsherum. Und dass bei schönstem Wetter. Am besten ist es, die Bilder sprechen zu lassen.
Rype Næs, ein Pflanzenparadies
Wir sind weiter südlich, bei Rype Næs. Vormittags halten wir uns auf dem Land auf. Nachmittags gibt es wieder eine Zodiakfahrt einen Gletscher entlang. Die Vegetation ist hier noch nicht so herbstlich wie weiter nördlich, hier blüht noch einiges und die Pflanzen sind für hiesige Verhältnisse recht üppig. Wie meist handelt es sich beim Landgang heute um eine Perimeterlandung. Das heißt, wir können uns in einem überwachten Bereich frei bewegen. Bei einem Landgang eruieren die Guides als Erstes, ob das Gelände weiträumig frei von Eisbären und Moschusochsen ist. Herrscht Nebel und damit keine gute Sicht, gibt es keine Anlandung. Scheint es alles in Ordnung zu sein, sichern mehrere Mitglieder der Expeditionscrew mit Signalwaffe und Gewehr das ganze Gelände an strategischen Punkten ab und überwachen das Areal kontinuierlich mit Ferngläsern. Sollte in der Ferne etwas gesichtet werden, muss alles sofort zurück. Bei Wanderungen wird ebenfalls erst das Gelände gesichert und die kleineren Gruppen müssen zusammenbleiben und werden meist von zwei bewaffneten Guides begleitet.
Zodiak und Moschusochsen
Mit dem Zodiak ging es später einem nahe gelegenen Gletscher am Terrassepynt entlang, der sich aber recht ruhig zeigte. Keine Kalbungen, auch wenig Eis und keine größeren Eisberge.
Dafür ließen sich am Hang in etwas über einem Kilometer Entfernung eine Gruppe Moschusochsen blicken, diesmal nicht nur als schwarze Punkte in der Ferne. Männliche Tiere werden bis zu 1,50 M hoch und sie leben noch in der arktischen Tundra in Grönland, Kanada und Alaska. Kleinere Herden ursprünglich grönländischer Tiere finden sich heute auch in Norwegen und Schweden. Der Gesamtbestand wird heute auf etwa 145.000 Tiere geschätzt.
Der Sprung ins kalte Wasser und ein Barbecue
Der Sprung ins kalte Wasser. Der hat für mich Tradition. Erstmals ging es in der Antarktis bei Deception Island in die eisigen Fluten, dann letztes Jahr in der Arktis bei Spitzbergen und jetzt eben im Osten Grönlands. Diesmal hat das Wasser etwa Null Grad Celsius, sechs oder sieben andere folgten. Brauchten aber teils mehrere Anläufe, kann bei einem Kopfsprung nicht passieren. Anschließend gab es noch ein Barbecue am Oberdeck. Bevor es in die Bar ging. Hat was.
Eine kleine Nachtfahrt
Heute geht es schon um 4.30 Uhr in der Nacht raus. Geplant war erst eine Anlandung, aber das Schiff kam nicht nah genug an den möglichen Landepunkt heran, der Fjord war durch zu viel Eis blockiert. Also machten wir eine Zodiaktour bei Vollmond durch die Eiswelt. Hat auch etwas. Der Grund für den frühen Termin ist ein aufziehendes Sturmtief. Wir müssen zurück nach Island durch die Dänemarkstrasse, offene See. Das Zentrum des Sturmtiefes will der Kapitän umfahren, insofern hat man das Programm angepasst. Flexibilität ist auf einer solchen Reise tagtäglich gefordert.
Die Fahrt zum offenen Meer hin geht anschließend durch den Øer-Fjord und durch den Scoresby Sund, mithin der größte Fjord weltweit. Er ist etwa 110 km lang, mit den Seitenarmen sogar 350 km. Die maximale Tiefe beträgt 1450 m. Die breiteste Stelle beträgt 29 km, die Berge ringsherum erreichen eine Höhe von 2000 m. Die Fahrt meist bei Sonnenschein ist traumhaft, es dominieren Blautöne aller Art. Der Kontrast der Farben ist ein einmaliges Schauspiel, man verbringt Stunden auf dem Deck im eisigen Fahrtwird. Der Kapitän muss ganzschön manövrieren, da unzählige kleinere und größere Eisberge den Fjord entlang treiben. Was ihm, nach eigener Aussage, viel Spaß macht. Auch hier gilt, lassen wir die Bilder sprechen.
Die Rückfahrt, anders als erhofft
Zweieinhalb Tage offene See. Durch die Dänemarkstrasse. Die Rückfahrt nach Island durch die Dänemarkstrasse war anders als erhofft. Keine Walbeobachtungen oder das offene Meer genießen. Wir brachen ja früher auf, cancelten die Westfjorde Islands – hier war der Stopp an einem berühmten Vogelfelsen angedacht. Die Häfen im Norden Islands sind geschlossen, es gilt roter Alarm aufgrund der Wetterprognose. Es zieht ein starkes Sturmtief auf, dass die Besatzung in ihren 15 Jahren so noch nie erlebt haben will. Die höchsten Wellen lagen bis dato laut der Mannschaft bei etwa sechs Metern, bei diesem Sturm werden elf Meter prognostiziert. Der Kapitän versucht jetzt das Sturmzentrum zu meiden – wir hätten direkt hindurch müssen, fährt nördlicher.Hier sollen die Wellen nur sieben Meter betragen. So war die Hoffnung. Los ging es mit der offenen See um die Mittagszeit, wir brauchten noch rund einen Tag, um überhaupt das Meer zu erreichen. Die etwas schützende Nordküste Islands erreichten wir etwa zwei Tage später Reykjavik am Montagabend nach zweieinhalb Tagen. Relaxen, Wal-und Delphinbeobachtungen oder Sichten der Aufnahmen war jedenfalls nicht möglich. . Bis dato hatten wir übrigens meist gutes Wetter. Nur bei der Rückfahrt halt nicht.
Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz, Ausnahmen: Polarplunge und Rückfahrt: Shayne McGuire
Spannende Berichte und viele schöne Bilder etwa von Eisbären, Walrossen, faszinierenden Landschaften, von Kunst und Antikem sowie den Kajaktouren auf offener See erwarten euch.
Freitag, 1. Juli 2022: Früh morgens erstmal ein PCR-Test, ohne ihn und vollständige Impfung geht es nicht an Bord der MS Sea Spirit. Gegen 16 Uhr erfolgte die Einschiffung auf das Expeditionsschiff und die obligatorischen Sicherheitseinweisungen, was recht zügig vor sich ging. Obwohl wir mit den Tenderbooten, sogenannten Zodiacs zum Schiff gebracht werden mussten, war die Reede doch belegt. Kurz die Kabine bezogen, die recht großzügig ist und komfortabel mit ihren rund 20 Quadratmetern. Dies hier ist noch ein klassisches Schiff, viel mit Holz und Messing, es hat gerade mal fünf Decks. An Bord sind 68 Passagiere aus den unterschiedlichsten Ländern und 72 Crew-Mitglieder. Hinzu kommen noch einmal 13 Mitglieder des Expeditionsteams.
Gebaut wurde das Schiff 1991 in Italien und 2016 und 17 renoviert. Es kann maximal 114 Gäste an Bord nehmen. Gegessen wird in einem a la Card-Restaurant, darüber hinaus bietet es eine größere Lounge für Vorträge, die alle in Englisch mit deutscher Simultanübersetzung gehalten werden. Zudem finden sich eine Bücherei, Club Lounge, Outdoor-Bistro und sogar ein Jacuzzi an Bord. Die Länge ist knapp 91 m, die Breite etwas über 15 m und die maximale Geschwindigkeit 15 knoten. Normalerweise hat das Schiff eine offene Brücke, sprich jeder kann sie besuchen und sich mit dem Kapitän unterhalten. Das ist aufgrund von Corona derzeit jedoch nicht möglich.
Wir sind über Nacht rund 110 Seemeilen nördlich gefahren und haben am Morgen Ny-Ålesund erreicht, die nördlichste Siedlung der Welt. Hier befinden sich in der ehemaligen Bergbausiedlung heute zwölf Forschungsstationen aus neun Ländern, auch aus Deutschland. Themen sind u. a. die Atmosphärenforschung, der Klimawandel und Umweltverschmutzung.
Der Ort hat auch eine interessante Geschichte, was Arktisexpeditionen angeht. Starteten hier doch drei Expeditionen, etwa von Amundsen und Nobile. Mit Luftschiffen versuchte man damals den geographischen Nordpol zu erreichen. Der magnetische Pol bewegt sich und liegt ohne weiteres hunderte Kilometer entfernt.
Der 35 m hohe Ankermast, an denen die Luftschiffe festgemachten, steht heute noch. Hin geht es aber nur mit einem bewaffneten Guide, denn es ist Eisbärenland. Am 11. Mai 1926 startete von hier aus das Luftschiff Norge, um den Nordpol mit Roald Amundsen als Leiter und 16 weiteren Männern an Bord zu erreichen. Umberto Nobile war Führer des Luftschiffes. Am 12. Mai um 1 Uhr 25 erreichten sie ihr Ziel, und warfen die norwegische, italienische und amerikanische Flagge über dem Pol ab.
Gleich am Ortseingang vom Anleger aus findet sich eine alte Schmalspurbahn, die Lok stammt aus Deutschland, gebaut 1909 in Berlin und 1977 hierher transportiert. Damals wurde die Kohle in großen Zügen von den Minen zum Hafen transportiert und mit dieser kleinen Lokomotive an den Anleger auf die Schiffe gebracht.
In dem Ort finden sich weiter ein Museum, ein Souvenirladen, Hotel – nur für Wissenschaftler und eine Briefpost. Die alten Gebäude stehen größtenteils noch und wurden renoviert. Übrigens lässt man hier alle Fahrzeuge und Häuser wie in Longyearbyen immer unverschlossen. So kann man – sollte ein Eisbär auftauchen, sich in ein Auto oder Haus retten.
Nach einen Sicherheitsbriefing an Bord was Eisbären und den Umgang auf den Zodiacs angeht erreichten wir am frühen Nachmittag den St. Jonsfjorden und machten mit den Zodiaks einen Landgang. Vor einer großen Felswand voll von Vogelnestern findet sich eine interessante Vegetation. Für das Pflanzenwachstum sorgt der Kot der Vögel, Guano.
Zudem lassen sich hier von Land aus die kalbenden Gletscher beobachten und besonders beeindruckend sind immer wieder die Geräusche, die Gletscher von sich geben. Manches klingt wie Donnerhall, anderes eher wie lautes Knirschen. Wenn man die abbrechenden Eismassen hört und lokalisiert, ist es jedoch für Aufnahmen meist zu spät. Licht ist halt viel schneller als Schall.
Bei der Rückfahrt zum Schiff ging es noch an einer Felswand direkt an Wasser vorbei, wo sich zahlreiche Papageientaucher finden. Der einzige Ort auf Svalbard, wo man diese prächtigen Vögel beobachten kann.
Bei einem Landgang eruieren die Guides als Allererstes, ob das Gelände weiträumig auch Eisbärenfrei ist. Herrscht Nebel und damit keine gute Sicht, gibt es keine Anlandung. Scheint es alles in Ordnung zu sein, sichern sieben oder acht Mitglieder der Expeditionscrew mit Signalwaffe und Gewehr das ganze Gelände an strategischen Punkten ab und überwachen das Areal kontinuierlich mit Ferngläsern. Bei Wanderungen wird ebenfalls erst das Gelände gesichert und die kleineren Gruppen müssen zusammenbleiben und werden von zwei bewaffneten Guides begleitet.
Smeerenburg und Virgohamna, ein selten besuchter Ort
Smeerenburg auf der Insel Danskoya ist unser Ziel am Sonntagmorgen. Es ist eine ehemalige Walfangstation. wir sind jedoch vor allem wegen einer Kolonie von Walrossen hier. Man kann so an die 50 Meter an sie heran, immer gegen den Wind und nur von einer Seite, um sie nicht zu stören. Zudem man hat leise zu sein, gut für die Filmaufnahmen, der O-Ton ist somit gesichert. Mehr zu den Walrossen zu einem späteren Zeitpunkt. Der Besuch hat sich gelohnt. Ansonsten sieht man hier nur viel altes Holz der verfallenen Gebäude und Grundrisse der Öfen, mit dem man das Öl aus dem Tran gewonnen hat.
Der Walfang begann auf Smeerenburg um 1606 und dauerte bis etwa 1750, dann gab es keine Wale und auch keine Walrosse mehr, die nach den Walfischen dran glauben mussten. Der Bartenwal war das Hauptziel, er ist recht langsam und damit leicht zu jagen. Sechs Männer auf einem kleinen Ruderboot verfolgten und harpunierten die Wale, dann zog man sie an Land, zerteilte sie und siedete den Tran. Ein blutiges Geschäft. Zu den Hochzeiten lebten und arbeiteten 200 Menschen hier, es war ein sehr hartes Geschäft, obwohl die Station nur im Sommer besetzt war. Entsprechend hoch war die Todesrate bei den Walfängern, so fand man allein in Smeerenburg 101 alte Gräber. Walfänger wollten dort beerdigt werden, wo sie starben.
Mit dem Tenderboot ging es anschließend auf eine benachbarte Insel, nach Amsterdamya zu dem Ort Virgohamna. Dies ist der archäologisch wichtigste Ort auf Spitzbergen, nur mit einer selten erteilten Sondergenehmigung des Gouverneurs, darf man hier anlanden. Obwohl der Ort auf den ersten Blick eher wie ein alter Schrottplatz aussieht. Virgohamna spielte in der Erforschung des Nordpols ab dem Ende des 19. Jahrhunderts mit Luftschiffen eine sehr wichtige Rolle. Starteten von den acht Polarexpeditionen allein fünf von hier, die restlichen drei von Ny-Ålesund. Letztendlich scheiterten alle, das aber ist eine andere Geschichte.
Was man schnell mal als Schrott ansehen mag, ist der Grund, warum man eine Genehmigung des Gouverneurs benötigt, um hierher zu kommen. Alles was hier rum liegt ist streng geschützt, sind Überbleibsel der Polarexpeditionen. Das Holz und einige Grundrisse sowie mehrere Gräber sind aus der Walfangzeit zwischen 1606 und 1730, die Metalle, Reste eines großen Hangars, Keramik, Eisenhaufen, Fässer, Ziegel und vieles mehr stammen aus der Ära der Polarexpeditionen etwa von 1890 bis 1926. Gut geeignet war diese Bucht für Walfänger wie Polarreisende, weil Ausläufer des Golfstromes sie frei von Eis halten.
Nachmittags gab es dann noch eine Fahrt mit den Tenderbooten die Gletscher in Hamilton Bukta entlang, die ließ ich jedoch aus. Denn für mich stand die erste Kajakausfahrt im offenen Meer an. Sechs Teilnehmer nutzen anstelle von Bootsfahrten oder einigen Landausflügen das Kajak, um in dieser einmaligen Umgebung unterwegs sein. Eine Zusammenfassung der insgesamt sechs Kajaktouren gibt es zu einem späteren Zeitpunkt. Nur so viel, eine Kajakfahrt im Eismeer ist schon etwas Besonderes.
Abends sind wir dann noch in einen schönen Fjord eingelaufen, und hier sahen wir sie zum ersten Mal live, wenn auch aus einiger Entfernung. Eine Eisbärenmama mit zwei Jungen. Dafür steht man schon eine Weile im eisigen Wind an Bord des Schiffes herum und das bald gegen Mitternacht. Auch wenn man ein Fernglas benötigt, es ist schon etwas Besonderes.
Am Monacobreen-Gletscher und der Texas-Bar
Am Montag ging es für mich und fünf weitere gleich wieder mit dem Kajak los, während die anderen Gäste eine Zodiac-Tour den Monacobreen-Gletscher entlang machten. Es ist einfach fantastisch, nah an der Gletscherzunge entlang zu fahren, so aus etwa 200 m Sicherheitsabstand, da der Gletscher immer wieder kalbt und größere Wellen erzeugen kann.
Nachmittags machten wir dann eine Wanderung von etwa zwei Stunden bei der Texas Bar, so der Name der Landestelle. Schwerpunkt dieser Tour war die Botanik, finden sich hier doch einige Pionierpflanzen und weiteres blühendes Gewächs. Was naturgemäß alles sehr klein ist und extrem langsam wächst. Deswegen sollte man auch aufpassen, wohin man tritt. Auch hier findet sich ein Vogelfelsen, der für den Dünger und die Nährstoffe sorgt.
Die Texas-Bar findet sich etwas erhöht nahe dem Strand. Es ist eine kleine, Eisbärensichere Trapperhütte etwa aus den 20er-Jahren. Auch heute gibt es noch zwei Trapper, die hier unterwegs sind und Rentiere und mit Sondergenehmigung auch Polarfüchse jagen dürfen.
Diese Bar ist von einem der bekannten norwegischen Trapper gebaut worden, von Hilmar Neuss. Er überwinterte hier über 38 Jahre, wollte Eisbären und Füchse vor allen in dieser Jahreszeit jagen. Dann hatten die Tiere ihr Winterfell, was dichter und schöner ist als das Sommerfell. Und damit deutlich mehr wert ist. Besonders wertvoll war der Blaufuchs, etwa genauso viel wie ein vielfach größeres Eisbärenfell. Um den Fuchs zu fangen, baute man steinerne Fallen, Schlagfallen. Dazu legte man einen Köter in die Falle, etwa ein Ei oder ein Stück eines Vogels. Ist der Fuchs rein und zog an dem Köter, fiel die Falle zusammen und erschlug ihn.
Abends fuhr das Schiff dann weiter gegen Norden, so dass wir den 80. Breitengrad gegen 21 Uhr überquerten. Hier gibt es eine flache Insel mit Walrosskolonien. Man darf aber nur bis 300 m heran, da es ein Naturschutzgebiet ist.
An der Packeisgrenze
Um 7.40 Uhr am Morgen haben wir die Packeisgrenze erreicht, fahren jetzt die nächsten Stunden an ihr entlang gen Osten. Crewmitglieder beobachten das Packeis, ob sich irgendwo Leben zeigt. Hier hat man recht gute Chancen, Robben und Eisbären zu sehen. Sahen wir aber nicht.
Die Packeisgrenze liegt auf 81°22.149‘. Von hier aus ginge es nur noch auf dem Packeis oder mit einem großen Eisbrecher Richtung Nordpol – aber nur im Sommer, sonst ist das Eis zu dick. Der Pol ist noch rund 500 nautische Seemeilen entfernt, etwa 900 Kilometer. Die Temperatur an Bord ist um die Null Grad, es scheint die Sonne. Erstmals seit wir Longyearbyen verlassen haben, bis dato hatten wir immer tiefhängende Wolken. Für uns ist das der nördlichste Punkt dieser Reise.
Die Seven Islands
Am späteren Nachmittag erreichten wir dann die südwärts gelegenen Seven Islands. Auf der Insel Philippsøya gingen wir an Land. Auch hierfür braucht man eine Genehmigung. Für uns ist es der nördlichste Punkt auf Spitzbergen. Zuerst wird wie üblich das Gelände sondiert, nahezu jede zweite Anlandung muss abgebrochen werden oder findet nicht statt, zu viele Eisbären sind in der Gegend. Heute jedoch nicht. Mitglieder der Expeditionscrew sichern verschiedene Taleingänge von erhöhten Punkten ab, zusätzliche Zodiacs liegen am Ufer, um im Notfall die Leute schnell abtransportieren zu können. Auch im Wasser fahren Crewmitglieder mit den Tenderbooten Patrouille, Eisbären können ja schließlich schwimmen.
Der Strand ist übersäht von Treibholz, ganze Stämme finden sich zuhauf. Das Holz wird von Sibirien bis hier her angetrieben. Mit ihm kommt das Plastik. Es ist üblich, dass die Besucher und Guides bei Landgängen angeschwemmte Plastikabfälle und Seile, in diesem Fall sogar ein ganzes Fischernetz aus Kunststoff einsammeln, an Bord mitnehmen und im Hafen entsorgen. Drei Sack voll kommen hier zusammen, daran sieht man auch, dass hier nur wenige Schiffe anlanden. Zudem steht hier eine alte Trapperhütte von 1936. Sie wird heute noch genutzt, etwa in Notfällen oder wenn der Gouverneur Kontrollfahrten macht.
Kraemerpynten und die Eisbären
Die ganze Nacht ging es Richtung Osten. Wir versuchen, einen besonderen Ort zu erreichen, die einsame Insel Kvitøya. Besonders insofern, als dass Expeditionsleiter Chris es in den letzten zehn Jahren nicht geschafft hat, an diesem Ort anzulanden. Immer musste man umkehren, starker Winde wegen oder des Eises. Doch es scheint, dass wir von den Wetterprognosen her Glück haben könnten. Wir hatten es.
Morgens angesagt war erst eine Zodiactour bei Kraemerpynten entlang des Gletschers. Die Insel ist zu 99 Prozent mit Eis bedeckt, rund 40 x 20 km groß und die höchste Erhebung ist rund 400 m. Die Sonne schien, der Himmel war blau. Doch mit der Tour die Gletscher entlang wurde es nichts. Der Grund: drei Eisbären, eine Mama mit ihrem Kleinen und ein weiteres Einzeltier. Es ist einfach fantastisch, sie kamen zum Ufer, beobachteten uns, spielten und fraßen, wir konnten bis auf 100 m ran. So blieben wir über zwei Stunden bei den Eisbären, konnten wunderbare Aufnahmen machen, einfach fantastisch. Mehr dazu im nächsten Footprint. Dann tauchten auch noch Walrosse auf, einzelne räkelten sich auf Eisschollen, es war eigentlich nicht mehr zu toppen. Allein schon wegen diesem Morgen lohnte die ganze Reise. Nur ein Problem hatte ich, allein von diesem Morgen mehr aus 500 Aufnahmen…, darunter einige Serienaufnahmen.
Nanook – der große Wanderer
Es ist schon etwas Besonderes, Eisbären in der freien Natur zu beobachten. Wir hatten schon am dritten Tag das Glück, gleich eine Mama mit zwei Jungen zu beobachten – aus der Ferne vom Schiff aus. Am fünften Tag dann noch einmal eine Begegnung mit drei Tieren bei Sonnenschein auf dem Eis und aus der Nähe. Ein weibliches Tier mit Nachwuchs und ein einzelner Eisbär. Über zwei Stunden lang ließen sie sich studieren, kamen uns sogar bis an das Ufer entgegen, so dass nur 100 m zwischen uns lagen. Traumhaft.
Der Polarbär, Ursus maritimus oder wie die Inuit sagen, Nanook – der große Wanderer ist eines von den größenen Tieren hier auf Svalbard, neben Walrossen, Polarfüchse und Rentieren. Männchen werden um die 500 bis 700 kg schwer, Weibchen 200 bis 400 kg. Gejagt wurden sie auf Spitzbergen bis 1973, seitdem sind sie geschützt. Weltweit soll es noch um die 20.000 bis 25.000 Eisbären geben, in Kanada und Grönland bejagt man sie weiterhin legal, 1000 Tiere pro Jahr. Früher hatte man sogar fallenartige Selbstschussanlagen gebaut, um die Bären zu töten.
An Land erreichen die Bären eine Geschwindigkeit von bis zu 40 km/h, deutlich mehr als normale Menschen. Im Wasser erreichen sie immer noch 10 km/h, als vergleich, wir sind mit den Kajaks ungefähr fünf bis sechs Kilometer schnell. Zudem sind sie sehr gute und ausdauernde Schwimmer. Forscher fanden heraus, dass ein GPS überwachter Bär an einem Stück 687 km im Meer in neun Tagen zurücklegte und dann an Land noch einmal 1800 km unterwegs war. Während dieser Zeit verlor er 30 Prozent seines Gewichts. Eine Ausnahme. Aber Schwimmeinlagen von 300 km am Stück sollen keine Ausnahme sein. Alt werden sie 25 Jahre, Weibchen leben länger als die männlichen Eisbären.
Interessant auch, es gibt Kreuzungen zwischen Eisbär und Grizzly-Bär, der Nachwuchs ist sogar fruchtbar. Während Eisbären reine Fleischfresser sind, leben Grizzlys zu 80 Prozent vegetarisch. Der Nachwuchs richtet sich nach der Mutter. War es eine Eisbärin, wird Fleisch gefressen, war es ein Grizzly, lebt er gerne vegetarisch.
Bei einem Landgang eruieren die Guides aus Sicherheitsgründen als Allererstes, ob das Gelände weiträumig auch Eisbärenfrei ist. Herrscht Nebel und damit keine gute Sicht, gibt es keine Anlandung. Oder wenn Eisbären gesichtet werden. Scheint alles in Ordnung, sichern sieben oder acht Mitglieder der Expeditionscrew mit Signalwaffe und Gewehr das ganze Gelände an strategischen Punkten ab und überwachen das Areal kontinuierlich mit Ferngläsern. Auch das Meer wird mit Zodiacs überwacht. Bei Wanderungen wird ebenfalls erst das Gelände gesichert und die kleineren Gruppen müssen zusammenbleiben und werden von zwei bewaffneten Guides begleitet. Dennoch gab es auch auf Spitzbergen schon Todesfälle im Zusammenhang mit Eisbären, etwa vor zwei Jahren auf dem Campingplatz in Longyearbyen. Ist aber überaus selten. Muss ein Eisbär erschossen werden, zieht das lange und unangenehme polizeiliche Ermittlungen nach sich.
Andreeneset, nur selten zu erreichen
Nachmittags wollten wir dann im Westen bei Andreeneset anlanden. Jedoch wurde ein Polarbär gesichtet (Nummer 7), schlafend und 5 km von der Anlandestelle entfernt, also sollte es nur eine Zodiac-Tour geben. An einem Felsen im Meer tummelten sich gut und gerne 200 Walrosse auf engstem Raum. Weiter zu der ursprünglichen Anlandestelle, um wenigsten ein besonderes Denkmal von Wasser aus zu sehen. Die Crew hat es seit zehn Jahren wie viele andere nicht mehr geschafft, hier anzulanden. Nur wenige Besucher schafften es überhaupt. Das Wetter erlaubt es nur an etwa 20 Tagen im Jahr, wir haben heute blauen Himmel, Windstille, und dann liegt da ein Polarbär herum. Das Besondere an diesem Ort: In etwa 300 km Entfernung musste der Ballon von Andree, Strindberg und Fraenkel notlanden. Die drei Männer starteten im Oktober 1897 von Virgohamna aus, um den Nordpol zu erreichen. Sie schlugen sich auf driftenden Eis bis hierher durch. Doch auf der einsamen, abseits gelegenen Insel hatten sie keine Chance zu überleben und starben etwa nach drei Wochen. Suchaktionen fanden die Männer nicht. Entdeckt wurde die Absturzstelle 1930 zufällig, als eine Expedition nach Franz-Josef-Land aufbrach, um dort eine Wetterstation zu errichten. Die Gebeine wurden geborgen und in Stockholm beerdigt. Strindberg hatte eine Braut, die erst 18 Jahre später loslassen konnte und einen anderen Mann heiratete. Bei ihrem Tod 1947 verfügte sie, dass ihr Körper bei ihrem aktuellen Mann bestattet wird und ihr Herz bei dem in Stockholm bestatteten Verlobten Strindberg. So geschah es auch.
Doch der Expeditionsleiter entschied, nachdem sie das Gelände vom Boot aus sondiert hatten und mit der Drohne aus der Luft kontrollierten, dass man doch anlanden könnte, Boot für Boot und recht kurz. Also raus mit fünf bewaffneten Crew-Mitliedern, die das Gelände absicherten. Der Bär schlief noch und wir waren gegen den Wind, so dass er keine Witterung aufnehmen konnte. Also raus aus dem Boot und hin zu dem Denkmal. So gehören wir nun zu den wenigen Menschen, die an diesem Ort waren, der für Svalbard – Spitzbergen – eine besondere historische Bedeutung hat.
Am Gletscher Brasvellbreen bei Sonnenschein
Am Donnerstagmorgen lagen wir bei Sonnenschein vor dem Gletscher Brasvellbreen mit wunderbaren Ausblicken auf die Eismassen. Auch dieser Gletscher verändert sich deutlich durch die Klimaerwärmung, so fließt das Schmelzwasser heute unterirdisch ab, da sich viele Gletscherspalten gebildet haben. Früher vor einigen Jahren floss das Wasser oberirdisch ab, bildete an der Abbruchkanten wunderbare Wasserfälle. Die gibt es nicht mehr, dennoch lohnt der Blick.
Etwas später erreichten wir Torellneset, unseren nächsten Stopp. Für die meisten stand eine Zodiac-Tour an, während ich wieder ins Kajak stieg. Hier findet sich eine Walrosskolonie. Zahlreiche Tiere tummeln sich diesmal im Wasser, vor allem Jungtiere spielen in der Brandung. Ihnen kann man sich so auf 20 bis 30 Meter mit dem Kajak nähern. Wir beobachteten zwei Jungtiere in etwa 20 m Entfernung, die aber dann abtauchten und verschwunden waren. Also weiter gepaddelt. Auf einmal ein Schlag von hinten an unser Boot, sie sind direkt hinter uns beiden aufgetaucht und untersuchten und schubsen das Kajak. Alex aus den USA ist mein Paddelkollege. Ein seltenes und harmloses Erlebnis – sind halt neugierig, und die Tiere so aus der Nähe zu sehen ist schon etwas Besonderes. Anders wäre es bei einem ausgewachsenen Männchen, hier heißt es Abstand gewinnen. Dann wäre es tatsächlich gefährlich. Zu den Walrossen nachher mehr.
Anschließend landeten wir mit den Kajaks noch an, um kurz die Kolonie von Land aus zusehen, bevor es die drei Kilometer über offene See zum Schiff zurückging.
Die Brünnich´s Guillemont in Alkefjellet
Nachmittags in Alkefjellet gleich die nächste Kajak-Tour, so waren wir an diesem Tag bald fünf Stunden unterwegs. Diesmal ging es nah an der Küste entlang, nur wenige Meter entfernt an dem rund 100 m hohen Cliff. Es erinnert an eine Skyline einer Stadt mit Wolkenkratzer. Das war ein weiterer Höhepunkt dieser Tour. Hier brüten um die 60.000 Pare Dickschnabellummen, in kleinsten Nischen im steilen Fels. Rings um uns herum flattern und schwimmen tausende Vögel, teilweise nur einen Meter entfernt. Zu Starten von der Wasseroberfläche brauchen sie einen langen Anlauf, schon lustig die etwa 40 cm großen Vögel dabei aus nächster Nähe zu beobachten. Die Geräuschkulisse, einmalig. Auch der Geruch.
Die Brünnich´s Guillemont, wie die Vögel hier heißen, sind sehr schlechte Flieger, aber wunderbare Schwimmer. Deswegen verbringen sie ihr Leben lieber im Wasser als in der Luft. Schwimmend erinnern sie stark a Pinguine. Sie tauchen ohne Probleme 100 m tief, manche sogar 150 m bleiben dann bald zehn Minuten unter Wasser, werden bis zu 30 Jahre alt. Vor einigen Jahren hat die BBC dieser weltweit einmaligen Brutstätte eine eigene Dokumentation gewidmet. In einem Schneefeld sahen wir auch den ersten Polarfuchs, sind selten geworden. Aber sie halten sich gerne dort auf, wo Vögel brüten. Die Nahrung ist dann nicht weit.
Walrosse, Giganten der Arktis
Auf Spitzbergen findet sich das Atlantik-Walross, von dem es noch um die 20.000 Exemplare geben soll. Es gibt zudem das Pazifik-Walross mit einem Bestand von 200.000 Tieren. In Spitzbergen sind sie streng geschützt, in Kanada oder Grönland werden sie noch gejagt. Das Weibchen wird etwa 3 m lang, wiegt 1200 kg, das Männchen ist 3,60 m groß und bis zu 1900 kg schwer. Das Alter lässt sich anhand der Zähne bestimmen, sie werden in freier Wildbahn um die 30 bis 40 Jahre alt. Ihre langen Zähne dienen Revierkämpfen und zur Verteidigung etwa gegenüber Eisbären. Die greifen Walrosse normalerweise nicht an, da sie sich gemeinsam verteidigen.
Ein krankes Tier oder ein Jungtier, das abgesondert wurde, kann schon mal von einem Eisbären erlegt werden. Vor allem von Mollusken leben die Tiere, an einem Tag vertilgen sie um die 70 kg Muscheln, indem sie sie aussaugen. Manchmal erbeuten sie aber auch Seehunde oder Vögel. Im Wasser erreichen Walrosse Geschwindigkeiten von über 30 km/h und können bis zu 45 Minuten und bis 500 m tief tauchen. Üblicherweise bleiben sie aber nur um die fünf Minuten unter Wasser. Alle drei Jahre können sie ein Junges gebären, die Sterblichkeitsrate bei dem Nachwuchs liegt bei 25 Prozent.
Kapp Waldburg und Kapp Lee
Kapp Waldburg ist unser nächstes Ziel. Es geht wieder mit dem Kajak raus, die Küste entlang. Hier herrschte ein etwas höherer Wellengang, zum Teil mussten wir gegen eine stärkere Strömung ankämpfen. Und ja, es ist Salzwasser. Das Kajak tauchte in den Wellen unter, die Gischt spritzte manchmal ins Gesicht. Macht Spaß. Besonders die Anlandung, man surft manchmal kurz die Wellenkämme entlang, dann hieß es Full Speed um auf dem Kiesbett anzulanden. Hier findet sind etwa 100 bis 200 m vom Ufer entfernt ebenfalls ein Vogelfelsen, es ist schon irre, wie wenig sich die Vögel um Menschen kümmerten. Und es war ein Lärm, den die Vögel verursachten. Einfach schön. Man konnte bis auf wenige Meter an die Kittywakes, Trottellummen herankommen. Die um die 40 cm großen Vögel nisten in steilen Felsnischen und legen nur zwei Eier. Mehr Platz gibt es nicht im Nest. Hier sind sie scheinbar sicher vor dem Fuchs. Der streifte auf den Grünflächen herum, hält sich dort auf, wo er Nahrung erbeuten kann. Es ist der Zweite, den wir beobachten konnten. Er kann gut klettern, so dass er immer wieder Beute macht. Die Vögel attackieren den Fuchs nicht, kommt er zu nah fliegen sie einfach weg und überlassen Eier oder Brut dem Polarfuchs. Er ist kleiner als unser Rotfuchs, etwa 55 bis 75 cm und nur drei bis neun Kilogramm schwer. Und kann Temperaturen bis – 70 °C überstehen.
Rund drei Stunden später konnten wir an Kapp Lee anlanden. Seit rund 1600 diente dieser Platz als Schlachthaus. Hier wurden bald 400 Jahre unzählige Eisbären, Walrosse und Rentiere ausgenommen. Noch heute liegen unzählige Knochen herum. Von den alten Hütten finden sich noch Fundamente. Einige Trapperhütten aus dem 19. Jahrhundert stehen noch. Zudem finden sich alte Gräber von Walrossjägern.
Wir sind jedoch wegen einer Kolonie an Walrossen hier, die sich wunderbar von einer Anhöhe beobachten lassen. Auch mehrere Rentiere lassen sich blicken, in den rund zwei Stunden bleibt Zeit für schöne Beobachtungen und zahlreiche Fotos. Einige der Walrosse haben Übrigens eine rötliche Färbung, es scheint die Sonne und ist verhältnismäßig warm. Ist ihnen warm, wird die Fettschicht durchblutet und Wärme abzuführen, Das führt zu der Farbänderung. Sind sie immer Wasser oder ist es kälter sind sie braun, dann wird die dicke Fettschicht nicht mehr durchblutet, um keine Wärme zu verlieren.
Wanny Waldstad – die erste norwegische Trapperin
In Gnålodden, unserem nächsten Anlandepunkt, findet sich eine Trapperhütte aus den 30er-Jahren, die einen berühmten Besitzer hatte: Wanny Waldstad. Die Frau war die erste Taxifahrerin in Tromsøe und später die erste norwegische Trapperin auf Spitzbergen, von 1932 bis 1937. Sie überwinterte auch mehrere Jahre hier und war eine sehr erfolgreiche Jägerin. Später erwarb sie eine Farm auf dem Festland in Norwegen und reiste dann als durch die Lande, von ihrem Leben zu erzählen. Das endete im Alter von 66 Jahren bei einem Busunfall in Tromsøe.
Einen Vogelfelsen in der Nähe muss man erklimmen. Eine anstrengende Tour, bei ungewöhnlichen 10 °C, den Abhang hinauf bis zum Fuß des Felsens. Dafür hat man dann aber auch die Vögel aus der Nähe und einen wunderbaren Blick ins Tal.
Nachmittags gleich ins Kanu bei Samarinvågen (Kanutour Nr. 6). Es ging etwa 4,5 Kilometer in der Bucht zu einem fantastischen Gletscher, bei Windstille, glatter See und 10 °C. Wir haben schon bald fünf Tage Sonnenschein, seit wir die Packeisgrenze verlassen haben. Jetzt ist keine Wolke am Himmel zu sehen. Mehr als ungewöhnlich, wie unsere Kajakguides Eloisas aus Argentinien und Eduardo aus Peru erzählen, und das bisher beste Wetter in dieser Saison. Traumhaft mit dem Kajak hier entlang zu paddeln. Deswegen macht man solche Reisen, und der Eisbären und Walrosse wegen, natürlich. Ein junger Buckelwal ließ sich in dieser Bucht auch noch blicken.
„Lets play with the icecubes”, war dann die Aufforderung Eloisas, mit den Kajaks in die treibenden Eisblöcke des kalbenden Gletscher zu paddeln. Was wir mit Elan auch taten, bevor wir zurück zum Schiff mussten. Der Zeit wegen im Tenderboot, denn es stand ja noch der Polarplunsch an. Sprich, der Sprung ins etwa 1° C warme Wasser vom Zodiak aus, was dann 14 Teilnehmer taten. So auch ich. Damit bin ich jetzt in der Antarktis und in der Arktis geschwommen und war auch in beiden Regionen mit dem Kajak unterwegs. So viele gibt es nicht, die das schafften.
Auf dem Weg zum nächsten Stopp zeigte sich in einer Bucht auch ein Buckelwal. Zwar aus einiger Entfernung, aber immerhin. Für einige gute Aufnahmen der hinteren Flosse beim Abtauchen reichte es.
Der Sprung ins kalte Wasser
Der Polarplunsch, sprich ein Sprung ins etwa 1° C warme Eismeer vom Zodiak aus. Das ist Tradition und gehört dazu, besonders für die sechs Kajaker. 14 wagten den Sprung ins eisige Wasser. So auch ich. Damit bin ich jetzt in der Antarktis und in der Arktis geschwommen und war auch in beiden Regionen mit dem Kajak unterwegs. So viele gibt es nicht, die das schafften.
Bamsebu, Schlachtplatz vergangener Zeiten
Zehn Tage sind wir schon in der Arktis unterwegs, es ist wieder Sonntag und wir haben Bamsebu im Süden von Spitzbergen erreicht. Hier finden sich noch die Reste einer 1930 gebauten Station, die zum Walfang (vorwiegend Belugas) genutzt wurde. Es steht noch das Hauptgebäude, das man als Wohnquartier nutzte. Am Strand, Unmengen an Walknochen der abgeschlachteten Tiere, die zu Haufen aufgeschüttet wurden. Auch die zerfallenen Reste alter Boote finden sich. Ein Platz, der einem die damaligen Grausamkeiten an den Tieren eindringlich vor Augen führt.
Die zweite geplante Anlandung fiel wetterbedingt aus, es wurde windig und die Anlandestelle lag an einem Fjordeingang, zu hohe Wellen. Also direkt zurück nach Longyearbyen.
Lets play with the icecubes
Diese Aufforderung eines unsere Kajakguide sagt schon sehr viel. Es macht einfach Spaß, mit dem Kajak durch das Eismeer zu paddeln. Für die Kajaker, ursprünglich sieben, nach der zweiten Tour dann noch sechs, wurde jede Gelegenheit genutzt, mit den Kajaks unterwegs zu sein anstelle mit den Zodiacs. Manchmal führen wir ähnliche Strecken wie die Tenderboote, manchmal ganz andere. Manchmal landeten wir auch mit den Kajaks an, um etwas anzuschauen, manchmal ging es nur ums Paddeln. Bei Wind und bis zu einem Meter hohen Wellen, bei Nebel oder spiegelglatter Meeresoberfläche und blauem, sonnendurchflutetem Himmel entlang kalbender Gletscher und durch Eisfelder. So verbrachten wir sechs rund zehn Stunden allein im Kajak, legten knapp 40 km zurück.
Immer dabei, ein Begleitboot mit einem der beiden Kajakguides, die sich auf dem Wasser tourweise abwechselten. Vom Begleitboot wechselten wir in die Kajaks und auch wieder zurück, selbst bei Wellengang recht schnell Routine trotz des Höhenunterschiedes. Am Schiff ist es nicht möglich, selbst wenn wir dahin zurück paddelten. Es wurden auch Foto- und Filmaufnahmen von uns gemacht, einige seht ihr hier in diesem Post. Auch ich konnte einige Aufnahmen machen, mit der GoPro. Nur war sie bei diesen Lichtverhältnissen recht schnell überfordert, die Bilder mussten intensiv nachbearbeitet werden. Das eine oder andere Bild machte auch Elke vom Zodiak aus, wenn wir uns begegneten oder vom Ufer. Sogar eine Drohne kam zum Einsatz, der Fotograf hat eine Sonderlizenz. Man darf sie aber nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, wir haben sie bekommen. Vorschrift des Gouverneurs, der auch die Genehmigung erteilt. Er will den Drohneneinsatz auf Spitzbergen unter Kontrolle halten. Anziehen muss man einen Trockenanzug, den Spritzschutz für die Kajaköffnung und eine Rettungsweste, etwa zehn Minuten dauert es, bis alles am Mann respektive der Frau ist. Ausgebootet wurde immer als erstes, vor den Zodiac, so hatte man immer etwas mehr Zeit.
Besonders positiv und engagiert, die beiden Kajakguides, Eloisa aus Argentinien und Eduardo aus Peru, beides Meeresbiologen und enthusiastische Kajakfahrer. Das spürt man. Und machte es uns auch sehr angenehm. Für mich waren die Touren im Kajak auf offenem Meer, an Gletschern entlang oder Felswänden sicherlich einer der Höhepunkte dieser Tour.
Die Arktis – eine extreme Region
Es ist eine extreme Region, die Arktis. Fast frei von Menschen. Eis, Wasser baumlose Landschaften, Vögel, Eisbären, Walrosse, Füchse, Wale und Rentiere bevölkern die Gegend. Jahrhunderte lang wurden sie gejagt und abgeschlachtet. Die Reste dieser Zeiten finden sich vielerorts. Aber auch Geschichte wurde hier geschrieben, in Sachen Polarexpeditionen. Mit dem Ziel, als erster Mensch am Nordpol zu sein oder ihn wenigstens überquert zu haben. Unser nördlichster Punkt, den wir auf dieser Expedition erreichten, die Packeisgrenze, lag nur noch 900 km vom Pol entfernt. Eigentlich ein Katzensprung. Doch ab hier ginge es nur noch auf dem Packeis bei extremen Bedingungen weiter. Bergbau spielte auf Spitzbergen lange Zeit eine wichtige Rolle, vor allem die Förderung von Kohle. Doch deren Zeit nähert sich dem Ende. Heute sind es Wissenschaftler und Touristen, die die Gegend am Leben halten.
Wunderbar auch die Crew der MS Spirit, die sehr flexibel reagierte und uns einige wunderbare Tage ermöglichten. Auch deren Kompetenz in Sachen Arktis ist unbestritten. Eines der Mitglieder der Expeditionscrew hat zum Beispiel der Grönlandeis auf einem Schlitten mit Skiern durchquert, was nur wenigen Menschen bis dato gelang. Und jeder hatte seine Kompetenz auf sich ergänzenden Gebieten. Sei es Geologie, Vogelkunde, Meeresbiologie, um nur einige Beispiel zu nennen. Und jeder war sehr polarerfahren.
Ganz besonders intensiv empfand ich die sechs Kajaktouren im Eismeer, bei Wind und Wellen, bei Nebel oder spiegelglatter Meeresoberfläche und blauem, sonnendurchflutetem Himmel entlang kalbender Gletscher und durch Eisfelder. Immerhin verbrachten wir sechs und die zwei Guides rund zehn Stunden im Kajak. Besonders engagiert die beiden Kajakguides, Eloisa aus Argentinien und Eduardo aus Peru, beides Meeresbiologen und enthusiastische Kajakfahrer.
Dreieinhalb Jahre nach der Antarktisreise nun die Arktis, in beiden Regionen gepaddelt und geschwommen, einfach Erlebnisse der besonderen Art. Die Natur, Tierwelt, aber auch der Einfluss des Menschen. Man lernt sehr viel dazu.
Wir sind am frühen Montagnachmittag am 27. Juni 2022 in der ‚Hauptstadt` Svalbards – so heißt Spitzbergen in Norwegen, in Longyearbyen angekommen. Gesprochen Lung-yer-bin. Man fühlt sich wie auf einem nördlichen Außenposten der Menschheit. Eine karge, baumlose, leicht bergige Landschaft, Schnee und Gletscher ringsherum, der Boden ist tiefgefroren, Tagestemperatur derzeit rund 5 Grad Celsius – Hochsommer. Die Gebäude und Lagerplätze verstärken den Eindruck noch. Die Stadt ist nur rund 1310 Kilometer vom Nordpol entfernt, mithin die nördlichste Siedlung der Welt. Derzeit scheint rund um die Uhr die Sonne, vom 26. Oktober bis 15. Februar bleibt sie dagegen vollständig unter dem Horizont, es herrscht fortwährend schwarze Nacht.
Gegründet hat die Stadt der Amerikaner John Munroe Longyear 1906 als Bergarbeiterstadt, der reichen Kohlevorkommen wegen. Rund 2200 Menschen leben hier, auf der ganzen Insel 2700. Viele davon immer noch vom Bergbau, in Betrieb ist aber nur noch eine Grube nahe der Stadt gelegen. Ein Drittel der abgebauten Kohle verfeuert das einzige Kraftwerk der Insel, der Rest wird exportiert. Aus alten Zeiten übrig geblieben ist der Brauch, dass Besucher im Eingangsbereich ihre Schuhe ausziehen und die Häuser mit Socken oder Hausschuhen betreten. Der Grund: Früher waren die Minenarbeiter oft sehr staubig und dreckig. Schuhe aus, das gilt auch für Hotels oder Museen.
Zunehmend wichtig ist seit den 1990er-Jahren die Forschung und der Tourismus. So kommen pro Jahr etwa 30.000 Besucher nach Spitzbergen, 20.000 sind mit Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Ist überschaubar. In Norwegen nennt man die Insel Svalbard, was für Kühle Küste steht.
Zentrum der Forschungsaktivitäten ist der Svalbard Forskingpark, mit einer Universität, dem Polarinstitut und der EISCAT-Radaranlage. 32 und 42 m große Parabolspiegel dienen der Erforschung der Atmosphäre, der Nordlichter und des Ozons. Dann gibt es noch die Svalbard Satellite Station (SvalSat). Sie ist für die Kommunikation und Kontrolle von Satelliten mit polarer Umlaufbahn zuständig.
Longyearbyen verfügt über eine moderne Infrastruktur, Geschäfte, Restaurants, Hotels, Schule, Kindergarten, auch Kino, Schwimmbad und Hafen. Das Straßennetz umfasst aber nur 40 km rund um den Ort herum, Schneemobil und Boote sind die Fortbewegungsmittel der Wahl.
Von der ursprünglichen Minenarbeit ist nicht mehr viel zu sehen, sprengte die deutsche Wehrmacht im zweiten Weltkrieg doch vieles. Alles was die Zerstörungsorgie überstanden hat, untersteht heute dem Denkmalschutz.
Ein Gerücht übrigens hält sich hartnäckig – in Reiseführern und besonders im Internet. Auch manch Reiseleiter erzählt die Story: das gesetzliche Sterbeverbot. Ein Gesetz von 1950 soll nämlich das Sterben hier verbieten. Der Grund: Der Permafrostboden, der ein Bestatten problematisch mache. Das aber ist Unfug. Longyearbyen war lange Zeit das Betriebsgelände einer Firma und es gab nur firmeneigene Unterkünfte.
Hörte man auf zu arbeiten oder ging in Rente, verließ man die Stadt in Richtung Festland. Also wurde hier nicht gestorben, außer durch einen Unfall. Zudem gibt es hier keine Alters-oder Pflegeheime und das Krankenhaus ist klein. Stirbt ein Bewohner von Longyearbyen, wollen sie meist in der Heimatgemeinde auf dem Festland beerdigt werden. Leben doch die wenigsten mit ihrer Familie über Generationen in der Stadt. Will jemand dennoch hier beerdigt werden, so ist auch das möglich. Allerdings nur als Urnenbegräbnis. Zuletzt 2014 geschehen. So viel zu den vielen falschen Erzählungen.
Unfug ist auch die Behauptung, es gebe ein gesetzliches Gebot, eine Waffe zu tragen.Der gesunde Menschenverstand gebietet es jedoch, außerhalb der Stadt eben eine geeignete Waffe zu tragen. Es ist Eisbärenland, auch wenn Begegnungen recht selten sind. 2020 wurde ein Niederländer in Longyearbyen durch einen Eisbären auf dem Campingplatz getötet, das ist aber äußerst selten. Das Gesetz fordert nur, ein geeignetes Abschreckmittel außerhalb der Stadt mitzuführen. Etwa eine Signalpistole mit spezieller Munition. Wer ohne Gewehr in Spitzbergen außerhalb von Longyearbyen unterwegs ist, mag vielleicht lebensmüde sein. Er ist aber nicht illegal unterwegs.
Auf Vogelpirsch rund um Longyearbyen
Mittwoch, 29. Juni: Heute ist einer der seltenen Tage auf Spitzbergen für diese Jahreszeit, wo es regnet. Generell fällt wenig Niederschlag auf der Insel, hier um Longyearbyen sind es nur etwa 200 mm pro Jahr. Und im Juni regnet es eigentlich nur an drei Tagen. Die Jahresmitteltemperaturen liegen bei – 7,5 °C, recht warm für diese Breitengrade, bedingt durch Ausläufer des Golfstromes. Am wärmsten ist es im Juli mit 5 °C, selten bis maximal 10 °C, am kältesten im Februar mit – 14 °C, im Einzelfall wurden aber auch schon – 30 °C gemessen.
Wir sind mit einem Guide unterwegs, um die Umgebung von Spitzbergen mit dem Auto zu erkunden. In erster Linie steht Vogelbeobachtung auf dem Programm, aber auch Rentiere kreuzen unseren Weg. Die hier sind kleiner und gedrungener als die vom skandinavischen Festland und leben wild. Halten sich aber gern in der Umgebung von Siedlungen auf, da darf nicht gejagt werden.
An Vögeln recht häufig sieht man die Dreizehenmöve und die Eiderenten. Seltener dagegen ist die Prachteiderente, von der wir auch ein Exemplar sahen. Sehr aggressiv sind die Küstenseeschwalben, die gehen gerne sofort auf Attacke. Hier heißt es in der Nähe des Autos zu bleiben. Auch einen einzelnen Papageientaucher entdecken wir, an ungewöhnlicher Stelle. Der Guide vermutet das er krank ist und meldet ihn und den Ort einer Behörde. Denn es besteht das Risiko, dass der Vogel an Vogelgrippe erkrankt ist. Am 24. Juni ist sie erstmals in der Arktis nachgewiesen worden. Forscher hatten schon damit gerechnet, dass das Virus auch in Spitzbergen ankommen würde, da einen großen Ausbruch im Frühjahr unter Gänsen in Schottland gab, und die ziehen zum Brüten nach Svalbard. Das Virus ist Vögel hoch ansteckend und tödlich. Man rechnet für die großen Vogelkolonien in Spitzbergen mit möglicherweise fatalen Folgen. Deswegen sollen Funde toter oder kranker Vögel gemeldet werden.
Prachteiderente
Seeschwalbe
Zwischendurch führen wir noch am Global Seed Vault – dem Saatguttresor auf Spitzbergen vorbei. Rein kann man jedoch nicht und man sieht nur den gesicherten Eingang in des unterirdische Lagersystem. Dennoch ist dies ein sehr wichtiger Platz für die Zukunft der Menschheit. In Betrieb genommen 2008 lagern hier im Permafrostboden rund eine Million Samenproben von Nutzpflanzen aus aller Welt, in Plastikboxen verpackt, sicher vor dem Anstieg des Meeresspiegels, vor Erdbeben, Seuchen, radioaktiver Strahlung oder menschengemachter sowie Naturkatastrophen. Sie können helfen nach einer Katastrophe die Erde wieder zu kultivieren.
Zu guter Letzt fuhren wir noch zu einem Zelt des Veranstalters, wo wir uns aufwärmen konnten und der Guide ein paar Würste für uns grillte. Hier besuchte uns auch ein Skua, eine Raubmöwe mit der Hoffnung auf Beute. Der Guide kommt aus Westfahlen, hat in Tromsø und Longyearbyen Biologie studiert und schreibt gerade eine Publikation. Ideal, er konnte uns sehr viel über die Insel und Tierwelt erzählen und das auf Deutsch. Trotz des Regens ein interessanter Tag mit viel Informationen.
Kohle, das Lebenselixier vergangener Tage
Donnerstag, 30 Juni: Kohle ist der Grund für die Existenz Longyearbeans und der Exploration der Insel Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Qualität der Steinkohle ist sehr gut – sie besteht zu 98 Prozent aus reinem Kohlenstoff, so dass sich der Abbau im hohen Norden lohnt. Heute ist nur noch Mine 7 in Betrieb, etwa 30 Prozent der geförderten Kohle von rund 130.000 Tonnen wird für das inseleigene Kraftwerk benötigt, der Rest wird exportiert, vor allem nach Deutschland. Dort findet die Kohle etwa bei der Herstellung hochwertigen Stahles ihren Einsatz, etwa für Motorenblöcke von Automobilen. Die Mine soll aus Umweltschutzgründen jedoch im Laufe des Jahres 2023 geschlossen werden, so jedenfalls hat es die norwegische Regierung vor. Dann beheizt man das Kraftwerk, das neben Strom vor allem Wärme für die Häuser produziert mit Diesel. Ob das die Umwelt schont, ist sicher zu bezweifeln. Fotovoltaik macht so weit im Norden absolut keinen Sinn, Windenergie erzeugt keine Wärme, der Alternativen gibt es nicht viel.
Wir besuchten heute Morgen jedenfalls die 1971 in Betrieb genommene und 1996 geschlossene Grube Nr. 3. Wobei sie nur temporär außer Betrieb ist, würde man sie endgültig schließen, müsste alles rückgebaut und renaturiert werden. Das gilt für alle Minen nach dem zweiten Weltkrieg, alles davor steht unter Denkmalschutz.
Die rund 3-stündige Tour lohnt, und wir haben einen wunderbaren Guide, der voll engagiert ist und wirklich viel erzählen kann. Auch Geschichten aus der damaligen Zeit. Die Arbeit war extrem schwer, unter Tage herrscht Permafrost, in den Gängen so um die minus zwei Grad, die Schichten dauerten acht Stunden und man arbeitete mit schwerem Gerät (alles Handarbeit) in Flözen von um die 50 / 60 cm Höhe. Also den ganzen Tag liegend und kriechend. Ungefährlich war es auch nicht. Dennoch blieben nicht wenige ihr Leben lang dieser Arbeit treu, der sehr guten Bezahlung wegen, geringer Steuern und der – nicht selten fast familiären Kameradschaft unter den Bergleuten.
Schön auch, als das Bergwerk aufgelassen wurde, konnte man für die Mine 7 nichts verwenden, denn das aktuelle Bergwerk ist hoch automatisiert. Also beließ man alles wie es war, ließ alles liegen wie Werkzeug, Maschinen und Kleidung, nichts wurde abgebaut. Das gibt einen sehr guten Eindruck , wie hier in den 70er- bis 90er-Jahren gearbeitet wurde.
Am frühen Abend sind wir noch einmal mit einem Guide, diesmal eine junge Dame aus dem Ruhrgebiet, in der Gegend von Spitzbergen umhergefahren – auf ähnlichen Wegen wie gestern, ist das Straßen- und Pistennetz hier doch nur 40 km lang. Nur diesmal bei schönerem Wetter. Mehr Tiere als Gestern ließen sich aber auch nicht sehen, eine Herde Rentiere kreuzte unseren Weg und viele altbekannte Vogelarten. Von den Hügeln umher gab es eine gute Sicht auf Longyearbyen und wir fuhren auch an den alten Mienen 5 und 6 vorbei bis zur aktiven Grube 7. Wir besuchten noch die neue Kirche und auch den nahegelegenen Friedhof. Einige schöne Bilder entstanden dabei, mehr gibt es eigentlich nicht zu berichten.
Hier gibt es den 90-minütigen Film der Reise kommentiert als DVD oder hochauflösend als BluRay. Als Vorgeschmack ein paar Ausschnitte jedoch ohne deutsche Kommentierung dafür mit ein paar englischen Untertiteln.
Auf hoher See
Die drei Tage auf hoher See Richtung Süden von Süd-Georgien verliefen nicht so ruhig wie die Fahrt bisher. Im Schnitt vier Meter hohe Wellen und Windstärke 6 sorgten schon für stärkere Bewegungen des Schiffs. An Bug und Heck waren Bewegungen von acht bis zehn Meter fast normal. Dennoch ließen sich die Tage nutzen, die Crew bot Vorträge zu Themen wie Robben, Walbeobachtungen oder Vulkanismus auf Deception Island an. Auch musste wieder alle Outdoorkleidung gründlich gereinigt und abgesaugt werden, die Stiefel desinfiziert. Zudem ließ sich die Zeit nutzen, um sich mit der Geschichte der Antarktis und mit dem Antarktisvertrag auseinander zu setzen.
Der Vertrag von 1961 legt fest, dass der antarktische Kontinent und seine angrenzenden Gewässer ausschließlich friedlich genutzt werden dürfen, in erster Linie für die wissenschaftliche Forschung. Sind die Polargebiete doch Schlüsselregionen für das Weltklimageschehen, mithin für das Leben auf der Erde. Deswegen reisen auf der MS Fram immer mal wieder Wissenschaftler mit, um ihrer Arbeit nachzugehen oder zu einzelnen Forschungsstationen zu gelangen.
Vereinzelte Eisberge auf dem weiteren Weg Richtung Süden zeigen, dass wir uns der Antarktischen Halbinsel nähern. Diese teilweise gigantischen Tafeleisberge sind typisch für die Antarktis, sie brechen von den Gletschern und vom Schelfeis ab. Ein großer braucht mehrere Jahre um abzuschmelzen und kann tausende Kilometer auf dem Meer zurücklegen. Besonders große Exemplare sollen sogar 30 Jahre überdauert haben.
Mithin der größte dokumentierte war ein antarktischer Tafeleisberg mit einer Fläche von anfangs 31.000 Quadratkilometern aus dem Jahr 1956. Selbst mitten im Atlantik wurde einst einer aus der Antarktis gesichtet. Rund 90 Prozent der Eismasse befinden sich unter Wasser, was bekanntermaßen schon der Titanic zum Verhängnis wurde.
Blaue Adern aus klarem Eis durchziehen manchen Eisberg. Sie entstehen durch Schmelzwasser, das in Gletscherspalten eindrang und wieder gefror. Ansonsten sind sie weiß, dafür sorgen die im Eis eingeschlossenen Luftblasen, die das Licht reflektieren. Tiefblau schimmert er nur, wenn das Eis sehr wenig Luftbläschen enthält. Weißes Licht muss einen Weg von drei Metern durch das Eis zurücklegen, bis es blau schimmert. Gut bei Gletschereis zu beobachten, besonders bei Spalten und Höhlen.
Für die Antarktis-Besucher gibt es strenge Vorschriften. So dürfen nie mehr als 100 Menschen an Land sein, begleitet von fünf Guides. Landungsberechtigt sind nur Schiffe mit maximal 500 Passagieren. Vor jedem Landgang müssen Kleidung und Ausrüstungsgegenstände gesäubert werden. Damit will man verhindern, dass nicht-heimische Arten eingeschleppt werden. Natürlich darf nichts zurückgelassen werden, außer Fußabdrücke.
Lange Zeit haben nur Wissenschaftler ihren Fuß auf die Antarktis gesetzt. Heute ist es auch Touristen möglich. Angelandet wird bei der MS Fram mit schnellen und wendigen Polarcircle-Booten. Sie sind speziell für die antarktische See konzipiert. Sechs bis sieben Menschen passen auf die Boote, hohe Gummistiefel sind Pflicht.
Wo und wann angelandet und welche Inseln besucht werden ist abhängig von Wind, Wetter und Eis. Die Natur bestimmt die Route.
Wir sind vor Brown Bluffan der an der Spitze der Antarktischen Halbinsel. Anlandungen werden nicht selten durch treibende Tafeleisberge verhindert. Bei Südost-Wind gibt es kaum eine Chance, weil zahlreiche Eiskolosse aus der Wedell-See auf die Insel zutreiben.
Eine fast 750 Meter hohe Klippe beherrscht das Landschaftsbild von der Seeseite her. Sie ist vulkanischen Ursprungs, an der Nordseite weitgehend Eisfrei und rostfarben gefärbt. Der Strand ist von Lavabomben übersäht und natürlich finden sich zahlreiche Adélie-Pinguine und Eselspinguine hier ein. Zahlreiche Dominikanermöwen und Kapverden-Sturmvögel brüten derzeit, diese Flächen dürfen nicht betreten werden.
Die Anlandung ist nicht so einfach. Tonnenschwere Eisblöcke treiben an den Strand. Die Crewmitglieder halten eine Rinne frei, stehen bis zu der Hüfte im eiskalten Wasser (rund 1 Grad Celsius). Wir stehen zum ersten Mal auf dem antarktischen Kontinent. Schon ein besonderes Gefühl. Am Strand entlang watscheln die Pinguine. Der Kontrast zwischen den fast schwarzen Tieren und dem Eis ist gigantisch. Schnell sind hunderte von Fotos im Kasten und auch zahlreiche Szenen abgedreht. Man weiß gar nicht, wo man anfangen oder aufhören soll. Vergessen darf man natürlich nicht, die Szenerie einfach mal zu genießen, die Tiere nur zu beobachten. Es ist einfach fantastisch. Die Temperatur liegt bei etwa sechs Grad Minus, es schneit kräftig und es bläst ein kalter Wind, der die gefühlte Temperatur weiter sinken lässt. Dafür hat man aber entsprechende Kleidung an. Nach 90 Minuten geht es zurück, inzwischen haben große Eisblöcke die Anlandestelle ziemlich im Griff. Die Crewmitglieder versuchen sie aus der Fahrrinne zu schieben, kaum möglich. Auch der Bootsführer versucht sie mit dem Boot auf die Seite zu drücken, gelingt auch bei voller Motorkraft nur bedingt. Gibt aber wunderbare Aufnahmen.
Die Mannschaft der MS Fram dürfte nicht so gute Erinnerungen an Brown Bluff haben. Kollidierte das Schiff doch im Dezember 2007 nach einem halbstündigen Maschinenausfall mit einem Eisberg und wurde leicht an der Außenhaut beschädigt. Zudem litt ein Rettungsboot. Aus Sicherheitsgründen lief die Fram den am nächsten gelegenen Ankerplatz einer chilenischen Militärstation auf King George Island an. Passagiere und Besatzung kamen nicht zu Schaden.
Ganz ausschließen kann man Unfälle bei Antarktisfahrten nie. So sank ebenfalls 2007 das Kreuzfahrschiff Explorer nach einer Kollision mit einem Eisberg, etwa 1000 Kilometer südlich von Kap Hoorn. Die 100 Passagiere und 54 Besatzungsmitglieder wurden nach vier Stunden in Rettungsbooten von dem norwegischen Schiff NordNorge aufgenommen.
Weiter geht es durch den Antarctic-Sound. Er steht für wirklich beeindruckende Eisbergformationen, ist ein rund 50 Kilometer langes Gewässer mit Breiten zwischen 12 und 22 Kilometern. Er trennt eine Inselgruppe von der antarktischen Halbinsel ab. Die teils kilometerlangen, tafelförmigen Eisberge stammen vom Schelfeis des Kontinents, starke Strömungen im Wedell-Meer treiben die Eisgiganten Richtung Norden in den antarktischen Sund hinein. Nur macht das Wetter uns einen Strich durch die Rechnung. Es ist nebelig und schneit stark, zu sehen ist fast gar nichts.
Um sieben Uhr morgens hatten wir die Einfahrt in den Kratersee von Deception Island erreicht. Die Insel ist vulkanischen Ursprungs mit einem noch aktiven Vulkan. Neben dem Mt. Erebus einer von noch zwei aktiven Vulkanen in der Antarktis. Das Eiland besteht aus dem ringförmigen Rest der Caldera. Sie entstand vor etwa 10.000 Jahren nach einer gewaltigen Explosion. Kleinere Schiffe wie die Fram können die Caldera befahren. Der letzte Ausbruch fand 1970 statt und gehörte zu den gewaltigsten Explosiv-Eruptionen auf der Erde. Eine spanische Forschungsstation überwacht den Vulkan in den Sommermonaten.
Morgens war es nebelig und windig. Wir landeten in der Telefon-Bay an. Hier bot sich eine einstündige Wanderung um einen Nebenkrater an. Gegen Mittag klarte der Himmel auf, das Wetter und die Vorhersage blieb aber vage. Eigentlich wollte ich heute Nachmittag eine Tour mit dem Kajak machen. Die aber wurde verschoben, der unsicheren Wetterbedingungen wegen.
Das Schiff setzte also innerhalb der Bay um, es erfolgte eine zweite Anlandung auf Deception Island in der Whalers Bay.
Walreste aus den 30er-Jahren
Hier finden sich die Reste einer verfallenen britischen Forschungsstation von 1944 und die einer norwegischen Walfangstation. Letztere wurde gemäß des Antarktis-Vertrages zur Historic Site No. 71 erklärt, ist somit geschützt. Die Walfangstation wurde 1927 durch einen Vulkanausbruch zerstört und nicht wiederaufgebaut. Die Forschungsstation fiel 1969 einem Ausbruch zum Opfer. Einen Friedhof aus der Walfängerzeit haben die Vulkanausbrüche im Laufe der Zeit verschüttet.
Hier am Strand liegt einsam ein Seeleopard herum, döst vor sich hin. Unser erster den wir sehen. Er trägt seinen Namen nicht zu Unrecht. Bei einer Länge von über dreieinhalb Metern und einem Gewicht von bald 450 Kilogramm ist er neben den Orcas das beherrschende Raubtier des südlichen Polarmeeres. Seine Lieblingsspeise sind Pinguine und Robben. Je nachdem. Manche haben sich auf die Jagd von Pinguinen spezialisiert, andere wiederum auf die von Robben. Sie lauern gern auf Eisschollen auf ihre Beute. Und bewegen sich trotz ihres Gewichtes und der Größe schnell und gewandt. Dabei erlegen sie ihre Beute vor allem im Wasser. Aber auch auf Eisschollen ist sie nicht sicher. Bemerkenswerterweise ernährt sich der Seeleopard gut und gern zur Hälfte auch von dem winzigen Krill, Fische dagegen stehen eher nicht auf seinem Speiseplan.
Um Seeleoparden sollte man als Besucher einen größeren Bogen machen. Sind doch Fälle bekannt, in denen sie Menschen angriffen, etwa in kleinen Booten. Ansonsten beachten Robben den Menschen gar nicht.
Tiere finden sich hier in der Bucht eigentlich eher weniger. Der Grund ist das etwas durch die Vulkanaktivitäten etwas wärmere Wasser, somit nährstoffärmere Wasser. Etwas wärmer heißt an manchen Stellen sieben Grad. Eigentlich nur direkt am Ufer an wenigen Stellen. Ansonsten ist das Wasser bei etwa Null bis zwei Grad Celsius hier in der Bay. Hält einen aber natürlich nicht ab, ein kurzes Bad zu nehmen. Der Bordarzt muss aber sein OK geben, Handtücher hat er dabei. Also rein ins sprichwörtlich kalte Nass.
Auf Deception Island lebt in der Nähe noch eine Brutkolonie von Zügelpinguinen. Sie sind etwa 70 Zentimeter groß, erreichen eine Geschwindigkeit von über 30 Kilometer pro Stunde beim Schwimmen und legen auf der Nahrungssuche 80 Kilometer täglich zurück. Die Tiere gelten neben den Felsenpinguinen als sehr streitlustig und greifen deutlich größere Tiere an. An unserem Landungspunkt waren aber nur einige wenige anwesend, und die waren auch ganz relaxt. Trotz des Seeleoparden in der Nähe. Zwei Wissenschaftler aus Norwegen haben hier zwei Zelte aufgebaut, sind schon seit etwa einen Monat hier um die Kolonie und die Zügelpinguine zu erforschen. Zwei weitere stehen Ihnen noch bevor. Gern nutzen sie die Anwesenheit unserer Schiffes um zu duschen, sich mit den Expeditionsmitgliedern zu unterhalten und am Abendessen teilzunehmen.
Hier auf Deception Island ließen sich auch sehr gut die schnellen Wetterwechsel erleben. Morgens nebelig und stark windig, kurz darauf schien die Sonne, dann schneite es heftig. Alles innerhalb kurzer Zeit. Die Antarktis ist Terra incognita, also unbekanntes Land. Sie ist bis heute kaum erforscht, zugleich ist sie lebensfeindlich wie kaum eine andere Region. Auch die Wetterumschwünge lassen dies erahnen. Man mag sich kaum vorstellen, unter welch extremen Bedingungen die Forscher vor über 100 Jahren sich auf den Weg zum Südpol machten. Als erster Mensch erreichte Roald Amundsen ihn am 14. Dezember 1911 mit vier Begleitern. Andere ließen bei den Versuchen ihr Leben. So auch der Brite Robert Falcon Scott. Dabei halten wir uns jetzt im Sommer in einer der wärmsten Regionen der Antarktis auf. Dann steigt die Temperatur schon mal auf null Grad Celsius. Im Jahresdurchschnitt liegt sie mit minus 55 Grad Celsius weit darunter. Im Landesinneren beträgt sie selbst im Sommer minus 40 Grad Celsius. Lange galten die minus 89,2 Grad, gemessen 1983 an der Antarktis-Station Woystock in zwei Meter Höhe, als die kälteste jemals gemessene Temperatur auf der Erde.
Die Auswertung von Satellitenmessungen über den Zeitraum von 2004 bis 2016 ergab jedoch mehr als 150 Messwerte von über minus 90 Grad Celsius. Der Rekordhalter sind jetzt minus 98,6 Grad, gemessen am 24. Juli 2004 auf 3800 Meter Höhe, also mitten im antarktischen Winter.
Der Südsommer ist die einzige Zeit, in der Touristen überhaupt diese Region besuchen können. Zugleich scheint südlich des Polarkreises 24 Stunden lang die Sonne. Wichtiger noch, den Zeitraum von Dezember bis Februar zeichnen längere, ruhigere Wetterabschnitte aus.
Derartig tiefe Temperaturen dürften jedoch der Vergangenheit angehören. Denn auch die Antarktis trifft die globale Erwärmung. Was fatale Folgen haben könnte. Der Eispanzer ist bis zu fünf Kilometer dick, in der Antarktis sind etwa 70 Prozent der Süßwasserreserven der Erde in Form von Eis gebunden. Ein Abschmelzen dieser ungeheuren Menge dürfte den Meeresspiegel um 58 Meter anheben. Ein komplettes Abschmelzen des Eises ist selbst bei deutlich ansteigenden Temperaturen aber nicht zu erwarten. Dafür sorgt die Lage umgeben von Wasser, die hohen Gebirge und die antarktischen, ablandigen Winde. Dennoch verliert auch die Antarktis zunehmend schneller an Eis.
Typisch für die Antarktis sind zudem ihre starken Winde. Warme, in der Höhe einströmende Luftmassen kühlen sich über dem Zentralplateau ab, sinken nach unten und fließen zu den Küsten hin ab. Da die Gebirgskette im Inneren an flache, weite Ebenen grenzt, gewinnen sie gewaltig an Geschwindigkeit. Dies gilt vor allem für die östlichen Gebiete. Die Sturmregion des King-George-Victoria-Landes zählt im Jahr rund 340 Sturmtage mit Windgeschwindigkeiten von bis zu über 300 Kilometer pro Stunde.
Dafür sind die Niederschlagsmengen im Inneren der Antarktis sehr gering. Sie fallen überwiegend als Schnee und in den Wintermonaten. In der Zentralarktis sind es um die 50 mm Niederschlag pro Jahr, zum Vergleich, in der Sahara fallen ebenfalls um die 50 mm Regen im Jahresmittel. Deswegen handelt es sich um eine trockene Eiswüste. An der Küste können es bis zu 600 mm werden, auf den vorgelagerten Inseln um die tausend.
Wilhelmina Bay, Orne Harbour, Melchior Island
Am kommenden Morgen haben wir die Wilhelmina Bay erreicht, ein für Wale und Robben idealer Futterplatz. Dementsprechend viele Buckelwale kann man hier beobachten. Wenn das Wetter mitmacht. Was es nicht tat. Zuerst herrschte ein starker Wind und Nebel vor, dann schneite es den ganzen Tag heftig. In der Ferne ließen sich dennoch ein paar Wale sehen, üblicherweise, wie es heißt, vor traumhafter Kulisse mit einem pyramidenförmigen Gipfel und riesigen Gletscherzungen. Die lassen sich aber nur erahnen. Man nennt diese Bucht übrigens auch Whale-mina- statt Wilhelmina-Bay.
Generell finden sich im Sommer nahe der antarktischen Halbinsel zahlreiche Wale ein, die sich relativ gut von dem Abschlachten erholt haben, mit Ausnahme der Blauwale. Sie jagen Fische, Tintenfische, Pinguine oder leben vom Plankton. Häufiger zu sehen sind die großen Schwertwale, bekannter als Orcas, die zur Familie der Delfine gehören. Aggressive und ehrgeizige Jäger, die es auf Robben, Seevögel und andere Kleinwale oder Jungtiere großer Bartenwale abgesehen haben. Sie bilden bei der Jagd Gruppen und gehen strategisch vor, sind so in der Lage auch viel größere Beutetiere zu erlegen.
Mithin der größte Wal ist der Blauwal. Nicht selten über 30 Meter lang und bis zu 200 Tonnen schwer ist er das schwerste Tier, das jemals auf der Erde existierte. Auch kein Dinosaurier kommt an seine Masse heran. Nur der Seismosaurus mag etwas länger gewesen sein. Allein sein Herz kann bis zu einer Tonne wiegen, die Hauptschlagader hat einen Durchmesser von 20 Zentimeter. Wie alle Bartenwale ernährt er sich von Krill und kleinen Krebsen, die er mit seinen Barten aus dem Meerwasser herausfiltert. Es ist als gesichert anzusehen, dass etwa Blauwale ein Alter von hundert Jahren erreichen können.
Untereinander kommunizieren Wale mit Tönen, die über hunderte von Kilometer im Wasser zu hören sind. Neuesten Forschungen zufolge hat jede Walpopulation wohl ihren eigenen typischen Gesang. 622 unterschiedliche Laute haben Forscher schon bei einer einzigen Walart unterscheiden können.
Wale sind meist gesellige Tiere mit einem ausgeprägten Sozialverhalten. Nur selten leben sie allein oder als Paar. Gruppen, auch Schulen genannt, bestehen aus zehn bis fünfzig Tieren. Zur Paarungszeit und bei besonders großem Nahrungsangebot können es auch mal bis zu 1000 Tiere sein.
Nachmittags lag die Fram dann vor Orne Harbour vor Anker. Es schneite immer noch kräftig, die Gletscher und Berge ringsum waren von Neuschnee bedeckt, sofern man sie sehen konnte. Eine Anlandung auf Eis klappte dennoch, ein beschwerlicher steiler Marsch durch den Schnee führte auf den spektakulären Spigot-Gipfel. Die Bucht diente zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Ankerplatz für Walfangschiffe.
Orne Harbour ist umgeben von Gletschern und steilen Berghängen. Entlang des Bergkamms nisten auch Zügelpinguine. Auch sie müssen auf dem Bergkamm hoch und runter. Es schneite immer heftiger, selbst den Pinguinen passte es wohl nicht. Sie entfernten den Schnee durch Flügelschlagen und meckerten heftig. Wunderbar war es, Pinguinen zuzuschauen, die im Schnee auf dem Bauch den Hang herunterrutschen. Für die Aufnahmen war das Wetter eigentlich ideal, auch wenn Kamera und Foto triefnass waren. Alles in allem ein gelungener Nachmittag.
Am kommenden Vormittag lagen wir dann vor Melchior Island vor Anker. Der nächste Versuch einer Kajak-Tour scheiterte an Windstärke 5. Also raus mit den Tenderbooten, eine Bootsfahrt durch die wunderschöne Gegend musste genügen. Die Melchior Islands sind eine Gruppe von vielen kleinen, flachen, mit Eis und Schnee bedeckten Inseln. Die Abbruchkanten der Gletscher sind schon faszinierend. An Tieren begegneten uns einige Zügelpinguine und ein Seeleopard, der auf einer Eisscholle vor sich hindöste. Ansonsten war die Fahrt etwas ereignislos.
Das Wetter hatte umgeschlagen. Wir verließen die Melchior-Inseln. Die Sonne schien, auch wenn immer wieder bedrohlich dunkle Wolken am Himmel hingen. Die Eisberge, die Küstenlinie mit den eisbedeckten Hängen und die unzähligen Abbruchkanten der Gletscherfunkelten im Sonnenlicht um die Wette. Wir fuhren gerade südlich durch den Neumayer-Kanal. Eine traumhafte Eislandschaft zog an uns auf einer Strecke von 26 km vorbei.
Gegen 19 Uhr erreichten wir den Lemaire-Kanal. Die Durchfahrt durch den sechs Kilometer langen und einen halben Kilometer breiten Kanal gehört mit zu den schönsten Passagen in der Antarktis, ist zweifelsohne einer der landschaftlichen Höhepunkte einer Antarktis-Fahrt. Besonders bei guter Sicht, doch inzwischen hat uns der Nebel und bedeckter Himmel wieder. Dennoch war es eine spannende Durchfahrt, zumal ein Eisberg auch noch Teile der engsten Stelle blockierte. Und es kam uns ein weiteres Expeditionsschiff entgegen. Gab wunderbare Aufnahmen. In Schleichfahrt manövrierte der Kapitän dann die Fram dicht am Eisberg und den Bergen vorbei durch die Engstelle. Kurz darauf erreichten wir mit ordentlich Verspätung Petermann Island, morgen wollten wir hier anlanden. Aber 30 Passagiere durften schon am Abend anlanden, denn sie konnten die Nacht in Zelten auf der Insel verbringen. 60 hatten sich darum beworben, doch das Losglück hatte mich nicht bedacht.
Die Peterman-Insel unweit des südlichen Polarkreises ist ein sehr guter Beobachtungsort für Eisberge und Wale. Der Ort bietet zudem einen wunderbaren Ausblick auf die antarktische Halbinsel. Ein großer Teil ist von Eis bedeckt, zahlreiche Pinguinkolonien liegen über die Insel verstreut. Und die Pinguine beobachteten ganz fasziniert den Aufbau der Zelte aus nächster Nähe.
Früh am nächsten Morgen gab es einen neuen Anlauf für eine Kajak-Tour. Doch der Blick vom Schiff offenbarte enorme Packeismassen, die der Wind vom Süden hierhergetrieben hat. Eine faszinierende eingefrorene Eislandschaft, die vielmehr wert war als die geplante Anlandung. Das ist die Antarktis. Die Kajaktour wurde natürlich gecancelt und auch die Anlandung auf Peterman Island. Die Tenderboote mussten sich durch das Packeis kämpfen, um die auf der Insel verbliebenen zurück zu holen. Das dauerte rund vier Stunden bis alle und auch das Gepäck und das Expeditionsteam wieder an Bord waren. Zeit für Aufnahmen der auf dem Packeis liegende und vorbei treibenden Robben, von schwimmenden und fischend Pinguinen die sich in der von Schiff freigeräumten Fahrtrinne tummelten und natürlich von den sich durchs Packeis kämpfenden Tenderbooten.
Später ging es in sehr langsamer Fahrt durch das dichte Packeis in Richtung Norden. Den Südpolarkreis konnten wir nicht mehr erreichen obwohl wir nicht mehr weit entfernt waren. Ist aber sowieso nur ein symbolischer Punkt. Nächstes Ziel für eine Anlandung am Nachmittag (und der Versuch einer weiteren Kajaktour) war Pleneau Island. Vom felsigen Strand der kleinen Insel führt eine sanfte Steigung hinauf zu einer großen Eiskappe, die zwei Drittel der Insel bedeckt. Inzwischen kam wieder die Sonne hervor.
Und es wurde wahr. Zum Abschluss war doch noch eine Kajaktour möglich. 14 durften raus in die eisige See. Natürlich gut geschützt im Trockenanzug mit Notfallausrüstung für den Fall der Fälle. Das Wasser hat knapp minus zwei Grad Celsius, Überlebenszeit durch Schock und Auskühlung ohne Trockenanzug nur wenige Minuten.
Die Fahrt war einfach gigantisch. Auf fast gleicher Höhe mit den Pinguinen, die sich durch das Kajak überhaupt nicht stören ließen und nebenher schwammen und sprangen, die Seehunde, das Paddeln an der Küste entlang, knapp zwei Stunden waren wir unterwegs. Zurück zur Fram mussten zwei Tenderboote uns den Weg durch eine Packeisstrecke frei räumen. Einfach fantastisch und ein passender Abschluss dieser einmaligen und außergewöhnlichen Reise. Ich glaube kaum, dass wir das letzte Mal in diesen Eiswelten unterwegs waren, zu beindruckend, zu schön, es fehlen schlicht die Worte um das was man hier erlebt, beschreiben zum können. Das nennt man den Polar-Virus, der viele Menschen befällt, die diese Regionen bereisen.
Dank auch an das Expeditionsteam, wirklich beeindruckend was sie leisteten, junge enthusiastische Menschen und Wissenschaftler. Dank auch an die Crew.
Eine Reise der anderen Art ging langsam zu Ende, eine traumhafte und faszinierende zugleich. Es ist schon etwas Besonderes, in diese Region unseres Planeten zu reisen.
Doch noch stand uns die Drake-Passage bevor. Knapp 1000 Kilometer liegen vor uns, die Strecke von der Antarktischen Halbinsel bis nach Ushuaia. Das entspricht etwa 40 Stunden Fahrzeit bei gutem Wetter. Aber es geht durch die Drake-Passage Richtung Kap Hoorn. Sie hat den Namen von James Cook erhalten, nach dem britischen Piraten ihrer Majestät Sir Francis Drake.
Das Befahren dieser Strecke ist ein nicht immer ein ganz ungetrübtes Vergnügen. Immer wieder kreisen mächtige Tiefdruckgebiete von West nach Ost um die Antarktis und passieren unweigerlich diese Passage. Dennoch, es ist meist weniger schlimm als der Ruf befürchten lässt. Halt ein Lotteriespiel. Bei uns war es recht ruhig, gerade mal vier bis fünf Meter hohe Wellen und Windgeschwindigkeiten von 10 m/s. Also nicht mehr als bei der Fahrt von Süd-Georgien in die Antarktis.
Der schlechte Ruf der Passage und des Kaps hängen eher damit zusammen, das zu früheren Zeiten bis zum Bau des Panama-Kanals die Schiffe um Kap Hoorn herum mussten. Also waren viele Schiffe unterwegs, vor allem Frachter, die gegen den vorherrschenden Wind gesegelt werden mussten. Kein Wunder, dass es sich um einen der größten Schiffsfriedhöfe der Welt handelt. Rund 800 Schiffe sollen hier verunglückt, mehr als zehntausend Menschen umgekommen sein.Manch Expeditionsleiter hat dafür einen passenden Spruch auf den Lippen: Die Antarktis kostet keinen Eintritt, der Preis ist die Drake-Passage.
Meist bekommt man das Kap Hoorn gar nicht zu sehen, es liegt rund 40 Seemeilen westlich der üblichen Schifffahrtsroute. Hat man aber genügend Zeit und macht das Wetter mit, manchen manche Expeditionsschiff einen Schlenker. So auch bei uns. Und wir konnten zum Abschluss das Kap sogar bei Sonnenschein genießen und bei verhältnismäßig ruhiger See. Näher als drei Seemeilen durfte die Fram sich aber nicht nähern, das wäre eine Einreise nach Chile gewesen und die ist untersagt.
Die Antarktis ist nicht nur ein weiterer Kontinent. Er ist einer der nahezu unberührt ist, große Teile sind immer noch im wahrsten Wortsinn weiße Flecken auf der Landkarte. Groß ist die Vielfalt an Tieren, außergewöhnlich viele Landschaften, lebensfeindlich die Umwelt. Ein Kontinent mit vielen Superlativen die kaum jemand kennt und nur wenige besuchen. Die größten Gletscher, die tiefsten Temperaturen, die größten Eisberge, ungeheure Stürme und zahlreiche wilde Tiere ohne Scheu vor dem Menschen. Es ist außergewöhnlich, diesen Teil der Erde zu besuchen, faszinierend zugleich, zumal die Antarktis und Süd-Georgien einen in den Bann ziehen. Und eigentlich auch nie mehr loslassen.
Quellen: Eigene Erlebnisse, Gespräche mit dem Expeditionsteam, Internetrecherche, Wikipedia
Hier gibt es den 90-minütigen Film der Reise kommentiert als DVD oder hochauflösend als BluRay. Als Vorgeschmack ein paar Ausschnitte jedoch ohne deutsche Kommentierung dafür mit ein paar englischen Untertiteln.
Auf hoher See
Zwei Tage auf hoher See dauert die Fahrt nach Süd-Georgien. Zeit, um sich etwas mit der Geschichte der Polarregion zu befassen. Eine davon aus der Zeit der Erkundung des Südpols ist besonders spannend. Es ist die Expedition der Endurance, und der Schiffsname – Ausdauer – war Programm.
Suche Freiwillige für gefährliche Reise. Niedriger Lohn, bittere Kälte, lange Stunden in vollständiger Finsternis garantiert. Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Fall des Erfolges. Mit dieser Anzeige, erzählt man, suchte Sir Ernest Shackleton 1907 Freiwillige für eine Antarktis-Expedition, um an den Südpol zu gelangen. 27 Mann kamen mit, und diese Reise ging in die Geschichte als Ausdruck menschlichen Überlebenswillen ein. [2000 Kilometer vorm Ziel entfernt ging es nicht mehr weiter, das Schiff fror am 19. Januar 1915 im Packeis ein. Im März ging die Sonne für drei Monate unter, die Temperaturen fielen auf minus 26 Grad Celsius. Im Frühjahr gerät das Eis in Bewegung, das Schiff zerbirst und sinkt am 21. November.
Der Überlebenskampf ging weiter. Nach 497 Tagen auf dem Eis erreichten sie in Rettungsbooten, die sie über das Eis zogen Elephant Island. Abseits aller Schiffsrouten. Also machte sich Shackleton mit fünf weiteren Männern zu einer 1500 Kilometer langen Reise über das Meer auf, nach Südgeorgien, um Hilfe bei einer Walfangstation zu holen. Es gelang ihnen. Am 30. August 1916 konnten alle zurück gebliebenen Männer gerettet werden, nach 635 Tagen im Eis.
Shackleton starb 1922 mit 48 Jahren auf einer weiteren Expedition an einem Herzinfarkt auf Süd-Georgien. Er wurde auf Wunsch seiner Frau auf der Insel begraben.
Das Wetter während der Fahrt war übrigens wunderbar, die See recht ruhig. Immer wieder querten ganze Herden an Walen unseren Weg, dabei handelte es sich um Buckelwale. Die Gewässer hier sind reich an Krill, Hauptnahrung für die Wale. Und inmitten des Ozeans schauen sieben Felsen aus dem Meer, ideale Brut- und Rastplätze für Seevögel.
Eis und Fels, das ist Süd Georgien. Eine 180 Kilometer lange Sichel aus bald 3000 m hohen Bergen und Gletschern. Dieser britische Außenposten hat seine Launen, jedenfalls was das Wetter angeht. Graupelschauer, Sonne und Regen wechseln sich stetig ab. Kommt man von Norden her so wie wir, ist sie abweisend und unwirtlich. Zugleich nennt man Süd Georgien die Serengeti des südlichen Eismeeres. Ist sie doch Heimat unzähliger brütender Pinguine, von Seevögeln und Robben. Zugleich lassen sich im Meer zahlreiche Wale beobachten.
An der Küste sind Relikte einer anderen Zeit zu sehen, vor sich hin modernde Reste von Schlachthäusern. In Ihnen hat man zehntausende von Robben und Seeelefanten niedergemetzelt. In der Saison 1800 bis 1801 brachte allein ein Schiff der Amerikaner 57.000 Robbenfelle nach Hause. Und es war nur eines von insgesamt 18 britischen und amerikanischen Fangschiffen. Die Seeelefanten schlachteten sie wegen ihres Trans ab. Der diente etwa als Brennstoff.
Daneben finden sich die Überbleibsel von sieben alten Walfangstationen. Nach den Robbenfängern kamen die Walfänger, setzten Anfang des 20. Jahrhunderts auf dampfgetriebe Schiffe und Kanonen mit Harpunen. Ihnen zum Opfer fielen neben den langsameren Glatt-, Buckel und Pottwalen auch die großen Bartenwale, Finn- und Blauwale. Letztere haben sich bis heute noch nicht von der Jagd erholt, die anderen Arten dagegen schon. Den traurigen Höhepunkt erreichten die Walfänger hier in der Saison 1930/31 mit über 40.000 getöteten Tieren.
Begonnen hatte die Ära des industriellen Walfanges hier in Grytviken, unserer ersten Station um 1904. Bevor wir jedoch an Land dürfen, gibt es erst mal strenge Kontrollen in Sachen Bio-Sicherheit. Sprich, dass keine fremden Arten eingeschleppt werden. Deswegen hatten wir auf der Fahrt nach Süd-Georgien unsere Outdoorkleidung, Rucksäcke und Kamerataschen penibel ausgesaugt damit ja kein Schmutz oder Kleingetier übersehen wird. An Land darf man sowieso nur mit von Hurtigruten gestellten speziellen Gummistiefeln, die immer gereinigt und desinfiziert werden.
Ein Beamter von der hier ansässigen Verwaltung überprüft jeden einzelnen Stiefel der Passagiere, Rucksäcke oder Stative, die Outdoorbekleidung, Rattenfallen an Bord… Dauert mehrere Stunden. In dieser Zeit halten Freiwillige vom South Georgia National Trust einen Vortag, der diese Maßnahmen absolut verständlich macht. Und versuchen natürlich auch Spenden für ihre Arbeit einzusammeln. Nun gut, sind wir jetzt halt Pate für einen Hektar Süd-Georgiens
Fällt man bei der Kontrolle durch, darf niemand vom Schiff Süd-Georgien betreten. Das gilt für alle weiteren Anlandungen. Selbst das Schiff ist für ein Jahr gesperrt.
Zurück zum Walfang. Die Walfangstation war 58 Jahre ohne Unterlass in Betrieb, bis zu 500 Männer und ihre Familien lebten einst hier. Am Ende der Welt finden sich Museum, Kino, Kirche, der Friedhof, große Walöl-Tanks und einige Verwaltungsgebäude. Die Wohnhäuser, die hat sich die Natur wieder zurückgeholt. Die Bilanz der Hochburg des industriellen Walfanges in Grytviken lautet wie folgt: 53761 geschlachtete Wale, 455.000 Tonnen Waltran, 192.000 Tonnen Fleisch. Auch zwei Weltkriege und die Weltwirtschaftskrise überstanden sie hier unbenommen.
Schon Mitte der 30er-Jahre gab es so gut wie keine Buckelwale mehr, zugleich sank der Preis des Walöles auf ein Rekordtief. Der Grund: die Überproduktion. Eine Walfangstation nach der anderen machte auf Süd-Georgien dicht, Anfang der 40er-Jahre gab es nur noch zwei. Opfer der eigenen Gier.
Begehrt waren die Wale ihres Blubbers wegen, der weißen Fettschicht unter ihrer Haut. Daraus produzierte man Glyzerin, ein Bestandteil von Kosmetika wie Seife oder Cremes, oder auch die Basis für Brennstoffe in Öllampen und Heizkesseln. Auch im Krieg kam Walfett zum Einsatz – als Nitroglycerin in Granaten und Bomben.
Heute leben auf Südgeorgien im Winter in der einen Kilometer entfernten Forschungsstation King Edward Point acht Wissenschaftler und im Sommer bis zu vier Museumsangestellte. Fast ganzjährig finden sich in der Station zudem zwei Regierungsangestellte mit ihren Partnern. Will man doch den territorialen Anspruch Großbritanniens aus Süd Georgien untermauern. Die Kiesstrände haben die ehemaligen Bewohner wieder zurückerobert, sie tummeln sich zwischen den verrosteten Resten der Fabriken.
Ihnen, den Tieren, widmen wir uns die nächsten Tage vor allem. Südgeorgien ist mit das wichtigste Brutgebiet des Königpinguins. Bis zu 400.000 Tiere sollen auf der Insel leben. In einer einzigen Kolonie finden sich 150.000 Tiere. Pinguine, soweit das Auge reicht. Sie stehen Schulter an Schulter. Dazwischen hunderte Seebären.
Noch zahlreicher sind die Goldschopfpinguine, die sich an den Stränden tummeln. Die bis zu 70 Zentimeter großen Tiere sind durch die goldgelben Gesichtsfedern und dem rötlich schwarzen Schnabel leicht zu erkennen.
Auch Seeelefanten finden sich ein, die Bestände haben sich erstaunlich erholt. Gab es Anfang des 20. Jahrhunderts nur noch eine Restpopulation, sind es heute wieder mehrere Hunderttausend.
Krill, das ist die Hauptnahrung der Seebären und Wale. Die krabbenähnlichen Krebstiere werden durch Strömungen alljährlich aus dem Westen der Antarktischen Halbinsel an Süd Georgien vorbei transportiert, quasi ein lebendiger Fluss aus den kleinen roten Tierchen. Doch der Krillbestand ist gefährdet, sind sie und ihre Larven doch auf das Wintereis angewiesen. Nur dort wächst ihre Nahrung, das Phytoplankton. Das wird immer dünner, dem Klimawandel sei es geschuldet.
Eine Bedrohung für das antarktische Ökosystem könnten die Fischtrawler werden, die es in der Nähe des Weddellmeers auf den Krill abgesehen haben. Ihn benötigt man in Aquakulturen als Fischfutter, und ein weiterer Teil geht in die Arzneimittel- und Kosmetikproduktion. Um den Schutzstatus des Gebietes wird heftig geringt, noch ist aber nichts entschieden.
Einer großen Bedrohung für die Vögel ist man in den letzten Jahren massiv entgegen getreten. Von Menschen eingeführte Rentiere grasten die Hänge ab, und mit Schiffen eingeschleppte Ratten fanden hier ein Paradies vor. Da es keine Bäume gibt, brüten die Vögel im Gras – ein gefundenes Fressen für die Nager. Man schätzt, dass die Vogelpopulation bereits um 90 Prozent zurückgegangen war. Die auf mehrere tausend Tiere angewachsene Rentierherde schossen eingeflogene Jäger ab.
Nur was tun mit den vielen Ratten, zumal nicht ein einziges Paar in den Gebirgslandschaften auf einer Fläche von 100.000 Hektar überleben durfte? Die einzige Lösung waren Giftköder, die mit Hubschraubern über der Insel verteilt wurden. Mit dem Wissen, dass daran auch Vögel sterben würden. Der langfristige Nutzen für die Natur jedoch schien höher. Tatsächlich scheint man es geschafft zu haben. In 2018 erschnüffelten Spürhunde keine einzige Ratte mehr, aufgestellte Fallen bleiben leer.
Das Klima hier ist rau, kühl und feucht, geprägt durch die an der Südküste wehenden Furious Fifties. Dabei handelt es sich um teilweise extreme Winde zwischen dem 50sten und 60sten Breitengrad, deswegen die rasenden Fünfziger genannt. Im Windschatten liegt die Nordküste mit einem angenehmeren Klima. Der Sommer ist kurz und erreicht schon mal 10 ° Celsius. Dennoch gibt es Nachfröste und Schneefall ist nicht selten. Stürme und starke Niederschläge sind nicht selten, wenngleich der Sommer die regenärmste Zeit ist.
Das erfuhren wir auch am eigenen Leib. War der erste Tag in Grytviken erst noch sonnig, schlug Nachmittags das Wetter um. Die Rückfahrt im Boot war da schon nasskalt. Und der Tag darauf verlief anders als geplant und war doch wunderbar. Eigentlich wollten wir im Norden die zweitgrößte Kolonie an Königspinguinen erkunden. Doch es herrschte dichter Nebel, kein Problem. Doch die rund einem Meter hohen Wellen ließen es nicht zu, mit den Polarcirce-Booten anzulanden. Also suchte der Kapitän einen anderen Anlandungspunkt und erwählte einen nur selten angefahrenen. Und der hatte es in sich. Hier tummelten sich so viele Pinguine, Seelöwen, See-Elefanten und vieles mehr, so dass ein anlanden ebenfalls nicht möglich war. Ohne zu viele Tiere zu stören, die zudem noch viele Jungtiere bei sich hatten, und dann ist mit ihnen nicht unbedingt zu spaßen. Also entschloss man sich, in kleinen Gruppen mit den Booten den Strand und die Küste entlangzufahren und alles vom Wasser aus zu beobachten. Kaum zu beschreiben was sich hier abging.
Süd Georgien bietet sich zudem für Wanderungen an. Ein gern begangener Weg ist das letzte Stück der Route, die Sir Ernest Shackleton über die schroffen Berge der Insel antrat, um Hilfe für seine auf Elephant Island zurückgebliebenen 22 Männer zu finden. Nachdem Shackleton nach der 1500 Kilometer langen Überfahrt auf dem knapp sieben Meter langen Boot Süd Georgien erreichte, musste er an der Südküste anlegen, Hurrikan-artige Winde, schwerer Seegang und starke Beschädigungen am Boot verhinderten die Umrundung der Insel. Also hieß es, zu dritt die unerforschte Insel zu durchqueren um eine Walfangstation zu erreichen. Sie konnten ihren Weg nur abschätzen. Nach schwierigen Auf- und Abstiegen mit Kletterpartien auch durch einen eisigen Wasserfall schafften sie es innerhalb von 36 Stunden ohne Pausen. Den letzten Teil ( sechs Kilometer) wollten wir am kommenden Tag erwandern, nur auch hier schlug uns das Wetter ein Schnippchen. Zu gefährlich der schlechten Wetterbedingungen wegen.
Dafür landeten wir in Fortuna Bay und in Strømness an, inmitten von Pinguinen, See-Elefanten, Seebären und allem was so herumsprang. Auch viele Jungtiere rannten herum, und die kannten keine Grenzen. Zu neugierig. Abstand halten ist da sehr schwer. Aber es sind und bleiben Wildtiere, und der Biss eines Seebären, den will wohl keiner spüren. Hätte auch den Abbruch der Expedition bedeutet, trotz Arzt, Schwester und Krankenstation an Bord wäre das nicht zu behandeln gewesen. Also immer schön aufpassen und den Tieren den Platz geben, den sie wollen. Kommt einer zu nah, hilft das Heben eines Stockes und zurückweichen. Sie sind hier die Bewohner und Herren, wir nur Gäste. Aber es ist und bleibt ein einmaliges Erlebnis, wie es wohl nirgends sonst auf der Welt möglich ist. Ein Gewusel und Leben, permanent Kämpfe der Seebären, das Schreien und Spielen der Jungtiere… Den Menschen kennen die Tiere nicht mehr als Feind, obwohl er manche Tierarten vor weniger als hundert Jahren nahezu ausgerottet hatte.
In Strømness selber findet sich eine weitere alte Walfangstation, die schon ziemlich im Verfall begriffen ist. Man muss jedoch Abstand halten, das Gelände ist aus Sicherheitsgründen gesperrt. Nicht allein der Verfall würde es gefährlich machen, sondern der damals verbaute Asbest, der sich überall hier wie ein vielen anderen Stationen findet.
Am nächsten Morgen wieder blauer Himmel, klare Sicht aber ein eisiger starker Wind. Unser Anlandepunkt ist eine wunderbare Bucht namens Godthul. Durch hohes Gras, dazwischen liegen immer wieder Seebären und -elefanten, geht es einen steilen Berg hoch. Hier oben findet sich eine Kolonie an Eslespinguinen. Die müssen übrigens den beschwerlichen Weg ebenfalls nehmen, wollen sie ins Wasser. Von hier oben bot sich ein fantastischer Blick in die Landschaft, besonders in die Bucht mit der Fram.
Weiter ging es nach St. Andrew Bay. Nach etwas über einer Stunde Fahrt erreichten wir die Bucht. Schon der Blick auf die zwei Gletscherzungen war gigantisch. Aber erst die Königspinguine. Zuerst eruiert das Expeditionsteam einen möglichen Anlandepunkt und schafft dann die über eine Tonne schwere Sicherheitsausrüstung an Land. Was auch gut eineinhalb Stunden dauerte. Und dann ging es los. Hier brüten über 200.000 Paare des Königpinguins, zusammen mit den Jungtieren sind es über eine halbe Million Tiere. Mithin die größte Kolonie an Königspinguinen auf Süd Georgien. Nur zog das Wetter wieder etwas zu. Und es fing an zu schneien. Auch war der Wellengang recht hoch, sprich es wurde eine etwas nassere Anlandung. Egal.
Was man hier erlebt, ist eigentlich weder mit Worten noch mit Bildern zu beschreiben. Königspinguine zuhauf, die keine Scheu zeigen, an allen Ecken und Enden kämpfen Seeelefanten mit ihrem bis zu 5 t Gewicht gegeneinander, fallen erschöpft nieder, kämpfen weiter. Die Kühe sparen lieber ihre Energie während des 3. bis 4-wöchigen Fellwechsels, liegen herum, können ja nicht ins Wasser um Nahrung zu ergattern. Dazwischen Seelöwen, Seehunde, Sturmvögel, eine Geräuschkulisse, hier tobt das Leben. Dazwischen wir Besucher mit mehr oder weniger Sicherheitsabstand. Die Tiere störte das nicht. Direkt zur eigentlichen Kolonie konnten wir nicht, der Schmelzwasserfluss vom Gletscher her hatte zu viel Wasser. Das aber machte gar nichts aus. Ich wiederhole mich, es ist unbeschreibbar. Was sollte eigentlich noch kommen?
Zurück am Schiff die Bilder und Filmszenen sichten. Das war eine ungeheure Aufgabe, nun standen nach dem Besuch des Drygalski-Fjordes am kommenden Vormittag aber erstmal drei Tage hohe See Richtung Antarktis auf dem Programm.
Der Fjord selber, eine fantastische Bergkulisse rechts und links vom Schiff mit hängenden und in den Fjord mündenden Gletschern. Leider macht das Wetter nicht richtig mit, Schneeschauer, sturmartiger eiskalter Wind, Nebel. Hat aber auch seinen eigenen Flair und ist eine gute Vorbereitung auf die Antarktis.