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Vietnam und Kambodscha: Film als BluRay erhältlich

Der Film über die Reise durch Vietnam und nach Kambodscha ist als BluRay in meinem Shop erhältlich. Der 120-minütige Film führt quer durch Vietnam, vom Norden des Landes mit seinem Bergvölkern bis tief in den Süden ins Mekong-Delta. Und in Kambodscha besuchen wir die Hauptstadt Phnom Penh, das Gebiet um den Tonle Sap-See und den größten Tempelbezirk der Welt, Angkor. Es erwarten einen zwei spannende Länder mit vielen kulturellen Sehenswürdigkeiten, positiven Überraschungen, schönen Landschaften, wuseligen Großstädten und freundlichen, respektvollen fast immer lächelnden Menschen. Hier geht es zum Reisebericht Vietnam und hier zu dem über Kambodscha.

Besuchte Orte und Regionen:
Vietnam: Hanoi, Bac Ha, Sapa mit dem Fansipan, Mai Chau, Hua Lu, Ninh Binh, die Halong-Bucht, die Kaiserstadt Hue, Hoi An mit Cam Tanh, Saigon und das Mekong Delta mit Cai Rang und Tra Su
Kambodscha: Phnom Penh, Tonle Sap See mit den schwimmenden Dörfern, das Vogelschutzgebiet Prek Toal, Siem Reap mit dem Tempelbezirk Angkor (u.a mit Besuchen von Angkor Wat, Angkor Tom, Ta Phrom und weiteren Tempeln)

Hier ein kurzer Trailer über den Film.

Auf meinem YouTube-Kanal findet sich der Film in einzelnen Episoden mit englischen Untertiteln.

Kambodscha 2024 – eine Nation mit Zukunft

Phnom Penh und Siem Reap (Angkor)

Tag 20, Phnom Penh

Wir haben Vietnam mit dem Schnellboot auf dem Mekong verlassen, sind jetzt in Phnom Penh, der Hauptstadt des Landes. Wir konzentrieren uns bei dem Besuch auf zwei Regionen: die 2,3 Millionen-Metrople Phnom Penh und die Region um Angkor, dem berühmten Tempelbezirk.

Zum ersten Teil der Reise, einmal quer durch Vietnam geht es hier lang.

Angekommen sind wir am frühen Nachmittag, so dass noch Zeit blieb, vier der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt anzuschauen. Beginnend mit dem Königspalast, er allein ist eine Reise wert. Die goldenen Dächer der Gebäude sind bereits von Weitem zu sehen, sie glitzern in der gleißenden Sonne – es hat 37 Grad. Die Anlage ist schon beeindruckend, errichtet wurde sie an der Stelle älterer Gebäude Ende des 19. Jahrhunderts unter französischer Herrschaft, aber im Stile der Khmer.

Der Thronsaal

Als ob der Palast und die Tempel an sich noch nicht beeindruckend genug wären, findet sich hier noch die Silberpagode. Ihr Boden besteht aus 5329 massiven Silberziegeln, je 1,125 kg schwer. In ihr, Fotografieren ausnahmsweise mal verboten, finden sich prächtige Schätze und die bedeutendste Buddha-Statue der Landes. Die Buddhas hier sind allesamt schlank. Eine Statue besteht aus rund 90 Kilogramm reinem Gold und ist mit über 9500 Diamanten besetzt, das dritte Auge hat 25 Karat und findet sich ein weiterer 20-Karäter. Im Palast residiert noch heute die königliche Familie. Der aktuelle König ist 65 Jahre alt und lebt hier mit seiner Mutter.


Weiter ging es zum Nationalmuseum um sich mit der älteren Geschichte des Landes etwas vertraut zu machen und dann zum zentralen Markt. Zum Schluss besuchen wir noch den kleinsten und ältesten Tempel der Stadt, die Wat Phnom Pagode, das Herz von Phnom Penh. Hier fand die alte Frau Penh 1372 mehrere Buddha-Statuen in einem Fluss und errichtete den Tempel auf dem Hügel, quasi die Keimzelle der heutigen Stadt.

Zu guter Letzt haben wir uns noch mit der jüngeren Geschichte des Landes befasst: Nach über zwei Jahrzehnten Krieg, Schreckensherrschaft und Besatzung war Kambodscha Anfang der 2000er-Jahre eines der ärmsten Länder der Welt. Man hat seitdem enorme Fortschritte im Kampf gegen Armut und Unterentwicklung gemacht und heute soll Kambodscha eine der der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Asiens sein. Wenn man durch Phnom Penh wandelt, mag man die grausame Geschichte des Landes kaum glauben, die noch gar nicht so lang her ist. Die Hauptstadt des Landes ist mittlerweile für viele Urlauber ein echter Geheimtipp geworden – ein kosmopolitische Hauptstadt mit Flair.

Mehr zu der Geschichte des Landes und den roten Khmer findet sich auf meinen FindPenguin-Blog, einfach Link anklicken.

Tag 21, Phnom Penh, Dreh- und Angelpunkt des Landes

Nachdem wir gestern die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von einem lokalen Führer haben zeigen lassen, sind wir heute auf eigene Faust den ganzen Tag in der Stadt unterwegs. Mit einer Unterbrechung in der Nachmittagszeit, es ist mit 36 Grad einfach zu heiß. Morgen soll es in Siem Reap 39 Grade haben, unserem nächsten Ziel. Es ist Frühling.
Die Menschen hier sind ähnlich wie in Vietnam, aber doch anders. Die Stadt scheint wohlhabender zu sein, auch etwas sauberer. Auch fällt auf, dass weniger Roller unterwegs sind – für uns immer noch Unmengen – dafür mehr Autos (meist große SUVs) und was es in Vietnam kaum gab, unzählige Tuc-Tucs. Lange Zeit Verkehrsmittel Nummer 1 der Kambodschaner. Der Verkehr ist ähnlich chaotisch. Wir schauen uns zwei Märkte für die Einheimischen an, noch einige Sehenswürdigkeiten und beobachten die Menschen und den Verkehr. Des Öfteren von einem Café aus. Die längeren Strecken legen wir mit dem Tuc-Tuc zurück. Immer vorher den Preis ausmachen, den bei Touristen langen sie kräftig zu. So eine kürzere Stadtfahrt darf ein/zwei Dollar kosten, bei der ersten Frage nach dem Preis kommen meist fünf Dollar. Lehnt man freundlich lächelnd ab, sind es dann drei Dollar, und dann fahren wir doch für zwei. Immer noch genügend, würde kein Einheimischer zahlen. Aber leben und leben lassen.


Luxuriöse Hotels finden sich hier genauso wie die zahlreichen Garküchen, Läden und mobile Verkaufsroller am Straßenrand. Manche Häuser erinnern an die französische Kolonialzeit. Phnom Penh ist seit 1866 die Hauptstadt von Kambodscha, derzeit leben hier 2,3 Millionen Menschen. 2035 rechnet die Regierung mit sechs Millionen. Entsprechend viel wird gebaut, meist von chinesischen Investoren. In den vergangenen Jahren hat Phnom Penh eine erstaunliche Transformation hin zu einer weltoffenen Großstadt gemeistert. Die Menschen wollen leben und Wohlstand erreichen. Freie Wahlen stehen nur auf dem Papier. Interessiert viele aber erstaunlich wenig. So unser Eindruck. Dennoch ist die Stadt überschaubar geblieben und vereint das chaotische Leben in einer Großstadt mit der Ruhe der Bauern, die im Umkreis leben und auf den vielen Märkten ihre Produkte anbieten.

Tag 22, Donnerstag – auf dem Weg nach Siem Reap

Es sind rund 360 km von Phnom Penh nach Siem Reap, etwa sechs Stunden Fahrzeit. Der Fahrer ist pünktlich, spricht aber kein Englisch. Macht nichts, funktioniert alles auch so. Unterwegs machen wir einen kurzen Stopp am Skun Markt, hier verkaufen sie auch frittierte Spinnen und Taranteln. Sie gelten als lokale Köstlichkeit.

Zwischendurch ein weiterer Stopp für ein kleines Mittagessen und dann noch einen in Kampong Kdei. Hier findet sich eine alte Brücke der Khmer. Königs Jayavarman VII ließ die 87m lange Brücke im 12. Jahrhundert erbauen, und sie steht heute noch. Benutzt werden darf sie von Rollern, für Autos hat man sie zwischenzeitlich gesperrt. Sie hat die Forme einer Schlange, sich aufbäumenden Schlangenköpfe beschließen jeweils Anfang und Ende der Balustraden. Zu guter Letzt halten wir noch an einem der zahlreichen Stände, an denen eine kambodschanische Spezialität gekocht wird: Klebreis in Bambus. Das Gericht wird in speziell vorbereiteten Bambusstücken unterschiedlicher Durchmesser und Länge geröstet und sowohl als herzhaftes Essen oder als süßes Dessert verzehrt. Hier bezeichnet man die Speise als Kralan und sie besteht aus Klebreis, Schwarzaugenerbsen oder Bohnen, Kokosmilch und Palmzucker.

Am späteren Nachmittag angekommen, wird erst mal eine Pause im Hotel eingelegt, Es ist einfach zu heiß und zu schwül. Gegen Abend ging es dann erst mal in das Zentrum von Sies Reap. Das Hotel liegt etwas außerhalb, also mit dem TucTuc ins Gewühl. Siem Reap ist die zweitgrößte Stadt Kambodschas mit rund 250.000 Einwohnern und die inoffizielle Tourismushauptstadt. Das liegt an der Nähe zu den Tempelanlagen von Angko. Der Name bedeutet in etwa besiegtes Siam oder Siam plattgemacht und soll sich auf einen Sieg der Khmer über eine Thai-Armee im 16. Jahrhundert beziehen. Vermutlich ist es aber eher eine Volksetymologie. Diese Deutung zeigt aber auf, wie belastet das Verhältnis zwischen Kambodscha und Thailand bis heute ist, zumal die Thailänder einst die roten Khmer unterstützten. Die Region war von Angriffen der roten Khmer noch bis Anfang der 90er-Jahre betroffen, erst danach stabilisierte sich die politische Lage. Heute ist Siem Reap eine friedliche und für kambodschanische Verhältnisse blühende Stadt. Obwohl das durchschnittliche Monatseinkommen 2023 nur etwa 130 USD pro Monat betrug. Der Mindestlohn liegt eigentlich bei 170 USD. In der Stadt ist das Einkommen jedoch höher als auf dem Land. Vor zehn Jahren noch waren es etwa 30 US-Dollar monatlich. Zu der positiven Entwicklung beigetragen hat vor allem der Tourismus. 

Tag 23 – Angkor Tom, die große Stadt

Nach Kambodscha kommt man vor allem der Tempelanlagen in Angkor wegen, so auch wir. Es war das Zentrum des historischen Khmer-Königreiches Kambuja, das Reich der der Khmer vom 9. bis 15. Jahrhundert. Während ihrer Blütezeit im 12. Jahrhundert lebten hier auf etwa 1000 Quadratkilometer eine Million Menschen. Weltbekannt wurde Angkor durch die Zeugnisse der Baukunst der Khmer in Form einzigartiger Tempelanlagen – allen voran durch den Angkor Wat, dem größten Tempelkomplex der Welt. Allesamt Weltkulturerbe der Unesco.Allein hier wurden bis heute rund 1000 Tempelanlagen entdeckt, bis in jüngster Zeit. Und immer wieder findet man neue Anlagen, 2008 zum Beispiel beim Bau einer Straße im thailändischen Grenzgebiet. Manches dürfte noch im dichten Dschungel verborgen liegen. Der Park umfasst heute rund 400 Quadratkilometer und ist eines der Top-Touristenziele weltweit.
Auch wenn die Anlage im Laufe der Jahrhunderte stark unter Raubgrabungen und dem Diebstahl vieler Kunstwerke gelitten hat, ist sie doch einmalig. Die wertvollsten Kunstwerke hatte man schon im 15. Jahrhundert nach der Niederlage Kambujas, über Umwege nach Mandalay im Myanmar (ehemalig Birma) geschafft, wo sie sich heute noch befinden. Vierhundert Jahre später schlugen europäische Forscher, Abenteurer und Händler zu, verpackten Statuen, Bronzeskulpturen und auch herausgebrochene Stücke von Reliefs in Kisten und verschifften sie nach Europa, wo sie in Museen und privaten Sammlungen landeten. Heute gibt es in Angkor nur noch sehr wenige originale Statuen. Was noch nicht gestohlen wurde, befindet sich in den Archiven der Archäologen vor Ort oder im Staatsmuseum in Phnom Penh, um zu verhindern, dass auch diese letzten Stücke gestohlen werden. Kunsträuber brechen auch heute noch Tafeln aus Reliefs und schlagen Figuren die Köpfe ab, um sie am Schwarzmarkt in Europa, den USA oder Japan zu verkaufen. Manche der abgesägten Köpfe hat man originalgetreu kopiert und die Figuren wieder ergänzt. Es finden zudem Restaurationen und Sicherungsmaßnahmen statt, im Wesentlichen durch internationale Hilfe und Mittel der Unesco. Kambodscha wäre allein mit dieser Aufgabe überfordert. Vieles wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Franzosen von der überwuchernden Vegetation befreit und restauriert, zerfallene Bauwerke aus den Originalteilen wieder zusammengesetzt. Heute arbeiten Teams aus den verschiedensten Ländern, auch aus Deutschland, hier vor Ort.

Wir beginnen unseren zweitägigen Besuch bei den Ruinen von Angkor Tom. Angkor heißt Stadt und Tom groß, also große Stadt. Es handelte sich um die letzte Hauptstadt des Angkor-Imperiums. Die markanten Haupttore sind mit jeweils vier Gesichtern gekrönt. Der Bau der Stadt begann gegen Ende des 12. Jahrhundert, sie bedeckte eine Fläche von etwa 900 Hektar und ist von einer 12 km langen Mauer umgeben, die von einem Wassergraben umschlossen ist. Die einfacheren Gebäude wurden aus Holz erbaut, sind heute nicht mehr erhalten. Die Brücken, die über den 100 m breiten Wassergraben führen, waren jeweils mit Steinfiguren flankiert – 54 Gottheiten auf der einen, 54 Dämonen auf der anderen Seite. Erhalten sind in der etwa 3 x 3 km umfassenden Stadtmauer noch 14 Gebäudekomplexe. Zentral findet sich der Bayon, bekannt für seine Türme mit den steinernen Gesichtern. Noch heute stehen 37 davon. Die Gebäudeteile sind bis zu 43m hoch. Neben dem zentralen Tempel besuchten wir noch ein paar weitere Ruinen und die Terrasse der Elefanten.

Tag 23 – Angkor Wat, die Stadt der Tempel


Die Bedeutung von Angkor Wat für das Land zeigt sich schon darin, dass der Tempel zentraler Bestandteil der Flagge ist. Er ist nationales Wahrzeichen und auch Herz und Seele Kambodschas. Übersetzt heißt Angkor Wat “die Stadt der Tempel”. Dieser Komplex wurde vor etwa 1000 Jahren erbaut und soll die größte Tempelanlage der Welt sein. Erbaut sein soll sie in 37 Jahren durch 300.000 Manschen mithilfe von 6000 Elefanten. So jedenfalls eine Legende.
Das Areal misst inklusive des zwischen 170 und 190 m breiten Wassergrabens 1,5 x 1,3 km. Er stellt nach gängigen Interpretationen den Ur-Ozean dar, zusammen mit den zahllosen Bauten im Inneren ergibt sich ein symbolisches Bild des Universums. Im Zentrum steht der markanteste Tempel mit fünf nach Lotusblüten geformten Türmen. Der größte hat eine Höhe von 65 m.
Zahlreiche Wände sind mit steinernen Figuren dekoriert, die Tänzerinnen, die Apsaras darstellen. Alle unterscheiden sich in Details, keine gleicht er anderen. Große Galerien zeigen historische Szenen vom Leben, den Kriegen, von religiösen Geschichten und dem Schöpfungsmythos des Quirlen des Milchozeans. Angkor Wat ist der besterhaltene Bau von ganz Angkor und hat bis heute religiöse Bedeutung. Einst für den Hinduismus erbaut, dominiert jetzt der Buddhismus. Die Bauten repräsentieren den Mount Meru, das Zuhause der hinduistischen Götter.


Angkor Wat wurde vermutlich unter der Herrschaft des Königs Suryvarman II erbaut. Zu seinem Tod war der Bau aber nicht komplett fertig, er wurde eingestellt, einige Reliefs nicht fertiggestellt. Die Gebäude bestehen aus Sandstein, per Hand wurde die Steinblöcke mit einer besonderen Vorrichtung so geschliffen, dass sie ohne erkennbare Zwischenräume zusammengesetzt werden konnten. Das zeigen einige Reliefs, die den Bau darstellen.
Die meisten Khmer verließen im 15. Jahrhundert die Tempelanlage, sie wurde aber nie ganz verlassen so wie die anderen Anlagen. Anfang des 20. Jahrhunderts restaurierten die Franzosen Angkor Wat und befreiten das Areal von Erde und Vegetation. Das Monument überstand den Bürgerkrieg und die roten Khmer. Zahlreiche der Statuen wurden jedoch gestohlen oder zerstört.

Tag 23 – der Blick vom Berg

Zwei kleinere Tempel, den Thommamon und den Chau Say Tevoda liegen nahe Angkor Tom. Im Lauf der Jahrhunderte sind die Umfassungsmauern der beiden Tempel weitgehend verschwunden. Während der Thommanon in den 1960er-Jahren komplett restauriert wurde, ist der Chau Say Tevoda noch ursprünglicher, wenig restauriert.
Gegen den späteren Mittag sind wir in der Hitze von über 35 Grad Celsius noch auf den Bakheng-Hügel mit der gleichnamigen Tempelanlage gestiegen. Nur machen das viele, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Doch der findet nicht über Angkor Wat statt, sondern über einem Stausee in der Nähe, könnte also überall sein. Richtig macht man es, wenn man den Sonnenaufgang in aller Frühe beobachtet, denn dann geht die Sonne über den Tempelanlagen auf. Sofern es nicht bewölkt ist.
Wir genossen den Ausblick vom Berg in die Dschungellandschaft und auf die Ruinen, beobachteten die Menschen und verließen den Berg wieder, vor dem Sonnenuntergang. Auch wenn der Ort hier um diese Zeit einer der meistbesuchten der antiken Stätten sind, hält sich der Besucherandrang in Angkor doch in Grenzen. Die Besucherzahlen haben sich nach Corona noch nicht wieder ganz erholt. Segen und Fluch. Gut für die antike Stätte, sehr schlecht für die tausenden Menschen hier, die auf den Tourismus angewiesen sind – ihn zum Leben und Überleben brauchen. Das spürt man an vielen Orten deutlich.

Tag 24 – Ta Keo, ein monumentaler Tempelberg

Nahe den Göttern zu sein war schon immer Ziel der Menschen. Also baute man in die Höhe, zumal auf Bergen gern die Götter wohnten. Der moderne Name Ta Keo bedeutet „Altes Kristall“, Prasat Keo entsprechend Kristall-Tempel. Ursprünglich hieß er Hemasringagiri, zu deutsch der „Berg mit goldenen Gipfeln“ und verweist auf den mythologischen Berg Meru. Der bildet gemäß der hinduistischen und auch der buddhistischen Lehre den Weltenberg im Zentrum des Universums.

Ta Keo ist bei den Pyramidentempeln hier das größte und imposanteste Bauwerk. Erbaut wurde er unter Jayavarman V. (Regierungszeit 968–1001) und König Suryavarman I. (Regierungszeit um 1002–1050) und sollte als neuer Staatstempel dienen. Im Jahr 1007 weihte man ihn dem Hindugott Shiva. Kurz vor Fertigstellung aber schlug ein Blitz ein, was als schlechtes Omen galt. Also gab man ihn auf. Einige Reliefarbeiten waren bereits fertig, die übrigen Wände jedoch blieben ungestaltet. Unter den Khmertempeln ist Ta Keo der einzige Rohbau und zeigt sehr gut die Sorgfalt, mit der die Steinquader fast fugenlos aufeinandergeschichtet wurden.

Tag 24 – Lara Croft lässt grüßen

Wir sind an der Tempelanlage Ta Prohm, auch Dschungeltempel genannt oder Lara-Croft-Tempel. Ersteres, weil man bei der Restaurierung bewusst darauf verzichtete, die Bäume zu entfernen. Die französischen Restauratoren beschlossen, einen Tempel in dem Zustand zu belassen, in dem sie ihn vorfanden. Die Wahl fiel auf Ta Prohm. Man entfernte und sicherte die Vegetation und die herabgefallenen Mauersteine nur soweit, dass es Besuchern möglich ist, die Anlage zu begehen. Besonders eindrucksvoll sind die Bäume, etwa eine Würgefeige oder die noch größeren, bis zu 45 m hoch werdenden Tetrameles nudiflora. Deren Wurzeln überwuchern ganze Gebäude. Das macht diesen Tempel auch zu meinem Liebling und war auch der Grund, warum man ihn als Drehort für Teile des Lara Croft-Filmes Tomb Raider mit Angelina Jolie auswählte. Lara Croft ist in dem Streifen rund um den Tempel auf der Suche nach einem mystischen Artefakt.


Beides zusammen macht ihn zu einem Fotomotiv Par Excellence und zieht die Menschen an. Sind gerade einige Reisegruppen anwesend, sollte man Geduld haben und abwarten. An manchen Foto-Spots baut sich sogar eine Warteschlange auf, die einen Schnappschuss zur Erinnerung haben möchten. Gerade als Selfie-Fotospot zählen einige Stellen hier zu den beliebtesten in ganz Angkor. Aber es gibt auch sehr schöne Stellen, die nicht dem Hauptweg folgen. Also Zeit einplanen, dann schafft man sogar Filmszenen ohne Menschen.
Errichtet wurde der Komplex im 12. – 13. Jahrhundert, die gesamte Anlage umschließt rund 60 Hektar und zeichnet sich auch durch die Türme mit den mehrere Metern großen Gesichtern aus.
Zurück zu Tomb Raider. Denn es solltatsächlich einen Schatz hier gegeben haben. So steht auf einer mit einem Relief versehen Säule geschrieben, dass zu den Tempelschätzen des buddhistischen Ta Prohm Gold, Perlen und Seide gehörte. Allein an Gold sollen sich hier fünf Tonnen befunden haben. Weiter erzählt die Inschrift, dass hier auf dem Gelände 12.500 Mönche lebten, darunter 18 Hohepriester und 615 Tänzer. Der Tanz spielte in den damaligen Zeiten eine wichtige Rolle. 
Die äußere Begrenzungsmauer der Anlage umschließt ein Gebiet von etwa 60 Hektar, der Tempel und die ihn umgebenden Gebäude machen davon nur einen Hektar aus. Außerhalb fanden sich rund 3.140 Dörfer mit insgesamt 80.000 Bewohnern. Wie überall in Angkor waren aus Stein gebaute Gebäude religiösen Zwecken vorbehalten. Die Menschen, auch der König, lebten in Häusern aus Holz, die dem Zahn der Zeit zum Opfer fielen.

Tag 24 – Tempeltag

Banteay Kdei

Von nun an wird es ruhiger. Dem Tempel Banteay Kdei bleiben die Besuchermassen weitestgehend fern. Tagesbesucher haben den Tempel nur selten auf ihrem Reiseplan stehen. Und das ist in Form von Reisegruppen ein recht hoher Anteil. Zu knapp ist deren Zeit.
Banteay Kdei ähnelt in seiner Bauweise To Prahm, ist aber mit 500 x 700 m deutlich kleiner und weniger verziert. Dennoch den Besuch wert.
Beim östlichen Eingang findet sich mit Srah Srang ein künstlicher See. Zu Deutsch bedeutet der Name Königliches Bad. Er misst etwa 725 x 400 m und ist etwa vier Meter tief. Alles damals von Hand ausgehoben und mit Sandstein ummauert. Gemäß meiner Inschrift diente er dem „Wohl aller Kreaturen“ mit Ausnahme der „Deichbrecher“, vermutlich Elefanten. Bis heute, also über ein Jahrtausend nach der Errichtung, ist der Srah Srang intakt und bildet eine weite, ruhige Wasserfläche. Ein Srah wurde als Wasserbecken für rituelle Waschungen verwendet, so vermutet man.

Banteay Srei

Es folgt der Besuch des Banteay Srei, ein kleiner Tempel, von einem reichen Landbesitzer und Lehrer erbaut. Er ist jedoch der wohl Kunstvollste, bekannt durch die filigranen Steinmetzarbeiten. Errichtet hat man den Tempel ebenfalls zu Ehren von Shiva, einer der Hauptgötter des Hinduismus. Er steht Schöpfung, Neubeginn, aber auch Erhaltung und Zerstörung.
Zwischen den Tempelanlagen ist man immer einige Kilometer unterwegs, nichts für einen Spaziergang. Dennoch legten wir gestern nur für die Tempelbesichtigungen über zwölf Kilometer zurück.


Zu Guter Letzt sind wir noch beim Tempel Banteay Samre, übersetzt bedeutet der Name „Festung der Samré“. Die Samré sollen ein lokaler Volksstamm gewesen sein. Man nennt ihn aber lieber Zitadelle der Frauen. Er ist ein klassischer Vertreter der Angkor-Wat-Epoche, am knospenförmigen Dachaufbau erkennbar. Banteay Samré zeigt eine überwiegend hinduistische Bilderwelt, am zentralen Tempelturm ungewöhnlicherweise jedoch auch Reliefs aus dem buddhistischen Glauben. Er befindet sich abseits der üblichen touristischen Wege, auch hier ist es recht ruhig.

Wir begegnen hier mal wieder einer größeren Studentengruppe aus Phnom Penh. Und auch hier passiert es, dass die Kids mich auffordern Fotos von Ihnen zu machen. Wohlgemerkt nicht mit ihrem Handy, sondern meiner Kamera für mich. Dann bedanken sie sich überschwänglich, wenn ich die Fotos gemacht habe. Selbst eine halbe Stunde später, wenn man dem Mädchen wieder begegnet, ein Dankeschön, Verbeugung und strahlende Gesichter. Sie freuen sich, dass man sich für ihr Land und ihre Kultur interessiert. Das sollte uns mal in Europa oder anderen Ländern passieren. Generell ist die Höflichkeit und der Respekt vor anderen – besonders Älteren – hier ein hohes Gut. Ist auch im Glauben verankert.

Tag 24 – Apsara-Tänze, eine uralte Tradition

Apsaras sind in der hinduistischen und Teilen der buddhistischen Mythologie halb menschliche, halb göttliche Frauen. Sie leben im Palast des Gottes Indra. Sie gelten auch als Geister der Wolken und Gewässer und sind damit vergleichbar mit Nymphen aus der griechischen und römischen Mythologie. Sie präsentierten den Menschen zur Zeit des historischen Königreiches Kambuja zudem die Kunst des Tanzes. Reliefdarstellungen der Tänzerinnen finden sich an vielen Tempeln in Angkor. Auf diese Zeit geht auch die Tradition des höfischen Tanzes in Kambodscha zurück. Es sind häufig recht langsame und grazile Tanzbewegungen, wobei die Handstellungen eine wichtige Rolle spielen. Zum Repertoire gehört die Darstellung epischer Geschichten und Gedichte oder das Leben der Menschen und die Brautwerbung.

Tag 25 – mit dem Boot zu den schwimmenden Dörfern

Wir sind auf dem Tonle Sap See unterwegs, dem größten in Kambodscha. Wobei See ist relativ. Es ist Mitte März, die Trockenzeit nähert sich langsam dem Ende. Der See sieht meist eher aus wir ein größerer Wald und dichtes Buschland, die Wassertiefe, wo denn Wasser zu sehen ist, beträgt etwa vier Meter. In der Regenzeit von Mai an fließt Wasser vom Mekong in den See, zusammen mit den monsunartigen Regenfällen steigt der Wasserspiegel dann um zehn Meter. Dann ist es für vier bis fünf Monate ein großer See, heraus schauen nur noch die größeren Bäume, alles ist unter Wasser. Die Menschen bauen ihre Behausungen und Läden ab und woanders wieder auf. Bis die Trockenzeit kommt, dann fließt das Wasser Richtung Mekong wieder ab. Mithin ist der Tonle Sap-Fluss Zu- und Ablauf. Hier lebt man vom Fischfang und dem Reisanbau, passt sich dem Wasser an. Die Fläche schwankt zwischen Trocken- und Regenzeit zwischen 2700 und 25.000 Quadratkilometern – der Bodensee hat eine Fläche von 536 Quadratkilometern, die Länge beträgt maximal 250 km, die Breite 100 km. Im September erreichen die Überflutungen ihren Höhepunkt, dann stehen mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche in Kambodscha unter Wasser. 1997 wurde der See von der Unesco zum Biosphären-Reservat erklärt.

Hier finden sich auch die schwimmenden Dörfer, sprich die Häuser, Läden, Restaurant, Werkstätten und alles weitere schwimmt auf dem See. Alles ist auf Bambusplattformen aufgebaut, die wiederum meist von alten Blechfässern als Schwimmkörper getragen werden. Die Menschen, die hier leben, passen sich so dem schwankenden Wasserpegel an. Auf einigen erhöhten Stellen baut man auch Stelzenhäuser. In so einem Dorf leben um die eintausend Familien, es unterscheidet sich eigentlich nicht von denen an Land, nur das die Straßen eben Wasserstraßen sind. Wer hier auf dem See unterwegs ist, bekommt einen guten Eindruck vom Leben der Menschen am oder besser gesagt auf dem See. Der See ist Lebensgrundlage, Wohnort und Transportmittel zugleich. Die meisten Bewohner leben auf dem Wasser in irgendeiner Form.

Tag 25- Prek Toal, ein Vogelparadies

Weiter ging es von den schwimmenden Dörfern zu dem Vogelschutzgebiet Prek Toal. Es ist recht wenig los, Touristen kommen seltener in diese Region. Unser Guide war ebenfalls schon lange nicht mehr hier und der Fahrer überhaupt nicht. So kommt er den ganzen Tag mit uns. Hier finden sich um die 130 Vogelarten, vor allem Reiherarten, Ibis und Störche aber auch 700 Paare an Graupelikanen auf den insgesamt geschützten 312 Quadratkilometern. Insgesamt sollen in der Trockenzeit um die 30.000 Vögel hier leben, in der Regenzeit sind kaum welche an diesem Ort, sie ziehen dann weiter. Auch Schlangen und Schildkröten fühlen sich in dem Gebiet wohl.

Tag 26 – Kambodscha, das Resumee

Kambodschaner sind oft sehr freundliche und hilfsbereite Menschen, besitzen meist nicht viel und sind dennoch zufrieden mit dem Wenigen. Sie haben es schwer, besonders wenn die Gäste wegbleiben oder die Ernte schlecht ist. Aber auch dann und trotz der grausamen Geschichte haben sie oft ein Lächeln im Gesicht. Natürlich lässt sich keine Nation, keine Kultur in eine Schublade stecken, das vorweg. In den Gesprächen und Erzählungen fiel uns auf, dass hinter der Natur der Kambodschaner häufig ein starker Glaube steckt. Bberuflicher Erfolg oder das Geldverdienen stehen nicht über Allem. Das Wesen der Kambodschaner ist eher ruhig, freundlich und fürsorglich. Das sollte man sich auch als Besucher zu Herzen nehmen. Touristen werden meist freundlich empfangen, und nicht nur des Trinkgeldes wegen. Das hilft den Menschen, ist aber kein Muss. Man gibt es gerne, denn es ist verdient. Hier fällt auf, dass sich die Kambodschaner echt über ein Trinkgeld freuen, dass sie nicht unbedingt erwartet haben. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie überall. Die sind aber deutlich in der Minderheit. Der hier vorherrschende Buddhismus vertritt ja eine Philosophie des Mitgefühls und der Fürsorge im täglichen Leben. Hand in Hand mit dem Glauben geht auch der Aberglaube. Der ist hier weit verbreitet. Für vieles gibt es spezielle Rituale, um sicherzustellen, dass auch alles funktioniert. Räucherstäbchen oder Götter halten etwa die bösen Geister vom Haus fern. Nicht selten sieht man sie auch vorne an Tucktucks oder Autos. Klar, dass viele Geistergeschichten mögen. Der Buddhismus lehrt die Menschen zudem, offen für Neues zu sein. Auch wenn sie meist auf dem Land nur über eine Grundbildung verfügen, sind sie wissbegierig und neugierig.
Ganz weit oben steht die Familie, die auch die Ahnen miteinschließt. Sie stehen an erster, zweiter und dritter Stelle, bedeutet Ihnen alles. Deswegen sind die Familien hier oft auch recht groß, umfassen drei/vier Generationen.
Kambodscha bietet aber auch eine beeindruckende Kultur, die sich weltweit nicht verstecken muss und auf einer Höhe etwa mit Machu Picchu oder den Pyramiden steht. Trotz der vielen Kriege und Plünderungen und den Kolonisten. Der Besuch lohnt und man sollte auch genügend Zeit einplanen, um nicht nur Phnom Peng, den Strand (den wir ausließen) oder Angkor zu besuchen.

Hier geht es zum Teil I der Reisereportage, nach Vietnam 2024 – Land des Lächelns

Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz

Vietnam 2024 – Land des Lächelns

Unterwegs in Vietnam – von Hanoi nach Saigon

Tag 1 – Hanoi, der erste Eindruck

Wir sind pünktlich in Hanoi – der Stadt zwischen den Flüssen – gelandet, brauchten für Ausstieg, Grenzkontrolle und Koffer holen gerade mal fünfzehn Minuten . Schon gegen acht Uhr standen wir in der Hotellobby mitten in der Altstadt Hanois, einchecken ging natürlich erst gegen Mittag.
Also Koffer ins Eck gestellt und ab in die Altstadt. Man kann von hier aus alles wichtige zu Fuß machen oder mit der Rischka, einem Moped oder auch mit dem Taxi. Der erste Eindruck, eine junge Stadt von den Menschen her. Die Hauptstadt Vietnams hat derzeit zehn Millionen Einwohner, viele davon sind recht jung. Vor sechs Jahren waren es noch unter vier Millionen in der zweitgrößten Stadt des Landes und die meisten fuhren Fahrrad. Heute hat fast jeder ein Moped und auch Autos sind nicht mehr selten. Entsprechend ist die Luftqualität. Elektromobilität ist hier auch noch lange ein Fremdwort, aber es gäbe eine ökologische Lösung: eFuels, also synthetischen Treibstoffe. Aber die will im reichen Europa ja niemand. Wirtschaftlich geht es in Vietnam deutlich aufwärts. Zumal sich das kommunistische Regime wirtschaftlich liberaler gibt und den Menschen hier etwas Freiheit. Nur der Regierung unangenehme (politische) Gedanken sind nicht gestattet.
Da viele Menschen inzwischen motorisiert sind, ist der Verkehr recht chaotisch, Regeln gibt es anscheinend kaum. Dafür läuft es aber erstaunlich flüssig. Regeln gibt es, um als Fußgänger die Straßen zu überqueren, egal ob kleine Seitengasse oder mehrspurige Straße: immer ruhig und bestimmt bleiben; immer rechts und links schauen – auch bei Einbahnstraßen, die spielt für die Rollerfahrer häufig keine Rolle, genauso wenig wie die Richtung einer Spur; immer langsam und kontinuierlich laufen; niemals zurücktreten, damit rechnet hier niemand. Zudem läuft man meisten sowieso auf der Straße, die Gehsteige stehen voll mit Rollern, Garküchen oder sonst irdend etwas.
Viele Gebäude in der Altstadt stammen aus der französischen Kolonialzeit – jedenfalls was der Vietnamkrieg verschont ließ. Die Franzosen rissen Ende des 19. Jahrhunderts die alten Gebäude ab, schütteten Seen und Kanäle zu und legten breite, baumgesäumte Alleen mit Oper, Kirchen, öffentlichen Bauten und Luxusvillen an, zerstörten damit große Teile der Stadt, machten sie zum Verwaltungszentrum von Französisch-Indochina. Selbst die etwa tausend Jahre alte kaiserliche Zitadelle und den Kaiserpalast schliffen sie zum großen Teil, so dass kaum mehr etwas übrigblieb. Der Rest schaffte es aber immer noch zu einem Weltkulturerbe der Unesco.
Zwischendurch checkten wir in unsere Zimmer ein, weiter in der Altstadt umrundeten wir den Hoan Kiem-See mit dem Turtle-Tower und besichtigten den Ngoc Son-Temple aus dem 19. Jahrhundert, einem wichtigen Heiligtum. Das taten auch viele Vietnamesen. Er ist dem größten Militärstrategen Trang Hung Dao aus dem 13. Jahrhundert gewidmet, einem Nationalhelden.
Abends suchten wir dann noch ein landestypisches Restaurant nahe dem Hotel auf. Zwei Hauptmahlzeiten (einmal Nudelgericht und eine Terrine Nudelsuppe mit Rind und Geflügel) sowie die Getränke kosteten umgerechnet 7,84 Euro. Recht teuer, eine Flaschen Hanoi-Bier für 94 Cent…

Hier geht es zu dem Reisebericht auf meinem Blog auf FindPenguin mit den täglichen Berichten – auf meiner Website hier findet sich eine etwas kürzere Zusammenfassung.

Tag 2 – Die Altstadt, Konfuzius und der Markt

Hanoi ist die älteste der noch existierenden Hauptstädte Südostasiens. Belegt ist sie in ihrem Gründungsjahr 1010 als Zitadelle Thăng Long. Im Laufe der Jahrhunderte wurde Hanoi wiederholt erobert, verlor dabei seinen Status als Hauptstadt und man hat die Stadt mehrfach umbenannt. Zwischen 1946 und 1954 war die Stadt im Indochinakrieg Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen Franzosen und den Việt-Minh. Im Vietnamkrieges bombardierten die Amerikaner Hanoi zwischen 1966 bis 1972 mehrmals. Ein Angriff zum Weihnachtsfest 1972 zerstörte bald ein Viertel der Stadt. Je nach Quelle zwischen 20.000 und 36.000 Tonnen Bomben wurfen die Amerikaner damals über der Stadt ab, in Dresden waren es 2.660 Tonnen.
Dennoch kommt man bei einem Spaziergang durch die Altstadt an vielen Pagoden und Tempeln vorbei. Hier im alten Quartier lässt sich das vietnamesische Stadtleben wunderbar beobachten. Man teil die engen Gassen mit vielen Menschen, Motorrollern, Autos, Verkaufsständen und Straßenküchen, gesessen wird auf kleinen Plastikstühlen.


Unser erster Gang führte uns zum Tempel des Konfuzius, auch Literaturtempel genannt. Erbaut um 1070 handelt es sich um die erste Akademie des Landes. Hier unterrichtete man die Eliten des Landes von 1076 an bis 1915. In jüngerer Zeit adelte man das bedeutende Heiligtum als Weltkulturerbe der Unesco.
Ein konfuzianischer Tempel ist ein Ort der Weisheit, eine Idee, die auf die Traditionen von Konfuzius mit seinen Schüler zurückgeht. Die Lehren des Konfuzius basieren auf vier Säulen: Menschlichkeit, Sittlichkeit, Rechtschaffenheit / Gerechtigkeit sowie Riten. 
Dann ging es mit einer Rischka ans andere Ende der Altstadt, hier bummelten wir durch enge Gassen mit zahllosen Geschäften und Straßenläden sowie und über einen lebhaften Markt. Eingekauft wird nicht selten gleich vom Moped aus, auf dem auch ein/zwei Kinder sitzen. Ohne abzusteigen. So teilen sich die engen Markgassen Menschen und Menschen auf Mopeds, in etwa gleich in der Zahl. Erhältlich ist vom Gemüse über Kräuter, Obst, frischem Meeresgetier und Fisch – der teilweise noch zappelt – bis zum Fleisch eigentlich alles.

Tag 3 – Vespatour und Puppenspieler

Morgens ging es erst mal mit zwei Vespas und Fahrern als Sozien in das Umland Hanois. Unsere Fahrer schlängeln sich gekonnt und flott durch den morgendlichen Verkehr – Einbahnstraßen, rote Ampeln und was auch immer werden komplett ignoriert. Wir überqueren die spektakuläre Long Bien Brücke, die die Franzosen zwischen 1899 und 1902 von rund 3000 Vietnamesen erbauen ließen. Zu nutzen nur für Fußgänger, Fahrradfahrer, Mopeds und dem Zug. Mit Zufahrten 2,3 Kilometer lang überquert sie den an dieser Stelle 900 m breiten Roten Fluss. Im Vietnamkrieg 14 Mal bombardiert, reparierte man sie nach dem Krieg.
Weiter ging es entlang großer Reisfelder. Vietnam ist einer der größten Reisproduzenten und auch Exporteure mit 8,13 Millionen Tonnen in 2023. Aber die Arbeit ist schon recht schwer, das Sähen und Ernten erledigen eigentlich nur die Frauen. Gelegenheit sich dies näher anzuschauen. Die Landwirtschaft begleitete uns auch weiterhin auf der Tour durch die ländlichen Dörfer, obwohl kaum mehr als zehn Kilometer von Hanoi entfernt.


Auch zwei Tempel wurden besichtigt, etwa der vom König An Duong aus dem Jahr 257 v. Chr. Unterwegs gab es natürlich auch eine Teepause sowie ein frühes Mittagessen in einer kleinen dörflichen Garküche. Zurück in Hanoi ging es nach rund fünf Stunden wieder durch den wuseligen Verkehr. Für Stopps an den Zuggleisen quer durch die Altstadt, in einem Cafe – Spezialität hier in Hanoi ist Eierkaffee mit einer dicken Schicht aus frisch geschlagenem Eigelb – und bei einer Seidenstickerei reichte es ebenfalls. 
Nachmittags trafen wir uns dann mit einem örtlichen Guide, der uns noch einmal durch die Altstadt und besonders den Markt führte und vieles erklärte, bevor wir uns ins Wasserpuppentheater aufmachten. Derartiges gibt es nur in Vietnam und es soll schon im 11. Jahrhundert fester Bestandteil des kulturellen Lebens gewesen sein. Ein kleines Orchester begrüßt das Publikum und begleitete die ganze Aufführung. Die Bühne ist ein Wasserbecken, darin stehen hinter einem geflochtenem Bambusvorhang die Puppenspieler. Mit drei bis vier Meter langen Stangen bedienen sie die 30 Zentimeter bis einem Meter großen und ein bis fünf Kilogramm schweren Wasserpuppen – nicht zu sehen, befinden sich die Stangen doch unterhalb des Wasserspiegels, die Puppen oberhalb. Bewegliche Gliedmaßen und den Kopf steuert man mittels Seilzügen.

Tag 3, Abends – Mit dem Chapa-Express nach Lao Cai im Norden

254 Kilometer lang ist die Strecke mit dem Nachtzug nach Lao Cai, direkt an der chinesischen Grenze gelegen. Den nehmen wir. Besonders spektakulär ist die Fahrt ganz am Anfang, direkt durch schmale Gassen in der Altstadt nur ein/zwei Meter von den Häusern, Cafe´s und Läden entfernt. Mehrmals am Tag und in der Nacht rattert ein Zug durch die enge Train Street. Ertönt der Pfiff der Lokomotive, räumen die Straßenhändler in Windeseile ihre Waren von den Schienen, springen Touristen zur Seite und fotografieren, was das Zeug hält. Auch wenn das Betreten der engen Gasse unter Strafe steht. Solange keine Polizei in der Nähe ist, interessiert das niemanden. Die ist nur selten da. Offiziell sind die Cafe´s und Läden seit Ende 2019 aus Sicherheitsgründen geschlossen, wir saßen aber selbst in einem und genossen den Trubel. Und es gibt Dutzende, voll mit Menschen.


Es folgt die Long Bien-Brücke, die wir tags zuvor mit den Vespas befuhren. Dann schläft man, ist es doch dunkle Nacht, nichts mehr groß zu sehen. Außerdem startet der Zug um 22 Uhr, Ankunft morgens um 6.45 Uhr. Der Chapa Express Train – so der Name – wurde im Juni 2014 in Betrieb genommen und ist damit einer der neuesten Züge in Vietnam. Der Zug ist pünktlich, unser Fahrzeug mit Fahrer und Guide – einer Angehörigen eines regionalen Bergstammes für die Weiterfahrt nach Bac Ha und Sapa sind auch schon da. Ein kurzes Stopp am chinesischen Grenzübergang, weiter geht es zum etwa 90 Fahrminuten entfernten Markt von Bac Ha.

Tag 4 – Der Markt von Bac Ha

Immer sonntags findet der Markt von Bac Ha statt, herrscht lebhafter Trubel, treffen sich hier viele Einheimische, häufig aus den umliegenden Bergen. Besonders am ersten Markt nach Neujahr, wo er während des Tete-Festes ausfiel, ist besonders viel los. An jedem Sonntagmorgen geöffnet, ist dieser bunte Markt ein Ort, an dem sich die Ethnien dieser Region treffen, um Waren zu kaufen und zu verkaufen. Hier spiegelt sich die Fülle der an Kulturen der Bergstämme wider. Im Kreis Bac Ha leben Mitglieder von 14 verschiedenen ethnischen Minderheiten, darunter die Hmong, die Dao, die Tay und die Nung. Die farbenfrohen gekleideten Frauen vermitteln ein wunderschönes Bild in all dem geschäftigen Trubel. Gehandelt wird alles: Lebensmittel, Tiere, Werkzeug, Spielwaren, Chinaware, Handarbeit, Kleidung und auch Souvenirs, entdecken doch immer mehr ausländische Besucher diesen Ort. Der Markt in Bac Ha ist deshalb nicht nur ein Ort, an dem Waren gehandelt werden, sondern er ist auch Treffpunkt der verschiedenen Kulturen.
Weiter ging es am Nachmittag dann rund 2 ½ Stunden in die Bergregion nach Sapa im Norden Vietnams, hier bleiben wir zwei Tage.

 

Tag 5 – Fansipan, der Gipfel Indochinas

Die Bergregion Sapa rund um die gleichnamige Stadt ist bekannt für die grünen Reisterrassen und hohen Berge. Wir entschieden uns zuerst auf den Fansipan zu gehen, dem höchsten Berg Indochinas mit 3143 Meter Gipfelhöhe. 2016/17 baute man eine gigantische, moderne Infrastruktur auf, um bequem hoch zu gelangen. Zuerst nimmt man einen Zug zu einer Zwischenstation. Es ist eher ein ganzer Freizeitpark, wunderbar angelegt und gepflegt, zu sehen gibt es auch traditionelles Handwerk und natürlich gibt es an verschiedenen Stellen zu Essen und Trinken. Von hier aus führt eine 6292 Meter lange Seilbahn zu der Bergstation und überwindet dabei einen Höhenunterschied von 1410 m. Die Seilbahnfahrt dauert 15 Minuten und endet auf einem Hochplateau in der Nähe des Gipfels. Pro Stunde und Richtung lassen sich 2000 Menschen hoch und runter transportieren. Es ist derzeit weltweit die Dreiseilbahn mit dem größten Höhenunterschied. Zu Fuß benötigt man als geübter Wanderer etwa zwei Tage hoch auf den Berg.


Oben an der Bergstation auf 2900 Meter Höhe mit großem Cafe, Restaurant und Shoppingmöglichkeiten befindet sich ein kompletter kultureller Komplex, der von der Bergstation bis zum Dach von Indochina erstreckt. Die Gebäude weisen die typischen Architektur vietnamesischer Pagoden des 15. bis 16. Jahrhunderts auf und simuliert die Aussicht der einstigen Tempel, die vor hunderten von Jahren am heiligen Rand des Berges standen. 
Und nun stelle man sich das in Deutschland vor: Bestehend aus über 100.000 Tonnen grünem Granit, mehr als 2000 Kubikmeter Eisenholz und Tausenden restaurierter Ziegel – alles war von Hand auf den Gipfel zu transportieren, bei in diesen Höhen extremen Wetterbedingungen und den schwierigen topografischen Gelegenheiten benötigten die Vietnamesen gerade mal 800 Tage für den Bau.

Wieder zurück vom FanSiPan in Sapa reichte es noch gut für einen Stadtbummel und auch die sechs Kilometer zu unserer etwas außerhalb gelegenen Laxsik Ecolodge machten wir auch noch zu Fuß. So ließ sich die Lebensweise der Vietnamesen außerhalb der größeren Städte etwas beobachten.
Die Stadt selbst gilt als wichtige Marktstadt für die vielen Bergvölker und ist mit den rund 42.000 Einwohnern die Hauptstadt der Region Lao Cai. Das Klima hier ist gemäßigt, eher europäisch aufgrund der Höhe von etwa 1600 Metern. Im Winter kann es auf den Bergen schneien und sie sind häufig in den Wolken versteckt. Pullover und Jacke schaden nicht, sonst eher unnötig in Vietnam im Februar und März.

Sapa ist heute ein wahrer Touristenmagnet wegen den Bergvölkern und Reisterrassen sowie fester Bestandteile ein jeder Reiseroute. Das zeigen auch die unzähligen Hotels und Restaurants. Im Frühjahr kommen die ausländischen Besucher, im Sommer die aus Hanoi um der Hitze zu entfliehen.

Am frühen Nachmittag holte uns dann unser Fahrer am Hotel ab, es geht mit dem Auto zurück Richtung Hanoi zu unserem ersten Hotel und dann weiter Richtung Halong-Bucht. Etwas nach 20 Uhr haben wir dann Hanoi erreicht, so reichte es noch für einen Stadtbummel zur Train-Street, um etwas zu Essen und die Durchfahrt des Chepe-Express aus nächster Nähe zu beobachten. (siehe Post vom gestrigen Tag)

Tag 6 – Fahrtag

Am frühen Nachmittag holte uns ein Fahrer vom Hotel ab, es geht mit einem Van zurück Richtung Hanoi zu unserem ersten Hotel und dann weiter Richtung Halong-Bucht. Etwas nach 20 Uhr haben wir Hanoi erreicht, so reichte es noch für einen Stadtbummel zur Train-Street, um etwas zu Essen und die Durchfahrt des Chepe-Express aus nächster Nähe zu beobachten. (siehe Tag 3)

Tag 07 – Mai Chau

Am frühen Morgen ging es gleich weiter, nordöstlich wieder in die Berge nach Mai Chau. Die Provinz ist Heimat mehrere ethnischer Minderheiten und Bergstämme wie die Dzao, Muong und Thai. So richtig in Fahrt kam der Tourismus in Vietnam erst seit etwa 2005, in dieser Region noch etwas später. Vorher noch hatten die meisten Menschen hier vielerorts kein fließend Wasser, manchmal sogar keinen Strom. Und die Infrastruktur war sehr schlecht. Das ändert sich durch die Besucher, mit ihnen kommt mehr Wohlstand. Heute leben in Mai Chau noch rund 90 Prozent der Menschen von der Landwirtschaft, vorwiegend dem Reisanbau und etwa zehn Prozent vom Tourismus. Aber auch die Bauern verdienen sich etwas dazu, etwa Tanzgruppen, die abends entsprechende Vorführungen machen.

Tagsüber in den Felder, abends die Vorführungen und die Familie will auch noch versorgt werden. Dennoch sind die Menschen hier glücklicher und zufriedener als viele bei uns. Die Anspruchshaltung ist bei weitem auch nicht so hoch.

 

Tag 08 – Mit dem Fahrrad unterwegs um Mai Chau

Wir radeln gemütlich durch die Gegend, entlang zahlreicher Reisfelder, umgeben von hohen Bergen. Die Atmosphäre ist friedlich, immer wieder erreichen wir kleine Dörfer. Einige Wasserbüffel und Kühe laufen gemächlich umher oder liegen faul rum – die Büffel dienen heute meist der Fleischgewinnung, ihre Arbeit in den Reisfeldern erledigen motorisierte, handgeführte Pflüge, Hunde bellen, Kinder spielen im Schatten der großen Bäume – wir haben jetzt in der kühleren Trockenzeit rund 34 Grad und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit selbst hier auf 800 bis 900 m Höhe, die Menschen arbeiten auf den Feldern, dazwischen wie immer die Mopeds, und alle sind wirklich freundlich zu den Besuchern, lächeln einen an. Sie freuen sich über das Interesse der Ausländer. Kurz darauf probt eine Tanzgruppe der Bauern hier für die abendlichen Auftritte, lädt uns gleich zum Mittmachen ein. Die Kinder um uns herum drücken einen die Hände, freuen sich wirklich über uns Fremde. Eine alte Frau zeigt uns eine alte Tradition des Kauens von Bebel. Das verursacht tiefschwarze Zähne, früher mal ein Schönheitsideal bei den hiesigen Thai. Ohne schwarze Zähne bekamen die Frauen kaum einen Mann. Das ist Geschichte, heute gelten weiße Zähne als schön. Kurz darauf stoppen wir bei einem Schneider, der zeigt uns sein Tun. Und so geht es weiter. Alle freundlich und ohne dass man die Leute vorher kennt oder jemals wieder sehen sollte. Geld fließt hier nicht, wäre eher eine Beleidigung. Die ländliche Gegend versprüht eine ganz andere Atmosphäre als das hektische Hanoi oder das touristische Sapa.


Beim Handwerk spielen Textilien eine wichtige Rolle. Die hier lebenden Ban Lac sind eine traditionelle Volksgruppe der „Weißen Thai“. Neben ihnen finden sich auch Stämme aus Laos und China. Die Frauen sind talentierte Weberinnen, die traditionelle Kleidung und Souvenirs in Handarbeit herstellen. Die alltägliche Kleidung stellt man aber nicht mehr in den Familien selbst her, es ist billiger sie fertig zu kaufen. Gewebt werden vor allem Schals und Tücher für die Besucher auf alten traditionellen Webstühlen. Die Muster sind schon eine Kunst für sich. Für so einen handgewebten Schal benötigt eine Weberin, mit der wir uns unterhalten rund drei Tage. So ein handgewebter Schal kostet dann 150.000 Vietnam Dong, rund 5,65 €. Da müssen zwei Schals mit und die Weberin freut sich sichtlich. Wäre ein guter Umsatz und viel Geld, zumal der Wettbewerb hier groß ist. 

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Die kleine Stadt Mai Chau selbst ist nicht besonders schön, vielmehr besticht die Gegend durch die Natur, den Menschen und die ländlichen Geräusche von gurgelnden Bächen und Vogelgezwitscher und nachts dem Zirpen der Grillen. Abseits ausgetretener Pfade lässt man sich hier auf das Land und Leben der Bergvölker ein. Die Dörfer der Volksgruppen und Minderheiten sind eine der Sehenswürdigkeiten der Gegend – und immer noch relativ unbekannt.

Tag 09 – Hoa Lu, des Kaisers erstes Reich

Es geht rund 150 km südöstlich nach Ninh Binh, auch als trockene Halong-Bucht bezeichnet. Obwohl es eine wasserreiche sumpfige Gegend ist mit vielen in die Höhe strebenden Kalksteinstotzen. Auf dem Weg besuchen wir die antike Hauptstadt Vietnams aus dem 10. Jahrhundert: Hoa Lû. Erbaut von der ersten und zweiten Kaiserdynastie Vietnams der Dinh- und der Lê-Dynastie. Kurz zusammengefasst schaffte es ein charismatischer und bei den Menschen beliebter Bauernsohn die Menschen zu einigen, scharte zwölf verschiedene Armeen um sich, besiegte die chinesischen Besatzer und wurde der erste Kaiser. Doch er entwickelte sich zu einem grausamen Despoten, der Andersdenkende und Gegner seinen in den künstlichen Kanälen zahlreich vorhandenen Krokodilen zum Fraß vorwarf. Und wurde dann selbst ermordet. Seine Witwe heiratete nach den vorgeschriebenen drei Trauerjahren wieder, damit begann die zweite Dynastie.

 

Hua Lû war aber nur 41 Jahre, nämlich von 968 bis 1009, die Hauptstadt. Im Jahr 1010 verlegte der Kaiser die Hauptstadt ins heutige Hanoi. Die aus dem elften Jahrhundert stammenden Tempel und Anlagen sind Weltkulturerbe. Hoa Lû ist ringsum von Bergen umgeben, dadurch sehr gut geschützt und eine der wichtigsten und wertvollsten kulturellen und historischen Stätten in Vietnam.

Weiter ging es nach Ninh Binh, ein einstmals armes Bauerndorf, bevor Obama die Sanktionen gegen Vietnam aufhob und der Tourismus Einzug in die Region hielt. Er sorgte für bessere Lebensbedingungen der Menschen, erst dann kamen Strom und fließendes Wasser, eine bessere Infrastruktur. Inzwischen ist Ninh Binh eine Stadt mit 15.000 Bewohnern und recht moderner Industrie. 
Die Besucher kommen nach Ninh Binh aber der fantastischen Landschaft wegen. Im Zentrum der Stadt liegen um die 2.000 Ruderboote, die Besucher entlang der Karstfelsen auf einem ruhigen Fluss entlang schippern. Entsprechend viel ist los, obwohl es leicht regnet. Gerudert wird mit den Füßen von den Bäuerinnen und Bauern, für sie ein kleiner Nebenerwerb. Von den in vielen Reiseführen und Prospekten versprochenen Bootsfahrt in die ruhige Natur abseits des Massentourismus ist hier nichts mehr übrig. Dennoch lohnt die Fahrt entlang den Felsen und den Reisfeldern.

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Schließlich besuchen wir die auf einem nahe gelegenen Hügel gelegenen Tam Côć Bich Dong- Pagode. Hoch geht es rund 300 Stufen, teilweise durch eine Höhle. Wörtlich übersetzt heißt Tam Côć drei Höhlen. Erbaut wurde die Anlage um 1428 von zwei Mönchen, die „durch die Ansicht des Flusses und der Berge bezaubert wurden“.

Tag 10/11 – die Halong Bucht

Tags darauf ging es östlich zur Halong-Bucht, etwa 200 km von Ninh Binh entfernt. Auf dem Weg dorthin besuchten wir noch eine Perlenzucht. Hier konnte man alles über die Entstehung von Zuchtperlen erfahren und sich auch anschauen. Und natürlich auch in zahlreichen Variationen erwerben. Ich bin mir sicher, angesichts des Touristenansturms machen sie hier auch gute Geschäfte.

Die nahe gelegene Halong Bucht ist eines der beliebtesten Reiseziele Vietnams. Die einzigartigen Naturlandschaften verhalfen ihr zu großer Bekanntheit. Riesige Kalksteinfelsen reihen sich inmitten des tiefgrünen Ozeans aneinander. Spektakuläre, dicht bewachsene Inseln mit Höhlen, geheimnisvollen Grotten, Wasserfällen und Sandstränden, runden das paradiesische Bild ab. Umrahmt ist alles von dichter, tropischer Dschungelvegetation. Seit 1994 ist die Halong Bucht Weltnaturerbe der Unesco. Vin Ha Long bedeutet Bucht des untertauchenden Drachens. 
Wir gingen an Bord eines Schiffes, haben auf ihm auch übernachtet und diverse Ausflüge gemacht. Auch hier lebt eine ganze Region vom Tourismus, das sieht man an den unzähligen Schiffen. Bei der Ausfahrt reihen sie sich wie eine Perlenkette aneinander. An den verschiedenen Hotspots liegen Dutzende der Schiffe vor Anker, bringen die Menschenmassen an die Ausflugsziele. Die immer noch versprochenen hölzernen Dschunken mit Segeln gibt es schon länger nicht mehr, aus Sicherheitsgründen kommen modernere Schiffe zum Einsatz.


Unser erster Stopp ist Titov-Island, benannt nach dem russischen Kosmonauten Gherman Stepanovich Titov. Etwas über 400 steile Stufen führen hinauf zu einer kleinen Pagode. Kurz darauf bringen uns Tenderboote zur Luon-Höhle oder Luon-Grotte. Sie lässt sich nur mit kleineren Booten befahren und führt in eine paradiesische von Felsen umschlossene Bucht. Auch hier ist ordentlich was los, man hat für die zahlreichen Besucher eine umfangreiche Infrastruktur geschaffen.  Am kommenden Morgen besuchen wir noch die Sun Sot Cave. Es soll die schönste und längste Höhle in der Halong-Bucht sein. Sie ist schon gewaltig, das stimmt. Aber auch hier schiebt sich eine Menschenmasse die Wege entlang. Man muss etwas zurückbleiben, dann wird es besser. Die Tenderboote zum Schiff, die erreicht man schon noch. Zurück im Hafen geht es dann gleich nach Hanoi zurück, für den Flug nach Vietnams Kaiserstadt Hue.

Tag 12 – Hue, die Metropole der Kaiser

Hue liegt zentral in der Mitte Vietnams, war während der Nguyen-Dynastie zwischen dem 17. und 19 Jahrhundert die Hauptstadt des Kaiserreiches. Sie liegt im ehemaligen Südvietnam. Hue bedeutet übersetzt Harmonie. So soll das Leben hier anders als in anderen vietnamesischen Städten eher gelassen und entspannt vonstatten gehen. Nur für den verkehr gilt das eher nicht.
In der heute rund 600.000 Einwohner zählenden Stadt finden sich zahlreiche Sehenswürdigkeiten aus der Kaiserzeit, teils auch Weltkulturerbe der Unesco. Vieles wurde während des Krieges mit Frankreich etwa 1946 und dann im Vietnamkrieg zerstört, seit der Öffnung Vietnams 1991 für Besucher und internationaler Unterstützung durch die Unesco und weiterer Länder wie Deutschland wird werden Teile wieder aufgebaut, renoviert und archäologisch untersucht.

Ein Muss ist der Besuch der kaiserlichen Zitadelle mit der Verbotene Stadt. Nicht umsonst Weltkulturerbe der Unesco seit 1993. Die Zitadelle ist die frühere Residenz der Kaiser der vietnamesischen Nguyen-Dynastie. Etwa 80 der einst 300 Gebäude sind heute noch erhalten. Besonders während der sogenannten Tet-Offensive im Jahr 1968 wurde vieles zerstört. Dennoch reicht es aus, um die Pracht von früher zu erahnen. Innerhalb der Festungsmauern lebte der gesamte Hofstaat. Darin eingebettet liegt die Verbotene Stadt nach dem Vorbild der kaiserlichen Anlagen in Peking. Sie war einst nur für die Kaiserfamilie zugänglich – Normalsterblichen war der Zutritt strengstens verboten. Rein durften auch die Konkubinen des Kaiser, einer schaffte es auf 500 und rund 140 Kinder in 20 Jahren. Wobei das Leben der Konkubinen eher schlicht war, verglichen mit der kaiserlichen Familie. Zudem durften sie das Areal lebenslang nicht verlassen. Eine Wahl hatten die jungen Mädchen (ab 13) auch nicht. Wer zur Konkubine auserwählt wurde hatte zu gehorchen. Sonst war sie einen Kopf kürzer. Einen Besuch lohnt zudem die Thien-Mu-Pagode. Diese siebenstöckige Pagode gehört zu einer Jahrhunderte alten buddhistische Klosteranlage. Errichtet wurde sie um 1601, um 1665 wurde die Anlage erweitert. Der 21 m hohe Phước Duyên-Turm, den hat man 1844 nachträglich errichtet. Der Legende nach fand man nachts auf dem Hügel am Parfümfluss eine alte Frau, die ein langes, rotes Kleid und grüne Hosen trug und behauptete, dass dieser Ort einer Gottheit gehört. Sie verlangte, dass im Namen dieser Gottheit eine Pagode gebaut werden müsse, woraufhin sie in einer Wolke verschwand. Deswegen wird die Pagode als „Die Pagode der alten Himmelsgöttin“ oder „Pagode der himmlischen Frau“ bezeichnet. Derzeit leben noch um die 80 Mönche hier.

Auch etwas Ungewöhnliches findet sich hier: ein alter blauer Austin. Am Auto findet sich ein Foto, das um die Welt ging: Es zeigt die Selbstverbrennung des Mönches Thích Quảng Đức am 11. Juni 1963 aus Protest gegen die Buddhistenverfolgung und Unterdrückung durch den katholischen Diktator Ngô Đình Diệm. In dem besagten Auto ließ sich der Mönch zu einer Straßenkreuzung in Saigon fahren, mit Benzin übergießen und anzünden. Das sorgte auch in den USA für große Diskussionen. Fünf Monate später ließ Amerika den Diktator Diem fallen.

Zurück in die Stadt ging es über den Parfümfluss auf einem Boot. Seinen Beinamen bekam er, da er oftmals angenehm riechen soll. Dafür sorgen viele Blüten und Pollen, die im Wasser treiben. Auch treiben Stämme vom Sandelholz des Zimtbaumes auf dem Fluss, diese sollen ebenso einen wohligen Geruch abgeben. Wir besuchten unter anderem dann noch den Dong Ba-Markt, hier lässt sich das Leben und Treiben wunderbar beobachten. Oder auch das eine oder andere einkaufen und probieren. Und das Gewusel auf den Straßen zieht einen immer wieder in den Bann, besonders die Mopeds, mit denen wirklich alles transportiert wird.

Besuchen sollte man natürlich auch die monumentalen Kaisergräber. 13 Kaiser brachte die Dynastie hervor, für sieben von Ihnen gibt es monumentale Grabanlagen. Drei davon sind recht gut erhalten, zwei besuchten wir. Sie liegen etwas außerhalb der Stadt und sind schon beeindruckend. Das Kaisergrab des Kaisers Tu Duc, dem vierten der Dynastie, wartet mit über 50 Denkmälern auf, wurde zwischen 1864 bis 1867 noch zu seinen Lebzeiten – er starb 1883 – von dreitausend Soldaten und Arbeitern auf einer Fläche von zwölf Hektar erbaut. 

Die zweite Grabanlage, die wir besuchten, stammt von Khai Dinh, dem vorletzten Kaiser. Die Anlage ist in einen Hang eingebettet, man muss um die 127 Stufen hinauf schreiten. Die Anlage ist verglichen mit den anderen recht klein, aber die Grabkammer ist besonders prunkvoll. Der Kaiser regierte nur von 1916 bis 1925 und suchte sich wie alle anderen auch, schon zu Lebzeiten seine Grabstätte aus. So begann man 1920 mit dessen Bau, der dauerte aber elf Jahre.

Tag 13 – Fahrt nach Hoi An via Da Nang

Es geht über eine – so heißt es der schönsten Routen Vietnams nach Hoi An. Nur das Wetter macht nicht mit, und deswegen sehen wir von der Gegend und den Pässen, die wir queren nicht viel. Wobei der Name Hai Van-Pass, der Pass der Meereswolken schon stimmt. Wir sind mittendrin. Zwischendurch noch ein Stopp bei einer Perlenzucht, sehr viel kleiner als die in der Halong-Bucht. Die Salzwasserperlen sind aber nicht minder schön und kosten nur etwa ein Viertel. Hier haben wir dann auch zugeschlagen. Einen Halt machen wir auch bei einem größeren Betrieb für Steinmetzarbeiten, vorwiegend für Marmor aber auch Jade und andere schöne Gesteine. Werden bearbeitet Man merkt schnell, dass die Lohnkosten in Vietnam sehr niedrig sind. So kostet eine schöne, filigrane Steinfigur aus Marmor, etwa 30 Zentimeter groß, gerade mal umgerechnet 40 Euro. Handgearbeitet, poliert sowie bemalt. Zwischendurch machten wir auch eine Stopp in Da Nang und schauten uns die Drachenbrücke an. Unser Ziel erreichten wir dann am frühen Nachmittag, die Altstadt in Hoi An. Hier bleiben wir drei Tage.

Tag 13 – Hoi An, die Altstadt

Hoi An war einer der größten Handelshäfen Südostasiens, was vor allem der Lage an der Seidenstraße geschuldet ist. Mit den 75.000 Einwohnern gehört sie zu den kleineren Städten Vietnams. In diesem charmanten Städtchen bewahren sich die Einflüsse von verschiedenen Kulturen aus der Vergangenheit noch bis heute. Die historische Altstadt Hoi Ans ist die Einzige, die im Vietnamkrieg nicht zerstört wurde. Sie ist Weltkulturerbe der Unesco.


Wir machten am Nachmittag noch eine Tour durch die Altstadt, besuchten das alte Haus Tan Ky, hier sieht man wie die Menschen früher hier lebten und besichtigten die chinesische Versammlungshalle Phuc Kein. Zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten zählt die japanische Brücke, Wahrzeichen Hoi Ans. Nur ist sie letztes Jahr eingestürzt, wird gerade neu aufgebaut was etwa vier bis fünf Jahre dauern dürfte. Sie wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts erbaut und verband das japanische mit dem chinesischen Viertel.
Viel mehr noch als die Sehenswürdigkeiten machen in Hoi An die vielen Gassen, zahllosen kleinen Läden und netten Restaurants aus, und die Unmenge an Touristen, die die Stadt entdeckt haben. Man lebt heute nahezu ausschließlich von ihnen. Hier gibt es alles, von exzellenten Kleidern – gerne auch maßgeschneidert über Nacht, man redet auch von der Stadt der Schneider, über Lederwaren, Gemälde, handgearbeitete und hochwertige Kunstgegenstände, Traditionelles bis hin zu Nippes und Chinakram aller Art.

Mit am auffälligsten an Hoi An sind die Unmengen an Laternen, die überall herumhängen oder schwimmen. Deswegen ist ein Bummel am Abend viel schöner als Tagsüber, zumal alle Geschäfte bis weit in die Nacht geöffnet haben, die Cafe´s, Restaurants und Bars sowieso. Früher noch feierte man jeden Monat immer zu Vollmond das Laternen Festival. Die Straßenbeleuchtung ist ausgeschaltet, des Nachts erleuchten dafür tausende Laternen den Fluss und die Altstadtgassen. Dann ist die Stadt besonders beeindruckend und auch die Menschenmengen, die sich hier tummeln. Hier tobt das Leben in einer bald unwirklichen Umgebung. Hoi An bedeutet übersetzt ruhige Gemeinschaft oder friedlicher Versammlungsort. Welche Paradoxon. Trotz der Menschenmengen kann man aber problemlos durch die Gassen schlendern, das Tempo gibt man sich selbst vor. So lässt sich auch eine Bootsfahrt auf dem Fluss mit den Laternenbooten unternehmen, zusammen mit wahrscheinlich hunderten anderen. Wartet man bis etwas später in den Abend hinein, sind es deutlich weniger. Und man steht nicht in der Schlange zu den Booten an. Inzwischen ist die Stadt nicht mehr nur zu Vollmonde mit den Laternen beleuchtet, sondern eigentlich jeden Tag. Dennoch, es lohnt sich und die Stimmung ist schon einmalig.

Tag 14 – Mit dem Boot flussabwärts und dem Fahrrad zurück

Früh geht es los zu einem in der Nähe liegenden Boot. Die Flussfahrt dauert etwa eine Stunde bis wir das Dorf Cam Thanh erreichen, hier bekannt für seine Wasser-Kokosnusspalmen und die einzigartigen runden Korbboote. Sie sollen sich besser für die Brandung eignen und werden hier schon lange so gebaut. Heute dienen sie aber vorwiegend touristischen Zwecken, so gibt es in Vam Thanh inzwischen 2000 davon, die den Tag über im touristischen Einsatz sind. Das gibt über deutlich über 2000 Menschen etwas Arbeit. Die Boote gehören einem Privatunternehmer aus Vietnam, rudern tun die Bauern aus der Umgebung, verdienen sich etwas hinzu. Man sollte recht früh hier sein, bevor die größeren Gruppen eintreffen. Vor allem bei Chinesen und Koreanern ist dann Party angesagt, selbst Karaoke-Boote sind unterwegs. Den größeren Massen kann man etwas ausweichen, sie bleiben in einem größeren Flussarm. 

Anschließend ging es mit dem Fahrrad zurück, unterwegs machen wir Rast bei einem Biobetrieb und kosten diverse vietnamesische Gerichte. Abends ist dann wieder Altstadt angesagt, unser Hotel liegt nur wenige Gehminuten entfernt. Übrigens waren bisher alle unsere  Hotels wirklich gut und schön, sauber, modern eingerichtet und vom Service und der Freundlichkeit hier können wir in Europa nur träumen. Hätten bei uns daheim alle problemlos vier Sterne. Morgen haben wir noch einen ganzen Tag im Hoi An, ohne irgendein Programm, bevor es Übermorgen in aller Frühe mit dem Flieger nach Saigon geht.

Tag 16 – die Grauen des Krieges und die Weltpolitik

Wir sind nun etwa 900 km südlicher in Saigon. Zuerst beschäftigten wir uns mit der traurigen Vergangenheit Vietnams und besuchten das War Memorial Museum. Es beinhaltet vor allem Dokumentationen und zahlreiche Fotos vom Indochinakrieg und besonders vom Vietnamkrieg. Ein dunkles Kapitel des Landes, das noch bis heute in Form von Behinderungen bei Neugeborenen (Agent Orange, Napalm), von zahllosen Blindgängern und mit Dioxin verseuchter Erde nachwirkt. Dabei ist das Museum eher Mahnmal als Anklage, es werden Schicksale anhand zahlreicher Fotos dokumentiert, dem Grauen der Bombardierungen und der chemischen Kriegsführung, aber auch die Kriegsverbrechen und Folterrungen der Amerikaner.

Die meisten dieser Bilder stammen von internationalen, vorwiegend amerikanischen Fotojournalisten, von denen sehr viele im Krieg fielen. Die Bilder sorgten für ein Umdenken bei den Menschen, zeigten weltweit und auch in den USA die Grausamkeit der Kriegsführung. So trugen die Fotografen letztendlich auch zum Ende des Krieges im April 1975 bei, Zensuren wie heute und manipulierte Bilder gab es damals nicht. Die Kriegsverbrechen der Nordvietnamesen sind kein Thema, dennoch klagt man hier kaum an – eher indirekt, sondern zeigt die Folgen auf, damit so etwas nicht noch einmal passiert.

Inzwischen ist Vietnam der zehntwichtigste Handelspartner der USA und die USA wiederum der größte Exportmarkt für die Vietnamesen. Alle Embargos sind aufgehoben (die letzten unter Obama), es gibt sogar eine engere militärische Zusammenarbeit. Vietnam vermeidet es jedoch, sich zu eng an irgendeine Macht zu binden, um China nicht zu verärgern. Das hat ein Militärbündnis mit den USA bisher verhindert. 

Tag 17 – das Cu Chi Tunnelsystem

Morgens sind wir die 60 Kilometer zum Cu Chi-Tunnelsystem mit dem Bus gefahren. Dauert etwas über zwei Stunden bei diesem Verkehr hier. Und mit so einem Bus durch die Massen an Mopeds und Autos zu kurven, wäre nicht mein Job. Unterwegs machten wir einen Stopp bei einem sozialen Projekt, hier werden von den Kriegsfolgen geschädigte Menschen beschäftigt. Behinderungen durch das Dioxin in Agent Orange treten noch in der vierten Generation auf.

Weiter ging es dann zu den Tunneln. Das Cu Chi System wurde von 1948 an ausgebaut und diente als Versteck für die Vietcong-Kämpfer während des Vietnamkrieges. Der Aufbau dauerte 25 Jahre, am Schluss existierte eine unterirdische Stadt mit Wohnbereichen, Küchen, Feldkrankenhäuser, Waffenfabriken und Kommandozentralen. Das System beherbergte bis zu 10.000 Menschen, die jahrelang unter der Erde lebten, heirateten, und Kinder erzogen. Zugleich bombardierte man das Gebiet schwer.
Die Tunnel existieren auf drei Ebenen, sind bis zu zehn Meter tief und erstrecken sich auf rund 250 Kilometer. Wir besuchen einen kürzeren Gang auf der ersten Etage. Ab 1988 hat man zwei Abschnitte der Tunnel für Besucher geöffnet. Schon auf der ersten Ebene müssen wir kriechen, weiter unten muss man durch die Verbindungsgänge robben. 

Ich persönlich bin, was den Besuch hier betrifft, zwiegespalten. Man sollte auf jeden Fall zuerst das War Memorial Museum besuchen, um alles besser einordnen zu können. Sonst driftet ein Besuch zu schnell zu einem Event ab. So klettern die Menschen auf alten gesprengten US-Panzern herum, machen eine Fotoschau an den versteckten Eingängen und das meiste Geld verdienen die Vietnamesen hier wohl nicht mit dem Eintritt und Souvenirs (auch aus Patronen gebaute Panzer gehören dazu oder Stahlhelme) sondern mit ihrem Schießplatz. Für umgerechnet zwei Euro kann man mit schweren Kriegswaffen unterschiedlichster Gattungen aus dem Vietnamkrieg herumballern, mit scharfer Munition. Dazu gehören auch schwere Maschinengewehre auf einer Lafette. Diese Geräuschkulisse begleitet einen auf dem nicht gerade kleinen Gelände und in der Nähe des Platzes wird es martialisch laut. Besonders wenn die Maschinengewehre ihren Salven verballern. Scheint den Menschen Spaß zu machen, denn es wird rege genutzt. Das System gehört zu dem meistbesuchten Touristenattraktionen ganz Vietnams, täglich kommen jetzt in der Saison mehrere tausend Menschen. Dass allein hier je nach Quelle bei den Kämpfen in und um dem Tunnelsystem 45.000 Menschen starben, scheint weit weg.

Abends sind wir dann noch zu Fuß vom Hotel aus durch die Innenstadt von Saigon geschlendert-  Die Stadt ist und bleibt für die Menschen Saigon. Auch wenn offiziell Ho Chi Minh-City verwendet werden muss. Wir selbst nächtigen im Savona Saigon, selbst auf den Flugtickets wird das Kürzel SGN verwendet. Saigon ist eine elf-Millionen Einwohner-Metropole mit ebenfalls deutlich mehr Rollern als Autos. Der Verkehr ist noch chaotischer als in Hanoi. An einer größeren Straßenkreuzung hielten wir uns mindestens eine Viertelstunde auf, um den Verkehr zu beobachten. Ist schon faszinierend. Und eines merkt man recht schnell, wie es schon ein Guide im Norden uns erzählte. Auch 50 Jahre nach dem Krieg gibt es noch spürbare Unterschiede zwischen den Menschen in Nord und Süd. Auch, wie er es ausdrückte, eine gedankliche Grenze. Hier ist alles geschäftsmäßiger und oberflächlicher. Viele Menschen scheinen weniger freundlich, eher wie in Deutschland. Jedenfalls in der Großstadt. Saigon ist eine Stadt der Kontraste: Reichtum und Armut, Kommunismus und Kommerz pur, prächtige Gebäude und dritte Welt, Hektik und Orte, an denen, an denen die Zeit stillzustehen scheint. Überfüllte Straßen führen an gigantischen Shopping-Malls, Wolkenkratzern und luxuriösen Hotels vorbei. Dazwischen die Straßenküchen und davor unzählige Roller.  Die einstige Hauptstadt von Südvietnam ist heute die größte Stadt Vietnams, gilt als Kultur- und Wirtschaftsmetropole. Ho Chi Minh ist riesig, bunt, schrill, chaotisch. Hier tobt das vietnamesische Großstadtleben.

 

Tag 18 – Im Mekong-Delta, dem Fluss der neun Drachen

Wir sind jetzt in Cãn Thó, im Mekong-Delta, etwa 130 km von Saigon entfernt. Hier in Vietnam nennt man den Fluss Cu Long, die neun Drachen. Der Name basiert auf den neun Nebenflüssen des Mekong. Der Fluss hat seine Quellen im Himalaya in Tibet, durchfließt sechs Länder und gehört mit rund 4900 km Länge zu den längsten Flüssen weltweit. Das Mekong-Delta ist die Reisschüssel Vietnams und eine vielfältige Landschaft aus üppigen Grünflächen, Mangrovenwäldern und Wasserstraßen. Es ist eine Welt aus Booten, Häusern, Restaurants und Märkten, die auf den Flüssen, Kanälen und Bächen schwimmen. Zugleich ist das Delta eine der am dichtesten besiedelten Regionen Vietnams, in der fast jeder Hektar festes Land agrarwirtschaftlich genutzt wird.
Wir sind mit einem motorisierten Boot unterwegs, welches uns zu verschiedenen Orten bringt. erstes Ziel ist die Insel Tan Phong, wo wir mit dem Fahrrad auf Dorfpfaden das tägliche Leben der Einheimischen beobachten können. Zuerst aber gibt es Tee mit frischen Früchten. Mango isst man hier gewürzt mit einer Salz-Cilly-Mischung, schmeckt vorzüglich.  Wir legen wir einige Stopps ein, schauen den Menschen bei ihrem Handwerk zu und lassen es uns erklären. Auch wenn Sonntag ist, das macht keinen Unterschied. So zeigt man uns zum Beispiel wie Reispapier hergestellt wird, oder wie man getrocknete Wasserhyazinthe verarbeitet, etwa zu Körben, Taschen, Hüten, Brieftaschen oder Schuhen. Auch eine Whiskey-Brennerei wird besucht – natürlich alles mit Verkostung. Eine Besonderheit ist ein Whiskey, der mit Schlangen versetzt ist. Glaubt man doch, dass das Gift in kleinen Dosen heilend wirkt. Ich habe jetzt mal keinen Unterschied ob mit oder ohne Schlange bemerkt. Weitere Themen, die uns nahegebracht werden, sind die Verarbeitung von Kokosnussblättern für Hüttendächer oder weitaus interessanter, die Herstellung von Puffreis (ja, Reis nicht Mais) oder von Süßwaren auf Basis von Kokosnüssen wie Kokosnussbonbons. 

 

Zurück mit dem Fahrrad geht es mit einem kleinen Ruderboot weiter die Kanäle entlang, bis uns unser Boot wieder aufnimmt und uns zur Insel An Bình bringt. Es folgt ein üppiges Mittagessen mit lokalen Produkten, darunter auch ein ganzer Elefantenfisch. Irgendwie meinen sie hier, dass die größer gewachsenen Europäer auch große Portionen benötigen. Und das bei 36 Grad, die derzeit hier herrschen. Es ist Frühling.
Wieder auf einer anderen Insel schauen wir uns noch eine Töpferei an, in der große Terrakotta-Vasen und Statuen für den Export hergestellt werden, ganz traditionell und das ist sicherlich kein touristischer Ort. Der Lehm kommt von Reisfeldern, die für die Fischzucht vertieft werden. Nachbarn verdienen sich hier etwas dazu, für acht Stunden schwere Arbeit unter einfachsten Bedingungen ohne irgendeine Versicherung erhalten Männer 400.000 Dong, Frauen 350.000. Das entspricht etwa 15 respektive 13 Euro Tageslohn.

Tag 19 – Der schwimmende Markt und die Mangroven

Am frühen Morgen sind wir schon unterwegs auf dem größten schwimmenden Markt im Mekong Delta, dem Cai Rang Markt. Hier verkaufen die Bauern und Händler aus dem Delta ihre saisonalen Waren. Dutzende motorisierte Sampans, die mit Reis, verschiedenen Früchten, Kartoffeln und vielen mehr beladen sind, tummeln sich auf dem Fluss. Eingekauft wird von kleineren Booten aus. Der Markt auf dem Wasser ist günstiger als die auf dem Land. Mittendurch fahren dann größere Schiffe mit Kies, Baumaterial und vielen mehr, in etwa so groß wie die Binnenschiffe auf dem Rhein. Und das mit wenigen Metern Abstand. Von hier aus machen wir noch einen Abstecher mit unserem Boot zu einem tropischen Garten und schauen uns die Produktion von Reisnudeln an.

Wir sind wieder im Auto unterwegs, Richtung Chau Doc. Unterwegs legen wir eine Rast bei einer Krokodilfarm ein, von der es im Delta mehrere gibt. Früher tummelten sich die Panzerechsen im Mekong-Delta, das aber ist Vergangenheit. Heute gibt es sie nur noch in Farmen, hier sind es mehrere tausend, dienen der Fleischproduktion und das Krokodilleder geht nach China.
Nahe Chau Doc machen wir zwei Bootsfahrten durch den Mangrovenwald von Tra Su. Die 1982 bis 1984 aufgeforstete Landschaft umfasst etwa 850 Hektar, von denen 150 von Touristen erforscht werden können. Hier lassen sich Vogelarten beobachten oder blühender Lotus. Man paddelt teilweise durch eine Wasserlandschaft, wo vor lauter Pflanzen die Wasseroberfläche gar nicht mehr zu sehen ist. 70 Vogel- und Störcharten sollen hier zu finden sein, weiter 22 Reptilienarten, 11 Säugetierarten und 23 Wassertierarten. Der Wald Tra Su Melaleuca ist zudem ein Paradies für Pflanzen. Allein 80 Heilpflanzen sollen hier wachsen.

 

Tag 20, Vietnam – das Land des Lächelns

Wir verlassen Vietnam, sind per Boot auf dem Mekong unterwegs, Richtung Kambodscha. Die Fahrdauer bis zur Hauptstadt Phnom Penh wird so um die fünf Stunden dauern. Der Rückblick auf Vietnam zeigt uns ein spannendes Land mit vielen kulturellen Sehenswürdigkeiten, vielen positiven Überraschungen, schönen Landschaften, den Reisterrassen und Menschen, die auf ihnen arbeiten, wuseligen Großstädten und gastfreundlichen, lächelnden Menschen. Vietnam, das Land des Lächeln. Es zeigt den Optimismus der Menschen hier, ihre Zufriedenheit. Die Schrecken der Kriege sind Vergangenheit, jedenfalls für die jungen und gesunden Menschen. Man zählt die Vietnamesen mit zu den zufriedensten und glücklichsten Menschen der Welt.
Wir sind von Nord bis Süd gereist, vom Bergland an der Grenze zu China bis zum Delta des Mekong. Und eines war trotz der Unterschiede in dem 100 Millionen-Land spürbar: Respekt, Freundlichkeit und Offenheit sind mehr als nur Schlagworte. Man sollte mit offenen Augen und Armen durch das Land reisen und wird dann auch entsprechend belohnt.

Hier geht es zum Teil II der Reisereportage, nach Kambodscha

Quellen: eigene Erfahrungen, Internetrecherche, Bilder Werner Götz

Irian Jaya – Travelogue of an expedition into the stoneage

Not many know West Papua (Irian Jaya), the western part of New Guinea. Located near Australia. And even less do the people living there know. Especially the numerous, remote and often difficult to reach tribes with their Stone Age ways of life and rites. Some tribe even awaits discovery.

Due to popular demand, the travelogue and picture galleries about the West Papua Expedition (Irian Jaya) are now available in English.

 

Filmausschnitt West Papua über 100.000 Views

Der Filmausschnitt (14 Minuten) aus der DVD West Papua mit dem Schweinefest hat jetzt deutlich über 100.000 Views auf YouTube. Zur Zeit schauen ihn über 20.000 Menschen täglich an. Und 18 Prozent davon schaffen sogar die ganzen 14 Minuten, durchschnittlich schauen die Leute ihn immerhin über vier Minuten.

Den ganzen Film über knapp 90 Minuten mit deutschen Kommentaren (fehlen im Auszug auf Youtube) gibt es hier.

Und hier geht es zum Buch dazu

 

West Papua Juni-Juli 2012

Unter Papuas: Von Waldnomaden und Dämonen

Nicht viele kennen West Papua, den westlichen Teil Neuguineas, der nach Grönland zweitgrößten Insel der Welt. Nahe Australien gelegen. Und noch weniger die dort lebenden Menschen. Besonders die zahlreichen, abgelegenen und häufig nur schwer zu erreichende Stämme mit ihren steinzeitliche Lebensweisen und Riten. Manch Stamm harrt sogar noch der Entdeckung. Fakten gefällig: rund 500 eigenständische Sprachen, der letzte noch intakte tropische Regenwald Asiens, die größte Biodiversität außerhalb des Amazonas, riesige Mangrovensümpfe, über 4000 m hohe vergletscherte Berge. In diesem Bericht geht es vor allem um den Stamm der Dani aus dem Hochland von Wamena und um strapaziöse Dschungeltouren mit Hindernissen zu den Kuruwai im Tiefland, ein abgeschiedenes Volk von Waldnomaden. Sie leben perfekt angepasst an die Natur in diesem größten zusammenhängenden Urwald unseres Planeten, nur über tagelange Fußmärsche und Bootsfahrten zu erreichen. Wie abgeschieden zeigt ihre Bezeichnung für Weiße: Laleo, Dämonen. Sie leben noch wie vor tausenden von Jahren, ja, manche von Ihnen können erzählen, wie das Fleisch von Menschen schmeckt. Rituellen Kannibalismus, den dürfte es heute noch geben. Aber keinen, der das Leben von Reisenden gefährdet. P.S. Hier findet sich eine Linkliste mit weiterführenden Hinweisen. Den ausführliche Reisebericht mit Tagebuch gibt es als gedrucktes Buch und als eBook zu kaufen. Der dazugehörige Film findet sich im Shop. Hier schon mal ein kurzer Trailer zum Film.

Und hier geht es zu einigen Zeitungsveröffentlichungen über die Reise und dem Film

Zur Bildergalerie der – subjektiv betrachtet – schönsten Aufnahmen der Reise, eine kleine Auswahl

Im Norden: Das Sentani-Fest und die Provinzhauptstadt Jayapura

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Bevor es zu den Dani und den Kuruwai ging, starteten wir unsere Reise zuerst in Sentani und Jayapura, der Provinz-hauptstadt ganz im Nordosten gelegen. Direkt am Sentani-See, mit etwa 94 Quadratkilometern Fläche und 80 km Länge der größte Binnensee West-Papuas, liegt der bereits im 2. Weltkrieg von den Japanern gebaute Flugplatz. Auf einem kleinen Berg Ifar nahe dem See befand sich ab 1944 dann das Hauptquartier der amerikanischen Armee unter Douglas MacArthur. Der Expeditionsleiter Dr. Weiglein kam 1979 erstmals nach Jayapura. „Zu der Zeit gab es nur wenige Häuser um das Flugfeld herum, alles andere war sehr ländlich, sehr einfach.“ Von dem Volk der Sentani leben in der Umgebung des Sees noch geschätzt 30.000 Menschen. Bekannt sind sie durch ihre Schnitzarbeiten, den Männerhäusern, reich dekorierten Booten und Rindenmalereien. Unser erstes Ziel war das Sentani-Festival an den Ufern des Sees. Es fand 2012 nunmehr zum fünften Mal statt. „Der Sinn des Festes ist, unterschiedliche Volkgruppen zusammen zu bringen, auf das sie sich besser kennen lernen und verstehen. Solche Feste fördert die Regierung, da werden ganze Gruppen per Flugzeug oder Schiff kostenlos hierher gebracht“, betont Werner Weiglein. Eigentlich erinnert das Sentani-Fest stark an ein Volksfest. Zu dem was wir später in Wamena erleben und natürlich auf dem Weg zu den Kuruwai liegen Welten. Dennoch zeigt das Fest etwas von der Kultur der hier lebenden Menschen, alte Traditionen spielen wenigstens in den Vorführungen, noch eine Rolle. Dargeboten werden papuanische Tänze mit reichlich geschmückten Einheimischen, traditionelle Musik und der Gesang begleiten durch den ganzen Tag. Die Wettbewerbe und Kriegsspiele zeigen ihre kriegerische Vergangenheit hautnah auf. Im Umfeld des Festes bieten sich natürlich zahlreiche Möglichkeiten, den Sentani-See und dessen Umgebung zu erkunden, etwa bei Fahrten auf dem See zu einzelnen Clans und Inseln oder Überresten aus dem zweiten Weltkrieg. In der Stadt Sentani selber bietet sich ein Abstecher auf einen der zahlreichen Märkte an. Wobei, vieles dürfte für unsere Mägen hier nicht geeignet sein und den einschneidenden Geruch, den muss man ertragen. Denn für Sauberkeit wird hier nicht unbedingt gesorgt. Da die Provinzhauptstadt Jayapura nur etwa 40 km entfernt liegt, bietet sich ein Besuch an. Nur sollte man genügend Zeit einplanen. Auf der einzigen Verbindungsstraße tummelt sich alles, was ein Auto oder ein Moped besitzt. Eigentlich zieht sich auf der Straße ein einziger Lindwurm von Sentani nach Jayapura, und umgekehrt. Unser erster Stopp in einem Vorort von Jayapura, in der Provinzhauptstadt leben etwa 100.000 Menschen, in der gesamten Region ungefähr 500.000, war direkt am Meer ein Hafen ein Fischmarkt. Der Geruch war gleich wieder unverkennbar. Frisch gefangene Fische, vor allem Thunfische von bis zu zwei Meter, auch einzelne Haie und vieles mehr wurde fachmännisch zerlegt. In weniger als einer Minute war so ein etwa 50 cm langer Thunfisch ausgenommen und filetiert.

Bildergalerie zum Sentani-Fest und der Hauptstadt Jayapura

Weiter ging es zu einem Aussichtspunkt, ein guter Standort, um ganz Jayapura zu überblicken. Vorher standen zudem der Besuch eines kleinen, schönen Museums der Jentrawasi-Universität an und natürlich ein Stopp an Kunsthandwerkgeschäften, welche Holzschnitzarbeiten anbieten. Mannshohe Schilde, Pfeil und Bogen, Speere, Holzfiguren aus ganz Neuguinea (auch Papua-Neuguinea), Penisköcher und vieles mehr. Richtig alt ist hier nichts, 50 Jahre im Freien entsprechen des Klimas wegen etwa 500 Jahre bei uns. Das heißt viele Schnitzereien verrotten ganz einfach in wenigen Jahren oder werden speziell für Feste erstellt und dann weggeworfen oder verbrannt und zu gegebener Zeit aufwendig aus dem Kopf neu erstellt.

Wamena und das Baliem-Tal

Gelandet in Wamena im Hochland nach einem rund 45 minütigen Flug in einer Turboprop-Maschine ging es zuerst auf einen Markt, nach dem Trubel auf dem kleinen Flughafen. Nach außen hin Chaos, aber alles funktioniert reibungslos. Auf dem Markt – wir besuchten ihn zum einen um selber einzukaufen, zum anderen besteht so eine Stadt eigentlich nur aus Märkten und Geschäften – treffen sich die Stämme der angrenzenden Gebiet. Hier werden Früchte, Gemüse, Fisch und Fleisch, Kleidung, Haushaltsgegenstände, eigentlich alles was man zum Leben so braucht angeboten und Neuigkeiten ausgetauscht. Immer wieder bekommt man von fremden Männern die Hände geschüttelt, viele Einheimische freuen sich über den seltenen Besuch. Betteln haben wir bisher nicht erlebt, auch keine „Gebühren“ fürs Foto, ein Lächeln oder ein kurzes Gespräch reicht (noch). Touristische Einflüsse sind kaum wahrzunehmen, besuchen pro Jahr doch nur um die 1000 bis 2000 Fremde Wamena. Dennoch gilt die Region, die nur mit dem Flugzeug zu erreichen ist, als touristische Hochburg. Überall auf dem Markt, besonders auf den Müllhaufen, finden sich Schweine. Der Schweine wegen sind die Häuser und Gärten der Dani eingezäunt, so dass sie draußen bleiben müssen. Zum Schutz der Gemüsegärten. Quasi rennen die Schweine völlig frei herum, die Menschen sind hinter Zäunen und kleinen Mauern. Schweine gehören zur Familie, werden nach besonderen Regeln getauscht und gehandelt, wenn eines für ein Schweinefest geschlachtet werden soll. Ein eigenes Schwein schlachten die Papuas normalerweise nicht, sie ziehen sie von klein auf, geben ihnen Namen und nicht selten werden sie von den Frauen sogar gesäugt. Für die Papuas sind Schweine Statussymbol, Zahlungsmittel, Nahrungsmittel zu besonderen Anlässen und ein wesentlicher Teil des Brautpreises. Wamena bedeutet übersetzt übrigens in etwa „Da wo die Schweine leben“.papua-2012-bilder-norbert-0080

Eine halbe Stunde dauerte die Fahrt dann auf einer stellenweise recht anspruchsvollen, sprich holprigen Piste im offenen Kleinbus zu dem Baliem Valley Ressort, unserem Domizil für die nächsten Tage. Ein wundervoll auf einer Halbhöhe gelegenes Ressort, für die Region sehr komfortabel, im landestypischen Stil gebaut und randvoll mit wunderschönen Schnitzereien, zahlreichen Schildern, Statuen, Tanzkleidern und vielem mehr. Inhaber ist übrigens Dr. Werner Weiglein, unser Expeditionsleiter. Das Ressort ist Ausgangspunkt für Wanderungen genauso wir für diverse Tagestouren zu dem Stamm der Dani oder auch abenteuerliche Touren bis hin zu Expeditionen.

Die Dani – ursprünglich, und doch beeinflusst von der Zivilisation

Das Baliem-Tal im Hochland von West-Papua ist Siedlungsgebiet der Dani-Stämme, einem Volk von Bauern und Jägern. Entdeckt von Weißen wurde das Baliem-Tal 1938. Aber erst jetzt entwickelt sich so langsam etwas Tourismus. Der Grund sind die faszinierende Landschaft und die kulturellen Sehenswürdigkeiten. Nicht wenige der Dani-Stämme haben sich bereits darauf eingestellt. Dennoch blieb bis heute viel Ursprünglichkeit erhalten. Das Tal liegt rund 1600 m hoch, erstreckt sich über 12 km Breite und 50 km Länge. Vom Klima her ist es hier ähnlich wie in Europa im Sommer, warm, die Luftfeuchtigkeit hält sich in Grenzen, obwohl es häufiger regnet. Nachts wird es sogar richtig kühl.

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Die Lebensweise der hier lebenden Dani unterscheidet sich von den anderen Hochlandstämmen deutlich. Sichtbarstes Zeichen ist ihre Wohnkultur. Die Siedlungen sind von palisadenartigen Zaunanlagen umgeben (wir erinnern uns: damit die Schweine draußen bleiben), innerhalb sind sorgsam angelegte Gärten zu finden. Ihre Männer- und Familienhäuser sind rund, lang gestreckt dagegen die Küchen und Viehställe. Gedeckt sind die Hütten und Häuser mit Gras. Männerhäuser sind für Frauen normalerweise tabu. Refugium für die ganze Familie sind die Familienhäuser. Eine solche Hütte muss der Dani-Mann für jede seiner Frauen bauen, Polygamie ist anerkanntes Sittenverhalten. Für jede Frau ist zudem ein Feld anzulegen. Hier bauen die Dani-Frauen unter anderem Süßkartoffeln, Maniok, Bohnen, Bananen, manchmal Zuckerrohr, Kaffee und Pandanus an. Auch Schweine müssen für die Frauen vorgehalten werden. Mehrere Frauen kann sich nicht jeder Mann leisten. Übrigens sieht man ältere Frauen, bei denen an mehreren oder allen (außer den Daumen) das oberste oder die beiden obersten Fingerlieder fehlen. Ein Zeichen von Trauer. Stirbt ein naher Verwandter oder ein Kind, schlagen (oder müssen) sie ein Fingerglied opfern. Generell sind viele Bergpapuas klein von Statur (um die 1,50 m). Kannibalische Praktiken gab es bis in die 1970er-Jahre. Gestoppt wurden sie in dieser Gegend von christlichen Missionaren, die auch für ein Ende der zahlreichen Stammesfehden, alten Kriegsritualen und der Ahnenkulte sorgten. Traditionell tragen die Männer außerhalb Wamenas nur ein Penisfutteral, das Koteka. Auch in Wamena gibt es neuerdings ein Festival. Es findet Mitte August statt und bietet Schaukämpfe mit traditionell bekleideten Kriegern. Sehenswert sein soll auch das Schweinerennen. Zu dieser Zeit kommen die meisten Besucher nach Wamena, während im Rest des Jahres der touristische „Ansturm“ sich in Grenzen hält.

Wir jedenfalls besuchten u. a. einen Dani-Weiler, der noch eine uralte Mumie eines ihres Clan-Vorfahren beherbergt. Sie soll um die 250 Jahre alt sein. In einem Nachbarweiler zeigten uns die Dani dann ihre kriegerische Vergangenheit in Form eines Schaukampfes und wir konnten an einem traditionellen Schweinefest teilnehmen. Ein Muss für jeden West-Papua-Besucher. Gekocht wird dabei wie seit Urzeiten in Erdgruben mit heißen Steinen. Ursprünglich gab diese Fest nur bei Hochzeiten, Beerdigungen oder besonderen Gästen. Auch heute noch ist alles sehr ursprünglich und echt, keine Show nur für Besucher. Für das Fest wird erst mal ein Schwein mit Pfeil und Bogen getötet. Parallel dazu entzündet man ein großes Feuer und erhitzt Steine darin. In einer Erdgrube packt man das Fleisch mit dem vorher geernteten Gemüse in Bananen- und Palmblätter in verschiedene Lagen und legt immer wieder heiße Steine dazu. Dann packt man den Ofen mit Gras ein. Das ganze gart etwa 90 Minuten bevor man es wieder ausgräbt und verteilt. Während der Garzeit bieten die Dani ihre Handwerkskunst und allerlei Kuriositäten an. Das ganze dauert einen halben Tag.

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Am kommenden Tag fuhren wir dann in den südlichen Teil des Baliem-Tales. Zu Fuß ging es durch eine wunderschöne Landschaft, mal entlang des Flusses, mal oberhalb. Der Weg führt über urige Hängebrücken, vorbei an Dani-Dörfern, Zuckerrohrhainen und terrassierten Feldern. Viele Hochlandbewohner außerhalb des Baliem-Tales leben immer noch auf der Stufe neusteinzeitlicher (neolithischer) Bauern in erster Linie vom Ackerbau. Die Pflanzarbeiten werden mit einem Grabstock verrichtet.

Bildergalerie zum Baliem-Tal mit Wamena und dem Besuch der Dani

Der Weg zu den Kuruwai

Langsam wird es ernst. Nur ein sehr kleiner Teil der Papua-Besucher nimmt die beschwerliche Reise auf sich, schafft es in die unerschlossenen Gebiete, so wie wir. Die meisten Besucher bleiben im Umfeld von Wamena oder Jayapura hängen. Jetzt warten unerschlossene Gebiete, tagelange Fahrten auf dem Einbaum, undurchdringlicher Dschungel, kilometerlange Fußmärsche, Spinnen, Schlangen und anderes Getier und, unsere Expeditionsziel, Menschen aus der Steinzeit auf uns. Aber dafür geht es erst einmal im Flugzeug nach Dekai südlich ins Tiefland. Deswegen hieß es, das Gepäck zu reduzieren, alles nicht Notwendige ging nach Jayapura per Fracht zu dem Hotel, in dem wir die letzte Nacht auf West-Papua verbrachten. Auch die eingekauften Souvenirs. Angekommen in Dekai, mehrere Stunden später als geplant, was den vorgesehenen Ablauf etwas durcheinander brachte, ging es erst einmal ins „Zentrum“ von Dekai, die letzte Möglichkeit für Einkäufe. Etwa zwei bis drei Dutzend Läden in Holzbaracken und Gassen dazwischen, ein überdachter kleiner Markt, das ist alles. Eingekauft wurden in erster Linie Unmengen an Tabak, als Gastgeschenk für die Kuruwai und die Träger und alle die rauchen. Also alle, mit denen wir zu tun haben werden. Rauchen gehört zur Lieblingsbeschäftigung fast aller Papua, ganz egal ob Mann, Frau oder Kind. Auch auf der Einkaufsliste: Regenschirme. Klingt etwas komisch, für das offene Boot aber praktisch.

Auf dem Brazza und Siret

Am kommenden Morgen ging es dann auf der Pritsche eines Kieslasters zum Hafen von Dekai. Was man so nennt. Ein paar Holzhütten (Läden), ein paar kleinere Boote, kein Kai oder ähnliches. Unser Boot, ein Einbaum mit Außenborder, der nebeneinander zwei Personen ausreichend Platz bot und um die 15 m lang war, wurde aus einem einzigen Urwaldriesen gehauen. Also den Einbaum beladen und los ging´s. Was in den letzten zwei Tagen dabei alles schief lieft und auch die nächsten Tage, das ist eine eigene Story (im Buch zu lesen und im Film zu sehen). Gehört aber dazu. Wir sind dann um die acht/neun Stunden mit dem Boot gefahren, bis wir einen passenden Missionsplatz für die Übernachtung erreichen – ab sofort nur noch im Zelt. Besiedlung, auch am Fluss, gibt es hier unten kaum. Angesagt ist eine endlose grüne Dschungellandschaft, an der sich das Boot entlang schlängelte, ab und zu unterbrochen von einem kleinen Dorf oder einzelnen Hütten.

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Am nächsten Morgen ging es sehr früh weiter. Obwohl an den Abbau der Zelte zuerst nicht zu denken war, zu nass. Positiv dabei, der Regen ist warm, man gewöhnt sich schnell daran. Mit der Weiterfahrt dauerte es entsprechend etwas länger, die an den letzten Tagen verlorene Zeit konnten wir wieder nicht hereinholen. Kurz nach 13 Uhr erreichen wir dann unser Tagesziel, Mabul, am Oberlauf des Siret gelegen. Dabei handelt es sich um ein Dorf mit vielleicht 50 Einwohnern, das die Regierung am Fluss bauen ließ. Für uns der Ausgangspunkt für die Tour zu den Waldnomaden. Am kommenden Tag starteten wir mit 15 Trägern, ab hier ging es nur noch zu Fuß weiter. Wenn Fremde kommen werden von den Dorfbewohnern aus allen Ecken und Enden ihre Artefakte und Gebrauchsgegenstände angeschleppt um ein kleines Geschäft zu machen (was sie dann auch tun). Präsentiert werden Pfeifen, Ketten aus Hunde- und Schweinezähnen, Bögen und Pfeile etwa für die Vogel-, Fischjagd oder auch solche, die (früher) im Kampf verwendet wurden, Netze, Schilder (zur Verteidigung), Knochenmesser, Strohröcke, Schmuckutensilien, Sagohämmer und zahlreiches mehr. Eigentlich ihr gesamter Hausrat. Den bieten sie gegen Bares oder Tabak an. Besonders interessant sind die großen Schilder (ja, und man bekommt sie auch nach Deutschland). Von Ales, so der Name des Kuruwai, der es aus einer Brettwurzel eines Urwaldriesen schnitzte, stammt meines. Die Motive sind von Clan zu Clan unterschiedlich. Hier in Mabul zieren die Schilde Blüten der Lianen, Sterne, der Mond und immer der Nabel, der menschliche mit einem Stück Nabelschnur. So ein Schild herzustellen ist nicht einfach, dauert schon mal bis zu einen Monat. Aber Zeit, das ist hier kein Problem. Ein Thema der Gespräche nicht nur in Mabul war der Kannibalismus. Gab es ihn in diesen Regionen doch vor nicht allzu langer Zeit. Wobei gab. Ausführliches dazu im Buch – und nur im Buch, denn filmisch ließ sich das Thema Gott sei Dank nicht erfassen. Grundsätzlich ist für die Kuruwai bei einem Tod immer Hexerei im Spiel, einen natürlichen Tod schien man nicht zu kennen. Also muss man den Hexer ausfindig machen. Auch wenn Krankheiten und die damit verbunde hohe Kindersterblichkeit die Hauptursache für die geringe Lebenserwartung von vielleicht 30 bis 35 Jahre ist. Krank werden geht hier schnell. Weit verbreitet ist zum Beispiel die Elephantiasis. Äußeres Zeichen: monströse Füße, die Ursache Lymphstau durch Infektionen.

Marsch durch den Dschungel

Tags darauf ging es dann richtig los. Unser Expeditionsleiter entschied sich nach Rücksprache mit den Dorfbewohnern zum Besuch eines Clans etwa fünf Kilometer entfernt. Eigentlich nicht viel, dachten wir. Es regnet gerade mal wieder, das Klima ist nicht einfach zu ertragen für uns Europäer. Kein Windhauch, mehr als 35 °C und über 95 % Luftfeuchtigkeit. Unsere Gruppe bestand aus acht Reisenden, dem Expeditionsleiter, seinem Sohn, einem Koch sowie einem „Mädchen für alles“ und 15 Trägern aus dem Dorf. Mitgenommen werden muss alles: Zelte, Kochausrüstung, Lebensmittel (bis auf das was der Dschungel hergibt wie Sago, Kochbananen, Blattgemüse, Insekten), Foto- und Filmzubehör und natürlich die persönliche Expeditionsausrüstung. Auch im Notfall gibt es keine Hilfe, man ist auf sich selbst und das Wissen des Expeditionsleiters und der Einheimischen angewiesen. Unsere Träger sind sehr bescheiden was ihr eigenes Gepäck angeht. Einige haben etwas dabei, kleine handliche Bündel. Andere nicht. Nahrungsmittel, Fehlanzeige. Mit uns kamen auch einige Frauen der Träger, eine schleppte ihr Baby mit, eine andere ein junges Ferkel (nicht zum Essern), beide im typischen Netz, das an der Stirn getragen wird und am Rücken hängt.

Bevor wir zu den ersten, noch ursprünglich lebenden Kuruwai kamen, standen jedoch erst die fünf Kilometer Dschungelmarsch an. Klingt wenig, ist viel und fordert alles von einem. Sechs Stunden benötigten wir für diese fünf Kilometer. Also pro Stunde gerade mal durchschnittlich 800 m. Wege in unserem Sinne gibt es nicht, es geht durch Wasser, Schlamm oder über und auf umgestürzten Baumstämmen durch den Dschungel. Neben einem Wanderstock sehr wichtig: Gute Gummistiefel. Halten sie doch die Füße trocken und Wasser und Schlamm draußen. Dachte ich wenigstens noch am Anfang. Ist der Gummistiefel dann erst einmal vollgelaufen, gewöhnt man sich schnell daran. Obwohl deren Gewicht inklusive Schlamm und Wasser schon ganz schön hoch ist. Im Weg auch zahlreiche Bäche und 10 bis 15 m breite Flüsse. Hier kam die Axt zum Einsatz. Zum fällen größerer Bäume als Übergang, eine Art Baumbrücke. Alles nicht so einfach.

Dennoch, wir schafften es, erreichten die erste Kuruwai-Siedlung mit den Namen Murup, der Name der Chefin. Im Augenblick sind hier zwei Häuser bewohnt, mit fünf Erwachsenen. Die Frauen sind im Wald unterwegs, auch Murup, die entscheidet, wie lange und ob wir hier bleiben dürfen. Die ersten Signale (der Männer) sind positiv. Im Gegenteil, wir scheinen sogar zwei Nächte hier bleiben zu können, die Kuruwai wollen uns eine der Sagopalmen abgeben, für eine Demonstration der Sagogewinnung. Es kam dann auch so, nachdem Murup eintraf, wir konnten zwei Tage bleiben. Ist ja auch eine seltene Abwechslung für die Kuruwai.

Bildergalerie von der Fahrt nach Mabul und dem Marsch durch den Regenwald

Die Kuruwai

Die Waldnomaden leben perfekt angepasst an die Natur in diesen größten zusammenhängenden Urwäldern unserer Erde. Schon ihre 30, manchmal 40 m hohen Baumhäuser zeigen, wie sie sich auf die lebensbedrohliche Umwelt eingestellt haben. Nur verhältnismäßig wenige Besucher dringen zu den Dörfern und Siedlungsgebieten der Kuruwai vor, haben sie besucht oder gesehen. Jetzt gehören wir dazu. Erste Kontaktversuche fanden 1978, vor gerade mal etwas mehr als 30 Jahren statt. Für die lange Nichterschließung des Gebietes spielt im Wesentlichen eine Rolle, dass es keine Bodenschätze gibt. Also ließ man sie weitgehend in Ruhe, mit Ausnahme der christlichen Missionare. Wobei einzelne Teile des Siedlungsgebietes noch heute unerforscht sind, es immer noch einige unentdeckte Clans geben soll, die keinen Kontakt zu Weißen haben. Insgesamt dürften so um die 5000 Menschen in dem etwa 300 bis 400 Quadratkilometer großen Gebiet leben.

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Besuchen kann man die Kuruwai seit Beginn der 1990er-Jahre einigermaßen gefahrlos. Schon die anfängliche Bezeichnung der Waldnomaden für uns Weiße sagt einiges: Laleo. Das bedeutet in ihrem Sprachgebrauch so viel wie Dämonen. Gleichen wir von der Hautfarbe her doch ihren Verstorbenen. Die werden übrigens entweder restlos verbrannt oder einfach im Baumhaus liegen gelassen und die Siedlung dann aufgegeben.
Die meisten Kuruwai leben wie vor tausenden von Jahren ähnlich den Steinzeitmenschen. Zwar setzten die von uns besuchten Familien schon eine metallenes Beil statt der Steinaxt ein, das war es aber auch schon. Die erhielten sie übrigens über die Träger bei den seltenen Besuchen. So kennen die meisten Kuruwai bis heute weder Eisen noch andere Metalle. Unbekannt sind auch die Schrift oder Töpferwaren. Eine Familie umfasst normalerweise bis zu acht Menschen. Es herrscht Geschlechtertrennung vor, wird die Gruppe zu groß, teilt sie sich. Bekleidet sind die Kuruwai-Männer nicht. Das Koteka, den Penisköcher der Dani und Asmat kennt man hier nicht. Die Frauen tragen einen aus Sagofasern gedrehten Rock. Keine Kuruwai-Frau verlässt das Baumhaus ohne Tragnetz, kein Mann ohne Pfeil und Bogen. Den benötigt er für die Jagd. Hauptnahrungsmittel ist Sago, reine Stärke, und für Proteine sorgen vor allem die Insekten und Sagolarven.

Bildergalerie von den Kuruwai

Sagopalmen brauchen sumpfigen Boden. Zur Gewinnung des Sagos wird eine reife Sagopalme gefällt und entrindet. Das Palmherz wird ebenfalls gewonnen, schmeckt vorzüglich. Die großen Schäfte der Palmblätter benötigt man für die Waschvorrichtung. Der untere Teil des Stammes wird mittels klöppelartigen Holzgeräten klein und faserig geklopft, eine Heidenarbeit, die mehrere Stunden dauert. Parallel dazu errichten zwei ältere Frauen die Waschanlage. Die Fasern kommen oben in eine Rinne, dazwischen ist ein Tuch als Filter. Die Frauen kneten nun die Späne zusammen mit Wasser, bis sich die Stärke herauslöst. Das milchige Wasser fließt langsam durch den Stofffilter und sammelt sich in einer Vertiefung in der folgenden Rinne, hier setzt dich der Sago ab. Übrig bleibt die reine, fast weiße Masse. Schmeckt nach nichts, Stärke pur halt. Anschließend gingen die Kuruwai noch Sagolarven sammeln. Proteine müssen sein.

Leben in 35 m Höhe – Baumhaus extrem

Am kommenden Morgen hieß es dann Abschied nehmen von den uns so gastfreundlich gesonnenen Kuruwai und weiter ging es etwa zwei Stunden durch den Dschungel zu einer weiteren Familie. Unser Ziel war das Dusum Lobol (wieder nach einem Familienmitglied). Der Chef der Familie hat hier ein typisches Männerhaus gebaut, so um die 35 m hoch. Das scheint die Frauen hier zu beeindrucken, begleiteten ihn immerhin schon zwei jüngere Damen, eine mit Baby. Gebaut hat er es mit zwei Freunden in drei Monaten. Er war so richtig stolz darauf, das war ihm deutlich anzumerken, posierte er sich doch regelrecht zum Fotografieren und Filmen davor.

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Das Baumhaus. Wirklich beeindruckend. Auf jeden Fall, eine wahnsinnige Arbeit und eine unglaubliche Konstruktion. Natürlich nicht für das Gewicht eines Europäers wie mir ausgelegt, halt für einen Kuruwai. Alles, wirklich alles an den Baumhäusern sind Naturprodukte (Holz, Palmblätter und Lianen), kein Nagel, nichts. Der Boden besteht aus Holzstangen, die mit Rinde belegt sind. So ein Baumhaus hält etwa drei bis fünf Jahre, dann wird ein neues gebaut. Witterung und Insekten setzen dem Holz stark zu. Ursprünglich schützte ein Baumhaus vor Angriffen feindlicher Klans, Krankheiten und Überschwemmungen. Herannahende Feinde konnte man in der gerodeten Lichtung einfacher erkennen. Gut, dann wurde das Baumhaus einfach angezündet, aber von oben konnte man mit Pfeilen den Gegner auch leicht treffen. papua-2012-tag13-kuruwai-1346 Tags drauf stand nur ein kurzer Marsch von etwa einer Stunde an, an die Ufer des Siret, wo wir vom Boot abgeholt werden sollten. Sollten, denn der niedrige Wasser-stand ließ nicht zu, dass das Boot bis zu uns kam. Also mussten wir Tags darauf noch einmal zwei bis drei Stunden durch den Dschungel, um zum Boot für die zweitägige Rückfahrt nach Dekai zu kommen. Den Tag nutzen wir zum Tagebuchschreiben, ausruhen, ließen und von einem Kuruwai zeigen, wie man die Schilder aus Brettwurzeln schlägt, schauten uns deren Artefakte an (und nahmen auch das eine oder andere wieder mit). Früh ging es dann los (gegen 6.30) um nach Mabul, unserem Ausgangsort zu gelangen und zu unserem Boot. Die zweitägige Rückfahrt unterbrach dann Niedrigwasser (austeigen und laufen) und Stopps bei diversen Stämmen, darunter auch den Brazza am gleichnamigen Brazza-Fluss in Patipi-Iwawa, wo wir schon auf der Anreise übernachten wollten. So konnten wir unser Versprechen einhalten und wenigstens zu einer Rast stoppen. Die Dorfbewohner brachten wie üblich Teile ihres Hausrates, Waffen und Schilder her um etwas Geschäft zu machen. Was die Schilder betrifft, zwei standen zur Auswahl, bei einem kleineren (etwa 1,5 m hoch) schlug ich erneut zu. Eines von den Kuruwai, eines von den Brazza, die relativ selten seien. Zwei Stunden später erreichten wir den Hafen von Dekai, und am Folgetag ging es nach acht Stunden Wartezeit mit einer Propellermaschine nach Jayapura, bevor wir die Rückreise mit einem Zwischenstopp von drei Tagen in Bali antreten.

Bildergalerie auf dem Rückweg in die Zivilisation

Resümee

Eine nicht alltägliche Tour, die Dani und die selten besuchten Kuruwai. Eindeutig die Höhepunkte dieser Reise und alle, wirklich alle Strapazen wert. Die Dani sind verhältnismäßig einfach zu erreichen. Wer die Strapazen einer Dschungeltour scheut, hier kommt er auf seine Kosten, Zumal sich rund um Wamena im Baliem-Tal noch viel mehr besichtigen und besuchen lässt, als uns in den drei Tagen möglich war. Der Höhepunkt war natürlich die Tour zu den Kuruwai. Uns waren sie freundlich gesonnen, Gastfreundschaft pur. Sind wir doch für Sie genauso interessant wie Sie für uns. Auch habe ich mich nie und nirgends auch nur ansatzweise gefährdet gefühlt, so wie die Tour eigentlich für alle zu machen ist, die offen gegenüber fremden Kulturen sind. Tolerant muss man sein, auch mit einfachen Verhältnissen zurecht kommen können und einigermaßen fit. Sind einem die Dschungelmärsche zu anstrengend, kann man auch die Asmat besuchen, das erfolgt vorzugsweise mit dem Boot. Aber die sind mit den Kuruwai eigentlich nicht zu vergleichen. Beide sind eine Reise wert. Wir jeden falls planen für 2015 eine weitere Expedition, dann zu den Spic in Papua-Neuguinea. Fast ohne Dschungelmärsche, mit dem Boot. Wer mehr lesen will: Wie am Anfang geschrieben, den Reisebericht gibt es mit ausführlichen Infos und Tagebuch auch als Buch, eBook und Film.

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Quellen: Wikipedia, Eigene Erlebnisse, Werner Götz, Winnenden, Juni/Juli 2012

Zeitensprung – Zum Abschluss noch etwas Bali

Den abschließenden Bericht über Bali halte ich kurz. Denn was uns die Werbung von der Insel der Götter verspricht, und der Sonneninsel, das ist nicht die Realität. Für mich jedenfalls, rein subjektiv. Über die gesamte Insel ein Verkehr, der unsere Rush Hour alt aussehen lässt. So mieteten wir uns für einen ganzen Tag ein Taxi (50 €), das uns zu einigen Sehenswürdigkeiten bringen sollte. Das Problem, der Verkehr. Für vier Stopps von insgesamt etwa vier Stunden Dauer waren wir mehr als acht Stunden im Auto unterwegs. Nicht das die Entfernungen so gigantisch waren, nein, es war der Verkehr. Rechts und links übrigens nur Geschäfte, von den viel gepriesenen Reisterrassen sieht man so gut wie nichts. Auch nicht schön: Die wirklich sehenswerte Klosteranlage von Pura Besakih, der wichtigsten und heiligsten Tempelanlage Balis und das bedeutendste hinduistische Heiligtum Indonesiens kann man kaum in Ruhe anschauen. Die ganze Zeit wird man von Einheimischen angegangen, wegen Führungen, Regen- oder Sonnenschirmen, Getränken und allem was es so gibt. Wobei das Gelände mit 22 Tempelanlagen und rund 200 Gebäuden immerhin drei Quadratkilometer groß sein soll. Dennoch hat man kaum seine Ruhe. Vielleicht hatten wir auch nur Pech, denn es regnete und es war verhältnismäßig wenig los. Also stürzte man sich auf die paar Touristen. Nervig.

Schön dagegen eine Kaffeeplantage, wo es den berühmten und teuersten Kaffee der Welt gibt, den Kopi Luwak. Hier wurde man zuvorkommend behandelt, auch in Ruhe gelassen. Kopi Luwak, auch Katzenkaffee genannt, ist wirklich einzigartig. Denn eine Schleichkatzenart, in Bali der artverwandte Fleckenmusang, frisst die Kaffeekirschen und deren süßes Fruchtfleisch. Der Kern, die unverdauliche Kaffeebohne wird wieder ausgeschieden. Durch die Verdauungssekrete erhalten die Kaffeebohnen ihren Geschmack. Eine Tasse kostete um die vier Euro, wurde natürlich getestet. Der Kaffee schmeckt recht kräftig, erdig, etwas nach Schokolade. Gut ich trinke zwar gerne Kaffee, bin jedoch sicherlich kein Kaffeespezialist. Denn die rund 35 Euro für 100 g sind mir dann doch zu viel. Wobei. Sieht man die Preise die in Europa von Liebhabern dafür bezahlt werden. Wenn es stimmt, immerhin bis zu 1200 Euro pro Kilogramm. Wäre also doch ein Schnäppchen gewesen. Ansonsten waren wir noch auf zwei Vulkanen (im Nebel), in einer riesigen Bildergalerie (und gleich wieder weg, war eher eine Verkaufsgeschichte der Taxifahrer) und bei einer wirklich schönen Holzschnitzerei. Hier blieben auch einige indonesische Rupien respektive Dollar liegen für wirklich schöne Sachen. Die dann ihren Preis hatten. Wenn nur nicht die Fahrerei wäre. Aber so macht es wenig Spaß, für einen Ausflug stundenlang im Auto zu sitzen. Auch ist für die Australier Bali das, was für manch Deutschen Mallorca ist, nicht das Hinterland, sondern Ballermann und Co. Nicht meine Sache. Auch deswegen verbrachte ich den nächsten Tag lieber im Hotel, sortierte Bilder, schaute erste Filmszenen an, und marschierte drei Kilometer zu interessanten Antiquitätengeschäften. Wo ich die letzten Dollar liegen ließ. Die Filmpremiere des West-Papua-Filmes fand  am 24. November in Passau statt, im Scharfrichterkino.

Kinoplakat West-Papua

Mongolei Sommer 2010

Berge, Pferde und weite Steppen

Ohne Zäune und Schranken kommt die Mongolei aus, ist geprägt von Nomaden, die seit Jahrhunderten hier leben. Berge, Steppen und Wüsten prägen das Land, die Temperaturen schwanken im jahreszeitlichen Verlauf von – 40 °C bis + 40 °C. Mit etwa 1,6 Bewohnern pro Quadratkilometer ist die Mongolei äußerst dünn besiedelt. Nur Grönland zählt bezogen auf die Fläche weniger Menschen. Von den 2,7 Mio. Einwohnern leben allein in der Hauptstadt Ulanbaator etwa 1,2 Mio. Dabei ist Mongol Uls, so genannt in der Landessprache, über viermal so groß wie Deutschland. Im Norden liegt Russland, im Süden die Volksrepublik China. Im kurzen Sommer blüht innerhalb weniger Wochen, was wir hier so von April bis Oktober bewundern dürfen – auf einmal. Auch Kulturbeflissene kommen auf ihre Kosten, es seien nur der Gelbmützen-Lamaismus genannt oder Dschingis Khan und Kublai Khan.

Zu finden sind in der Mongolei Steppen, Hochgebirge und Wüsten. Gerade mal ein Prozent der Fläche ist für den Ackerbau nutzbar, etwa zehn Prozent sind noch bewaldet. Mit der Gobi findet sich die am nördlichsten gelegene Wüste in dem Land, und im Norden finden sich die südlichsten Permafrostböden. Durch Überweidung, Landwirtschaft und Entwaldung sind fast 90 % der Fläche der Mongolei von Wüstenbildung bedroht. Die ursprüngliche Glaubensform der zentralasiatischen Steppenbewohner war der Tengrismus, eine Form des Schamanismus. Besonders auf dem Land spielen viele Elemente dieses Glaubens im Alltag auch heute noch eine große Rolle. Selbst der Kommunismus konnte dies nicht verändern. Im 16. Jahrhundert etablierte sich dann die tibetische Form des Buddhismus, der Lamaismus, dessen Oberhaupt der Dalai Lama ist. Hier in der Mongolei ist der Gelbmützen-Lamaismus stark verbreitet, die Rotmützen finden sich vor allem in China.

Bekannt ist das mongolische Nationalfest, das vom 11. bis 13. Juli stattfindet, überall im Land gefeiert wird und Naadam heißt. Das steht für Eriin Gurwan Naadam, die drei männlichen Spiele. Den wichtigsten Teil des Festes nehmen die drei namensgebenden Spiele ein: der Ringkampf, das Bogenschießen und die Pferderennen in verschiedenen Variationen. Das Fest ist religiösen Ursprungs und mehrere Jahrhunderte alt. In der Mongolei gilt der 11. Juli heute als Revolutionstag, zu Ehren der Ereignisse von 1921 (Link).

In älteren Atlanten findet sich noch der Name Äußere Mongolei, im Unterschied zur Inneren Mongolei, die als autonomes Gebiet zur Volksrepublik China gehört. Demokratisch regiert wird der Staat seit 1992.Heute ist die Demokratie stabiler als in allen anderen Staaten Zentralasiens. Hauptthemen der Politik sind die Marktwirtschaft und der Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Korruption; letztere wird aber allen Politikern nachgesagt. Ohne Schmiergeld läuft in der Mongolei nur wenig.

Hier geht es zu einer ausführlichen Linkliste.

Den Mongolei-Reisebericht gibt es hier (ohne Bilder). Und Einen 6-minütigen Trailer vom Film Mongolei – Wüsten, Pferde und weite Steppen findet hier.

Unsere Route:Erstes Ziel war die Hauptstadt Ulanbaator. Von dort aus ging es südlich vorbei am Gandan-Kloster, dem Bogd-Uul-Nationalpark, dem Baga Gadsryn Tschuluu-Gebirge bis zur Wüste Gobi und den südlichen Ausläufern des Altai-Gebirges. Nach ein paar Tagen in der Wüstenlandschaft fuhren wir nördlich über die Ruinen des Klosters Ongiin Hit nach Karaokum, der ehemaligen Hauptstadt des mongolischen Großreichs unter Dschingis Khan. Sechs Tage benötigten wir dann bis in den Norden des Landes zum Khövsgöl-See. Auf der Etappe besuchten wir u. a. den Tsagaan Nuur Nationalpark, Jagalant und Mörön. Nach zwei Tagen am Khövsgöl-See ging es via Kloster Amanbayarsgalant zurück nach Ulanbaator. Alles in allem fuhren wir um die 3800 bis 4000 km durchs Land, im Wesentlichen auf mehr oder vor allem weniger guten Pisten oder gleich querfeldein.


Die Metropole

Ulanbaatar

Etwa 1,2 Millionen Einwohner leben in der Hauptstadt Ulanbaator, zu Deutsch Roter Held – einer Stadt zwischen Moderne und Tradition. Sie ist das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Mongolei. Mit einer durchschnittlichen Temperatur von -2 °C gilt Ulanbaator als die kälteste Hauptstadt der Welt – in den Wintermonaten liegt die Temperatur tagsüber bei -10 bis -15 °C, nachts um -25 °C wobei auch -40 °C gemessen werden. Im Sommer ist es dagegen mit 20 bis 30 °C tagsüber recht warm, im Hochsommer sind es auch mal 40 °C.

1639 wurde die Stadt unter dem Namen Örgöö als Sitz des Oberhaupts des Lamaismus gegründet. In den ersten anderthalb Jahrhunderten wechselte sie über 25-mal ihren Standort, seit 1778 befindet sie sich an ihrer heutigen Stelle. Wechselhaft auch die Geschichte des Namens: Ögröö, Ich-Chüree, Niislel-Chüree, 1924 erhielt sie ihren heutigen Namen.

Touristisch bedeutsam ist das Süchbaatar-Denkmal, benannt nach dem mongolischen Revolutionär, von dem die Stadt ihren Namen ableitet. An den zweiten Weltkrieg erinnert das Zaisan-Denkmal, gelegen auf einem Hügel südlich der Stadt. Von hier aus hat man einen guten Blick auf die Metropole. Besuchen sollte man den Palast des Bogd Khan (weltlicher und religiöser Herrscher des Landes, bis zum Kommunismus) mit dem Religionsmuseum. Der Bogd-Khan-Tempel entstand ab 1893 und diente dem achten Bogd Khan, Dshebdsundumba VIII., als Residenz bis zu seinem Tod 1924.

Ein Muss ist der Besuch des Gandan-Klosters, westlich des Stadtzentrums gelegen. Das größte Kloster der Mongolei ist für seine 26 m hohe Statue der Göttin Janraisig bekannt. In seiner langen Geschichte mussten die Mönche Repression und Unterdrückung überstehen, als in den 1930er-Jahren – ähnlich wie in der Sowjetunion – Gläubige verfolgt und vielfach ermordet wurden. Deswegen handelt es sich auch bei der Statue nicht mehr um ein Original, sie wurde 1938 durch sowjetische Truppen eingeschmolzen. Erst 1990 wurde mit fünf Millionen Dollar an Spendengeldern eine originalgetreue, vergoldete Kopie der Janraisig errichtet. Für den Dalai Lama, das eigentliche Oberhaupt des Klosters, wurde zudem ein Thronsessel neu erbaut.

Hier lässt sich am Morgen auch eine lamaistische Morgenzeremonie erleben, Filmen und Fotografieren verboten. Jedoch werden wir noch die Gelegenheit haben, später in Ongin Hit eine Zeremonie zu filmen, hier sind die Mönche gegen eine kleine Gebühr flexibler.

Generell gilt aber: Ulanbaatar ist nicht unbedingt die wahre Mongolei, sondern eine Großstadt mit all ihren Problemen. Die Mongolei lässt sich nur durch eine Fahrt durchs Land erleben. Wer mit dem Flugzeug in den Süden in die Gobi oder in den Norden nach Mörön fliegt, verpasst viel.

Bildergalerie Ulanbaatar mit Impressionen aus der Stadt und die Fahrt nach Bodg Uul

Ab in die Wüste

Nach den Tagen in Ulanbaator führte uns die Tour in den Süden zur Wüste Gobi. Erste Etappe war der rund 70 km entfernt liegende und im ersten Teil über eine asphaltierte Straße gut erreichbare Bogd-Uul-Nationalpark. Schon innerhalb der Stadtgrenzen ereignete uns die erste Panne. Rauch stieg in den Fahrzeugraum, ein Kabel schmorte heftig. Doch schon nach etwa einer halben Stunde war der Schaden behoben. Es gibt eigentlich nichts, was die Fahrer an den robusten, geländegängigen russischen Kleinbussen nicht richten könnten. Was wir im Laufe der Tour noch mitbekommen sollten. Eigentlich ist so ein Bus zugleich rollende Werkstatt und Ersatzteillager, was die Ausstattung angeht. Meistens nutzen sie aber Pausen und Übernachtungen für Reparaturen, auch der Tausch einer Zylinderkopfdichtung oder eines Radlagers wurde abends mitten in der Wüste erledigt.

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Im Park bezogen wir unser Jurten-Camp (Ovoonii Eger), am Rande eines Taigawaldes gelegen, zu Fuße des mächtigen Bogd Uul Berges. Übernachtet wird auf der Tour durch das Land fast nur in Jurtencamps. Darunter findet man einfache aber auch bestens ausgestattete Zeltunterkünfte. Die sanitären Einrichtungen waren immer sauber, auch warmes Wasser meist vorhanden. Besonders die Unterkünfte der Mongole Palace Camps bieten verhältnismäßig viel Komfort in den Jurte – vorausgesetzt man erwartet nicht westliche 3-Sterne-Unterkünfte. Und besser als viele Hotels sind sie allemal. Wir bevorzugen allemal Jurtencamps anstelle von Hotels, die es sowieso nur in größeren Sums (quasi Kreisstädte) gibt. Wir nächtigten lieber in der Natu

Unterwegs wurde fast immer in Jurtencamps übernachtet, oft auch die einzige Möglichkeit. Die 2-und Mehr-Bett-Jurten sind verhältnismäßig gut ausgestattet – besonders die der Mongole Palace Camps. Gegründet wurde das Netzwerk 1998 von Dr. Werner Weiglein mit fünf kleinen Camps. Steigende Gästezahlen und Ansprüche führten zum ständigen Ausbau. Alle Jurten-Camps der Gruppe sind zur strikten Einhaltung von klar definierten Standardeinrichtungen verpflichtet. So dürfen nur 1 oder 2 Gäste in den Jurten wohnen, die Küche muss bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, ein Restaurant gehört dazu und natürlich saubere Sanitäreinrichtungen. Auch auf guten Service wird Wert gelegt. All das konnten wir auch bestätigen.

Vom Ovoonii Eger-Camp aus lassen sich unterschiedlichste Wanderungen und Ausritte unternehmen – im Galopp zum Beispiel durch die 20 km entfernten Selenge-Steppe. Die Zeit dafür hatten wir jedoch nicht, so entschieden wir uns für eine rund 60-minütige, gemütliche Wanderung über Bergwiesen und Taigawälder (Lärchenwälder) zum nahe gelegenen Manzhir-Kloster. In Vor-kommunistischer Zeit handelte es sich mit einigen Tausend Lamas (Mönche) um das größte und bedeutendste Kloster der Mongolei. Noch heute zeugen mächtige Gebäudereste von ursprünglichem Prunk und Größe. Im Klostergelände gibt es neben einem restaurierten Gebetshaus auch Felsmalereien und ein kleines Naturkunde-Museum zu besichtigen.

Auf der Fahrt begegnen einem immer wieder Herden mit Ziegen, Schafen oder Kamelen – und natürlich Pferde. Die Fahrer scheuchen die Tiere durch Hupen auseinander, die häufig Pisten queren, auf ihnen weiden oder einfach da liegen. Gebremst wird erst im letzten Moment, nur bei Yaks und Pferden sind sie etwas vorsichtiger. Aber kein Tier musste daran glauben, sie scheinen es gewöhnt.

Die kargen Böden erlauben nur sehr wenig Ackerbau, deswegen hat sich eine hoch spezialisierte Viehwirtschaft entwickelt. Fünf Nutztiere prägen das Leben auf dem Land, deren Produkte und Nutzen genau aufeinander abgestimmt in die nomadische Lebensweise eingebunden sind: Das Schaf steht für Wolle, Milch und Fleisch, die Ziege für das Fell und ihre Milch, das Yak ebenfalls für Milch, Fleisch und für Leder, beim Pferd wird die Stutenmilch genutzt und es dient natürlich als Reittier und für den Transport, während das Kamel als Lasttier eingesetzt wird. Traditionelle Erzeugnisse sind dementsprechend Fleisch, Milch, Schaf- und Kaschmirwolle; außerdem Getreide, Kartoffeln und Gemüse.

240 km weiter in südlicher Richtung, nunmehr auf Naturpisten oder auch mal quer durch die Steppe, erreichten wir unser nächstes Etappenziel, das Jurtencamp Mongol Palace Bayanbulag. Unterwegs mussten des Öfteren Nomaden nach dem richtigen Weg befragt werden, nach einigen Irrungen und Wirrungen erreichten wir etwas verspätet das Camp. Gefahren wird in der Steppe nach Sicht und nach einem Gewirr an Fahrspuren.

Apropos Nomaden: Auf einer Fläche über viermal so groß wie Deutschland halten die wenigen Nomaden geschätzte 35 Millionen Weidetiere. Noch heute sind 40 % der Einwohner Nomaden. Ihr Leben wird seit Jahrhunderten von der Natur geprägt. Zwei bis drei Mal im Jahr brechen sie ihre Zelte ab, früher auch öfters. Sie wechseln zum Beispiel vom Sommerlager ins Winterlager, Teile der Familie auch in Sums, von der Bedeutung her eine Kreisstadt, von der Größe her mit einem kleinen Dorf bis zu einer mittleren Stadt zu vergleichen.

Hier in der besonders im Süden häufig kargen und harten Landschaft haben die Mongolen eine erstaunliche Kultur entwickelt. Sie stellt nicht den Einzelnen in den Vordergrund, sondern die Gruppe. Teilen und Miteinander, statt Meins und Deins. Zentraler Punkt der nomadischen Gesellschaft ist dabei die Jurte. Diese Rundzelte aus Filz geben Schutz und laden Fremde zum Verweilen ein. Dabei sind sie gemütlicher eingerichtet als man denkt, sind nicht mit einem Zelt zu vergleichen. Wir waren froh, meistens in einem Jurtencamp übernachten zu können und nicht in einem Hotel. In diesen Camps wird sehr viel Wert auf Sauberkeit gelegt, meisten werden Toilette und Dusche sofort nach Gebrauch gereinigt. Auch die Küche ist genießbar, auch wenn nicht alles nach unserem Geschmack war. Leider gibt es Fleisch eigentlich nur in Form von Gulasch oder Gehacktem.

Zurück zum Camp bei Bayanbulag. Im Gebirge von Baga Gazryn Chuluu bietet sich eine wunderschöne Felslandschaft an. Zu entdecken gibt es prähistorische Felsengräber und Felsmalereien, fantastische Landschaften und mit etwas Glück auch Geier- und Adlerhorste. Die höchste Erhebung ist hier der Baga Gazryn uul mit 1768 m. Gut fünf Stunden benötigt man für einen Aufstieg, die Zeit dafür hatten wir nicht. Viele Legenden ranken sich um dieses Granitmassiv. So soll zum Beispiel Dschingis Khan einmal mit seinen Kriegern hier gelagert haben (mehr zum Khan später in diesem Bericht).

Unser Etappenziel war jedoch die südliche Wüste Gobi, was weitere 450 km Fahrt auf Pisten bedeutete. Mithin die längste Tagesetappe auf der Tour – und das in den alten russischen Kleinbussen mit ihren Starrachsen und Blattfedern. Beinahe eine Tortur, für Fahrer und Insassen, auch für die Fahrzeuge. Durchschnittstempo war etwa 50 km/h, ohne die Pausen einzurechnen. Was 30 bis 80 km/h auf derartigen Pisten bedeutet. Dennoch, es lohnt des Zieles wegen. Auch wenn die Gegend immer eintöniger wird.

Wenige Tage vorher regnete es übrigens, recht selten in der Wüste Gobi, auf jeden Fall war die Landschaft vielerorts grün. Auffallend waren zahlreiche Tierkadaver und Skelette allein am Wegesrand. Das zeigt, wie schwer das Überleben in den strengen Wintern und den heißen Sommern ist. Gegen 19 Uhr kamen wir dann völlig verstaubt im Mongol Palace Güjung Khan-Camp an, erst wurde Foto- und Filmequipment „entstaubt“ und gereinigt, dann wir selber. Vom Camp aus lassen sich in etwa 15 km Distanz mit die berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Gobi erreichen: Adlerschlucht und Eiswasserfall im Altai-Gebirge, die Sanddünen von Molzog Els, das Sandmeer von Khongorin Els und der Dinosaurierfriedhof von Bayanzak. Auch Touren in die Provinzhauptstadt Dalanzadgad mit Besuch des lokalen Gobi-Museums, des Marktes und eines Lama-Tempels sind möglich – leider zu viel für die zwei Tage die uns zur Verfügung standen. Also entscheiden wir uns zu einer Exkursion zu der etwa 2300 m hoch liegenden Adlerschlucht und den Eiswasserfall.

Erst mal war Ausschlafen angesagt, morgens um neun ging es dann los zu der Adlerschlucht im südlichen Ausläufer des Altaigebirges. Nach dem Staub und der Hitze gestern, es regnete wieder in der Gobi. An unserem Ausgangspunkt in 2300 m Höhe war es kalt und windig, und es regnete nun teilweise recht kräftig. Erlebenswert und kein Hindernis für unsere Wanderungen. Man muss eben immer auf alles vorbereitet sein. Gut dass wir selbst den Regenschutz für die Kamera dabei hatten. Im Hochsommer ist es möglich, hier oben noch Eis-Reste vorzufinden. Zu Fuß wurden die engen Schluchten erkundet, und das Eis war da, hinderte uns weiterzukommen. Wetterbedingt konnten wir leider keine wild lebenden Tiere beobachten, seien es Steinböcke, Wildziegen und Wildschafe. Nur deren Reste. Und die Geier die sich daran laben, ließen sich auch nicht blicken. Woanders war sogar noch ein gefrorener Wasserfall in einer engen Schlucht zu sehen, mitten in der Gobi. Selbst die Fahrt quer durch die Landschaft abseits von Pfaden oder Spurrillen war erlebnisreicht, man glaubt gar nicht was die russischen Wagen alles schaffen. Ein rundum gelungener Tag, trotz oder auch wegen des Regens.

Am nächsten Morgen ging es dann rund 180 km auf Pisten, respektive quer durch die Steinwüste zum Sandmeer von Khongoriin Els. Auf der Fahrt hatten wir Gelegenheit ungeplant Nomaden beim Melken von Stuten (5 x täglich) zuzusehen und Ayrak, vergorene Stutenmilch mit 3 % Alkohol zu probieren. Das Getränk schmeckt gewöhnungsbedürftig, ist jedoch sehr nahrhaft. Nomaden sind gastfreundlich, wie wir auch beim Mittagessen feststellten – ebenfalls unangemeldet. Das Essen brachten wir mit, auch etwas für die Nomaden, zudem Süßigkeiten und Kugelschreiber für die Kinder. Unterwegs wurde dann noch ein verendetes Pferd fotografiert, es zeigt die Härte der Region, im Winter sterben viele Nutztiere, weiter Kamele beobachtet und waghalsige Fahrten absolviert bis wir in Khongoriin Els ankamen.

Bildergalerie Fahrt in den Süden in die Wüste Gobi bis zum Altai-Gebirge

Der Wind weht hier ununterbrochen aus Nordwesten. Er schiebt den Sand zu mächtigen Dünen zusammen, an manchen Stellen wie hier bilden sie wahre Gebirge – es heißt die größten der Welt. Bis zu 200 m hoch und 12 km breit erstrecken sich die Dünen auf einer Länge von 180 Kilometer – wie ein helles Band ziehen sie sich durch die Gegend, im Hintergrund das dunkle Gestein des Altai und davor eine leicht grüne Gobi – ein faszinierender Kontrast. Die Dünen erheben sich unvermittelt aus der flachen Ebene und türmen sich an der vom Wind konstant angeblasenen nordwestlichen Seite auf die 200 m. Der Sand stammt aus altertümlichen Seen und Flüssen.

Nächste Etappe, etwas mehr als 200 km entfernt in nördlicher Richtung, unterbrochen von diversen Fotostopps und Besichtigungen, war der Onggin-Fluss. Der zweite Stopp war unfreiwillig, das Benzin war aus, etwa 20 km vor der nächsten „Stadt“. Also Reste aus Tank 1 gesaugt und in Tank 2 gefüllt. Rund 5 km vor dem Etappenziel war denn endgültig Schluss. Die nahe siedelten Nomaden konnten auch nicht aushelfen, also führen die zwei anderen Fahrzeuge mit den letzten Tropfen vor, tankten, und fuhren zu dem liegen gebliebenen Fahrzeug zurück – gut für den Film, schlecht für die Zeit – egal. Nebenher wurde im Ort noch am zweiten Fahrzeug etwas an der Lenkstange geschweißt, alles recht zügig, hätte uns auch gewundert wenn so etwas länger dauert.

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Nun ging es direkt zu einer Kamelzüchterfamilie, die das Mittagessen vorbereitete. Während dies geschah, ging es zu Fuß erst mal zu den nahe gelegenen Sachsaulbäumen. Die fossilen Bäume gibt es nur in der Gobi, sie existieren schon seit Jahrmillionen. Die Pfahlwurzeln sind weit verzweigt und reichen tief in den Boden. Über seine kleinen Blätter verdunstet der Sachsaul kaum Feuchtigkeit. Entlang der Dünen gibt es immer wieder kleine Sachsaul-Wälder, deren Holz die Nomaden früher zum Heizen verwendeten. Heute stehen sie unter Naturschutz. Der 65-jährige Chef der Familie führte uns nach dem Essen dann zu der nächsten und bedeutendsten Attraktion der Gegend, zu Dinosaurierfundstellen. Sie kommen in der Gegend in großer Zahl vor, sind für Laien jedoch kaum zu entdecken. Eigentlich handelt es sich in der Region um Bayanzak – bayan steht für Reich und zak für Sachsaulbäume – um einen der größten Saurierfriedhöfe weltweit. Erste Dinosaurier aus der Kreidezeit fand man 1922 im Rahmen einer Zentralasien-Expedition. Sensationell waren damals die ersten Funde von Dinosaurier-Eiern. Nun wusste man, dass Dinosaurier wie Vögel Eier gelegt haben. Weitere Expeditionen fanden erst wieder ab 1990 statt, als sich die Mongolei aus der politischen Isolation öffnete. Neue Fundstellen wurden entdeckt, weitere sensationelle Funde gelangen: Seien es ein Velociraptor im Kampf mit einem Protoceratops, ein Oviraptor brütend auf seinen Eiern oder Jungsaurier in Sauriereiern. Kein Wunder, dass die Mongolei heute als das Land mit den besten Dinosaurier-Fundstellen weltweit gilt. Vom hohen Waldrand aus hat man einen fantastischen Blick über eine einzigartige Urlandschaft. Zeit um den eigenen Saurier zu finden und auszubuddeln, blieb leider nicht – nur für einen kürzeren Spaziergang. Aber der Nomade zeigte uns immerhin Reste eines Schädels eines Raubsauriers und ein Gelege mit Oviraptor-Eiern. Eigentlich sollte man hier mindestens einen Tag oder besser noch mehrere Tage hier verbringen, sofern man sich für die Urzeitviecher interessiert. Nur mitnehmen außer Landes darf man nichts.

Drei Stunden ging es dann weiter durch typische Schotter- und Geröllwüsten bis zum nächsten Camp, oberhalb Onggin-Flusses gelegen. Der immer Wasser führende Fluss schlängelt sich hier durch ein grünes Wüstental mit hohen schroffen Bergbarrieren zu beiden Seiten. Vom in einer fantastischen Landschaft gelegenen Camp sind es nur wenige Minuten zu Fuß in die sehenswerte Klosterruinenstadt von Ongiin Hiit. Die hoben wir uns für den nächsten Tag auf.

Das malerisch gelegene Ongiin Hit war eines der wichtigsten Klöster des mongolischen Lamaismus bis zu dessen Zerstörung 1933 durch den Kommunismus. Dabei mussten die Einwohner ihre Häuser selbst zerstören, 400 Lamas mussten anschließend durch die Wüste bis zum Altai-Gebirge marschieren, dort wurden sie dann erschossen. Ähnlich erging es allen 700 Klöstern des Landes. Heute versucht man die Klöster wieder etwas zu beleben, baut schon mal einen Tempel auf, hier in Onggin Hit leben derzeit vier Mönche, zwei davon Kinder. Die Lamapriester selbst sind bettelarm. Selbst ein gutes Essen gibt es nur selten. Es mangelt an allem. Die Mönche besitzen nichts, geben sich vollkommen ihrem Glauben hin. Als Besucher kann man problemlos der Morgenzeremonie beiwohnen, selbst Fotografieren oder Filmen ist gegen eine kleine Gebühr kein Problem.

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Die Ruinen sind schon vom Camp aus zu sehen, ein kurzer Fußmarsch genügt. Zu sehen bekommt man zahlreiche Reste diverses Gebäude, auch buddhistische Tempel. An einer der antiken Handelsstraßen gelegen, war Ongin Hiit vom 15. Jahrhundert an bis zu der Zerstörung eines der größten und bedeutendsten Klöster der alten Mongolei. Die auf beiden Flussseiten gelegene Stadt war über viele Jahrhunderte geistig-religiöses, wissenschaftliches und heilkundiges Zentrum der südlichen Mongolei. Die Zerstörung, sowie die Verschleppung und Tötung der Lamas hinterließ in einer Region von der Größe Deutschlands bis heute ein wirtschaftliches, soziales, kulturelles und religiöses Vakuum. Oberhaupt der Lamaisten ist der Daila Lama.

09-ongiin-hit-1227Aufgrund fehlender finanzieller Mittel ist es den Mönchen hier nicht möglich, auch nur Teile der ehemaligen Häuser wieder aufzubauen. Ein Wiederaufbau bedeutender Tempelanlagen ist unrealistisch. Seit Beginn der wiedererlangten Religionsfreiheit im Jahre 1991, lebte die Lamagemeinde zusammen mit ihrem Ober-Lama in der 15 km entfernten Ortschaft Saichen Ovoo. Etwas Hilfe kommt von der Gesellschaft „Freunde der Mongolei“ in Gelnhausen und Khans of Mongolia Ltd. in Ulanbaator. Sie haben sich den Wiederaufbau des zerstörten Klosters sowie die Unterstützung der dortigen Lamagemeinde zu ihrer Aufgabe gemacht. In einem ersten Schritt entstand ein kleiner Wohnkomplexes mit einem Gebets- und Meditationsraum und eine Stupa zum Gedenken an die Ermordeten. Zudem wurde ein Grundwasserbrunnen restauriert und einige Tiere angeschafft, damit sich die Mönchsgemeinde besser selbständig versorgen kann. In einem zweiten Schritt soll es um die wissenschaftliche Erfassung der zerstörten Klosterstadt durch mongolische Experten und den Beginn des Wiederaufbaues zweier für die Region seit Jahrhunderten wichtiger Tempel und Stupas gehen.

Nachmittags war denn relaxen angesagt, und etwas später wurde bei 40° C noch die Umgebung individuell auf mehreren kurzen Wanderungen in die Bergwelt erkundigt. Auch ein Fußbad im Fluss gehörte dazu

Bildergalerie Khongorim Els bis Ongin Hit über den Dino-Friedhof Bayanzak

Traditionelles aus der Küche
Ein traditionelles mongolisches Nomaden-Essen ist Fleisch aus Milchkanne. Dazu erhitzen die Einheimischen Steine über einem Holzfeuer und geben sie zusammen frisch geschlachtetem Fleisch (Lamm oder Ziege) in eine große Milchkanne. Fest verschlossen ist das Fleisch nach etwa einer Stunde im eigenen Saft durchgegart und kann serviert werden. Ziege in eigenen Sack: Zuerst schneiden die Einheimischen das Fleisch und Innereien klein. Parallel dazu werden Steine im Ofen erhitzt. Beides wird schichtweise im Wechsel in das Fell gestapelt. Dann verschließt man den Balg der Ziege mit Draht und brennt das Fell mit einer Lötlampe weg. Das Fleisch gart in einem natürlichen Schnellkochtopf unter Druck durch. Zu trinken gibt es Ayrak, vergorene Stutenmilch.

Karakorum – Auf den Spuren Dschingis Khans

Am zehnten Tag unserer Tour ging es auf etwa 250 km Naturpisten weitere nordwärts zur einstigen Hauptstadt des mongolischen Großreiches Dschingis Khans – nach Karakorum. Die Mittagspause verbrachten wir bei Murmeltierjägern, vorher jedoch musste an einem der anderen Fahrzeuge das Gestänge des Gaspedals ausgebaut, repariert und wieder eingebaut werden, was etwa 30 min. dauerte. Und in der Wüste hatte es kräftig geregnet, so dass man größere Wasserlöcher, die eine kleine Seelandschaft formten, umfahren mussten. Und sogar eine schlammige „Furt“ war nach Prüfung zu Fuß zu passieren – in der Gobi. Einfach gut für die Kamera. Bei den Murmeltierjäger war dann an unserem Fahrzeug ein Reifen halb platt, also schnell mal einen Radwechsel vollzogen. Am Nachmittag erreichten wir das Grasland der zentralen Mongolei. Hier ging es auf einer der wenigen geteerten Straßen weiter, was man hier so darunter versteht. Und gerade hier schlug das Schicksal wieder zu, der gerade neu montierte Ersatzreifen platzte. Gut, wir haben zwei, und für die Fahrer ist nach Erreichen des Bayan Gobi Camps nach einer Ruhepause wieder Arbeit angesagt. Die nächtigen übrigens fast immer in Ihren Fahrzeugen.

Ich selber erstieg nachmittags einen Berg in der Nähe, der eine fantastische Fauna bot und eine gigantische Aussicht auf Sanddünen, Grasland, eine Wiesenbach der durch die Landschaft mäandert… Die 2 ½ Stunden Auf- und Abstieg waren es wert.

Am nächsten Morgen ging es um acht Uhr weiter, 80 km geteerte Straße und 10 km Piste lagen noch zwischen uns und Karakorum. Das wir ohne Probleme erreichten.

Karakorum, die alte Hauptstadt des von Dschingis Khan im 13. Jahrhundert gegründeten Mongolenreiches, bildet auf einer Länge von 1,5 km eine etwa 2 qkm große Stadtwüstung. Zu sehen von der einst mächtigsten Stadt der Erde ist so gut wie nichts. Sie liegt auf der Ostseite des Flusses Orchon. Der Fluss war und ist Lebensader der ganzen Region, an seinen Ufern lagen schon vor Dschinghis Khan die Zentren großer vergangener Steppenreiche. Dschingis Khan und seine Nachfolger zeigten in Karakorum neben ihren grausamen Kriegstaten ein zweites, anderes Gesicht. Ihrer toleranten Haltung allem Neuen und Unbekannten gegenüber wurde die Hauptstadt nicht nur Schaltzentrale der Reichsverwaltung und Zentrum des Handels und Kunsthandwerks, sondern auch ein Schmelztiegel unterschiedlicher Religionen, Kulturen und Völker. Zerstört wurde die Stadt durch die Chinesen 1388. Für die Mongolen ist Karakorum noch heute die Keimzelle und Geburtsstätte ihres Nationalstaates.

Ausführlichere Informationen zu Karakorum

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Temüüdschin, wie Dschingis Khan hieß, übersetzt als „der Schmied“ oder „der Eiserne“ wurde 1155, 1162 oder 1167 geboren und starb vermutlich am 8. August 1227 als Großkhan der Mongolen. Er vereinte die turko-mongolischen Stämme und eroberte weite Teile Zentralasiens und Nordchinas. Nach der Ernennung zum Großkhan (1206) aller Mongolen begann er mit der Eroberung großer Gebiete; im Osten reichte sein Herrschaftsbereich bis an das Japanische Meer, im Westen bis zum Kaspischen Meer. Die Eroberung Japans scheiterte, weil seine Flotte einem Sturm zum Opfer fiel. Um dieses Reich zu verwalten, ließ er eine eigene Schrift entwickeln und setzte schriftliche und für alle verbindliche Gesetze durch. Nach seinem Tod wurde das Reich unter seinen Söhnen aufgeteilt und noch weiter vergrößert, fiel aber zwei Generationen später wieder auseinander.

Die Völker, denen er Leid und Tod brachte, charakterisieren ihn als grausamen Schlächter, und er gilt bis heute als einer der größten Massenmörder in der Geschichte der Menschheit. Doch brachte sein gewaltiges Reich seinen Bewohnern für eine lange Zeitspanne Sicherheit und Frieden. Auf der anderen Seite war er in religiösen Dingen sehr tolerant und bereit, jeder Glaubensrichtung und jeder Staatsphilosophie sein Ohr zu leihen.

Infos zu Dschingis Khan (Wikipedia)

Wir besuchten auch das Kloster Erdene Zuu, das älteste Zentrum des gelben Buddhismus in der Mongolei. Die Bauzeit der Kloster dauerte über 300 Jahre. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde es zweimal von mandschurischen Eroberern zerstört und auch zwei mal wieder aufgebaut. Endgültig zerstört wurde es 1937 im Rahmen stalinistischer Säuberungen.

Innerhalb seiner quadratischen Außenmauer sollen sich auf dem großen Areal noch 1870 etwa 62 Tempel im chinesisch-mongolischen Mischstil befunden haben. Übrig geblieben sind nur die imposante, von 108 Stupas gekrönte Mauer aus dem 17. Jahrhundert und vier Tempel. Nach dem politischen Umbruch wurde das Kloster 1990 wieder in Betrieb genommen. In jüngster Zeit hat man einige Gebäude mit erheblichem Aufwand restauriert. Die vollständige Wiederherstellung der Anlage scheitert jedoch an den finanziellen Möglichkeiten.

Den Abend ließen wir während einer Musikdarbietung mit lokalen Künstlern ausklingen. Wirklich gute Musik, besonders der Kehlkopfgesang. Das war dann auch die happigen 20 USD für eine CD wert. Leider störten Kasachen etwas den Musikgenuss mit ihrem lauten Gerede.

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Bildergalerie Fahrt nach Karakorum, Bayan Gobi und Kloster Erdene Zuu

In sechs Tagen zum Khövsgöl-See

Sechs Tage – natürlich mit zahlreichen Unterbrechungen, u. a. einen Ruhetag – benötigten wir anschließend hoch in den Norden in die sibirische Taiga für die mit Umwegen rund 900 km lange Strecke zum wunderschönen Khövsgöl-See. Spät abends hat es gestürmt und anschließend die Nacht über mehr und weniger geregnet. Die erste Tagesetappe führte rund 250 km auf Pisten und teilweise geteerten Straßen in das Gebiet von Ikh Tam. Die Pisten waren natürlich mehr Schlamm als Weg, hier zeigten sich das Können der russischen Allradbusse und das der Fahrer. Immer wieder sahen wir stecken gebliebene Fahrzeuge, vor allem Lastkraftwagen. Viel unterwegs war natürlich nicht. Interessant auch, streckenweise wird eine geteerte Straße gebaut, dafür wird der Weg einfach mit Kieshaufen gesperrt, die Fahrer suchen sich Wege drum herum (häufig kilometerlang, auch 30 oder 40 km am Stück) oder fahren, wenn möglich auf dem Straßenunterbau nach der Sperre weiter. Was aber häufig keinen Unterschied machte.

Das Ziel, bevor es in das Camp ging, war das kleine Städtchen Tsetserleg, auf 1.695 m Höhe am Fuße des Bulgan Uul gelegen. Sehenswert ist der Containermarkt – hier wird viel direkt aus Containern heraus verkauft – und das alte Kloster Zaya Gegeen, das wie durch ein Wunder die kommunistische Vernichtungsorgie überstanden hat. Hier gewinnt man einen Eindruck davon, wie prachtvoll die alten Klöster gewesen sein mussten. Die Gegend ist inzwischen grün und bergig, erinnert manchmal an die Alpen oder das Allgäu. Vom 30 km entfernten Camp am Ikh Tamir Gol, dem Fluß Tamir, gelegen aus wurde die Gegend dann noch zu Fuß erkundet, zahlreiche blühende Pflanzen waren zu filmen und fotografieren und große Herden bestehend aus Rindern, Yaks, deren Kreuzungen namens Heinak, sowie Schafen und Ziegen – alles kunterbunt gemischt.

Ebenfalls 250 km entfernt lag das nächste Etappenziel , der Terkhiin Tsagaan See im Khorgo Terkh Nationalpark. Leider fast ausschließlich eher schwierige und schlechte Pisten. Das wird bis zum Khövsgöl-See so bleiben. Wir fuhren über Pässe durch gebirgige Gegenden mit wunderschönen Bergwiesen. Alles blühte zugleich, ist der Sommer doch kurz und der Winter kommt fast übergangslos. Zu entdecken gibt es viel Edelweiß, Astern, Küchenschellen, Glockenblumen, Nelken und zahlreiches mehr. So auch Pilze. Später ging es dann am Tschuluut Fluss entlang, der durch einen tief eingeschnittenen Basaltcanyon mit senkrecht abfallenden Wänden fließt.

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Bildergalerie Tsetserleg bis Khorgo Terkh über den Terhiin Tsagaan-See

Naadam

Kurz vor unserem Ziel kamen wir an einer Stelle vorbei, wo das Naadam-Fest zwei Tage vor dem eigentlichen Beginn stattfand. Das sei auf dem Land üblich, da die einen oder anderen professionellen Ringer erst am Land auftreten und dann am großen Naadam-Fest in Ulanbataar, wo es höhere Siegprämien gibt. Außerdem wollen die Nomaden auf dem Land auch am großen Fest in der Hauptstadt teilhaben, per Fernsehen oder Radio. Also findet in der Provinz das Fest einfach etwas früher statt. Hier gab es Ringer zu bestaunen und das Rennen der 3- und 4-jährigen Pferde. Leider fehlten die Bogenschützen, deren Wettkämpfe finden nur in größeren Sums und in Ulanbaatar statt.

Das Fest in der Hauptstadt zu besuchen macht übrigens wenig Sinn. Die Wettkämpfe finden in auseinander liegenden großen Stadien statt, die man mit tausenden anderen teilt. Man sitzt entfernt von den Wettkämpfen. Der Weg zu einem anderen Wettbewerb ist weit, schon zu normalen Zeiten. Beim Naadam ist der Verkehr zudem noch chaotischer als sonst. In der Provinz ist man im wahrsten Sinn des Wortes hautnah dabei, beim Ringen sind auch Profikämpfer dabei, die später in Ulanbataar auftreten, und das Fest ist viel ursprünglicher.

Das mongolische Nationalfest dauert vom 11. bis zum 13. Juli und heißt Naadam (vollständig Eriin Gurwan Naadam = die drei männlichen Spiele). Das Fest ist religiösen Ursprungs und dürfte mehrere Jahrhunderte alt sein. Es wird auch in der Inneren Mongolei in China gefeiert. Den wichtigsten Teil des Festes nehmen die drei namensgebenden Spiele ein: Ringkämpfe, Bogenschießen und Pferderennen. Wettbewerbe werden fast überall in der Mongolei durchgeführt, mit der größten Teilnehmerzahl in der Hauptstadt Ulan Bator.

Die Wurzeln des Festes gehen zurück bis in die Zeit der Alttürken oder gar Hunnen. Spätestens unter Dschingis-Khan und seinen Nachfolgern wandelte es sich dann zur Wehrertüchtigung für die Krieger des Kaisers. Es fand nicht zu einer bestimmten Zeit statt, sondern immer dann, wenn sich Gelegenheit dazu bot. mehr zu Naadam…

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Bildergalerie Naadam-Fest und Fahrt weiter nach Khorgo Terkh

Weiter ging es die letzten Kilometer bis zum Ziel, dem Terkhiin Tsagaan See im Khorgo Terkh Nationalpark. Der 55 km2 große See gilt als einer der schönsten der Mongolei und liegt auf 2020 m Höhe. Diese Gegend erkundeten wir am nächsten Tag ausgiebig, nachdem wir morgens noch einmal zum Naadam-Fest, und zwar zur Siegerehrung der Reiter und weiteren Ringkämpfen fuhren.

Vorher jedoch bestiegen wir erloschenen Vulkan Khorgo Uul in der Nähe des Camps. Einfach eine traumhafte Landschaft, und die Wanderung rund um den Krater, die muss man machen. Einblicke in den Krater und Ausblicke in die Landschaft, einfach nur schön. Der Aufstieg beträgt nur etwa 100 Höhenmeter, die Anfahrt fordert Wagen und Fahrer. An manchen Tagen finden sich hier mehrere hundert Besucher ein, vorwiegend aus der Mongolei, die es jedoch nur bis zum Kraterrand schaffen. Deshalb ist der Rundweg am Krater nur wenig begangen. Die Vegetation gleicht der eines Steingartens. Die Pflanzenwelt bietet sowieso einige Überraschungen, das gilt generell für den Norden im Sommer. Hier muss alles in den zwei/drei Monaten blühen und gedeihen, so finden sich von Frühlingsblühern (in unseren Gegenden) bis Astern zahlreiches bekanntes und weniger bekanntes gleichzeitig in schönster Pracht. Auch Pilze: Wir fielen quasi über statthafte Wiesenchampions oder einen Riesenbovist.

Am Nachmittag fuhren wir dann zum Terkhiin Tsagaan See. Im Hochsommer kann der Weiße See eine Temperatur von 20 °C erreichen, ist zudem sehr fischreich. Ende September ist er jedoch schon wieder zugefroren, deswegen der Name Weißer See. Es handelt sich um einen natürlichen Stausee, der entstand, als der Ausbruch des Vulkans vor ungefähr 8000 Jahren den Talabschluss verschloss und sich Wasser aufstauen konnte. Gründe genug, fast einen ganzen Tag hier zu verbringen, zu filmen und zu fotografieren.

Rund 90 km entfernt über eine beschwerliche Piste, jedoch durch eine herrliche Bergwelt, über einen Pass und durch idyllische Täler, lag unser nächstes Etappenziel, Jagalant. Hier ging es erst einmal kurz zum Naadam-Fest, hier sahen wir einige Bogenschützen. Nahe dem Camp gibt es heiße Quellen, sprich zwei Rohre im Boden, aus denen 70 °C heißes Wasser zum Camp in ein kleines gemauertes Becken gepumpt wird. Ansonsten war es ein ruhigerer Nachmittag bei regnerischem Wetter in der Jurte.

Bildergalerie Jagalant und Mörön

Nach Mörön (200 km) ging es dann am folgenden Tag.Über zwei höhere Pässe und mehrere kleinere führte eine manchmal überraschend gute Piste, öfters aber auch nicht. Gleich morgens überquerten wir einen größeren Fluss auf etwas, was einmal eine Brücke war. Zwar wird flussabwärts gerade an einer neuen gebaut, doch solange muss die alte, schiefe und dem Einsturz nahe alte Holzkonstruktion für alles herhalten, was den Fluss queren will. Gesperrt für Fahrzeuge über 1,5 t, egal. Unsere jedenfalls sind deutlich schwerer. Eigentlich können hier nur Bilder sprechen. Mittags dann bei Nomaden angehalten, wie meistens ohne irgendwelche Ankündigung. Doch die Gastfreundschaft der Mongolen macht es möglich – und einige Tugrik, die mongolische Währung. Also wird für die ganze Truppe Trockenfleisch und Reis gekocht, schon ist das Mittagessen nach einer längeren Wartezeit gesichert. Gut Ding will Weil. Und die wurde genutzt, um durch die Gegend zu streifen, zu relaxen und die Zelte der Nomaden und die Gerätschaften zu besichtigen. Eine Vorgehensweise die während des Urlaubes öfters vorkam. Nur sollte man jemanden dabei haben, der Mongolisch spricht.

Kurz danach bei der Weiterfahrt auch noch ein paar Geier beobachtet und gefilmt, die gerade ein verendetes Schaf verspeisten. Jedem halt das Seine. Später am Nachmittag kamen wir dann in Mörön, gelegen am Ufer des Delgermörön mit seinen 3.000 Einwohnern an. Mörön verfügt über ein Krankenhaus, Museum, Theater, Post, sowie Kindergärten und Schulen. Übernachtete wurde in einem einfachen Stadthotel. Leider. Ich bevorzuge eindeutig Jurtencamps. Mörön selbst war für uns nur Zwischenstation. Eigentlich sollte man zwei/drei Stunden früher losfahren und direkt zum Khövsgöl-See, der 150 km nördlich liegt, unserem Ziel, zu fahren. Um dort einen Tag mehr zu verbringen. Es lohnt.

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Der Khövsgöl-See, unser nördlichstes Ziel in der sibirischen Taiga, Permafrostboden. Immerhin 5 Mal so groß wie der Bodensee, beherbergt er zwei Prozent der weltweiten Süßwasservorräte. Nur einige kleinere Ortschaften, Hotels, Bootsanlegestellen und Badestrände liegen um den See, weit und breit finden sich Wälder und Berge. Der See gilt auch unter Mongolen als beliebtes Reiseziel, und ein guter Teil der jährlich landesweit gerade mal um die 200.000 Touristen kommt hierher – im Wesentlichen Koreaner und Japaner. Aus den deutschsprachigen Ländern kommen jährlich gerade mal 5.000 Besucher in die Mongolei. Die meisten fliegen nach Mörön und fahren zu dem See weiter. Zwar verpassen sie viel von dem Land, es geht halt schneller und bequemer. Dennoch verlaufen sich die Menschen an dem rund 140 km langen, zwischen 20 und 40 km breiten und 262 m tiefen See. Er ist mehr als 2 Mio. Jahre alt und gehört zu den 20 ältesten Seen dieser Erde.

Den Nachmittag nutzten wir für eine erste Wanderung entlang des Seeufers, fotografierten und filmten wie die Verrückten. Auch die Möglichkeit eines erfrischenden Bades nahmen einige wahr (12 bis 14 °C). Abends spielte und sang dann eine einheimische Gruppe mongolische Musik, später am großen Lagerfeuer direkt am Seeufer wechselten sich die mongolischen Sänger mit uns und unserem deutschen und französischen Gesanggut ab. Gut nicht ganz so professionell – dafür bis spät in die Nacht, einfach wunderbar. Am See blieben wir den ganzen kommenden Tag. Traumhaft ist der Anblick des Sees im Dunst der frühen Morgenstunden. So genossen wir die Landschaft, machten eine Wanderung etwa 300 Höhenmeter auf einen Berg über wunderbare, blühende Bergwiesen mit Nelken, Edelweiß, Tagetes (Studentenblume), Astern, Küchenschelle, fleißiges Lieschen, Glockenblumen, Löwenzahn, schwarzer Akelei …. – eigentlich alles was bei uns in den Monaten April bis September blüht, nur auf einmal. Im Wald fanden sich Walderdbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Blaubeeren und natürlich Pilze. Nach einigen weiteren Kilometern aßen wir bei Nomaden eine vorzügliche Gemüse- und Fleischsuppe, selbst gebackenes Brot, selbstgemachten süßen Rahm und luftgetrockneten Quark. Zurück am See ging es mit Pferden dann zu einem einstündigen Ausritt – Kosten: 5 US-Dollar

Bildergalerie Khövsgöl-See, ganz im Norden der Mongolei in der sibirischen Taiga

Überhaupt das Camp. Ashihai Camp gehört zu dem Mongol Palace Camps und ist das Beste, was uns bei dieser Reise begegnete. Nicht dass die anderen schlecht gewesen wären, aber das Ashihai-Camp erwartet man eher in Kanada oder Skandinavien als im Norden der Mongolei. Sehr saubere sanitäre Anlagen, Duschen, Toiletten, wie sie sich normalerweise in 4-Sterne Hotels finden, eine Sauna, ein modernes, sehr gutes Restaurant, sehr gute Jurten, ebenso wie der Service, hinzu kommen englisch sprechende Mitarbeiter, einfach Top – nur zu empfehlen. Wie die meisten anderen Camps, in denen wir nächtigten, besonders die von Mongol Palace. Natürlich hörte man von anderen Reisenden auch anderes, deswegen ist es wichtig, die Camps nach der Qualität und nicht nur nach dem ohnehin für unsere Verhältnisse geringen Preis auszuwählen – was auch für den Veranstalter gilt.

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Der Rückweg

Zurück nach Ulanbaator

Richtung Südosten zurück nach Ulanbaator ging es dann in den nächsten Tagen. Früh am Morgen spürte man, wenn Mongolen meinen, nach Naadam Mitte August beginnt der Winter: tagsüber 25 bis 30 °C, nachts ist es am See schon auf 2 bis 3 °C abgekühlt. Deswegen haben wir in den letzten Tagen abends immer den Holzofen in der Jurte angefeuert, da wird es schnell mollig warm. Leider kühlt es auch genauso schnell wieder ab, wenn man nicht mindestens stündlich Holz nachlegt. Wir befinden uns übrigens in der sibirischen Tundra, hier ist der Boden ab einer Tiefe von einem halben bis einem Meter gefroren, auch im Sommer – Permafrostboden also. Die Sommerzeit ist einfach zu kurz, um den Boden tiefer aufzutauen.

Auf der Rückfahrt, wieder über Mörön, einem größeren Sum (quasi Kreisstadt) machten wir noch einen Bummel über den Markt, einer der größten Freiluftmärkte des Landes. Verkauft wird alles was es gibt, oft direkt aus Containern heraus, die teilweise zu Läden umgebaut sind. Hier herrscht ein Trubel, man sollte sich einfach treiben lassen und beobachten.

Weiter ging die Fahrt durch grüne Landschaften, bis zu einem größeren Fluss, den Selenge, den wir mit einer Fähre der besonderen Art überquerten. Ganz ohne Strom, unter Ausnutzung der Strömung und eines Stahlseiles wurden die Fahrzeuge übergesetzt. Eine alte Gierfähre. Wunderbar, nicht nur für Film und Foto.

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Bildergalerie Rückweg nach Ulan Baatar über das Kloster Amanbayarsgalant

Insgesamt mussten wir an diesem Tag runde 350 km zurücklegen, deutlich mehr als geplant. Aber die Fahrer bevorzugten eine andere Strecke, die besser als die Hauptpiste sein soll – nur länger. Nur kannten die Fahrer die Strecke auch nicht genau, Wegweiser gibt es ja nicht und man muss sich in dem Gewusel von Fahrspuren rechtzeitig in die richtigen Spuren einfädeln, sonst geht es einfach in eine andere Richtung. Dann heißt es quer durch die Pampa bis man wieder auf die richtige Spur kommt. Ohne die Hilfe eines einsam entgegen kommenden Tankwagenfahrers mit Anhänger! und mehrere Nomaden wären wir wohl nicht bei Helligkeit am Ziel angekommen. Auf jeden Fall war die Strecke schöner und interessanter – auch relative gut bis auf wenige Stellen. Aber auch anstrengend und aufgrund der Länge blieb eigentlich zu wenig Zeit für Fotostopps oder einfach für Pausen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei etwas über 30 km/h, bei überwiegend besseren Pisten.

Morgens haben wir dann erst mal einen kleinen Vulkan erstiegen, den Uram Togoo in dem gleichnamigen Nationalpark gelegen. Genächtigt haben wir zuvor in dem Uran Togoo Tourist Camp, einem einfachen, idyllisch gelegenen Jurtencamp, betrieben von einer Familie. Der Aufstieg auf den Vulkan wurde wie immer mit wunderbaren Ausblicken belohnt, und mit einer Flora die einfach begeistert. Man kann auch in den Vulkan absteigen, es sind gerade mal 60 Höhenmeter, was ich auch tat. Beim Aufstieg auf der bewaldeten Seite kommt man dafür recht ins Schwitzen, es geht steil hinauf, ist rutschig und kein Pfad existiert. Gut, man könnte ja auf der sonnigen Seite bequemer wieder aufsteigen, so ist man aber gleich auf der anderen Seite des Vulkans.

Weiter ging es anschließend zunächst etwa 40 bis 50 km über schlechtere Pisten; man muss die Straßenbaustelle umfahren, dann durch einige größere Sums mit einem Stopp zum Mittagessen – wir aßen wie des Öfteren mit Hackfleisch aus Schaf und Lamm gefüllte, in Fett gebratene Teigtaschen. Etwa 180 km später auf einer sehr guten, geteerten Straße erreichten wir dann die Abzweigung zum lamaistischen Kloster von Amanbayarsgalant. Es liegt etwa 35 Kilometer abseits der befestigten Straße in der Steppe. Hier übernachteten wir im Selenge Tourist Camp.

Morgens ging es dann zu der imposanten Klosteranlage Amanbayarsgalant, gegründet 1727. Sie ist eine der Hauptattraktionen der Mongolei. Wer in den Norden fliegt, verpasst auch diese Attraktion. In den letzten Jahrhunderten war sie Sitz der mongolischen Bogd Khane (der geistlichen und weltlichen Herrscher der alten Mongolei). Sieben der acht Bogd Khane residierten hier, nur der achte zog Ulanbataar vor. Langsam entwickelt sich Amanbayarsgalant wieder zu einem religiösen Zentrum, obwohl derzeit nur etwa 40 Mönche hier leben.

Noch heute strahlt die Anlage viel ihrer ehemaligen Größe aus – trotz der Zerstörungen durch die Kommunisten blieben einige Gebäude erhalten. Mit Hilfe reicher amerikanischer Buddhisten konnte ein Teil renoviert werden, an allen Ecken und Enden wird gearbeitet. Auch neue Gebäude entstanden und entstehen, wie eine Mönchsschule oder eine große Pagode am Hang. Sie ist einem führenden Oberlama gewidmet, der 2008 verstarb. Dennoch bleibt sehr viel zu tun. Für immer verloren sind jedoch die große Bibliothek, es dauerte mehrere Tage um alle Dokumente zu verbrennen, und auch viele religiöse Gerätschaften.

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Rings um finden sich zudem viele Nomadenzelte mit ihren Bewohnern sowie deren Tierherden. Diese Gegend lädt zu Wanderungen und Exkursionen ein. Die Zeit hatten wir leider nicht, mussten ja heute noch zurück nach Ulanbataar

Zurück ging es erst die 35 km Piste. Hier ereilte uns die letzte Panne, die vordere linke Bremse lief heiß, Qualm stieg auf, es roch nach Gummi. Auch kein größeres Problem, die Bremse an diesem Rad wurde einfach abgeschaltet. Die Fahrzeuge sind dafür ausgerüstet. Weitere 310 km geteerte Straße später erreichten wir dann wieder Ulanbaator. Es scheint, dass unser Fahrer gute geteerte Straßen weniger mag und beherrscht als die Pisten. Denn die meisterte er sehr gut, wenn auch manchmal nach unserem Geschmack ein wenig zu zügig, während er auf der Straße nicht ganz so souverän fuhr. Nach rund sieben Stunden inklusive einer Mittagspause mit vorzüglicher Nudelsuppe mit Fleisch erreichten wir Ulanbaatar. Ende einer außergewöhnlichen Reise.

Resümee

Wer Ursprünglichkeit sucht, Natur, weite und wechselnde Landschaften, aber auch alte Kulturen, für den ist die Mongolei immer eine Reise wert. Steht das Land doch erst am Anfang zum Aufbruch in die Neuzeit – und die wird auf dem Land, also dem weitaus größten Teil der Mongolei, auch noch auf sich warten lassen. Ohne größere Probleme bereisen lässt sie das Land erst seit einigen Jahren. Diese Abgeschlossenheit von äußeren Einflüssen hat das Land noch weitestgehend in seiner Eigentümlichkeit bewahrt.

Die Mongolei ist nichts für den Massentourismus. Die Verhältnisse vor Ort sind noch recht einfach, westliche Maßstäbe sollte man zuhause lassen. Wobei – Ausnahmen bestätigen die Regel, etwa beim Mongol Palace Ashihai Camp am Khövsgöl-See. Gute Straßen sind mehr als selten, wenn momentan auch die Hauptachsen von Nord nach Süd ausgebaut und geteert werden. Das kann aber noch einige Sommer dauern. Naturpisten, auch schwierige, überwiegen, Kilometer- wie Zeitangaben sind mit Vorsicht zu genießen. Man sollte auch immer mit mehreren Fahrzeugen unterwegs sein, schon wegen Pannen und Reparaturen, die ziemlich sicher vorkommen. Auch ist ein einheimischer Führer zwingend erforderlich, außer man spricht mongolisch oder russisch. Spezialisierte Reiseveranstalter und kleinere Gruppen bieten sich hier an. Unsere Tour organisierte TWR Erlebnisreisen in Passau. Wir waren 15 Reisende mit drei Fahrzeugen.
Die Reisesaison ist kurz, sie dauert von Mitte Mai bis Mitte September. Schon im August kann es in den Nächsten recht kalt werden. Dafür bietet das Land dem Reisenden sehr viel, Kulturbeflissene und Naturliebhaber kommen hier voll auf ihre Kosten – es lohnt. Die Mongolei ist eine Reise wert, absolut.

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Quellen; Wikipedia, Internetrecherchen, eigene Erfahrungen